Veröffentlicht
Zuletzt aktualisiert
Lesezeit

IACM-Informationen vom 7. Juni 2008

Authors

Europa — Ein Rechtsanwalt behauptet, dass Irland das Schengen-Abkommen im Fall eines MS-Patienten verletzt

Ein niederlĂ€ndischer Rechtsanwalt behauptet, dass die irische Regierung seinen Verpflichtungen hinsichtlich des Schengen-Abkommens nicht nachkommt, weil es einem Multiple-Sklerose-Patienten, der Cannabis zu medizinischen Zwecken benötigt, nicht in das Land lĂ€sst. Noel McCullagh befindet sich in einem Rechtsstreit, der es ihm erlauben soll, im Besitz seines verschriebenen Cannabis aus den Niederlanden nach Irland zurĂŒckzukehren. Herr McCullagh erklĂ€rte, dass er seine Eltern seit zwei Jahren nicht sehen konnte, weil er verhaftet werden wĂŒrde, wenn irische Beamte die Droge bei ihm finden sollten.

Sein Anwalt Jasper Pauw erklĂ€rte, dass es Herrn McCullagh nach dem Schengen-Abkommen, ein Abkommen zur Aufhebung physischer Grenzen zwischen europĂ€ischen LĂ€ndern, erlaubt sein sollte, Cannabis nach Irland zu bringen. Er erklĂ€rte, dass Irland den Artikel 75 des Schengen-Abkommens unterzeichnet habe. "Dieser besagt, dass, wenn Menschen ein Medikament in einem bestimmten Schengen-Land verwenden und dieses Medikament in diesem Land legal ist, die Menschen frei innerhalb der Schengen-Zone reisen und das Medikament mitnehmen können, wenn sie ein entsprechendes Zertifikat mit sich fĂŒhren", sagte er. Eine Sprecherin des irischen Gesundheitsministeriums erklĂ€rte: "Jede Person, die das Land mit medizinischem Cannabis betritt, könnte nach dem BetĂ€ubungsmittelgesetz (Misuse of Drugs Act) wegen unerlaubten Besitzes angeklagt werden." Der Fall wird zur Zeit vom irischen Justizministerium geprĂŒft.

Mehr unter:

http://www.ireland.com/newspaper/ireland/2008/0531/1212156446070.html#

(Quelle: The Irish Times vom 31. Mai 2008)

Wissenschaft — Langzeitiger starker Cannabiskonsum könnte zwei wichtige Gehirnregionen schrumpfen lassen

Nach Forschung einer australischen Arbeitsgruppe könnte starker langzeitiger Cannabiskonsum zwei Gehirnregionen (Hippocampus und Amygdala), die reich an Cannabinoidrezeptoren sind, schrumpfen lassen. Die Wissenschaftler hatten Aufnahmen des Gehirns von 15 Cannabiskonsumenten (mittleres Alter: 39,8 Jahre), die mindestens 10 Jahre lang (durchschnittlich 19,7 Jahre) tÀglich mindestens 5 Cannabiszigaretten konsumiert hatten mit 16 Nichtkonsumenten (mittleres Alter: 36,4 Jahre) verglichen. In der Cannabisgruppe war das Volumen des Hippocampus im Durchschnitt 12 Prozent und das Volumen der Amygdala im Durchschnitt 7 Prozent kleiner. Der Hippocampus spielt eine wichtige Rolle beim GedÀchtnis und bei Emotionen, und die Amygdala spielt eine wichtige Rolle bei Angst und Aggressionen. Die Cannabiskonsumenten wiesen zudem hÀufiger geringe Anzeichen psychotischer Störungen auf.

Der Artikel erzielte viel Aufmerksamkeit in den Medien. Kritiker wiesen darauf hin, dass diese Forschung nur mit wenigen Teilnehmern durchgefĂŒhrt worden sei, und dass die große Mehrheit der Cannabiskonsumenten nicht solche starken Konsumraten aufwiesen. FrĂŒhere Forschung durch Wissenschaftler der Harvard-UniversitĂ€t in Boston (USA) aus dem Jahr 2005 hatte keine Unterschiede des durchschnittlichen Volumens des Hippocampus bei 22 langzeitigen starken Cannabiskonsumenten und 26 Nichtkonsumenten gefunden. Die Forscher der neuen Studie rĂ€umten ein, dass ihre Untersuchung nicht beweise, dass Cannabis und nicht ein anderer Faktor die Unterschiede erklĂ€rt. Forschungsleiter Dr. Murat Yucel erklĂ€rte jedoch, dass die Befunde sicherlich nahe legten, das Cannabis die Ursache war.

Mehr unter:

http://www.reuters.com/article/latestCrisis/idUSN02271474

(Quellen: Reuters vom 2. Juni 2008; Yucel M, Solowij N, Respondek C, Whittle S, Fornito A, Pantelis C, Lubman DI. Regional Brain Abnormalities Associated With Long-term Heavy Cannabis Use. Arch Gen Psychiatry 2008;65(6):694-701.)

Großbritannien — Regulierungsbehörde berichtet von fĂŒnf TodesfĂ€llen im Zusammenhang mit der medizinischen Verwendung von Rimonabant

Nach einem Bericht der britischen Regulierungsbehörden fĂŒr Medikamente (Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency) ist Rimonabant seit seiner Marktzulassung in Großbritannien vor zwei Jahren mit fĂŒnf TodesfĂ€llen und 2123 Nebenwirkungen (in 720 Berichten an die Behörde) assoziiert. Rimonabant ist ein Blocker des Cannabinoidrezeptors des Unternehmens Sanofi-Aventis, der in Großbritannien und anderen europĂ€ischen LĂ€ndern unter dem Markennamen Acomplia zur Gewichtsreduzierung erhĂ€ltlich ist. Das Medikament wurde einmal als ein Milliarden-Dollar-Verkaufsschlager des französischen Unternehmens betrachtet, seine Zukunft ist jedoch unklar, nachdem ein Expertengremium der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) sich im vergangenen Jahr auf Grund von BefĂŒrchtungen, es könne Selbstmordgedanken verursachen, gegen eine Zulassung ausgesprochen hatte.

Nach dem Bericht gab es einen Fall von Selbstmord und zwei Selbstmordversuche. Die anderen vier TodesfĂ€lle waren zwei tödliche Herzinfarkte, ein plötzlicher Tod und ein Fall einer Infektionskrankheit. Die Nebenwirkungen umfassten 48 FĂ€lle von Selbstmordgedanken rund 149 FĂ€lle von Depressionen. Sanofi-Aventis wies daraufhin, dass die TodesfĂ€lle in einer Bevölkerungsgruppe auftraten, die zusĂ€tzlich zu Übergewicht weitere Risikofaktoren fĂŒr Herzkreislauferkrankungen aufwies.

Mehr unter:

http://www.reuters.com/article/rbssHealthcareNews/idUSL0386413220080603

(Quellen: Reuters vom 3. Juni 2008, Deutsches Ärzteblatt vom 4. Juni 2008)

Kurzmeldungen

USA — Kalifornien

Nach einem Artikel der New York Times nimmt der kalifornische Staat etwa 100 Millionen US-Dollar (etwa 64 Millionen Euro) an staatlichen Steuern von den 2 Milliarden US-Dollar (etwa 1,3 Milliarden Euro) Einnahmen der geschÀtzten 500 Verteilungsstellen von medizinischem Cannabis ein. Mehr unter: http://www.nytimes.com/2008/05/31/technology/31online.html (Quelle: New York Times vom 31. Mai 2008)

Wissenschaft — StĂ€rke von Cannabis

Wissenschaftler des australischen nationalen Forschungszentrums fĂŒr Drogen und Alkohol sahen die verfĂŒgbare internationale Literatur zur Entwicklung des THC-Gehaltes von Cannabis durch. Sie stellten fest, dass "Cannabisproben, die in den Vereinigten Staaten, den Niederlanden, Großbritannien und Italien untersucht worden waren, eine Zunahme der StĂ€rke in den letzten zehn Jahren gezeigt haben. Einige LĂ€nder wiesen keine signifikanten Zunahmen in der StĂ€rke auf, wĂ€hrend andere LĂ€nder die Entwicklung der StĂ€rke ĂŒber die Zeit nicht untersucht haben". Sie schlossen daraus, dass "Behauptungen in der Öffentlichkeit von einer 20- oder 30-fachen Zunahme der CannabisstĂ€rke (...) gegenwĂ€rtig nicht durch die Datenlage unterstĂŒtzt werden". (Quelle: McLaren J, et al. Addiction, 20. Mai 2008 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft — DarmentzĂŒndung

Tierforschung mit MĂ€usen zeigt, dass Substanzen, die die Konzentration der Endocannabinoide erhöhen, EntzĂŒndungen des Darms reduzieren. (Quelle: Storr MA, et al. J Mol Med, 21. Mai 2008 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft — THC-Wirkungen

NiederlĂ€ndischer Forscher verabreichten gesunden Probanden in Intervallen von 90 Minuten mit einem Vaporizer ansteigende THC-Dosen (2, 4, 6 und 8 mg). WĂ€hrend die Herzfrequenz eine schnelle Zunahme und schnelle Abnahme nach jeder THC-Gabe zeigte, kehrten verschiedene subjektive Parameter (Wachheit, psychologische Wirkungen) zwischen den Dosen nicht auf ihr Ausgangsniveau zurĂŒck. (Quelle: Zuurman L, et al. J Psychopharmacol, 30. Mai 2008 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft — Cannabisentzug

Australische Forscher fĂŒhrten eine Pilotstudie mit 20 Teilnehmern durch, um die Wirkungen von Lithiumkarbonat auf Symptome des Cannabisentzugs zu untersuchen. Zwei Teilnehmer brachen die Studie wegen Nebenwirkungen ab. Zwölf Teilnehmer beendeten das 7-tĂ€gige Behandlungsprogramm und 5 gaben eine anhaltende Abstinenz nach einer mittleren Beobachtungsdauer von 107 Tagen an. Die Forscher empfehlen die DurchfĂŒhrung einer Plazebo-kontrollierten Studie. (Quelle: Winstock AR, et al. J Psychopharmacol, 30. Mai 2008 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft — PupillengrĂ¶ĂŸe

WĂ€hrend mĂ€ĂŸige THC-Dosen die GrĂ¶ĂŸe der Pupille im Allgemeinen nicht signifikant verĂ€ndern, zeigt Forschung aus Marokko, dass die PupillengrĂ¶ĂŸe beeinflusst werden kann. Variationen des Pupillendurchmessers vor und nach dem Rauchen von Cannabis wurden an 34 Augen von 17 Freiwilligen in einem dunklen geschlossenen Raum gemessen. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Zunahme der PupillengrĂ¶ĂŸe durch Cannabiskonsum. (Quelle: Merzouki A, et al. J Forensic Leg Med 2008;15(5):335-8.)

Wissenschaft — Konsum durch Heranwachsende

Forschung mit 549 französischen Jugendlichen mit einem Durchschnittalter von 15,5 Jahren zeigte, dass der Konsum von Cannabis nicht signifikant durch die Haltung ihrer Eltern gegenĂŒber dem Cannabiskonsum beeinflusst wurde, jedoch durch den frĂŒheren oder gegenwĂ€rtigen Konsum der Droge durch ihren Vater. Die Forscher folgerten, dass "das Fehlen eines Einflusses der elterlichen Haltungen zum Konsum zeigt, dass die elterliche Ablehnung des Konsums nicht wirksam bei der Vorbeugung des Konsums ist, wĂ€hrend das Beispiel des vĂ€terlichen Konsums oder Nichtkonsums den jugendlichen Konsum beeinflusst". (Quelle: Chabrol H, et al. Encephale 2008;34(1):8-16.)

Wissenschaft — SpĂ€tere Entwicklung

Nach einer LĂ€ngsschnittsstudie aus Neuseeland war Cannabiskonsum im Alter zwischen 14 und 21 Jahren mit einem schlechteren Bildungsstatus und einem geringeren Einkommen im Alter von 25 Jahren, sowie mit einer höheren Arbeitslosigkeit und mit einem niedrigeren Niveau an Lebenszufriedenheit assoziiert. Die Forscher folgerten, dass "die Ergebnisse der gegenwĂ€rtigen Studie nahe legen, dass ein zunehmender Cannabiskonsum im spĂ€ten Jugend- und frĂŒhen Erwachsenenalter mit einer Anzahl ungĂŒnstiger Folgen im spĂ€teren Leben assoziiert ist". (Quelle: Fergusson DM & Boden JM. Addiction 2008;103(6):969-76.)