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IACM-Informationen vom 30. April 2005
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GroĂbritannien/Kanada â Sativex erhĂ€lt in Kanada Zulassung zur Behandlung neuropathischer Schmerzen bei multipler Sklerose
Am 19. April gab die britische Firma GW Pharmaceuticals bekannt, dass Ihr Cannabisextrakt Sativex in Kanada die Zulassung fĂŒr die symptomatische Linderung neuropathischer Schmerzen bei multipler Sklerose erhalten hat. GemÀà einer Firmenstellungnahme wird das Medikament vermutlich im Mai auf den Markt kommen, und sein Preis wird erst kurz zuvor bekannt gegeben.
Dr. Geoffrey Guy, Direktor der Firma, erklĂ€rte: "Wir sind erfreut darĂŒber, dass Sativex die regulatorische Zulassung in Kanada erhalten hat. Dieses Ereignis markiert die weltweit erste Zulassung fĂŒr ein Medikament auf Cannabisbasis. Diese erste regulatorische Zulassung hat GW sechs Jahre nach Beginn des Entwicklungsprogramms der Firma erhalten, ein höchst bemerkenswerter Erfolg. Wir arbeiten nun zusammen mit unserem kanadischen Vermarktungspartner Bayer an der MarkteinfĂŒhrung von Sativex in ganz Kanada im spĂ€ten FrĂŒhjahr."
Die Zulassung war erwartet worden, nachdem die kanadischen Zulassungsbehörden im letzten Dezember erklĂ€rt hatten, dass Sativex, das unter die Zunge gesprĂŒht wird und gleiche Mengen an THC und CBD enthĂ€lt, fĂŒr eine Zulassung qualifiziert sei. Das Unternehmen hatte ursprĂŒnglich gehofft, die britische Zulassung fĂŒr Sativex im Jahr 2003 zu erhalten, aber die britischen Behörden erklĂ€rten im vergangenen Dezember, dass sie mehr Beweise fĂŒr den Nutzen des Medikaments verlangen. Es wird nicht erwartet, dass es auf dem heimischen Markt vor Ende des Jahres zugelassen wird, möglicherweise im Jahre 2006. Dennoch erklĂ€rte Guy, er sei zuversichtlich, dass das Medikament die Zulassung in den wichtigsten MĂ€rkten der Welt erhalten werde.
Die Zulassung von Sativex wurde von der kanadischen Multiple-Sklerose-Gesellschaft begrĂŒĂt. Ihr medizinischer Beirat Dr. William McIlroy erklĂ€rte, dass die Patienten neue Möglichkeiten benötigten, um ihre Schmerzen zu bekĂ€mpfen.
(Quellen: Pressemitteilung von GW Pharmaceuticals vom 19. April 2005, Reuters vom 19. April 2005)
Wissenschaft â THC wirksam bei Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei schwerer Lungenkrankheit (COPD)
Patienten mit der schweren Lungenerkrankung COPD (chronic obstructive pulmonary disease) leiden hĂ€ufig unter Appetitlosigkeit und Abmagerung (Kachexie). Die Folgen sind ein verschlechterter Allgemeinzustand und eine verfrĂŒhte Sterblichkeit. In einer offenen klinischen Studie verbesserte THC den Appetit und das Befinden und fĂŒhrte zu einer Gewichtszunahme.
Die Studie unter der Leitung von Dr. Karl-Christian Bergmann an der Allergie- und Asthmaklinik Bad Lippspringe, Deutschland, schloss 18 COPD-Patienten im Alter zwischen 49 und 81 Jahren ein, die im Durchschnitt 48,5 kg wogen. In den sechs Monaten vor Aufnahme in die Klinik wiesen 7 Teilnehmer ein konstantes Gewicht auf, und 11 hatten im Durchschnitt 2,3 kg abgenommen.
Sie erhielten in der Klinik zweimal tĂ€glich 3,3 bis 4,2 mg THC in Tropfenform von der Firma THC Pharm, jeweils eine halbe Stunde vor dem FrĂŒhstĂŒck und Abendessen. Die durchschnittliche Dauer der Behandlung betrug 16 Tage. Sie fĂŒhrte zu einer deutlichen Zunahme des Appetits, einer Verbesserung des Allgemeinbefindens, einer Verbesserung der LeistungsfĂ€higkeit (mittlere Zunahme der Gehstrecke um 36 Prozent) und eine Gewichtszunahme um durchschnittlich 1,5 kg, was angesichts der kurzen Behandlungsdauer beachtlich ist. Die Nebenwirkungen waren gering.
(Quelle: Vortrag von K-C Bergmann am 17. MĂ€rz 2005 beim Kongress der Deutschen Gesellschaft fĂŒr Pneumologie in Berlin)
Wirtschaft/Wissenschaft â Inhalator fĂŒr THC ermöglicht sichere und schnelle Einnahme
Am 14. April gab Solvay Pharmaceuticals Ergebnisse einer Phase-I-Studie bekannt, die die Sicherheit und VertrĂ€glichkeit von mittels Dosier-Inhalator inhaliertem THC (Dronabinol) untersucht hatte. Die Studie, die beim jĂ€hrlichen Kongress der amerikanischen Akademie fĂŒr Neurologie in Miami, USA, vorgestellt wurde, schloss 27 gesunde Personen ein, die zwischen 0,3 und 9,6 mg THC erhielten.
Die Studie fand heraus, dass die neue Zubereitung fĂŒr inhaliertes THC eine schnelle systemische Aufnahme erlaubte. Alle in der Untersuchung eingesetzten Dosen wurden bei gesunden jungen und Ă€lteren Personen als sicher betrachtet. Dronabinol ist zur Zeit als eine orale Kapsel verfĂŒgbar, die unter dem Handelsnamen Marinol (Solvay Pharmaceuticals) auf dem Markt ist, und in Deutschland als Dronabinol der Firmen Delta 9 Pharma und THC Pharm. Dr. Harold H. Shlevin, PrĂ€sident von Solvay Pharmaceuticals, erklĂ€rte: "Pulmonales Dronabinol kann bei einer Anzahl von ZustĂ€nden eingesetzt werden, darunter die Behandlung von MigrĂ€ne, Ăbelkeit, Schmerzen und Spastik bei Patienten mit multipler Sklerose."
Mitte 2005 will Solvay Pharmaceuticals eine klinische Studie beginnen, die die Wirksamkeit, Sicherheit und VertrĂ€glichkeit inhalierten THCs, das mit einem Dosier-Inhalator verabreicht wird, bei der akuten Behandlung einer einzelnen mĂ€Ăig starken oder starken MigrĂ€ne-Attacke untersuchen soll.
(Quelle: Pressemitteilung von Solvay Pharmaceuticals vom 14. April 2005)
Kurzmeldungen
Wissenschaft â Gewichtsreduktion mit Rimonabant
Rimonabant ist ein CB-1-Rezeptorantagonist, der die Wirkungen der Endocannabinoide an diesem Rezeptor blockiert. In einer Studie mit 1507 ĂŒbergewichtigen Personen aus Europa und den USA reduzierte das Medikament innerhalb eines einjĂ€hrigen Behandlungszeitraums (5 oder 20 mg Rimonabant einmal tĂ€glich) signifikant das Körpergewicht. Die niedrigere Dosis resultierte in einer mittleren Gewichtsreduktion von 3,4 kg, die höhere Dosis in einer mittleren Reduktion von 6,6 kg, wĂ€hrend die Plazebogruppe im Durchschnitt 1,8 kg verlor. Die höhere Dosis hatte zudem einen signifikanten positiven Effekt auf die Blutfette. (Quelle: Van Gaal LF, et al. Lancet 2005;365(9468):1389-97)
GroĂbritannien â Keine Wirkung der GesetzesĂ€nderung auf den Konsum
Entgegen Behauptungen, dass es eine Explosion beim Konsum gegeben hĂ€tte, nachdem die Regierung im Januar 2004 das Cannabisverbot liberalisiert hatte, hat eine neue Studie gefunden, dass die Zunahme beim regelmĂ€Ăigen Konsum um 0,5 Prozent im Jahr 2004 abfiel, verglichen mit der höchsten Zunahme um 45 Prozent im Jahre 1998. "Unsere ersten Anzeichen legen nahe, dass [die GesetzesĂ€nderung] ĂŒberhaupt keinen relevanten Effekt auf die KonsumintensitĂ€t von Cannabis hatte," erklĂ€rte Matthew Atha, Direktor der unabhĂ€ngigen Drogenbeobachtungsstelle, die die Studie durchfĂŒhrte. (Quelle: The Observer vom 27. MĂ€rz 2005)
Wissenschaft â Cannabis bei HIV
523 HIV-positive Personen wurden in GroĂbritannien mit einem anonymen Fragebogen hinsichtlich ihres Cannabiskonsums befragt. 143 (27 Prozent) berichteten, dass sie Cannabis fĂŒr die Symptombehandlung verwendeten. Die Patienten gaben einen verbesserten Appetit (97 Prozent), reduzierte Muskelschmerzen (94 Prozent), verminderte Ăbelkeit (93 Prozent), eine Reduktion von Angst (93 Prozent), Nervenschmerzen (90 Prozent), Depressionen (86 Prozent) und ParĂ€sthesien (85 Prozent) an. (Quelle: Woolridge E, et al. J Pain Symptom Manage 2005;29(4):358-67)
Wissenschaft â Medizinische Verwendung und Autofahren
Die Wirkungen des synthetischen Cannabinoids Nabilon auf die FahrtĂŒchtigkeit wurde bei sechs Patienten mit multipler Sklerose und Spastik untersucht. In einem kreuzkontrollierten Design erhielten sie entweder 2 mg Nabilon pro Tag oder ein Placebo. Es gab keine Anzeichen fĂŒr eine Störung einer der fĂŒnf untersuchten neuropsychologischen Funktionen (Reaktionszeit, ArbeitsgedĂ€chtnis, geteilte Aufmerksamkeit, psychomotorische Geschwindigkeit und geistige FlexibilitĂ€t) wĂ€hrend der vierwöchigen Behandlungsperiode mit Nabilon. (Quelle: Kurzthaler I, et al. Hum Psychopharmacol 2005 Apr 18; [Electronische Veröffentlichung vor dem Druck])
Wissenschaft â Schmerzen
Ein synthetisches Cannabinoid (GW405833), das nur an den CB2-Rezeptor bindet, reduzierte neuropathische Schmerzen bei Ratten. Die Studie unterstĂŒtzt das Konzept, nach dem selektive CB2-Rezeptor-Agonisten ein Potenzial zur Behandlung von Schmerzen besitzen, ohne die zentral vermittelten Nebenwirkungen, die mit nicht-selektiven Cannabinoiden assoziiert sind. (Quelle: Valenzano KJ, et al. Neuropharmacology 2005;48(5):658-72)
Holland â BĂŒro fĂŒr medizinischen Cannabis
Dr. Marco J. van de Velde wurde zum Leiter des BĂŒros fĂŒr medizinischen Cannabis ernannt und wird seine neue Arbeitsstelle am 1. Mai antreten. Er folgt Dr. Willem Scholten, der bei der Weltgesundheitsorganisation in Genf arbeiten wird. Dr. van de Velde ist medizinischer Biologe und arbeitet seit 1995 im hollĂ€ndischen Gesundheitsministerium. Dr. Scholten war Leiter des BĂŒros fĂŒr medizinischen Cannabis seit seiner Bildung im Jahr 2000. (Quelle: Rundbrief des BĂŒros fĂŒr medizinischen Cannabis vom 25. April 2005)