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IACM-Informationen vom 7. Juli 2001

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Kanada — Neue Regelungen treten Ende Juli in Kraft

Neue Regelungen, die die medizinische Verwendung von Marihuana ausweiten, sollen am 30. Juli in Kraft treten. "Die heutige AnkĂŒndigung ist ein Meilenstein in unserer anhaltenden BemĂŒhung, Kanadiern, die unter ernsten und konsumierenden Erkrankungen leiden, Zugang zu Marihuana fĂŒr medizinische Zwecke zu geben," erklĂ€rte Gesundheitsminister Allan Rock am 4. Juli.

Spezielle Ausweiskarten werden an Personen ausgegeben, die Cannabis legal aus medizinischen GrĂŒnden rauchen, besitzen oder anbauen dĂŒrfen. Sie benötigten keine Genehmigung von einem Arzt, sondern könnten sich direkt an das Ministerium wenden, erklĂ€rte Rock. Die neuen Bestimmungen machen Kanada zum ersten Land in der Welt, das ihren BĂŒrgern die legale Verwendung von Marihuana fĂŒr medizinische Zwecke erlaubt.

Die, die eine solche Erlaubnis beantragen, mĂŒssen klare Symptome, die mit bestimmten Erkrankungen assoziiert sind, zeigen, und sie mĂŒssen hinsichtlich des Todes eine Prognose von 12 Monaten aufweisen, Symptome von offiziell aufgelisteten KrankheitszustĂ€nden oder Symptome, die "mit anderen medizinischen ZustĂ€nden einher gehen", zeigen.

Die Bestimmungen wurden entwickelt, nachdem ein Gericht der Regierung im letzten Jahr bis zum 31. Juli Zeit gab, um die Strafgesetze zu verĂ€ndern, so dass Menschen, die Marihuana zu medizinischen Zwecken benötigen, die Droge legal bekommen und besitzen dĂŒrfen. 290 Personen erhielten bisher eine Erlaubnis, Cannabis fĂŒr medizinische Zwecke zu besitzen und/oder anzubauen.

(Quellen: Associated Press vom 4. Juli 2001, United Press International vom 5. Juli 2001)

Wissenschaft — Neues bei der ICRS-Tagung des Jahres 2001

Bei der jĂ€hrlichen Tagung der Internationalen Gesellschaft fĂŒr Cannabinoid-Forschung (ICRS) in Spanien vom 28. bis 30. Juni wurden eine Anzahl interessanter neuer Forschungsergebnisse prĂ€sentiert. Einige werden unten und in der nĂ€chsten Ausgabe der IACM-Informationen vorgestellt.

(1) Die Wirkungen von oralem und rektalen THC auf die Blasenfunktion wurde bei 15 Patienten mit QuerschnittslĂ€hmung am REHAB in Basel (Schweizer Paraplegiker-Zentrum) untersucht. THC beeinflusste eine Anzahl von Parametern der Blasenfunktion positiv, die eine Abnahme der ÜberaktivitĂ€t des Blasenmuskels anzeigen. (Quelle: Abstrakt von Ulrike Hagenbach, et al.)

(2) Eine spanische Gruppe zeigte, dass Cannabinoidrezeptoren in der Haut vorkommen, und dass ihre Aktivierung das Wachstum von Krebszellen der Haut hemmen. Rezeptoren vom CB1- und CB2-Typ wurden in verschiedenen Hautschichten gefunden. In Zellexperimenten löste ein synthetischer Cannabinoidrezeptor-Agonist einen programmierten Zelltod in Krebszellen der Haut von MÀusen aus. (Quelle: Abstrakt von M. Llanos Casanova, et al.)

(3) Der Fall einer Frau mit starken Unterleibsschmerzen nach Operationen an der Blase und am Dickdarm vor 18 Jahren wurde vorgestellt. Innerhalb eines 12-wöchigen Zeitraums erhielt sie nach einem Doppelblindverfahren vier verschiedene PrÀparate: THC, CBD, eine Mischung aus CBD und THC (50:50), sowie Plazebo. Sie erzielte eine nahezu vollstÀndige Schmerzkontrolle. In der Zeit, in der sie die CBD/THC-Mischung erhielt, waren die psychischen Nebenwirkungen wesentlich geringer als mit THC allein, trotz der gleichen Menge THC. (Quelle: Abstrakt von William Notcutt, et al.)

(4) Nach traumatischer Hirnverletzung bei MĂ€usen war der Spiegel des Endocannabinoids 2-AG (2-Arachidonoylglycerol) signifikant erhöht. Hohe 2-AG-Konzentrationen hatten einen positiven Effekt auf die Erholung von der Hirnverletzung. 2-AG und das Cannabinoidsystem könnten eine nervenschĂŒtzende Rolle spielen. (Quelle: Abstrakt von Raphael Mechoulam, et al.)

(5) Vorbehandlung mit zwei verschiedenen synthetischen Cannabinoiden fĂŒhrte in Zellkulturen zu einem Schutz vor zwei verschiedenen Ursachen fĂŒr NervenschĂ€den. Die zwei verwendeten nervenschĂ€digenden chemischen Substanzen wurden gegeben, nachdem die Cannabinoide bereits wieder entfernt worden waren. Der Nervenschutz durch die Cannabinoide war dosisabhĂ€ngig und durch CB1-Rezeptoren vermittelt. (Quelle: Abstrakt von Shou Yuan Zhaung, et al.)

(Quelle: Programm und Kurzfassungen des ICRS-Symposiums zu Cannabinoiden im Jahr 2001)

Kurzmeldungen

USA — Oregon

Etwa 2.300 Karten, die die medizinische Verwendung von Cannabis erlauben, wurden bisher in Oregon ausgegeben. Da die Gesamtbevölkerung von Oregon 3,4 Millionen betrÀgt, entspricht dies etwa 700 pro 1 Million oder 0,7 pro 1.000 Einwohner. (Quelle: American Medical News vom 25. Juni 2001)

Wissenschaft — Neuer Cannabinoidrezeptor

Experimente mit MĂ€usehirn geben Hinweise auf die Existenz eines neuen Cannabinoidrezeptors im Gehirn, der sich vom CB1-Rezeptor unterscheidet. (Quelle: Breivogel CS, et al. Mol Pharmacol 2001 Jul;60(1):155-163).

Portugal — Entkrminalisierung von Drogen

Cannabis-bezogene Vergehen, wie etwa der Konsum, werden von Juli 2001 an entkriminalisert. Geringe Vergehen werden nicht mehr als Strafvergehen sondern als Ordungswidrigkeit behandelt. Dies gilt auch fĂŒr andere Drogen. (Quelle: European Monitoring Center for Drugs and Drug Addiction ? http://www.emcdda.org)

Großbritannien — Verwarnung statt Strafe

Ein Pilotprogramm begann am 2. Juli in einem Stadtbezirk von London, bei dem jeder, der mit kleinen Mengen Cannabis gefasst wird, nach einer Verwarnung laufen gelassen wird. Die Behörden erklÀrten, dass es bei dem Programm, das sechs Monate dauert, nicht um Nachsicht gehe, sondern darum, Polizeibeamte von der Schreibarbeit zu entlasten. (Quellen: PA News vom 2. Juli 2001, Associated Press vom 5. Juli 2001)

Deutschland — Justizministerin von Hamburg

Die Justizministerin von Hamburg, Lore Maria Peschel-Gutzeit (Sozialdemokratische Partei) forderte eine radikales Umdenken bei der Behandlung von Sterbenden. Unter anderem sollte die Verwendung von Cannabis bei diesen Patienten erlaubt werden. (Quelle: Berliner Kurier vom 18. Juni 2001)