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IACM-Informationen vom 16. März 2002
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Italien — Gesundheitssystem muss nach einem Richterspruch für eine Cannabisbehandlung bezahlen
Die Richterin Barbara Bortot aus Venedig entschied am 13. März, dass die lokalen Gesundheitsbehörden von San Dona di Piave, nahe Venedig, nicht nur die medizinische Verwendung von Cannabis durch eine Frau mit Lungenkrebs im Endstadium tolerieren müssen, sondern die Droge auch im Ausland besorgen und ihr kostenlos zur Verfügung stellen müssen.
Die Frau beantragte die Erlaubnis beim Magistrat, weil Cannabis in Italien auch zur medizinischen Verwendung nicht legal ist. Richterin Bortot entschied, dass das Recht auf Gesundheit, das im Artikel 32 der Verfassung verfügt wurde, die Verwendung der Droge erlaube. "Wenn es einen unausweichlichen Bedarf für etwas gibt, für das die nationale Gesundheitsversorgung keine alternativen Heilmittel anbietet, so unterliegt das individuelle Recht auf Gesundheit keiner Begrenzung oder Bedingung irgendeiner Art," schrieb die Richterin.
Nach dem Urteil haben die lokalen medizinischen Behörden 30 Tage Zeit, um die Patientin mit der Droge zu versorgen. Italien wird sie vermutlich beim Büro für medizinisches Cannabis des holländischen Gesundheitsministeriums erbitten. Das schrieb die Tageszeitung Corriere della Sera.
Die Entscheidung könnte den Weg für viele weitere Anfragen von Patienten mit Erkrankungen wie multiple Sklerose und Epilepsie bereiten. Das erklärte die italienische Arbeitgemeinschaft für therapeutisches Cannabis (ACT). "Wir hoffen, dass dies ein wertvoller Präzedenzfall für alle sein wird, die das Recht, Cannabis als therapeutisches Medikament zu verwenden, für sich in Anspruch nehmen," erklärte die Arbeitsgemeinschaft in einer offiziellen Erklärung.
(Quelle: Reuters vom 13. März 2002)
Wissenschaft — Diskussion zu gewohnheitsmäßigem Cannabiskonsum und Gehirnfunktionen
Nach einem Bericht in der Zeitschrift der amerikanischen medizinischen Gesellschaft fanden australische und US-amerikanische Wissenschaftler eine Beeinträchtigung von Gedächtnis und Aufmerksamkeit bei gewohnheitsmäßigen Cannabiskonsumenten, die über die Zeit der Berauschung hinaus anhielt. In einem Kommentar in der gleichen Zeitschrift warnte ein Forscher der Universität von Harvard in Boston vor Schlussfolgerungen aus der Studie, dass Cannabiskonsum kognitive Funktionen irreversibel beeinträchtigen könnte.
In der Studie von Dr. Nadia Solowij vom Nationalen Drogen- und Alkoholforschungszentrum in Sydney, die in den USA durchgeführt worden war, absolvierten 102 gewohnheitsmäßige Cannabiskonsumenten (51 kurzzeitige und 51 langzeitige Konsumenten) nach 17 Stunden Cannabis-Abstinenz 9 standardisierte neuropsychologische Tests. Cannabiskonsumenten schnitten in einigen Tests signifikant schlechter ab als eine Kontrollgruppe, und die Leistungsfähigkeit korrelierte oft mit der Dauer des Drogenkonsums.
In seinem Editorial stellte Dr. Harrison Pope vom der Abteilung für biologische Psychiatrie der medizinischen Hochschule in Harvard fest, dass eine Abstinenzperiode von 17 Stunden zu kurz sein könnte, um mögliche langdauernde Beeinträchtigungen festzustellen. Er wies daraufhin, dass eine kürzlich durchgeführte Meta-Analyse von neuropsychologischen Studien mit langzeitigen Marihuanakonsumenten keinen signifikanten Beweis für Defizite in 7 von 8 Gebieten neuropsychologischer Fähigkeiten gefunden hat und nur einen kleinen Effekt bei dem verbliebenen Gebiet des Lernens.
"Auch wenn lebenslanger Cannabiskonsum mit einer größeren Beeinträchtigung nach 17-stündiger Abstinenzdauer verbunden ist, so sind die Daten unzureichend, um zu wissen, ob eine größere Beeinträchtigung eine Woche oder einen Monat später da gewesen wäre. Trotz des wichtigen Beitrages durch diese neue Studie werden wir weiterhin mit dieser Unsicherheit leben müssen," folgerte Pope.
(Quellen: Solowij N, et al. JAMA 2002 Mar 6;287(9):1123-31; Pope HG. JAMA 2002 Mar 6;287(9):1123-31)
Kurzmeldungen
UNO — Cannabiskonsum
In seinem jährlichen Bericht wies die Internationale Drogenkontrollbehörde der Vereinten Nationen (International Drug Control Board, INCB) Argumente zurück, nach denen Marihuana legalisiert werden sollte, forderte jedoch weitere Forschung "zu den möglichen therapeutischen Eigenschaften und medizinischen Verwendung von Cannabis oder Cannabisextrakten." (Quelle: Washington Times vom 27. Februar 2002)
USA — 80-prozentige Unterstützung in Wisconsin
Ernsthaft erkrankte Patienten, die ihre Leiden mit Marihuana lindern wollen, haben die Unterstützung von 80,3 Prozent der Bürger des Staates Wisconsin. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage von Chamberlain Research Consultants, die am 13. März veröffentlicht wurde. (Quelle: Daily Cardinal vom 13. März 2002)
Großbritannien — Unterstützung für Umstufung
Medizinische Experten unterstützten die Absicht der Regierung, Cannabis in eine Niedrigrisikogruppe umzustufen. In einem Bericht an Innenminister David Blunkett erklärten medizinische Experten des Beirates für den Missbrauch von Drogen, dass alle Cannabisprodukte in die Klasse C umgestuft werden sollten, die Gruppe mit Drogen des niedrigsten Risikos im Betäubungsmittelgesetz. (Quelle: Reuters vom 14. März 2002)
USA — Anzeige in der New York Times
In einer ganzseitigen Anzeige in der New York Times vom 6. März forderte ein Zusammenschluss von Ärzten, Schwestern, medizinischen Organisationen, bekannten Persönlichkeiten und mehr als 300 staatlichen Abgeordneten Präsident Bush auf, Patienten mit ernsthaften Erkrankungen zu ermöglichen, einen Antrag auf Verwendung von Marihuana zur Linderung ihrer Symptome zu stellen. (Mehr unter: http://compassionateaccess.org)
Deutschland — Gewerkschaft der Polizei
In einem Interview mit der Wochenzeitung Focus unterstützte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, die Legalisierung von Cannabis und seinen Verkauf in Apotheken. Demgegenüber stellte der Präsident der Gewerkschaft klar, dass die Gewerkschaft gegen eine Legalisierung der Droge sei. (Quellen: dpa vom 9. März 2002, ddp vom 10. März 2002)
Großbritannien — Liberaldemokraten
Die britische Oppositionspartei Liberale Demokraten erklärte am 9. März, dass die Mitglieder dafür gestimmt hätten, die Legalisierung von Cannabis als Parteipolitik anzunehmen. Delegierte der Frühjahrskonferenz der drittgrößten britischen Partei stimmten zudem für ein Ende von Gefängnisstrafen für den Besitz irgendeiner illegalen Droge, inklusive Heroin und Kokain. (Quelle: Reuters vom 9. März 2002)
USA — Hanflebensmittel
Am 7. März hat ein Bundesberufungsgericht temporär eine Anordnung der Drogenkontrollbehörde DEA (Drug Enforcement Administration) aufgehoben, die Lebensmittel aus Hanf verbietet. Die Behörde erklärte im Oktober 2001, dass Lebensmittel, die selbst Spuren von THC enthalten, nach dem Betäubungsmittelgesetz verboten sind. Das Berufungsgericht wird innerhalb der kommenden Wochen in dem Fall endgültig entscheiden. Am 8. April wird es eine mündliche Anhörung geben. Ein 90-seitiges Gutachten zur gesundheitlichen Bedeutung von THC in Hanflebensmitteln, das in der Diskussion verwendet wird, ist online unter
http://www.nova-institut.de/pdf/hemp-food-risk.pdf
erhältlich. (Quelle: AP vom 8. März 2002)
Wissenschaft — Autofahren
Eine Studie untersuchte die Wirkungen einer chronischen Cannabisexposition auf die Wirkungen von Alkohol auf fahrrelevante psychomotorische Fertigkeiten. Chronischer Cannabiskonsum (bei Abwesenheit akuter Verabreichung) potenzierte nicht die Alkoholwirkungen. Tatsächlich zeigten die gewohnheitsmäßigen Konsumenten nach Alkohol niedrigere Werte für Schwindel und eine bessere Verfolgungsgenauigkeit verglichen mit Gelegenheitskonsumenten. (Quelle: Wright A, Terry P. Psychopharmacology 2002 Mar;160(2):213-9)
Wissenschaft — Wechselwirkung
Es gibt nur einen kleinen Einfluss von Cannabisrauchen und oralem THC auf pharmakokinetische Parameter der antiretroviralen Therapie bei HIV-Infektion (Indinavir, Nelfinavir), und die Verwendung von Cannabinoiden hat vermutlich keinen Einfluss auf die antiretrovirale Wirksamkeit. (Quelle: Kosel BW, et al. AIDS 2002 Mar 8;16(4):543-50)