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IACM-Informationen vom 25. Oktober 2008

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Deutschland — Experten erkennen einhellig therapeutischen Wert von Dronabinol und Cannabis an

Bei einer öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags am 15. Oktober betonten alle befragten Experten einhellig, dass der medizinische Wert von Dronabinol (THC) und Cannabis bei verschiedenen Erkrankungen erwiesen sei. Alle medizinischen und juristischen Fachleute erklĂ€rten, dass die gegenwĂ€rtige Situation fĂŒr die betroffenen Patienten unbefriedigend sei. Einzig der Vertreter der Krankenkassen beharrte auf dem Standpunkt, dass der Nutzen einer Therapie mit Dronabinol wissenschaftlich nicht nachgewiesen sei und daher die Kosten einer Behandlung mit diesem Cannabiswirkstoff von den Krankenkassen in Deutschland nicht bezahlt werden mĂŒssten.

Die öffentliche Anhörung ging auf zwei Ă€hnliche AntrĂ€ge der Fraktionen BĂŒndnis 90/Die GrĂŒnen und Die Linke an den Deutschen Bundestag zurĂŒck, in denen Regelungen gefordert wurden, die die Krankenkassen zu einer vermehrten KostenĂŒbernahme fĂŒr THC veranlassen sowie die Kriminalisierung von Menschen, die Cannabis aus medizinischen GrĂŒnden benötigen, sich den Cannabiswirkstoff aus der Apotheke jedoch nicht leisten können, zu beenden. WĂ€hrend beispielsweise der Berufsverband der Schmerztherapeuten in Deutschland und die Deutsche Gesellschaft fĂŒr Suchtmedizin diese AntrĂ€ge unterstĂŒtzten, vertraten andere Institutionen wie die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft und die BundesĂ€rztekammer die Auffassung, eine Legalisierung einer Ă€rztlich begleiteten Selbstmedikation mit ungeprĂŒften Cannabisprodukten sei abzulehnen, der therapeutische Einsatz pharmazeutischer CannabisprĂ€parate sei jedoch sinnvoll. Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) wiesen darauf hin, dass zur Zeit eine Zweiklassenmedizin bestehe, in der Vermögende Dronabinol aus der Apotheke erhalten, wĂ€hrend die meisten Patienten in die IllegalitĂ€t gedrĂ€ngt wĂŒrden, wenn sie von Cannabisprodukten medizinisch profitieren wollen. Die gegenwĂ€rtige Kriminalisierung von Patienten, die sich selbst behandeln, sei nicht zu rechtfertigen, solange keine echten Alternativen fĂŒr die Betroffenen vorhanden seien.

AusfĂŒhrliche Informationen auf der Internetseite des Deutschen Bundestags:

http://www.bundestag.de/aktuell/archiv/2008/22381411_kw42_gesundheit/index.html

Wissenschaft — Cannabinoide könnten nach Grundlagenforschung die Blut-Hirn-Schranke bei einer HIV-Infektion wiederherstellen

Nach Forschung von Wissenschaftlern des Beth-Israel-Deaconess-Medizinzentrums, der Harvard-Medical-School und der Nordost-UniversitĂ€t in Boston (USA) sind Cannabinoide, die Cannabinoidrezeptoren aktivieren, in der Lage, die Wanderung von bestimmten Immunzellen (Monozyten) durch die Blut-Hirn-Schranke (BHS) zu hemmen. Sie verminderten zudem die DurchlĂ€ssigkeit von Zellen, die die WĂ€nde von kleinen BlutgefĂ€ĂŸen auskleiden (menschliche mikrovaskulĂ€re Endothelzellen im Gehirn, MMEZG). Die Autoren stellten fest, dass zum ersten Mal gezeigt worden sei, "dass Cannabinoidagonisten in der Lage sind, die IntegritĂ€t von MMEZG und der BHS nach einer Verletzung durch das HIV-1-Gp120 wiederherzustellen. Diese Studien könnten auf der Basis von Cannabinoid-Pharmakotherapien zu besseren Strategien fĂŒr Behandlungsformen fĂŒhren, die auf die BHS nach einer HIV-1-Infektion des Gehirns abzielen."

Es ist bekannt, dass eine HIV-1-Infektion signifikante Wirkungen auf das Immunsystem und das Nervensystem hat. Ein Zusammenbruch der Blut-Hirn-Schranke wird bei Patienten mit einer HIV-assoziierten Demenz hĂ€ufig beobachtet. Zellprodukte und Virusproteine, die von HIV-1-infizierten Zellen sezerniert werden, wie das HIV-1-Gp120, spielen eine wichtige Rolle bei der BeeintrĂ€chtigung der BHS und der Entwicklung einer HIV-assoziierten Demenz. Die mikrovaskulĂ€ren Endothelzellen sind ein wichtiger Bestandteil der Blut-Hirn-Schranke. Die Forscher verwendeten mikrovaskulĂ€re Endothelzellen und bestimmte Nervenzellen (menschliche Astrozyten) als Modellsystem fĂŒr die menschliche Blut-Hirn-Schranke.

(Quelle: Lu TS, Avraham HK, Seng S, Tachado SD, Koziel H, Makriyannis A, Avraham S. Cannabinoids Inhibit HIV-1 Gp120-Mediated Insults in Brain Microvascular Endothelial Cells. J Immunol 2008;181(9):6406-16.)

Kurzmeldungen

USA — Antidrogenkampagne

Trotz einer Investition von einer Milliarde US-Dollar (etwa 800 Millionen Euro) in eine massive Antidrogenkampagne legt eine neue Studie nahe, dass sie keinen positiven Effekt auf den Drogenkonsum von Jugendlichen hatte. Eine vom Kongress in Auftrag gegebene Studie, die am 15. Oktober veröffentlicht wurde, folgerte, dass die Nationale Jugend-Antidrogen-Mediakampagne, die in den spĂ€ten 90er Jahren gestartet wurde, um junge Menschen dazu zu ermuntern, Drogen fernzubleiben "wahrscheinlich keine gĂŒnstigen Wirkungen auf Jugendliche hat". TatsĂ€chlich stellten die Autoren der Studie fest, dass die Antidrogen-Anzeigen unabsichtlich die Botschaft vermittelt haben, dass andere Jugendliche Drogen nehmen. "Jene, die angefangen haben zu glauben, dass ihre Freunde Marihuana nehmen, fingen mit einer grĂ¶ĂŸeren Wahrscheinlichkeit selbst mit dem Konsum an", erklĂ€rte die Autoren. (Quelle: ABC-News vom 15. Oktober 2008)

Großbritannien — Klassifizierung von Cannabis

Am 13. Oktober hat Innenministerin Jacqui Smith bestĂ€tigt, dass wiederholter Cannabisbesitz vom 26. Januar an zu hĂ€rteren Strafen fĂŒhrt. Sie erklĂ€rte, dass Personen, die zum ersten Mal mit Cannabis erwischt werden, weiterhin eine Verwarnung erhalten, dass sie jedoch beim zweiten Mal mit einer Geldstrafe von 80 britischen Pfund (etwa 100 Euro) rechnen mĂŒssen und beim dritten Mal eine Verhaftung droht. (Innenministerium vom 13. Oktober 2008, http://drugs.homeoffice.gov.uk)

Wissenschaft — Darmkrebs

Grundlagenforschung zeigt, dass 17-Beta-Estradiol die Bildung von CB1-Rezeptoren auf menschlichen Dickdarmkrebszellen induziert. Die Induktion von CB1-Rezeptoren wurde durch den Östrogenrezeptor vermittelt. Die Autoren stellten fest, dass der "CB1-Rezeptor als ein auf Östrogen ansprechendes Gen" in Krebszellen des Dickdarms betrachtet werden kann. "Die Heraufregulierung der CB1-Expression durch 17-Beta-Estradiol ist ein weiterer Mechanismus von Östrogenen zur Kontrolle des Dickdarmkrebs-Wachstums." (Quelle: Notarnicola M,et al. Scand J Gastroenterol 2008;43(1):66-72.)

Wissenschaft — Nervenschutz

Das Endocannabinoid 2-Arachidonoylglycerol ĂŒbt seine nervenschĂŒtzenden Wirkungen auf Nervenzellen des Gehirns durch Aktivierung von Rezeptoren, die auch durch abnormales CannabĂ­diol aktiviert werden können, auf Mikrogliazellen aus. Abnormales CBD ist ein synthetisches Cannabinoid, das nicht an CB1- und CB2-Rezeptoren, sondern an andere Rezeptoren bindet. (Quelle: Kreutz S, et al. Glia, 3. Oktober 2008 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft — Schwangerschaft

Ein Mangel an CB1-Rezeptoren verĂ€ndert die normalen Progesteron- und Östrogenspiegel und induziert eine vorzeitige Geburt bei MĂ€usen. DarĂŒber hinaus resultierte die Inaktivierung des CB1-Rezeptors in abweichenden Cortisol-AktivitĂ€ten vor der Geburt, was nahe legt, dass der CB1-Rezeptor die Wehen durch Wechselwirkung mit dem Hormonsystem, das fĂŒr die AktivitĂ€t von Cortisol verantwortlich ist, reguliert. (Quelle: Wang H, et al. PLoS ONE 2008;3(10):e3320.)

Wissenschaft — Schlaganfall

In tierexperimentellen Studien mit Ratten, in denen durch eine Unterbrechung einer Gehirnarterie ein Schlaganfall verursacht worden war, wurden die nervenschĂŒtzenden Wirkungen der Endocannabinoide Anandamid (AEA) und Palmitoylethanolamid (PEA) untersucht. Nach einer Injektion mit PEA wurde eine Reduzierung der InfarktgrĂ¶ĂŸe um bis zu 35 Prozent beobachtet, nach AEA um bis zu 26 Prozent. Die Autoren notierten, dass "beide Endocannabinoide ein Potenzial zur Behandlung des Schlaganfalls haben könnten". (Quelle: Schomacher M, et al. Brain Res, 18. September 2008 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])