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ACM-Mitteilungen vom 26. März 2016

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Liebe Leserin, Lieber Leser,

erneut können wir Erfreuliches zu Strafverfahren gegen drei Erlaubnisinhaber berichten, einen Freispruch, eine Verfahrenseinstellung auf Kosten der Staatskasse, sowie die Aufhebung einer Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe.

In die aktuelle politische Debatte zur Erleichterung des Zugangs zu Medikamenten auf Cannabisbasis und die juristischen Ereignisse im Bereich Strafrecht und Verwaltungsrecht um den Eigenanbau von Cannabis durch Schwerkranke möchte der ACM-Vorstand noch etwas Würze geben und alle Erlaubnisinhaber – zur Zeit sind es etwa 600 – einladen, einen Antrag auf Eigenanbau von Cannabisblüten zu stellen.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Kurzmeldungen

Die öffentliche Selbsthilfegruppe Cannabis als Medizin, Landshut, trifft sich jeden ersten Montag im Monat um 19 Uhr in der Diakonie, Maistraße 8, 84034 Landshut, Kontakt: 0175 7086046

Erneut freuen wir uns auch über eine großzügige Spende in Höhe von 3500 € an die ACM von einem Spender, der anonym bleiben möchte. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön!

ACM-Vorstand rät Erlaubnisinhabern zu einem Antrag auf den Eigenanbau von Cannabis

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der Cannabisblüten verschreibungsfähig machen sowie die Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen zur Übernahme der Kosten verpflichten soll. Damit soll unter anderem vermieden werden, dass Patienten, die Cannabis benötigen, weil andere Therapieverfahren versagen, vor den Gerichten den Eigenanbau von Cannabis für ihre eigene Behandlung ihrer Erkrankung durchsetzen können.

Der ACM-Vorstand rät allen Erlaubnisinhabern nun, den Eigenanbau von Cannabis bei der Bundesopiumstelle zu beantragen. Sollte später die eigene Krankenkasse entgegen den Hoffnungen der Bundesregierung die Kosten der Behandlung nicht übernehmen, so werden wir den Antragstellern helfen, den Eigenanbau juristisch durchzusetzen. Gleichzeitig wird die Bundesregierung durch die Anträge motiviert, das Gesetz wirklich auch so zu formulieren, dass Ihre Krankenkasse in Ihrem konkreten Fall die Kosten nach Verabschiedung des Gesetzes auch tatsächlich übernimmt (siehe Stellungnahme der ACM zum Gesetzentwurf).

Dazu ist jetzt der beste Zeitpunkt.

Dazu hat der ACM-Vorstand ein Musterschreiben formuliert. Dieses können Sie nach Belieben und Ihren persönlichen Verhältnissen modifizieren. Es ist aber auch so formuliert, dass jede Erlaubnisinhaberin und jeder Erlaubnisinhaber es nach Einfügen der persönlichen Daten unverändert abschicken kann. Dieser Antrag hilft jeder Antragstellerin und jedem Antragsteller selbst, aber auch der Politik, die gegenwärtig die letzten Formulierungen des Gesetzentwurfes vornimmt, ein wenig auf die Sprünge.

Musterschreiben zum Antrag auf Eigenanbau von Cannabis durch Erlaubnisinhaber

Absender

(Vorname Name

Straße Hausnummer

Postleitzahl Ort)

An das

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

- Bundesopiumstelle -

Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3

53175 Bonn

Datum

Antrag auf eine Erlaubnis zum Anbau von Cannabis für persönliche medizinische Zwecke nach § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz

Name, Vorname, geboren am XY

BTM-Nummer: XY

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit dem XY besitze ich von Ihnen eine Erlaubnis zum Erwerb von Medizinalcannabisblüten aus einer Apotheke. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.

Nun beantrage ich zusätzlich eine Erlaubnis, meine Cannabispflanzen für meinen eigenen medizinischen Bedarf selbst in meiner Wohnung anbauen zu dürfen. Dieser Antrag hat vor allem drei Gründe.

Erstens kann ich mir die Cannabisblüten aus der Apotheke nicht in dem Umfang, wie er für eine optimale Therapie meiner Erkrankung notwendig wäre, finanziell leisten.

Zweitens traten in der Vergangenheit immer wieder ohne vorherige Ankündigung Lieferengpässe bei den Cannabisblüten aus der Apotheke auf, sodass meine Versorgung unterbrochen wurde.

Drittens ist es bisher unklar, ob die geplante Gesetzesänderung der Bundesregierung, die auch eine Verpflichtung der Krankenkassen zur Kostenübernahme bei sonst therapieresistenten Erkrankungen vorsieht, auch auf mich angewendet wird. Es kursieren Aussagen, nach denen der MDK bzw. die Krankenkassen durch eine entsprechende Auslegung des geplanten Gesetzes, strengere Maßstäbe an die Notwendigkeit einer Therapie mit Cannabisblüten stellen könnten, als dies Ihre Behörde seit 2007 macht. Damit gibt es für mich keine Garantie, dass das unter dem ersten Punkt genannte finanzielle Problem für mich durch eine Kostenübernahme durch meine Krankenkasse gelöst wird.

Zu den Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Eigenanbau möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich plane, Cannabispflanzen aus Stecklingen in einem abschließbaren Schrank anzubauen. Dort soll auch die Trocknung der Pflanzen vorgenommen werden. Das fertige Pflanzenmaterial plane ich so wie bisher die Cannabisblüten aus der Apotheke zu lagern. Um mich besser vor einem Wohnungseinbruch zu schützen, plane ich bei einer entsprechenden Genehmigung geeignete Sicherungsmaßnahmen an der Wohnungstür vornehmen zu lassen.

Freisprüche aus der jüngeren Zeit von Erlaubnisinhabern wegen illegalen Cannabisanbaus wegen rechtfertigenden oder entschuldigenden Notstands vor den Amtsgerichten in Karlsruhe, Duisburg und Hannover zeigen, dass übertriebene Sicherungsmaßnahmen keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Eigenanbaus für persönliche Zwecke darstellen, wenn andere realistische Alternativen nicht zur Verfügung stehen.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Drei weitere erfreuliche Gerichtsurteile für Erlaubnisinhaber: (1) Freispruch vor dem Amtsgericht Hannover, (2) Einstellung durch das Amtsgericht Wetzlar, (3) Aufhebung einer Verurteilung durch das Oberlandesgericht Karlsruhe

Am 22. März wurde Sebastian W. aus Berlin vor dem Amtsgericht Hannover wegen entschuldigenden Notstand nach § 35 StGB freigesprochen. Erstmals war in diesen Fall im Sommer 2015 verhandelt worden und das Gericht hatte mehrfach eine Einstellung des Verfahrens angeboten. Herr W., der an ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) im Erwachsenenalter leidet und seit dem 12. Juni 2013 eine Erlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten durch die Bundesopiumstelle besitzt, hatte dies jedoch abgelehnt und auf einer Entscheidung bestanden. Da er sich das Cannabis aus der Apotheke nicht leisten konnte, hatte er Cannabisprodukte illegal erworben und war dabei von der Polizei aufgegriffen worden. Das Gericht hat in vier Hauptverhandlungstagen umfangreich Beweis erhoben und neben dem begleitenden Arzt Dr. Franjo Grotenhermen (via Skype-Konferenz) und der ADHS - Schwerpunktärztin noch einen weiteren psychiatrischen Sachverständigen sogar den Leiter der Bundesopiumstelle, Herrn Dr. Cremer- Schaeffer vernommen. Herr W. wurde freigesprochen, da es dem Mandanten von Rechtsanwalt Sebastian Glathe nicht zuzumuten sei, nicht auf das (illegale) Cannabis zu zuzugreifen, wenn er die wirtschaftlichen Mittel nicht habe.

Am 28. September 2015 stellte das Amtsgericht Wetzlar (AZ: 46 Ds – 2 Js 59502/14) ein Strafverfahren gegen Michael Werner M. aus Solms-Burgsolms ein. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Bei Herrn M., der ebenfalls von Dr. Franjo Grotenhermen behandelt wird, waren am 26. November 2014 Cannabispflanzen beschlagnahmt worden, deren Gewicht nach Entfernung des Astwerkes und Trocknung 160 g betrug. Herr M. besitzt seit dem 14. August 2013 eine Erlaubnis der Bundesopiumstelle zum Erwerb von Cannabisblüten aus der Apotheke, da er an einem therapieresistenten chronischen Schmerzsyndrom bei Morbus Bechterew, Migräne und chronischer Übelkeit unklarer Genese mit Appetitlosigkeit und Untergewichtigkeit leidet. Da er sich Cannabis aus der Apotheke nicht in den nötigen Umfang leisten konnte, hatte er für seinen eigenen medizinischen Bedarf Cannabispflanzen selbst angebaut. Sein Anwalt war Axel Steinbach aus Braunfels.

Am 3. März 2016 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe (1(3) Ss 621/15 – Ak 188/15) die Gefängnisstrafe von Rene P. aus Karlsruhe durch das Amtsgericht Rastatt vom 7. März 2014 und das Landgericht Baden-Baden vom 27. Juli 2015 wegen des illegalen Besitzes von Betäubungsmitteln von nicht geringer Menge aufgehoben. Das Amtsgericht hatte Herrn P. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Das Landgericht Baden-Baden hatte das Urteil dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 3 Monaten verurteilt wurde. Herr P. leidet unter ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) und besitzt seit dem 1. März 2013 eine Erlaubnis von der Bundesopiumstelle zum Erwerb von Cannabisblüten aus der Apotheke. Auch hier ist der begleitende Arzt Dr. Franjo Grotenhermen und sein Rechtsanwalt Sebastian Glathe aus Freiburg. Der erste Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe rügte das Urteil des Landesgerichts, da es „materiell-rechtlich lückenhaft“ sei und demgemäß kein Bestand haben könne. Das Urteil enthalte „keine eigenen tragfähigen und der sachlich-rechtlichen Überprüfung ohne weiteres zugänglichen Feststellungen“. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat das Urteil daher aufgehoben und an eine andere Strafkammer des Landgerichts Baden-Baden zurückverwiesen.

Presseschau: Amtsgericht spricht Bewährungsstrafe aus: Cannabis gegen die Schmerzen: Kreuther verurteilt (Merkur)

Das Amtsgericht Miesbach verurteilte einen Schmerzpatienten wegen illegalen Anbaus zu einer Bewährungsstrafe. Im Gegensatz zu dem anderen drei Fällen, die heute in den ACM-Mitteilungen vorgestellt wurden, besaß der 55-jährige Mann aus Kreuth allerdings keine Ausnahmeerlaubnis der Bundesopiumstelle zur Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke, sodass mit einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens auch nicht unbedingt zu rechnen war. Der Merkur berichtete am 16. März.

Amtsgericht spricht Bewährungsstrafe aus: Cannabis gegen die Schmerzen: Kreuther verurteilt

Statt Schmerzmittel einzunehmen, versuchte es ein Kreuther (55) mit Betäubungsmitteln. Er baute Pflanzen in der eigenen Wohnung an. Nun hat er eine Bewährungsstrafe kassiert.

Statt Schmerzmittel einzunehmen, versuchte es ein Kreuther (55) nach einer Unterschenkelamputation mit Betäubungsmitteln. Er baute mehrere Pflanzen in der eigenen Wohnung an. Nun hat er eine Bewährungsstrafe kassiert.

Seine Medikamente waren ihm nicht wirkungsvoll genug, da stieg ein 55-jähriger Kreuther auf eine andere Methode um: Drogen. Wegen unerlaubten Besitzes und Anbaus von Betäubungsmitteln in seiner Wohnung musste er sich nun vor dem Miesbacher Amtsgericht verantworten. Der Mann ist seit zweieinhalb Jahren aufgrund eines Forstunfalls unterschenkelamputiert, weshalb er „immer wieder Schmerzattacken“ habe, wie er vor Gericht erklärte. Doch all die Schmerzmittel wollten nicht richtig anschlagen. „Dann dachte ich mir, dass ich es einfach mal mit Betäubungsmitteln versuche“, sagte er. Einen grünen Daumen habe er als Freizeit-Gärtner ohnehin. Also baute er die Drogen selbst an. Zunächst waren es nur kleine Samen, die der Mann von Freunden geschenkt bekam. Vor etwa einem Jahr setzte er die Samen in die Erde ein, nicht einmal fünf Monate später entstanden daraus große Pflanzen. Insgesamt mehr als 800 Gramm Marihuana sowie kleinere Mengen Cannabis und Haschisch befanden sich nun in der Wohnung des 55-Jährigen.

„Ich hab auch schon versucht, die Betäubungsmittel legal zu erwerben, aber da hatte ich keine Chance, welche zu bekommen“, erklärte der Angeklagte. Somit gab der Kreuther seine eigens gezüchteten Blüten und Blätter in kleinen Mengen in seinen Tee, was ihm laut eigener Aussage auch zu helfen schien. „Etwa zweimal in der Woche hab ich dann noch zusätzlich dreimal an einem Joint gezogen“, berichtete der Beschuldigte weiter. „Bei dem Konsum hätten die Pflanzen aber für drei Leben gereicht“, entgegnete Richter Walter Leitner schmunzelnd. Nach der Arbeit wollte er eben zur Ruhe kommen, sagte der Kreuther, doch da kamen die Schmerzen wieder hoch. „Die paar Züge haben meine Schmerzen dann schon gelindert.“ Und das, obwohl das Marihuana nur einen geringen Wirkstoffgehalt von 1,5 Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) besaß. So hätte der Angeklagte wohl für viele Jahre nahezu schmerzfrei sein können.

Doch schließlich wurde die Polizei auf ihn aufmerksam. „Wir haben mitgeteilt bekommen, dass dort Betäubungsmittel angebaut werden“, erklärte ein Beamter der Polizeiinspektion Bad Wiessee. Gegenstände, die auf einen professionellen Anbau hingedeutet hätten – wie Lampen oder Belüftungsanlagen – fand die Polizei bei der Hausdurchsuchung im August 2015 jedoch nicht. Lediglich eine blühende Gartenlandschaft auf dem Balkon des Angeklagten. Aufgrund dieser großen Menge forderte Staatsanwältin Pongratz eine elfmonatige Bewährungsstrafe für den Kreuther. Zudem solle er 1200 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung spenden. Verteidigerin Claudia Wüllrich plädierte dafür, es bei einer Geldstrafe für ihren Mandanten zu belassen. „So viele Pflanzen kamen dabei ja auch nur raus, weil wir 2015 einen super Sommer hatten.“ Leitner kam der Bitte nicht nach, sprach den Angeklagten des unerlaubten Besitzes und Anbaus von Betäubungsmitteln schuldig und verurteilte ihn zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten. Zusätzlich muss der Mann 1200 Euro an die Suchtberatung der Caritas Miesbach bezahlen. „Es war Ihr erster Versuch, Sie haben wenig konsumiert, aber sind dann voll reingetappt“, resümierte der Richter. „Mit dem Anbau von homöopathischem Marihuana hat es nicht geklappt.“

Presseschau: PULSmesser: Cannabis aus der Apotheke (Apothekia.de)

Ein Artikel in Apothekia.de vom 15. März 2016 zum Thema Cannabis als Medizin richtet sich an Pharmazeutisch Technische Assistenten bzw. Assistentinnen (PTA) und Pharmazeutisch Kaufmännische Angestellte (PKA).

PULSmesser: Cannabis aus der Apotheke

Vertreter aus der Politik und dem Gesundheitswesen beratschlagen Sinn und Nutzen der medizinischen Anwendung von Cannabis. Neben den medizinischen Fragen werden aber auch Punkte, welche die praktische Umsetzung betreffen diskutiert. Wie sollen Anbau, Handel und Lagerung der Rohware erfolgen? Werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen? Wie wird die Abgabe in der Apotheke geregelt?

Und was ist mit der PTA und der PKA?

Bei all den Diskussionen in den Medien fehlt uns ganz klar eine Stimme: die der PTA und der PKA. Diese Berufsgruppen werden ganz konkret in ihrem Arbeitsalltag von den möglichen gesetzlichen Neuregelungen betroffen sein. Sind Sie darauf gut vorbereitet? Und wenn nicht, wo genau liegen die Informationsdefizite? Welche Informationen brauchen PTA und PKA um für den Umgang mit Cannabis in der Apotheke gerüstet zu sein und Patienten mit einer entsprechenden Verordnung sicher und fachkundig beraten zu können?

Aus diesem Grund haben wir eine kurze PULSmesser-Befragung bei den apothekia Mitgliedern durchgeführt. Die Ergebnisse möchten wir im Folgenden kurz vorstellen.

Wer wurde befragt?

An der Befragung teilgenommen haben apothekia-Mitglieder, die unseren Onlinefragebogen ausgefüllt haben. Dabei haben sich zu 86 % PTA beteiligt. PKA und Apotheker*innen machten jeweils ca. 5 % der Teilnehmer aus. Die Befragten waren entsprechend der Bevölkerungszahlen und -dichte recht gleichmäßig über das gesamte Bundesgebiet verteilt.

Die Teilnehmer waren vor allem PTA mit Berufserfahrung, denn die Altersgruppe zwischen 26 und 59 Jahren dominierte mit ca. 84 % klar gegenüber den jüngeren und älteren PTA.

Was bisher geschah… Oder: wie ist der aktuelle Stand zum Thema?

Wir wollten zunächst wissen, ob die PTA und PKA mit dem Thema schon einmal in Berührung gekommen sind und wie gut sie sich informiert fühlen. Dabei zeigte sich, dass das Thema Cannabis in den meisten Apotheken bisher offenbar noch nicht angesprochen wurde – mehr als 56 % der Befragten machten diese Angabe. In 38 % der Apotheken wurde das Thema zumindest schon einmal angesprochen. In fast 6 % der Apotheken sogar ausführlich.

Dementsprechend sollte es einen nicht wundern, dass sich über 70 % der Befragten zu diesem Thema sehr schlecht oder schlecht informiert fühlen. Immerhin 25 % stufen ihr Infomationslevel als befriedigend ein. Nur etwas über 4 % fühlen sich gut oder sehr gut informiert.

Cannabis in der ApothekeAktueller InformationsstandGewünschte Zusatzinfos

Cannabis als Thema in der Apotheke

Welche Informationen werden in der Apotheke gebraucht?

Cannabis in der Apotheke ist ein Thema, das in vielen Bereichen neue Regelungen und Abläufe erforderlich macht – von der Lagerung und Qualitätsprüfung der Ware, über die Dokumentation der Abgabe bis zur Beratung der Patienten. Wir wollten wissen, bei welchem dieser Aspekte der Schuh am meistern drückt – wo PTA und PKA also den höchsten Informationsbedarf haben?

Dabei zeigt sich, dass vor allem die Aspekte, die mit der Arbeit am HV-Tisch zusammenhängen von den Befragten als am wichtigsten eingestuft wurden. Informationen zur Beratung der Patienten wären für 66 % der Befragten sehr interessant. Dicht darauf folgen Informationen zum Dokumentationsaufwand (BTM-Gesetz, Warenein- und -ausgang), die sich 55 % der Befragten dringend wünschen. Zu Fertigarzneimitteln aus Cannabis wünschen sich 53 % deutlich mehr Informationen.

Nicht ganz so drängend scheinen für PTA und PKA Informationen zur Qualitätsprüfung (45 %) und Lagerung der Ware (31 %) zu sein.

Fazit

Die PTA stellt zusammen mit den Apotheker*innen ein wichtiges Bindeglied in der Gesundheitskommunikation dar. Gerade bei der Etablierung eines Arzneiwirkstoffes wie Cannabis, der in den Köpfen der Bevölkerung bisher vor allem als illegale „Einstiegsdroge“ oder ähnliches verankert ist, wird auf die PTA sicher einiges an pharmazeutischer aber auch persönlicher Beratung verunsicherter Kunden zukommen.

Unsere Befragung zeigt klar, dass PTA und PKA sich hierfür noch nicht ausreichend gerüstet fühlen und aktiv mehr Informationen zu diesem Thema fordern.

Weitere Informationen

Cannabis auf Rezept

Der Fernsehsender arte präsentiert auf dieser Specialseite eine Webserie zum Thema. Sie bietet in verschiedenen Beiträgen interessante Einblicke in den Alltag der Patienten, den aktuellen Stand der Medizin und die Rechtslage in Europa.

ABDA Positionspapier Cannabis

Die ABDA hat Anfang Februar 2016 ein Positionspapier zum Thema Cannabis veröffentlicht.

Anleitung zur Beantragung einer Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis bei der Bundesopiumstelle

Anleitung mit konkreten Hilfen für Patienten bzw. Antragsteller, für Ärzte, die Patienten bei ihrem Antrag unterstützen wollen, sowie Apotheker, die Cannabis an Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung abgeben möchte.

Cannabis als Arzneimittel

Umfangreicher Wikipedia-Artikel zum Thema

Das therapeutische Potenzial von Cannabis und Cannabinoiden

Medizinische Übersichtsarbeit, die das therapeutische Potenzial von Cannabis als Arzneimittel bei verschiedenen Indikationen (Spastik, Zytostatika induzierte Übelkeit und Erbrechen, Anorexie und Kachexie bei HIV/Aids, Chronische Schmerzen) betrachtet.

Presseschau: Cannabispatienten in den Niederlanden (Keinwietpas.de)

Ein aktueller Artikel vom 16. März befasst sich mit der Situation von Patienten in den Niederlanden, die Cannabisprodukte aus medizinischen Gründen benötigen. Auch dort geht es um Fragen des möglichen Eigenanbaus sowie die Kostenerstattung verschriebener Cannabisblüten durch die Krankenkassen. Danach übernehmen die Krankenkassen mittlerweile in etwa 75 % der Fälle die Kosten für eine solche Behandlung.

Cannabispatienten in den Niederlanden

Letzten Monat erregte der Freispruch von Rudolf Hillebrand vor der Rechtbank Amsterdam einiges Aufsehen. Mittlerweile hat es der Fall sogar bis in die zweite Kammer des Parlaments geschafft.

Der Abgeordnete Otwin van Dijk (PvdA) richtete einige Fragen zu dem Fall an die Ministerin für Volksgesundheit, Edith Schippers (VVD). So wollte er zunächst wissen, ob die Ministerin den Fall zur Kenntnis genommen habe und wie ihre Reaktion darauf sei.

Schippers erwiderte, dass sie den Fall sehr wohl zur Kenntnis genommen habe, aber zu dem Urteil selber keinen Kommentar abgeben wolle. Van Dijk stellt daraufhin in seiner Anfrage sehr genau die Versorgungslage der Cannabispatienten in den Niederlanden in den Focus. Er möchte wissen, wie die Ministerin die Versorgungslage einschätzt und ob sie den Selbstanbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken überhaupt für einen gangbaren Weg hält und ob die Angebotspalette von fünf Sorten Cannabis für medizinische Zwecke ausreichend ist.

Ministerin Schippers stellt in ihren Antworten klar, dass sie den Selbstanbau nicht für sinnvoll hält. Medizinisches Cannabis müsse bestimmten Qualitätskriterien bezüglich Reinheit und Wirkstoffgehalt entsprechen, was beim Heimanbau nicht zu gewährleisten sei. Damit greift sie ein Argument auf, welches vornehmlich aus der Ärzteschaft zu hören ist. Hier herrscht anscheinend eine gewisse Skepsis, wenn es um die Dosierung geht, was auch verständlich ist, wenn man sich in einer Welt bewegt, in dem alles vermessen und dosiert werden kann. Die Sortenvielfalt hält sie für ausreichend, da eineUntersuchung im Jahr 2014 ergeben hat, dass die Patienten mit dem Angebot in hohem Maße zufrieden seien. Mittlerweile werde aber auch durch Kontakte mit der Patientenvereinigung PGMCG und der Universität Leiden eine sechste Varietät entwickelt. Aufgrund der großen Anzahl und Verschiedenheit der Wirkstoffe, die größtenteils noch nicht untersucht wurden, gibt es hier noch ein großes Forschungspotential, weswegen im Moment hierzu Forschungen des Bureau Medicinale Cannabis (BMC) und der Universität Leiden durchgeführt werden, die Mitte 2016 veröffentlicht werden sollen. Im allgemeinen hätten aber Untersuchungen ergeben, dass die in den Coffeeshops erhältlichen Sorten von ihrem Wirkstoffgehalt in den fünf erhältlichen Sorten gut abgebildet werden. Eine Ausnahme sei die Sorte Amnesia, die aber im Moment entwickelt werde und Mitte des Jahres in die Apotheken komme. Cannabis aus dem Coffeeshop ist ihrer Meinung nach keine Option, da hier keinerlei Kontrolle des Wirkstoffgehalts stattfinde.

Dann fragt van Dijk nach der Kostenübernahme durch die Krankenversicherung. Schippers erwidert, dass die Kostenübernahme Sache der einzelnen Versicherung ist. Auf der Seite der NCSM lassen sich hierzu Informationen finden. Daraus geht hervor, dass ca. 75% der Versicherungen medizinisches Cannabis in der einen oder anderen Form vergüten. Eine Entschädigung bei Heimanbau gibt es allerdings nicht, da dafür ein Rezept notwendig sei.