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IACM-Informationen vom 23. November 2002
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Wissenschaft â Cannabis kann bei der Parkinson-Krankheit hilfreich sein
Nahezu die HĂ€lfte aller Patienten, die an der Parkinson-Krankheit leiden und Cannabis versucht hatten, erklĂ€rten in einer Patientenumfrage, dass die Droge ihre Symptome gelindert habe. Dr. Evzin Ruzicka, Neurologe an der Karls-UniversitĂ€t in Prag (Tschechien), berichtete von diesen Ergebnissen beim 7. Internationalen Kongress zu Parkinson-Krankheit und Bewegungsstörungen der Gesellschaft fĂŒr Bewegungsstörungen am 10. - 14. November in Miami (USA).
Die Untersucher baten alle Patienten, die wegen der Parkinson-Krankheit an einem Zentrum in Prag behandelt werden, einen Fragebogen auszufĂŒllen, der sie zum Cannabiskonsum und verschiedenen Symptomen der Erkrankung befragte. Von 630 verschickten Fragebögen wurden 339 (54 %) zurĂŒckgeschickt. Unter den Antwortenden gaben 25 % einen Cannabiskonsum an. Die meisten hatten es oral verwendet, entweder als frische oder getrocknete BlĂ€tter.
Innerhalb dieser Gruppe gaben 39 Patienten (46 %) an, dass die Symptome der Parkinson-Krankheit nach Beginn der Cannabisverwendung allgemein gelindert worden seien. 26 (31 %) gaben eine Verbesserung des Ruhetremors an, und 38 (45 %) berichteten von einer Linderung der Bewegungsstarre (Bradykinesie). Eine Linderung der MuskelrigiditĂ€t wurde von 32 (38 %) angegeben, und 12 (14 %) erklĂ€rten, dass sie eine Verbesserung der durch Levodopa ausgelösten Dyskinesien verspĂŒrten. Die Teilnehmer gaben an, dass die Verbesserung im Durchschnitt 1,7 Monate nach Beginn der Cannabisverwendung eintrat. Patienten, die es mindestens drei Monate eingenommen, erlebten wahrscheinlicher eine Symptomverbesserung als jene mit einer kĂŒrzeren Erfahrung.
(Quelle: Reuters Health vom 13. November 2002)
GroĂbritannien â Britische Lungen-Stiftung warnt vor Cannabisrauchen
Ein von der Britischen Lungen-Stiftung publizierter Bericht zu den Risiken des Cannabisrauchens erzielte einige Aufmerksamkeit in den Medien. Der Bericht kommt zu Ă€hnlichen Folgerungen wie frĂŒhere Ăbersichten der verfĂŒgbaren Studien.
Es heiĂt darin, dass die Konzentrationen bekannter Krebs erzeugender Substanzen "im Rauch einer Cannabiszigarette bis zu 50 % höher sind" verglichen mit dem Rauch von Tabakzigaretten, dass das Rauchen einer Cannabiszigarette "in einer vierfach gröĂeren Menge inhalierten Teers" resultiere, wegen des lĂ€ngeren Atemanhaltens und anderer Faktoren, und das "3 - 4 Cannabiszigaretten am Tag mit den gleichen Befunden von akuter und chronischer Bronchitis und dem gleichen Grad an SchĂ€den der Bronchialschleimhaut assoziiert sind wie 20 oder mehr Tabakzigaretten am Tag."
Der Bericht bemerkt, dass "Forschung zum Zusammenhang zwischen Cannabisrauchen und der Entwicklung von Krebs der Atemwege existiert, obwohl es auch widersprĂŒchliche Befunde gibt," und dass die Beweise hinsichtlich "eines möglichen Zusammenhangs zwischen Cannabisrauchen und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) bisher nicht ĂŒberzeugend etabliert werden konnten." COPD umfasst Erkrankungen wie chronische Bronchitis und Emphysem.
Es heiĂt darin, dass heutiges Cannabis gefĂ€hrlicher sein könnte als Cannabis von vor 30 Jahren, da es gröĂere Mengen THC enthĂ€lt. Allerdings erwĂ€hnt der Bericht nicht, dass ein höherer THC-Gehalt das Rauchen geringerer Cannabismengen erlaubt, um die gleiche Wirkung zu erzielen, was hinsichtlich möglicher SchĂ€den fĂŒr die Atemwege vorteilhaft ist.
Der Bericht warnt vor dem Cannabisrauchen bei Asthma, gesteht jedoch zu, dass Cannabis ohne Schaden fĂŒr die Lunge auch oral genommen werden kann, merkt jedoch an, dass "die orale Einnahme von THC ebenfalls unerwĂŒnschte Nebenwirkungen verursacht," - was allerdings fĂŒr alle Asthma-Medikamente gilt.
(Quelle: British Lung Foundation. A smoking gun. VerfĂŒgbar unter:
http://www.lunguk.org/news/a_smoking_gun.pdf, PA News vom 10. November 2002, Reuters vom 11. November 2002)
Wissenschaft â Cannabiskonsum und psychische Störungen
Es gilt als gesichert, dass Personen mit psychischen Störungen wie Schizophrenie, Angststörungen und Depressionen hĂ€ufiger Tabak und Cannabis konsumieren sowie hĂ€ufiger alkoholabhĂ€ngig sind. Zudem wurden kausale ZusammenhĂ€nge mit diesen Störungen fĂŒr AlkoholabhĂ€ngigkeit und Cannabiskonsum vorgeschlagen. Drei Studien, die im British Medical Journal veröffentlicht wurden, unterstĂŒtzen die Annahme eines ursĂ€chlichen Zusammenhangs zwischen Cannabiskonsum und psychischen Erkrankungen, zumindest bei jungen Konsumenten der Droge.
Eine australische Studien mit 1.601 SchĂŒlern fand, dass heranwachsende MĂ€dchen, die tĂ€gliche Cannabiskonsumenten sind, fĂŒnfmal wahrscheinlicher an einer spĂ€teren Depression und Angststörung leiden als andere Heranwachsende, wĂ€hrend das Risiko fĂŒr mĂ€nnliche Teenager nicht erhöht war.
In einer Studie mit 1.073 zwischen 1972 und 1973 in Neuseeland Geborenen litten solche, die im Alter von 15 Jahren mit dem Cannabiskonsum begannen, im Alter von 26 Jahren mit einer vierfach erhöhten Wahrscheinlichkeit an "Schizophrenie-Ă€hnlichen Störungen" - jedoch nicht an Schizophrenie - als Heranwachsende, die die Droge nicht konsumiert hatten. Nachdem psychotische Symptome im Alter von 11 Jahren berĂŒcksichtigt worden waren, war das weiterhin leicht erhöhte Risiko nicht mehr signifikant, was nahe legt, dass Teenager, die bereits ein höheres Risiko fĂŒr die spĂ€tere Entwicklung psychischer Gesundheitsprobleme aufweisen, auch wahrscheinlicher Cannabis rauchen. Im Gegensatz zur australischen Studie fand die neuseelĂ€ndische Studie keinen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum im Alter von 15 Jahren und einer spĂ€teren depressiven Störung.
Nach einer weiteren Studie mit 50.087 schwedischen MĂ€nnern im Alter zwischen 18 und 20 Jahren vergröĂerte der Cannabiskonsum das Risiko fĂŒr die Entwicklung einer Schizophrenie innerhalb der folgenden 15 Jahre um 30 Prozent. Von 1.648 Personen, die Cannabis konsumiert hatten, entwickelten 18 (1,1 %) eine Schizophrenie. Von den 70 Personen, die die Droge mehr als 50 mal konsumiert hatten, entwickelten 4 (5,7 %) eine Schizophrenie.
In einem Einladungs-Kommentar in der gleichen Zeitschrift stellten Dr. Joseph Rey und Dr. Christopher Tennant von der UniversitĂ€t von Sydney fest, dass diese und andere Befunde "das Argument stĂ€rken, nach dem der Cannabiskonsum das Risiko fĂŒr Schizophrenie und Depression erhöht," dass es jedoch weiterhin unklar ist, "ob der Konsum von Cannabis den Beginn der Schizophrenie oder Depression bei anderweitig empfindlichen Menschen ist oder ob es tatsĂ€chlich diese ZustĂ€nde bei nicht-prĂ€disponierten Personen verursacht."
(Quelle: British Medical Journal vom 23 November 2002 unter: www.bmj.com)
Kurzmeldungen
Wissenschaft â Journal of Cannabis Therapeutics
Die neue Ausgabe des Journal of Cannabis Therapeutics, Ausgabe 2(3/4), ist erschienen. Die Kurzfassungen aller BeitrĂ€ge und der vollstĂ€ndige Text einer historischen Ăbersicht zur Cannabisbehandlung in der Geburtshilfe und GynĂ€kologie von Dr. Ethan Russo findet sich unter: >www.cannabis-med.org/science/jcant.htm<.
Spanien â Treffen der SEIC
Die Sociedad Espanola de Investigación sobre Cannabinoides (Spanische Gesellschaft zur Erforschung der Cannabinoide) hielt ihr drittes jÀhrliches Treffen vom 15. - 16. November in Malaga ab. Mehr unter: >http://www.ucm.es/info/seic-web<.
Slowenien â Konferenz zur medizinischen Verwendung
Eine Konferenz zur medizinischen Verwendung von Cannabis, organisiert von RegierungsbĂŒro fĂŒr Drogen, wurde am 18. November am Allgemeinen Krankenhaus von Ljubljana abgehalten. Referenten waren Willem Scholten, William Notcutt, Brendan Hughes und Henrie Korthout.
Wissenschaft â Cannabis und Denkfunktionen
Sehr starker Cannabiskonsum könnte mit einer dauerhaften Abnahme der kognitiven LeistungsfĂ€higkeit verbunden sein. Die Teilnehmer wurden nach den wöchentlich gerauchten Cannabiszigaretten in leichte Konsumenten (2 - 14 Joints, Durchschnitt: 11), mittlere Konsumenten (18 - 70 Joints, Mittel: 42) und starke Konsumenten (78 - 117 Joints, Mittel: 94) eingeteilt. Nach 28-tĂ€giger Abstinenz fĂŒhrten die Teilnehmer eine Anzahl neurokognitiver Tests durch. Sehr starke Konsumenten zeigten verglichen mit leichten Konsumenten eine signifikant schlechtere Leistung bei 5 der 35 Tests, was irreversible Wirkungen nahe legt. GedĂ€chtnis, exekutive Funktion, psychomotorische Schnelligkeit und manuelle Fertigkeiten waren beeinflusst. (Quelle: Bolla KI, et al. Neurology 2002 Nov 12;59(9):1337-43)
Wissenschaft â Cannabis und Psychosen
Cannabiskonsum war in einer Hochrisiko-Gruppe nicht mit der Entwicklung einer Psychose assoziiert. 100 junge Menschen, die durch das Vorhandensein von psychotischen Symptomen unterhalb der Schwelle oder einer Kombination aus einem erstgradigen Verwandten mit einer psychotischen Störung und kĂŒrzlicher funktioneller Leistungsabnahme identifiziert worden waren, wurden ĂŒber einen Zeitraum von 12 Monaten beobachtet. 32 % entwickelten eine akute psychotische Episode. Das Risiko war nicht mit dem Grad des Cannabiskonsums vor Aufnahme in die Studie assoziiert. Die Autoren folgern, dass die Ergebnisse nahe legen, dass Cannabiskonsum keine relevante Rolle bei der Entwicklung einer Psychose in einer Hochrisikogruppe fĂŒr die Erkrankung spielen könnte. (Quelle: Phillips LJ, et al. Aust N Z J Psychiatry 2002 Dec;36(6):800-6.)