Veröffentlicht
Zuletzt aktualisiert
Lesezeit

IACM-Informationen vom 6. Dezember 2008

Authors

Deutschland — Erste Patienten erhalten Cannabiskraut aus dem niederlĂ€ndischen Cannabisprogramm

Am 27. November erhielten vier Patienten einen Bescheid vom Bundesinstitut fĂŒr Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beim Bundesgesundheitsministerium, nach dem sie voraussichtlich zu Beginn des nĂ€chsten Jahres Cannabiskraut, das im Rahmen des niederlĂ€ndischen Cannabisprogramms angebaut wird, erhalten sollen. Seit Juli 2007 haben etwa 30 Patienten eine Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis vom BfArM erhalten. Allerdings bezieht sich die Genehmigung im Allgemeinen auf einen flĂŒssigen Cannabisextrakt, der von einem deutschen Unternehmen aus Cannabis aus den Niederlanden hergestellt wird. Es zeigte sich, dass dieser Extrakt fĂŒr eine Anzahl von Patienten keine befriedigende Lösung darstellt.

Am 3. Dezember hat der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags erwartungsgemĂ€ĂŸ weitgehend gleichlautende AntrĂ€ge der GrĂŒnen und der Linksfraktion, die die Entkriminalisierung der medizinischen Verwendung von Cannabis bei einer entsprechenden Ă€rztlichen Empfehlung vorsahen, abgelehnt. Die medizinische Verwendung von Cannabis soll weiterhin auf AusnahmefĂ€lle beschrĂ€nkt bleiben. Die Regierungsfraktionen begrĂŒndeten ihre Ablehnung mit der Auffassung, dass auch eine arzneimittelrechtliche Zulassung von Medikamenten auf Cannabisbasis den Bedarf der Patienten decken könne. Zur Zeit wird in Deutschland eine multizentrische Studie mit dem Ziel der arzneimittelrechtlichen Zulassung von Dronabinol bei Multiple-Sklerose-Patienten mit chronischen Schmerzen durchgefĂŒhrt. Da die teilnehmenden Ärzte und Kliniken zur Vertraulichkeit verpflichtet sind, gibt es nur wenig Informationen zu dieser Studie.

(Quellen: Persönliche Mitteilungen)

Wissenschaft — China: In einem Grab eines Schamanen in China wurde 2700 Jahre alter THC-haltiger Cannabis entdeckt

Das Journal of Experimental Botany (Zeitschrift fĂŒr experimentelle Botanik) veröffentlichte jĂŒngst einen Artikel ĂŒber die biochemische und genetische Untersuchung einer 2700 Jahre alten und 789 Gramm schweren Cannabisprobe aus einem Grab in Xinjiang (China). Das Pflanzenmaterial war neben einem hellhaarigen, blauĂ€ugigen kaukasischen Mann, vermutlich ein Schamane der Gushi-Kultur, in der NĂ€he von Turpan im nordwestlichen China vergraben. Die extrem trockenen Bedingungen und der basische Boden haben die Erhaltung des Cannabis ermöglicht, was es Wissenschaftlern erlaubte, den Cannabis, der weiterhin grĂŒn aussah, jedoch seinen charakteristischen Geruch verloren hatte, zu untersuchen.

Ein multidisziplinĂ€res Team aus China, Großbritannien, Italien, den USA und anderen LĂ€ndern zeigte, dass dieses Material angebaut wurde, und THC und seine Abbauprodukte sowie THCA-Synthase, ein Enzym, das in der Pflanze die Synthese von THC ermöglicht, enthielt. Das bedeutet, dass die Gushi-Kultur Cannabis als ein Medikament oder als Hilfe zur Erleuchtung verwendete. "Nach unserer Kenntnis liefern diese Untersuchungen die Ă€lteste Dokumentation von Cannabis als eine pharmakologisch aktive Substanz", heißt es im Papier des leitenden Autors Dr. Ethan Russo.

Mehr unter:

http://www.thestar.com/sciencetech/article/544684

Der Originalartikel und ein zusĂ€tzlicher Artikel mit weiteren Fotos ist online verfĂŒgbar unter:

http://jxb.oxfordjournals.org/cgi/reprint/59/15/4171

http://jxb.oxfordjournals.org/cgi/data/ern260/DC1/1

(Quellen: Persönliche Mitteilung von Ethan Russo; Canadian Press vom 27. November 2008; Russo EB, Jiang HE, Li X, Sutton A, Carboni A, Del Bianco F, Mandolino G, Potter DJ, Zhao YX, Bera S, Zhang YB, LĂŒ EG, Ferguson DK, Hueber F, Zhao LC, Liu CJ, Wang YF, Li CS.Phytochemical and genetic analyses of ancient cannabis from Central Asia. J Exp Bot 2008;59(15):4171-82.)

Holland — Neue Gesellschaft fĂŒr die medizinische Verwendung von Cannabis

Die niederlĂ€ndische Gesellschaft fĂŒr legalen Cannabis und seine Bestandteile als Medizin (in niederlĂ€ndisch: "Nederlandse Associatie voor legale Cannabis en haar Stoffen als Medicatie" oder NCSM) wurde jĂŒngst in Reaktion auf die positiven Entwicklungen des niederlĂ€ndischen medizinischen Cannabisprogramms gegrĂŒndet. Es ist eine unabhĂ€ngige, gemeinnĂŒtzige Organisation, die ihre AktivitĂ€ten mit Hilfe von Spenden realisiert.

Die NCSM ist eine Wissensplattform und ein Diskussionsforum zur medizinischen Verwendung von Cannabis. Das Ziel der NCSM ist die Verbesserung der Akzeptanz von medizinischem Cannabis durch Dialog unter Verwendung einer wissenschaftsbasierten Herangehensweise. Gleichzeitig gibt es eine klare Absicht, den Meinungen und Erfahrungen von Patienten und ihren Pflegepersonen zuzuhören. Die NCSM arbeitet nur mit beruflich im Bereich medizinischer Cannabis TÀtigen zusammen. Die NCSM wird aktiv an der Politik, der Forschung und der Informationsarbeit zu medizinischem Cannabis teilnehmen.

Mehr Informationen unter:

http://www.ncsm.nl

(Quelle: Persönliche Mitteilung durch Arno Hazekamp)

Wissenschaft — THC bei chronischen Schmerzen

In einer offenen klinischen Studie wurden die Wirksamkeit und die Nebenwirkungen von oralem THC (Dronabinol) bei 13 Patienten mit chronischen Schmerzen, die nicht auf konventionelle Medikament ansprachen, untersucht.

FĂŒnf der 13 Patienten gaben ein adĂ€quates Ansprechen auf die Behandlung an, wĂ€hrend acht Patienten eine unzureichende oder keine Wirkung feststellten. Sieben Patienten gaben keine Nebenwirkungen an und sechs Patienten berichteten von Nebenwirkungen, die bei zwei Patienten zum Abbruch der Therapie fĂŒhrten. Die US-amerikanischen Forscher folgerten aus ihren Beobachtungen, dass "orales THC eine wertvolle therapeutische Option fĂŒr ausgewĂ€hlte Patienten mit chronischen, nicht malignen Schmerzen, die nicht auf vorausgehende Behandlungen ansprachen, darstellt".

(Quelle: Haroutiunian S, Rosen G, Shouval R, Davidson E. Open-Label, Add-on Study of Tetrahydrocannabinol for Chronic Nonmalignant Pain. J Pain Palliat Care Pharmacother 2008;22(3):213-217.)

Kurzmeldungen

Schweiz — Keine Legalisierung

Am 30. November haben die Schweizer WĂ€hler eine Initiative zur Legalisierung von Anbau und Besitz von Cannabis abgelehnt. FĂŒr die Initiative stimmten 36,8 Prozent der WĂ€hler, dagegen 63,2 Prozent. Eine Änderung des BetĂ€ubungsmittelgesetzes wurde mit einer deutlichen Mehrheit von 68 Prozent angenommen. Sie soll unter anderem die medizinische Verwendung von Dronabinol (THC) erleichtern. Es besteht bisher jedoch Unklarheit hinsichtlich der konkreten Auswirkung dieser Änderung in dieser Frage. (Quellen: Swissinfo.ch, persönliche Mitteilungen)

USA — Hawaii

Die Zahl der medizinischen Cannabispatienten in Hawaii (Einwohnerzahl: 1,3 Millionen) hat in den letzten zwei Jahren um 87 Prozent zugenommen. Nach dem staatlichen Ministerium fĂŒr öffentliche Sicherheit waren am 30. Juni 2008 4200 Patienten registriert. Ein Grund fĂŒr diese Zunahme ist die Zunahme der Zahl der Ärzte, die Patienten fĂŒr das Programm zertifiziert haben (85 Ärzte in 2008). (Quelle: Honolulu Advertiser vom 24. November 2008)

USA — Kalifornien

Der oberste Gerichtshof der USA wies am 1. Dezember ohne Kommentar eine Berufung durch eine kalifornische Stadt ab, die die Richter gebeten hatte, das Urteil eines niedrigeren Gerichts zu revidieren, das von der Polizei verlangt, medizinischen Cannabis, den sie bei einem Patienten beschlagnahmt hat, zurĂŒckzugeben. "Es ist nun festgelegt, dass staatliche Polizisten keine medizinischen Marihuanapatienten verhaften oder ihr Medikament beschlagnahmen dĂŒrfen", erklĂ€rte ein Vertreter von Americans for Safe Access. (Quelle: San Francisco Chronicle vom 2. Dezember 2008)

Wissenschaft — Cannabidiol

Nach tierexperimenteller Forschung ist das nicht psychotrope Cannabinoid Cannabidiol (CBD) eine Substanz, die die Wachheit fördert und Nervenzellen in Wachheit induzierenden Gehirnregionen aktiviert. (Quelle: Murillo-Rodríguez E, et al. Behav Neurosci 2008;122(6):1378-82.)

USA — Tod im GefĂ€ngnis

Die Mutter eines querschnittsgelĂ€hmten GefĂ€ngnisinsassen, der 2004 im GefĂ€ngnis von Washington DC gestorben war, hat sich mit der Distriktregierung finanziell geeinigt. Die Einigung wurde im Fall des kontroversen Tods von Jonathan Magbie, einem 27-jĂ€hrigen Mann aus Maryland, der unterhalb des Halses vollstĂ€ndig gelĂ€hmt war, erzielt. Magbie starb nach vier Tagen einer 10-tĂ€gigen GefĂ€ngnisstrafe wegen Cannabis, dass er aus medizinischen GrĂŒnden verwendete. Das GefĂ€ngnis besaß kein BeatmungsgerĂ€t, das er zur Atmung wĂ€hrend der Nacht benötigte, sodass er auf Grund von Atemproblemen starb. (Quelle: Washington Post vom 3. Dezember 2008)

USA — Kalifornien

Jemand, der einen Patienten, der Cannabis mit einer Ă€rztlichen Erlaubnis verwenden darf, mit der Droge versorgt, kann wegen Drogenhandels angeklagt werden. Dies entschied der staatliche oberste Gerichtshof am 24. November. Vertreter beider Seiten des Falles stimmten darin ĂŒberein, dass dieses Urteil Kalifornier dazu ermuntern wird, medizinischen Cannabis von Patientenkooperativen, die auf der Grundlage eines Gesetzes aus 2003 arbeiten, und nicht von einzelnen Lieferanten zu erhalten. (Quelle: San Francisco Chronicle vom 24. November 2008)

Wissenschaft — Cannabis und Nikotin

In einer großen Zwillingsstudie wurde der Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und NikotinabhĂ€ngigkeit untersucht. Die Forscher folgerten, dass Menschen, die frĂŒh mit einem Cannabiskonsum beginnen, ein erhöhtes Risiko fĂŒr eine NikotinabhĂ€ngigkeit aufweisen, dieses Risiko jedoch vor allem auf einer gemeinsamen genetischen Empfindlichkeit beruht. "Es gibt keinen Hinweis auf eine kausale Beziehung zwischen Cannabiskonsum und NikotinabhĂ€ngigkeit", schrieben sie. (Quelle: Agrawal A, et al. Addiction 2008;103(11):1896-904.)