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ACM-Mitteilungen vom 20. Juli 2024

Professor Hecken hat gesprochen. Der lang erwartete Beschluss des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) unter seinem Vorsitzenden Professor Josef Hecken zur zukünftigen Handhabung von Kostenübernahmeanträgen bei der Verwendung cannabisbasierter Medikamente wurde auf seiner Sitzung am 18. Juli veröffentlicht. Danach brauchen 16 Facharztgruppen, inklusive Fachärzt:innen für Allgemeinmedizin, keinen Kostenübernahmeantrag mehr bei der Krankenkasse stellen, wenn sie einem Patienten Cannabis als Medizin verschreiben möchten. Da Ärztinnen und Ärzten weiterhin ein Regress wegen Unwirtschaftlichkeit der Therapie droht, kann erst die Zukunft zeigen, in welchem Umfang dieser zumindest auf den ersten Blick sehr erfreuliche Beschluss die Praxis der Verschreibung verändern wird.

Heiter weiter!

Franjo Grotenhermen

Was bedeutet der G-BA Beschluss für die ärztliche Praxis? – Eine Einschätzung von Dr. Franjo Grotenhermen:

Der Gemeinsame Bundesausschuss ist zu einem Ergebnis gelangt. Bis zum Beschluss am 18. Juli 2024 hat er einen langen Weg zurückgelegt. In den ACM-Mitteilungen 12. November 2022 berichteten wir davon, dass der G-BA ursprünglich die Verschreibungsfähigkeit von Medizinalcannabis durch Allgemeinmediziner grundsätzlich verbieten wollte. Jetzt fast 2 Jahre später zählt diese Arztgruppe zu denen, die vor der Verschreibung von cannabisbasierten Medikamenten keinen Antrag mehr auf eine Kostenübernahme stellen müssen. Ein sensationeller Sinneswandel, der für die Offenheit seines Vorsitzenden spricht.

Ein Blick in die Vergangenheit

Schon bald, nachdem der G-BA seine Arbeit aufgenommen hatte, haben sich in Deutschland Cannabisfachverbände aus dem Gesundheitswesen zusammengeschlossen, um ihre Sicht der Dinge darzustellen und auch im Austausch mit dem G-BA sinnvolle Lösungen für den Auftrag des G-BA durch den Gesetzgeber zu finden. „Der G-BA wurde vom Gesetzgeber (...) beauftragt, das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der o.g. Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt, festzulegen.“ Auf der Grundlage der Entscheidung des G-BA soll der „§ 45 der Arzneimittel-Richtlinie – Leistungsgewährung medizinisches Cannabis (Ausnahmen vom Genehmigungsvorbehalt)“ geändert werden.

Die Verbände, darunter auch die ACM und das SCM, veröffentlichten am 30.11.2022 eine gemeinsame Stellungnahme. Sie fragten darin: "Patient:innen zurück auf den Schwarzmarkt? – Gemeinsamer Bundesausschuss bedroht etablierte Versorgung von schwerstkranken Patient:innen mit Cannabis als Medizin." Die ACM hat – wie einige andere Verbände ebenfalls – dem G-BA eine eigene ausführliche Stellungnahme übermittelt.

Im März 2023 hat der G-BA beschlossen, dass Medizinalcannabis in die Arzneimittel-Richtlinie aufgenommen wird. Der Beschluss fiel weniger restriktiv aus als die Fachverbände befürchtet hatten. Vom Tisch war etwa die Idee eines so genannten Facharztvorbehaltes, nach dem nur noch Fachärzte Medizinalcannabis verordnen dürfen. Der Beschluss sorgte zwar für eine gewisse Erleichterung. Allerdings sahen die Fachverbände Nachbesserungsbedarf und die Notwendigkeit weiterer Reformen.

Der Unterausschuss Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hat in seiner Sitzung vom 7. November 2023 beschlossen, ein Stellungnahmeverfahren zur Änderung der Arzneimittelrichtlinie (AMRL) für die Verschreibung von cannabisbasierten Medikamenten einzuleiten. Dazu hat die ACM am 11. Dezember 2023 eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin wurde gefordert:

– Genehmigungsvorbehalt abschaffen

– Erfahrene Vertragsärzt:innen einbeziehen

– Allgemeinmediziner:innen nicht ausschließen

– Zusatzqualifikation „Cannabis-basierte Therapie“ etablieren

– Folgeverordnungen durch alle niedergelassenen Ärzt:innen ermöglichen

– Indikationen an die Behandlungsrealität anpassen

Am 3. Januar 2024 forderten die sich mittlerweile regelmäßig treffenden Fachverbände, man müsse „Raus aus der Cannabis-Unterversorgung“ kommen. In einer Stellungnahme hieß es:

„Eine optimale Versorgungslage für Patientinnen und Patienten kann jedoch nur gewährleistet werden, wenn der Genehmigungsvorbehalt vollständig abgeschafft wird, um Patientinnen und Patienten unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten Zugang zu ihrer notwendigen Therapie zu gewähren. Gleichzeitig müssen verschreibende Ärztinnen und Ärzte vor Regress geschützt werden. Daher fordern die unterzeichnenden Verbände den Gesetzgeber auf, die notwendigen Anpassungen im Rahmen der anstehenden Regulierungen, im Rahmen des Medizinalcannabisgesetzes (MedCanG), oder im Rahmen des Bürokratieabbaus im Gesundheitswesen vorzunehmen.“

Eine erste Einschätzung: Ein Beschluss mit 2 Gesichtern

Der G-BA hat sich im Laufe der Diskussion weit von seinen zunächst restriktiven Vorstellungen entfernt. Wir können zudem feststellen, dass das gemeinsame Vorgehen der Verbände aus Patient:innen, Mediziner:innen, Apotheker:innen und Wirtschaft eine erfolgreiche Strategie war, da das gemeinsame Auftreten zu einer Stärkung des Gewichts der vorgetragenen Argumente führte.

Das eine Gesicht: Die Abschaffung des Genehmigungsvorbehalts für viele Arztgruppen wird den bürokratischen Aufwand für eine Verschreibung von Medizinalcannabis in vielen Fällen erheblich erleichtern. Dies gilt vor allem für Fälle, die eindeutig gelagert sind, mit einem offensichtlichen Vorliegen aller 3 Voraussetzungen für eine Kostenübernahme, etwa wenn die Erkrankung offensichtlich schwerwiegend ist mit einem GdB von über 50 %, wenn eine multimodale Therapie nicht zum gewünschten therapeutischen Erfolg geführt hat und auch die klinische Datenlage überzeugend ist.

Das andere Gesicht: Die vielen Klagen vor den Sozialgerichten zeigen, dass viele Fälle nicht so klar gelagert sind, auch solche, von denen ich – als Gutachter für Sozialgerichte – gedacht hätte, dass diese klar sind. Zwar wurde der Genehmigungsvorbehalt für viele Arztgruppen abgeschafft, das Damoklesschwert des Regresses bleibt jedoch bestehen. Ein Regress ist eine Strafzahlung eines Arztes, dem vorgeworfen wird, nicht wirtschaftlich gearbeitet zu haben. Ein solcher Regress kann 2 oder 3 Jahre nach der Verschreibung eines angeblich zu Unrecht verschriebenen Medikamentes erfolgen und hat zur Folge, dass der betroffene Arzt der Krankenkasse die Kosten der Behandlung aus eigener Tasche zurückzahlen muss. Es gab in der Vergangenheit nicht viele Regresse, bei einigen bewegten sie sich im 5-stelligen Bereich, zum Teil lagen Sie sogar über 100.000 €. In seiner Pressemitteilung warnt der G-BA daher vor dieser Gefahr und weist darauf hin, dass dieses Risiko durch einen freiwilligen Kostenübernahmeantrag reduziert werden kann:

„Eine Verordnung von medizinischem Cannabis ist generell nur möglich, wenn andere Leistungen, die den Krankheitsverlauf oder die schwerwiegenden Symptome positiv beeinflussen können, nicht zur Verfügung stehen und wenn Aussicht auf einen positiven Effekt von Cannabisarzneimitteln besteht. Ob diese Voraussetzungen bei einer Patientin oder einem Patienten gegeben sind, kann im Einzelfall von der Krankenkasse anders bewertet werden als von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Deshalb können auch fachlich ausreichend qualifizierte Ärztinnen und Ärzten eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen, auch um finanziellen Rückforderungen der Krankenkasse (Regress) vorzubeugen. Eine abschließende Prüfung, ob auch eine wirtschaftlichere Auswahl des Cannabisprodukts möglich gewesen wäre, ist mit einer Genehmigung aber nicht verbunden.“

Ein Blick in die Zukunft

Erst die Zukunft wird wichtige Fragen beantworten können und über die Bedeutung des Beschlusses für die Versorgung der Bevölkerung mit cannabisbasierten Medikamenten entscheiden.

Werden Allgemeinmediziner und andere Fachärzte in Zukunft tatsächlich ohne eine Kostenübernahme ein Medikament auf Cannabisbasis verschreiben, wenn bereits der G-BA darauf hinweist, dass eine Prüfung durch die Krankenkasse möglicherweise sinnvoll sein könnte?

Werden die Krankenkassen vermehrt auf die Ausführungen des G-BA hinweisen, um einer relevanten Zunahme der Verordnungen zulasten der GKV entgegenzuwirken?

Werden Cannabisblüten in der Verschreibung zulasten der GKV noch eine Rolle spielen, nachdem das Bundessozialgericht festgestellt hat, dass Extrakte im Allgemeinen günstiger seien als Cannabisblüten?

Presseschau: Ohne Genehmigungsvorbehalt Cannabis verordnen - G-BA definiert Ausnahmen (Krautinvest)

Viele Medien, vor allem aus dem Gesundheitswesen, darunter die Ärztezeitung und die Deutsche Apotheker Zeitung, aber auch der Tagesspiegel, berichteten über den historischen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses, nach dem für viele Arztgruppen der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen entfällt, sodass Sie in einigen Monaten ohne Genehmigung Cannabis als Medizin an ihre Patient:innen verschreiben dürfen. Die Diskussion im G-BA war öffentlich und kann nun in der Mediathek angeschaut werden.

Ohne Genehmigungsvorbehalt Cannabis verordnen - G-BA definiert Ausnahmen

Der G-BA hat heute festgelegt, unter welchen Ausnahmen Ärztinnen und Ärzte auch ohne vorherige Genehmigung der Kostenübernahme durch den Medizinischen Dienst (MDK) medizinisches Cannabis verordnen dürfen.

Bislang galt die Regel, dass die erste Verordnung von Cannabisprodukten in der Regel von der Krankenkasse genehmigt werden muss; bei Folgeverordnungen nur bei einem Produktwechsel. Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) hat jetzt insgesamt 16 Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen sowie 5 Zusatzbezeichnungen aufgelistet, bei denen der Genehmigungsvorbehalt zukünftig entfällt, darunter Palliativmedizin und spezielle Schmerztherapie. Bei Ärztinnen und Ärzten, die diese Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung führen, geht der G-BA davon aus, dass sie die Voraussetzungen für eine Cannabisverordnung abschließend einschätzen können. Bestehen jedoch Unsicherheiten, können auch diese Vertragsärztinnen und Vertragsärzte eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen.

Gerade um diesen Punkt hat es im Plenum eine Debatte gegeben. Auf diesem Wege können sich Ärztinnen und Ärzte vor möglichen Regressansprüchen schützen.

Dazu Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel, lässt sich wie folgt zitieren: „ Uns erreichten zu unserem ursprünglichen Beschlussentwurf gute und wichtige Rückmeldungen, die sich jetzt auch im Beschluss wiederfinden. Um Unklarheiten zu vermeiden, werden keine bestimmten Krankheitsbilder genannt, da der Genehmigungsvorbehalt eben nicht nur dort entfällt. Zudem ist bei den nun gelisteten Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen eine Zusatzweiterbildung nicht zwingend notwendig. Aus meiner Sicht haben wir insgesamt eine ausgewogene Lösung gefunden. Ohne Einbußen bei der Patientensicherheit verringert sich der bürokratische Aufwand erheblich.“

Durchaus kritische hatte sich im Plenum Hecken eingangs Hecken geäußert: Es handele sich bei medizinischem Cannabis schließlich nicht um ein Fertigarzneimittel, Nebenwirkungen und Wirkungen seien nicht immer zu 100 Prozent identisch und die Dosierung problematisch. Für ihn gelte weiterhin der Vorrang von Fertigarzneimitteln. Auch die Patientenvertreterin, Anja Haas, sprach von einer schlechten Evidenzlage. Bei Frauenärzten betonte Haas die Relevanz von medizinischem Cannabis beispielsweise im Fall von Endometriose, bei Orthopäde verwies sie unter anderem auf Rückenschmerzen. Rund um den Einsatz von medizinischem Cannabis bei Kinder- und Jugendlichen betonte Hecken, dass dies für ihn persönlich ein “No-Go” sei. Patienten- und GKV-Vertreter gaben an dieser Stelle ihre Position auf. Sibylle Steiner, KBV, warnte davor, diejenigen, die am meisten Erfahrung hätten, mit Zusatzqualifikationen zu belegen. Man müsse die Verordnungsfähigkeit in palliativ Situationen aufrecht erhalten. Angesichts des exponentiell ansteigenden Ausgabevolumen verwies Hecken auf eine Evaluierung nach 15 Monaten. Man müsse schauen, wie es läuft, und ob medizinisches Cannabis sich zur Allgemeinmedikation entwickele, was nicht Sinn und Zweck des Beschlusses sei.

In einer Pressemitteilung begrüßt Stefan Fritsch, CEO der Grünhorn Gruppe, den Beschluss: „Die Regelung ist ein entscheidender Schritt, um den Zugang zu medizinischem Cannabis für die zu erleichtern, die es benötigen. Wir haben aus erster Hand erfahren, wie schwierig es oft war, notwendige Behandlungen zu erhalten.” Eine Vereinfachung der Regelung für die Verschreibung von medizinischen THC-haltigen Produkten führe zu weniger Wartezeit für Patientinnen und Patienten – und zu mehr Vertrauen in die Ärzte. Der Mediziner Dr. Lorenz Eberle ergänzt in der gleichen Mitteilung des Unternehmens: “Wenn der Arzt das Cannabis-Medikament verordnet, soll es die Kasse auch bezahlen. Bei einem Diabetes-Medikament wird auch nicht jedes Mal nachgefragt. Die geplanten Zusatzqualifikationen sind zielführend, damit sich die Fachärzte nachweislich gut mit Cannabis auskennen.“

Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung ist keine Genehmigung zwingend erforderlich, sobald der Beschluss in Kraft tritt: Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin, Fachärztin/Facharzt für Anästhesiologie, Fachärztin/Facharzt für, Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Angiologie, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Fachärztin/Facharzt für Neurologie

Fachärztin/Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Fachärztin/Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Zusatzbezeichnungen, Geriatrie, Medikamentöse Tumortherapie, Palliativmedizin, Schlafmedizin, Spezielle Schmerztherapie.

Presseschau: Genehmigungsvorbehalte bei der Verordnung von medizinischem Cannabis: G-BA regelt Ausnahmen (Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses)

Der G-BA wurde vom Gesetzgeber beauftragt, Facharztgruppen zu definieren, für die in Kombination mit weiteren Qualifikationen der Genehmigungsvorbehalt komplett entfällt. Bisher fand ein Stellungnahmeverfahren statt, bei dem sich alle relevanten Fachgesellschaften beteiligt haben. Am 18. Juli wurden drei Vorschläge diskutiert und final abgestimmt. Das Ergebnis liegt seit dem 18. Juli vor und wurde in einer Pressemitteilung erläutert.

Genehmigungsvorbehalte bei der Verordnung von medizinischem Cannabis: G-BA regelt Ausnahmen

Die erste Verordnung von Cannabisprodukten muss bislang in der Regel von der Krankenkasse genehmigt werden; bei Folgeverordnungen ist sie nur bei einem Produktwechsel notwendig. Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) hat jetzt festgelegt, bei welcher Qualifikation der verordnenden Ärztin oder des verordnenden Arztes der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse entfällt: Gelistet sind insgesamt 16 Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen sowie 5 Zusatzbezeichnungen, darunter Palliativmedizin und spezielle Schmerztherapie. Bei Ärztinnen und Ärzten, die diese Facharzt-, Scherpunkt- oder Zusatzbezeichnung führen, geht der G-BA davon aus, dass sie die Voraussetzungen für eine Cannabisverordnung abschließend einschätzen können. Bestehen jedoch Unsicherheiten, können auch diese Vertragsärztinnen und Vertragsärzte eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen.

Dazu Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel: „Wir haben uns die Umsetzung des gesetzlichen Auftrages nicht leicht gemacht: Also die Frage zu beantworten, bei welcher ärztlichen Qualifikation der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse für eine Cannabis-Verordnung gänzlich entfallen kann. Uns erreichten zu unserem ursprünglichen Beschlussentwurf gute und wichtige Rückmeldungen, die sich jetzt auch im Beschluss wiederfinden. Um Unklarheiten zu vermeiden, werden keine bestimmten Krankheitsbilder genannt, da der Genehmigungsvorbehalt eben nicht nur dort entfällt. Zudem ist bei den nun gelisteten Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen eine Zusatzweiterbildung nicht zwingend notwendig. Aus meiner Sicht haben wir insgesamt eine ausgewogene Lösung gefunden. Ohne Einbußen bei der Patientensicherheit verringert sich der bürokratische Aufwand erheblich.“

Bei welcher Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung gibt es keinen Genehmigungsvorbehalt mehr?

Die Anforderung an die ärztliche Qualifikation ist erfüllt, wenn von der verordnenden Vertragsärztin bzw. dem verordnenden Vertragsarzt alternativ eine der genannten Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen geführt wird:

Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen

-        Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin

-        Fachärztin/Facharzt für Anästhesiologie

-        Fachärztin/Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Angiologie

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie

-        Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie

-        Fachärztin/Facharzt für Neurologie

-        Fachärztin/Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin

-        Fachärztin/Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Zusatzbezeichnungen

-        Geriatrie

-        Medikamentöse Tumortherapie

-        Palliativmedizin

-        Schlafmedizin

-        Spezielle Schmerztherapie

Warum kann freiwillig eine Genehmigung der Krankenkasse beantragt werden?

Eine Verordnung von medizinischem Cannabis ist generell nur möglich, wenn andere Leistungen, die den Krankheitsverlauf oder die schwerwiegenden Symptome positiv beeinflussen können, nicht zur Verfügung stehen und wenn Aussicht auf einen positiven Effekt von Cannabisarzneimitteln besteht. Ob diese Voraussetzungen bei einer Patientin oder einem Patienten gegeben sind, kann im Einzelfall von der Krankenkasse anders bewertet werden als von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Deshalb können auch fachlich ausreichend qualifizierte Ärztinnen und Ärzten eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen, auch um finanziellen Rückforderungen der Krankenkasse (Regress) vorzubeugen. Eine abschließende Prüfung, ob auch eine wirtschaftlichere Auswahl des Cannabisprodukts möglich gewesen wäre, ist mit einer Genehmigung aber nicht verbunden.

Ab wann gilt der Beschluss?

Der Beschluss tritt in Kraft, wenn das Bundesministerium für Gesundheit ihn innerhalb von zwei Monaten rechtlich nicht beanstandet und der G-BA ihn im Bundesanzeiger veröffentlicht hat.

Hintergrund: Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei Medizinalcannabis

Gesetzlich Versicherte haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Verordnung von Cannabis: in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten sowie auf Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon. Mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wurde der G-BA beauftragt, das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen zu regeln, bei denen der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse entfällt.

Weitere Meldungen der vergangenen Tage

Fachhochschule Erfurt: Cannabis wird Teil des Studiums Gartenbau (rp-online.de)

Cannabis auf Kassenrezept: Hausärzte für Ende des Genehmigungsvorbehalts (Ärztezeitung)

Genehmigungsvorbehalt für Medizinalcannabis fällt weitgehend (Deutsche Apotheker Zeitung)

16 Facharztgruppen benötigen keine Genehmigung mehr (Pharmazeutische Zeitung)

G-BA beschließt großzügige Ausnahmen vom Genehmigungsvorbehalt (Tagesspiegel)