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IACM-Informationen vom 27. Mai 2006
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Wissenschaft — Eine Kombination aus THC und Prochlorperazin ist wirksam bei der Reduzierung von Übelkeit und Erbrechen bei Frauen nach Brustoperation
Wissenschaftler der Universität von Arkansas und des zentralen Veteranen-Krankenhaussystems von Arkansas untersuchten die Wirkungen von 5 mg oralem THC und 25 mg rektalem Prochlorperazin auf die Häufigkeit von Übelkeit und Erbrechen bei Frauen nach einer Brustoperation unter Vollnarkose. Die Häufigkeit der Übelkeit nahm verglichen mit den nicht behandelten Patienten von 59 Prozent auf 15 Prozent, die Häufigkeit des Erbrechens von 29 Prozent auf 3 Prozent ab.
Es wurde eine retrospektive Studie mit 242 auswertbaren Patientinnen durchgeführt, die zwischen Juli 2001 und März 2003 operiert worden waren. 127 Patientinnen waren vor September 2002 operiert worden und hatten keine Prophylaxe erhalten. 115 Patientinnen waren nach September 2002 operiert worden und hatten vor der Operation orales THC (Dronabinol) und rektales Prochlorperazin erhalten. Die Daten wurden den Krankenhausakten entnommen. Die Forscher folgerten, dass postoperative Übelkeit und postoperatives Erbrechen (PONV) ein "wichtiges Problem bei Patientinnen mit Brustoperation darstellt. Die präoperative Behandlung mit Dronabinol und Prochlorperazin reduzierte signifikanten die Zahl und Schwere der PONV-Episoden".
(Quelle: Layeeque R, Siegel E, Kass R, Henry-Tillman RS, Colvert M, Mancino A, Klimberg VS. Prevention of nausea and vomiting following breast surgery. Am J Surg 2006;191(6):767-72)
Wissenschaft — Keine Beziehung zwischen Lungenkrebs und Cannabisrauchen in großer Studie
Eine große Studie zum Zusammenhang zwischen Cannabisrauchen und Lungenkrebs, die bereits beim Kongress der Internationalen Gesellschaft für Cannabinoidforschung im Jahre 2005 vorgestellt worden war, wurde nun beim Kongress der amerikanischen Thorax-Gesellschaft in San Diego vorgestellt und erzielte ein großes Interesse in den Medien. Die Studie mit 611 Lungenkrebspatienten und 1040 gesunden Kontrollen sowie 601 Patienten mit Krebs in der Kopf- oder Nackenregion fand kein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs, selbst nach starkem und langzeitigem Konsum von Cannabis.
"Wir hatten erwartet, dass beim Vorliegen von starkem Marihuanakonsum - mehr als 500 bis 1000 Konsumeinheiten - das Krebsrisiko einige Jahre bis Jahrzehnte nach der Marihuana-Exposition ansteigen würde," erklärte Forschungsleiter Dr. Donald Tashkin von der Universität von Kalifornien, Los Angeles, gegenüber der Zeitschrift Scientific American. Die Wissenschaftler fanden jedoch, dass selbst die Teilnehmer, die mehr als 20.000 Cannabiszigaretten in ihrem Leben geraucht hatten, kein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs aufwiesen.
(Quellen: Scientific American vom 24. Mai 2006; Morgenstern H, et al. Marijuana use and cancers of the lung and upper aerodigestive tract: results of a case-control study. Presentation at the ICRS Conference on Cannabinoids, 24-27 June 2005, Clearwater, USA)
Wissenschaft — Cannabidiol reduziert die Entwicklung von Diabetes in einer tierexperimentellen Studie
Wissenschaftler des Hadassah Universitätskrankenhauses in Jerusalem untersuchten die Wirkungen des Pflanzencannabinoids Cannabidiol (CBD) auf die Entwicklung von Diabetes bei Mäusen, die aus genetischen Gründen einen Diabetes entwickeln. So genannte NOD-Mäuse entwickeln im Alter von 4 bis 5 Wochen eine Insulitis, gefolgt von Diabetes mit einem Median von 14 Wochen. Eine Insulitis ist eine Entzündung der Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die Insulin produzieren, und Diabetes ist ein Ergebnis der Zerstörung dieser Zeilen.
NOD-Mäuse, die im Alter von 6 bis 12 Wochen 10 bis 20 Injektionen von CBD (5 mg pro Kilogramm Körpergewicht) erhalten hatten, wiesen eine signifikant auf 30 Prozent reduzierte Häufigkeit von Diabetes gegenüber 86 Prozent in der unbehandelten Kontrollgruppe auf. Bei den Mäusen, die in der behandelten Gruppe einen Diabetes entwickelten, war der Beginn der Erkrankung zudem deutlich verzögert. Die Blutspiegel von zwei Zytokinen, die Entzündungen fördern, IFN-Gamma und TFN-Alpha, sind bei NOD-Mäusen im Allgemeinen erhöht. Eine Behandlung mit CBD verursachte eine signifikante Reduzierung (mehr als 70 Prozent) der Spiegel beider Zytokine. In einem anderen Experiment wurden mit CBD behandelte Mäuse 26 Wochen lang beobachtet. Während die fünf Kontroll-Mäuse sämtlich einen Diabetes entwickelten, waren drei der fünf mit CBD behandelten Mäuse nach 26 Wochen frei von Diabetes.
Die Forscher folgerten, dass eine Bestätigung der beobachteten immunmodulatorischen Wirkungen von CBD "zur klinischen Anwendung dieser Substanz bei der Vorbeugung des Typ-1-Diabetes" und möglicherweise weiterer Autoimmunerkrankungen führen könnte. Sie wiesen daraufhin, dass viele Patienten, bei denen ein Typ-1-Diabetes diagnostiziert wird, zum Zeitpunkt der Diagnose eine ausreichende Zahl restlicher Zellen, die Insulin produzieren, aufweisen. Diese Patienten könnten Kandidaten für eine immunmodulatorische Behandlung sein.
(Quelle: Weiss L, Zeira M, Reich S, Har-Noy M, Mechoulam R, Slavin S, Gallily R. Cannabidiol lowers incidence of diabetes in non-obese diabetic mice. Autoimmunity 2006;39(2):143-51)
Wirtschaft — Nabilon wieder in den USA erhältlich
17 Jahre nachdem es vom US-Markt zurückgezogen worden war, wird Nabilon, ein synthetischer Abkömmling von THC wieder zum Verkauf als Medikament bei Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie angeboten werden. Dies erklärte sein Hersteller am 16. Mai. Nabilon wird unter dem Handelsnamen Cesamet von Valeant Pharmaceuticals International, einer Firma mit Sitz in Costa Mesa, Kalifornien, vermarktet. Valeant kaufte das Medikament im Jahre 2004 von Eli Lilly und verkauft es zur Zeit in Kanada.
Valeant erklärte, dass Eli Lilly die arzneimittelrechtliche Zulassung von Nabilon durch die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) im Jahre 1985, zog es jedoch im Jahre 1989 vom Markt zurück. Das Medikament wird mit Dronabinol (THC), dem wichtigsten aktiven Bestandteil von Cannabis, konkurrieren, der in den USA von Solvay Pharmaceuticals unter dem Handelsnamen Marinol vermarktet wird. Dronabinol, der internationale Freiname (INN) dieses Cannabisbestandteils, wird irrtümlicherweise oft synthetisches THC genannt, weil Dronabinol in Marinol synthetisch hergestellt wird, und Marinol das erste Dronabinol-Produkt war, das in Apotheken erhältlich ist. Die Nebenwirkungen von Nabilon sind ähnlich wie die von Dronabinol.
(Quellen: Pressemitteilung von Valeant Pharmaceuticals International vom 16. Mai 2006, Associated Press vom 16. Mai 2006)
Kurzmeldungen
Schweiz — Bern
Der Stadtrat der Bundeshauptstadt Bern hat beschlossen, ein Pilotprojekt zum kontrollierten Verkauf von Cannabis zu starten, obwohl die Bundesregierung und der Kanton dagegen sind. In dem Pilotprojekt soll Cannabis verkauft werden dürfen, sofern man sich an Regeln wie Werbeverbot, kein Verkauf an Minderjährige und die maximale Verkaufsmenge pro Tag hält. Eine Gesetzesinitiative zur kontrollierten Abgabe von Cannabis war im letzten Jahr im Schweizer Parlament gescheitert. (Quelle: 20min.ch vom 23. Mai 2006)
Italien — Gesetzesänderungen
Am 9. Mai trat ein Gesetz in Kraft, das von der alten Regierung beschlossen worden war und die Sanktionen für den Besitz kleiner Drogenmengen verschärfte. Allerdings würden vier neue Gesetzesvorschläge, die nach der Wahl der neuen Regierung im Mai eingebracht worden waren, den Besitz von Cannabis entkriminalisieren und die Möglichkeiten zur therapeutischen Verwendung verbessern. (Quelle: dire vom 5. und 8. Mai 2006)
Wissenschaft — Leberzirrhose
Französische Wissenschaftler berichteten, dass die Behandlung mit einem CB1-Rezeptorantagonisten die Wundheilungsreaktion nach akuter Leberverletzung bei Mäusen verringerte und das Fortschreiten der Zirrhose in drei Modellen chronischer Leberverletzung hemmte. Sie schlossen, dass "unsere Studie zeigt, dass CB1-Rezeptorantagonisten viel versprechend für die Behandlung der Leberzirrhose sind." (Quelle: Teixeira-Clerc F, et al. Nat Med, 21. Mai 2006; [Elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])
Wissenschaft — Depressionen
Kanadische Wissenschaftler fanden, dass das Cannabinoidsystem an der Fähigkeit einer langzeitigen Behandlung mit trizyklischen Antidepressiva, die Stress-induzierte Zunahme des Kortisonspiegels bei Mäusen zu unterdrücken, beteiligt ist. Eine dreiwöchige Verabreichung des trizyklischen Antidepressivums Desipramin führte zu einer signifikanten Zunahme der CB1-Rezeptordichte in bestimmten Gehirnregionen (Hippocampus und Hypothalamus) ohne signifikante Beeinflussung der Endocannabinoidspiegel. Die Reduzierung der Stress-induzierten Kortisonsekretion durch das Antidepressivum wurde durch einen CB1-Rezeptorantagonisten blockiert. (Quelle: Hill MN, et al. Neuropsychopharmacology, 10. Mai 2006; [Elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])