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ACM-Mitteilungen vom 17. Januar 2015

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Warum musste Robert Strauss sterben?

Nach Angaben seines Sohnes ist Robert Strauss am Mittwoch, den 14. Januar 2015, gegen 11:00 Uhr morgens im Zentralklinikum Augsburg an Organversagen gestorben. Sein Sohn unterstützt eine Veröffentlichung der Ereignisse rund um den Tod seines Vaters, so wie auch sein verstorbener Vater immer wollte, dass seine Geschichte öffentlich gemacht wird, zuletzt im Bayern-Teil der Süddeutschen Zeitung.

Mit seinem behandelnden Arzt Dr. Franjo Grotenhermen hatte Herr S., der eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke besitzt, zuletzt am 08. Januar 2015 telefoniert. Herr Strauß rief aus dem Krankenhaus an. Er habe sich den Oberarm gebrochen, nachdem er aufgrund eines fehlenden Zugangs zu Cannabisblüten wieder andere Schmerzmittel, die ihn wieder stark sediert hätten, habe einnehmen müssen, so dass er gestürzt sei. Er werde im Krankenhaus gut behandelt.

Herr Strauss gehört zu den Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis, die wegen illegalen Eigenanbaus strafrechtlich verfolgt wurden. Informationen zu seiner Krankengeschichte finden sich auf der Internetseite www.cannabis-patienten.de für Spenden zu Gunsten dieser Patienten, damit sie sich einen Anwalt leisten und sich auch durch mehrere gerichtliche Instanzen gegen dieses Unrecht wehren können.

Eine kurze Chronik der Ereignisse:

7. Juli 2013: Herr Strauss stellt sich erstmals in der Praxis von Dr. Grotenhermen vor. Seit Jahren besteht ein therapieresistentes Schmerzsyndrom mit einer Schmerzstärke von 7-8 auf einer Skala von 0 (keine Schmer¬zen) bis 10 (stärkste vorstellbare Schmerzen). Zur Vorbereitung eines Antrags auf eine Ausnahmeerlaubnis werden noch einige Maßnahmen, unter anderem eine erneute Vorstellung bei einem Schmerztherapeuten, erforderlich.

Herbst 2013: Herr Strauss wird wegen illegalen Anbaus von Cannabis zu einer Geldstrafe verurteilt. Diese wird später in die Ableistung von Sozialstunden umgewandelt, weil er über keine ausreichenden finanziellen Mittel verfügt.

4. Februar 2014: Die Bundesopiumstelle erteilt Herrn Strauß eine Erlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke im Rahmen einer ärztlich begleiteten Selbsttherapie.

19. August 2014: Herrn Strauss geht es mit Bedrocan-Cannabis sehr gut. Er ist allerdings seit April 2014 arbeitslos und hat nicht viel Geld. Er leistet seine Sozialstunden ab. Er wird häufig von der Polizei auf der Straße kontrolliert.

13. September 2014: Erneute Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Kriminalpolizei Augsburg, in dessen Verlauf seine Wohnung erneut durchsucht wurde und illegaler Cannabis beschlagnahmt wurde. Zudem wurden Cannabisblüten, die er in der Apotheke erworben hatte, beschlagnahmt. Das Vorzeigen der Quittungen über den Kauf von Cannabis interessierte die Beamten nicht. Herr Strauss hatte sich den Can¬nabis in Tagesdosen aufgeteilt. Dies wurde von der Kriminalpolizei so interpretiert, dass er den Cannabis aus der Apotheke in solchen Portionen weiter verkaufen wollte. In einem Schreiben seines Rechtsanwalts Sebastian Glathe an Dr. Grotenhermen heißt es: „Es sollte seitens der Kriminalpolizei Augsburg hier wohl der Eindruck erweckt werden, Herr Strauss würde möglicherweise mit dem Marihuana Handel treiben, welches er im Rahmen seiner Erlaubnis nach § 2 Abs. 3 BtMG aus der XY-Apotheke in Augsburg bezieht.“

10. November 2014: Der gesundheitliche Zustand von Herrn Strauss hat sich verschlechtert. Er hat keinen Zugang zu Cannabis, weil seine Apotheke nicht beliefert werden kann. Er kann keine anderen Medikamente einnehmen, weil er diese auf Grund seines geschädigten Magens nicht einnehmen kann. Wenn er nicht einschlafen kann, versuche er, sich mit Alkohol zu betäuben.

8. Januar 2015: Herr Strauss befindet sich wegen eines Oberarmbruchs nach einem Sturz im Krankenhaus. In einem Telefonat mit Dr. Grotenhermen erklärt er, dass er den von der Polizei beschlagnahmten Bedrocan-Cannabis immer noch nicht zurück erhalten habe.

13. Januar 2015: Nach Angaben seines Sohnes klingelt Herr Strauss nachts um 3 Uhr nach der Nachtschwester, da er keine Luft bekomme. Kurze Zeit später wird er bewusstlos und muss wiederbelebt werden.

14. Januar 2015: Morgens gegen 11 Uhr verstirbt Herr Strauss.

In einem Telefonat mit seinem Sohn erklärt dieser, dass es Herrn Strauss schon in den Tagen vor seinem Tod schlecht ging. Er habe starke Blutergüsse im Bereich des rechten Armes und der rechten Hand gehabt. Sein Bauch sei gebläht gewesen und er habe Wassereinlagerungen in den Beinen gehabt. Ihm sei von den Ärzten erklärt worden, sein Vater sei an Organversagen gestorben.

Sein Sohn plant, seinen Vater in Deutschland einäschern zu lassen und die Asche in die USA zu bringen, um ihn dort zu beerdigen. Sein Vater habe in den vergangenen Monaten mehrfach den Wunsch geäußert, in die USA zurück zu kehren, um dort Ruhe vor den Strafverfolgungsbehörden zu haben. Robert Strauss wurde am 09. April 1964 in New Jersey geboren, lebte aber seit vielen Jahren in Deutschland. Sein Sohn will sich um eine Einsicht in die Krankenunterlagen bemühen.

Vielleicht hilft sein Tod dabei, uns aufzurütteln, dass wir mehr tun, um Patienten zu einer angemessenen Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis bzw. Cannabisprodukten zu verhelfen und die menschenverachtende Strafverfolgung, die sie über ihre schweren Erkrankungen hinaus zusätzlich belastet, zu beenden.

Die ACM trauert um Robert "Bob" Strauss.

Presseschau: Kiffen gegen Schmerzen – 100 Franken Busse (20 Minuten Schweiz)

Auch in der Schweiz ist die medizinische Verwendung von Cannabis verboten. Ein Richter verurteilte kürzlich eine Frau mit Multiple Sklerose zu einer „symbolischen“ Geldstrafe von 100 Franken, weil sie Cannabispflanzen zur Linderung ihrer Krankheitssymptome angebaut hatte. Am 14. Januar berichtete die Zeitschrift „20 Minuten Schweiz“ über den Prozess.

Kiffen gegen Schmerzen – 100 Franken Busse

Presseschau: Laborversuche von Rostocker Forschern zeigen Cannabis:-Wirkstoffe zerstören Tumorzellen (Bild-Zeitung)

Cannabinoide wie THC und CBD (Cannabidiol) weisen in Tier- und Zellexperimenten krebshemmende Eigenschaften auf. Nun berichtete auch die Bild- Zeitung über neue Forschungsergebnisse einer Arbeitsgruppe an der Universität Rostock über neue Erkenntnisse zu diesem Thema. Leider ist bisher unbekannt, bei welchen Tumorarten, in welcher Dosierung, in welcher Kombination Cannabinoide eventuell auch beim Menschen bei Krebserkrankungen erfolgreich eingesetzt werden könnten.

Laborversuche von Rostocker Forschern zeigen Cannabis:-Wirkstoffe zerstören Tumorzellen

Presseschau: Gesundheits-Agentur baute Cannabis an (Oe24-Österreich)

Seit einigen Jahren wird in Österreich Cannabis angebaut und für die Herstellung von Medikamenten auf Cannabisbasis exportiert. Im letzten Jahr waren es 142 kg.

Gesundheits-Agentur baute Cannabis an

Allein 142 Kilo im Vorjahr: Pflanzen werden an Pharmafirmen verkauft

Da wird einem ganz leicht im Kopf: Die Agentur für Gesundheit (AGES) hat laut einer Anfragebeantwortung von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) im Vorjahr 142 Kilogramm Cannabis in Wien Hirschstetten angebaut – und verkauft.

Warum der berauschende Export? Ausländische Pharmafirmen stellen aus dem Aus¬tro-Cannabis Schmerzmittel her, die zur Betreuung von Krebspatienten verwendet werden. In Österreich sind diese verboten.

Wie viel Geld die AGES damit macht, wird nicht gesagt. Die GmbH unterstehe nicht dem Auskunftsrecht des Parlaments. Anfragen-Stellerin Eva Mückstein (Grüne) ist empört: „Die AGES darf Geschäfte mit Cannabis treiben, österreichische Patienten haben nichts davon.“ Der Zugang zu Cannabis als Medizin sei in Österreich zu strikt gehandelt.

Presseschau: Cannabis als Medizin: Ein starker Stoff (SWR2)

Der südwestdeutsche Rundfunk berichtete erneut ausführlich mit einem Text über das Thema.

Cannabis als Medizin: Ein starker Stoff

Presseschau: Politiker wollen Cannabis legalisieren (Die Welt)

Verstärkt wird auch in Deutschland über eine generelle Legalisierung von Cannabis nachgedacht. Dies hätte natürlich auch Bedeutung für die Möglichkeiten von Patientinnen und Patienten, Cannabisprodukte zur Selbsttherapie zu verwenden, wie das Beispiel Spanien zeigt, wo der Besitz der Droge für den eigenen Bedarf erlaubt ist. Die Zeitung Die Welt berichtete über Überlegungen Hamburger Landespolitiker.

Politiker wollen Cannabis legalisieren