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IACM-Informationen vom 12. April 2008
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Spanien â Positive Ergebnisse einer Studie mit dem Cannabisextrakt Sativex in Katalonien
Am 9. April veröffentlichte die katalanische Regierung positive Ergebnisse ihres Pilotprogramms zur Beurteilung des oralen Cannabisextraktes Sativex bei der Behandlung verschiedener Patientengruppen. Nach der Pressemitteilung sprachen etwa die HĂ€lfte der Patienten, die Sativex erhalten hatten, gut an und gaben eine Verbesserung der Symptome an. Insgesamt wurden 207 Patienten mit den folgenden therapeutischen Indikationen aufgenommen: 32 mit neuropathischen Schmerzen wegen multipler Sklerose, 54 mit Spastik wegen MS, 47 mit neuropathischen Schmerzen aufgrund verschiedener Ursachen (auĂer MS), 41 mit Anorexie-/Kachexie-Syndrom wegen Krebs oder Aids und 33 mit Ăbelkeit und Erbrechen wegen einer Chemotherapie.
Das Pilotprogramm begann auf Anweisung der Leiterin des katalanischen Gesundheitsministeriums im Januar 2006 und endete im Dezember 2007. Das Projekt fand unter Beteiligung von ĂŒber 40 Ărzten in sechs KrankenhĂ€usern in der Gegend von Barcelona statt. Nach Marina Geli, Leiterin des katalanischen Gesundheitsministeriums, haben 53 Prozent der Patienten, die an Anorexie und Kachexie wegen Aids litten, wieder Appetit bekommen. Die Zahl der Patienten in der Studie, die an multipler Sklerose und unertrĂ€glichen Schmerzen litten, reduzierte sich von 66 auf 35 Prozent.
Mehr unter:
http://production.investis.com/gwp/pressreleases/currentpress/2008-04-09/
http://www.420magazine.com/forums/international-cannabis-news/74830-study-spain-underlines-therapeutic-use-cannabis.html
(Quellen: Pressemitteilung von GW Pharmaceuticals vom 9. April 2008, www.420magazine.com vom 11. April 2008)
Wissenschaft â THC wirksam bei Zwangsstörungen nach Fallberichten
Forscher aus Berlin berichteten im American Journal of Psychiatry von zwei FĂ€llen von Zwangsstörungen (obsessiv-kompulsive Störung), die erfolgreich mit THC behandelt worden waren. Beide Patienten, eine 38-jĂ€hrige Frau und ein 36-jĂ€hriger Mann, erwiesen sich refraktĂ€r gegen eine konventionelle Behandlung mit Neuroleptika und Antidepressiva. Nachdem die erste Patientin ihre Ărzte darĂŒber informiert hatte, dass das Rauchen von Cannabis ihre Symptome linderte, wurden dreimal tĂ€glich 10 mg orales THC zu ihrer bisherigen Medikation mit Clomipramin hinzugefĂŒgt, was innerhalb von 10 Tagen zu einer signifikanten Abnahme der Symptome fĂŒhrte. Der zweite Patient erhielt ebenfalls zusĂ€tzlich zu seiner bisherigen Medikation Dronabinol, das langsam auf eine Dosis von zweimal 10 mg tĂ€glich gesteigert wurde. Innerhalb von zwei Wochen trat eine deutliche Reduzierung der Symptome auf.
Zwangsstörungen sind im Allgemeinen durch belastende Zwangsgedanken und damit verbundene Zwangshandlungen (Aufgaben oder "Rituale"), die die Zwangsgedanken neutralisieren sollen, charakterisiert. Viele Patienten sprechen nicht gut auf konventionelle Medikamente an, die zudem relevante Nebenwirkungen verursachen können. Basierend auf der Beobachtung, dass THC wirksam bei der Behandlung von Tics beim Tourette-Syndrom ist, und der Beobachtung, dass das Tourette-Syndrom genetisch mit Zwangsstörungen verbunden ist, vermuteten die Forscher, dass THC auch diese Symptome lindern könnte.
Der kurze Artikel (ein Leserbrief) ist verfĂŒgbar unter:
http://ajp.psychiatryonline.org/cgi/content/full/165/4/536?maxtoshow=&HITS=10&hits=10&RESULTFORMAT=&fulltext=Schindler&searchid=1&FIRSTINDEX=0&sortspec=relevance&resourcetype=HWCIT
(Quelle: Schindler F, Anghelescu I, Regen F, Jockers-Scherubl M. Improvement in refractory obsessive compulsive disorder with dronabinol. Am J Psychiatry. 2008 Apr;165(4):536-7.)
Wissenschaft â VorlĂ€ufige Ergebnisse einer Studie mit Sativex bei neuropathischen Schmerzen wegen multipler Sklerose
Am 8. April gab GW Pharmaceuticals vorlÀufige Ergebnisse einer Plazebo-kontrollierten Phase-III-Studie ihres Cannabisextrakts Sativex bei 339 Patienten mit zentralen neuropathischen Schmerzen bei multipler Sklerose, die mit den bestehenden Therapien keine ausreichende Schmerzlinderung erzielten, bekannt. Der primÀre auf die Wirksamkeit bezogene Endpunkt der Studie war der Anteil der Patienten, deren Schmerzen auf einer numerischen Skala von 1 bis 10 um mindestens 30 Prozent reduziert wurde. 50 Prozent der Patienten unter Sativex erzielten eine Schmerzreduzierung um mindestens 30 Prozent. Wegen einer unerwartet hohen Zahl von ansprechenden Patienten in der Plazebogruppe wurde allerdings keine statistische Signifikanz erreicht, auch wenn der Unterschied zwischen der Sativexgruppe und der Plazebogruppe klar zu Gunsten von Sativex ausfiel.
Nach Bekanntwerden der negativen Ergebnisse fiel der Wert der Aktien von GW Pharmaceuticals innerhalb eines Tages um etwa ein Viertel. Diese Studie ist eine von drei Phase-III-Studien mit Sativex, die im Jahr 2008 durchgefĂŒhrt werden, jede mit einer anderen Indikation. Die andere europĂ€ische Phase-III-Studie zur MS-Spastik, die von den britischen Zulassungsbehörden verlangt wurde, um fĂŒr diese Indikation eine Zulassung zu erhalten, soll spĂ€ter in diesem Jahr abgeschlossen werden. Nach der Pressemitteilung zielt die Strategie von GW auf die Zulassung von Sativex fĂŒr MS-Spastik in Europa und fĂŒr Krebsschmerzen in den Vereinigten Staaten.
(Quellen: Pressemitteilung von GW Pharmaceuticals vom 8. April 2008, Independent vom 9. April 2008)
Deutschland â Bleivergiftung wegen gestrecktem Cannabis
In den vergangenen Monaten wurde in Deutschland eine Anzahl von Bleivergiftungen, ĂŒberwiegend in der Region von Leipzig, beobachtet. Einige FĂ€lle traten auch an anderen Orten, wie MĂŒnchen und Wien in Ăsterreich, auf. Nach einem Bericht im New England Journal of Medicine wurden 29 Patienten mit klassischen Zeichen und Symptomen einer Bleivergiftung, die in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland nicht aufgetreten war, in vier verschiedene KrankenhĂ€user im GroĂraum Leipzig eingewiesen. Alle Patienten waren regelmĂ€Ăige Cannabiskonsumenten, und Blei wurde im Cannabis einiger Patienten gefunden.
Es wurde eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet, um den Verursacher der Bleibeimischung zu finden. Das Blei war dem Cannabis offensichtlich von DrogenhĂ€ndlern hinzugefĂŒgt worden, um das Gewicht und damit den Profit zu erhöhen. Ein anonymes Screening-Programm fĂŒr Cannabiskonsumenten wurde begonnen, und weitere 95 Personen mit behandlungsbedĂŒrftigen Blei-Konzentrationen im Blut wurden gefunden. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine BĂ€tzing, gab eine Warnung heraus, nach der Cannabis mit Blei versetzt sein kann. Verschiedene Organisationen forderten eine legale Möglichkeit zum Eigenanbau von Cannabis fĂŒr den persönlichen Bedarf, um die Gefahren des Cannabiskonsums zu reduzieren.
Der Artikel ist verfĂŒgbar unter:
http://content.nejm.org/cgi/content/full/358/15/1641
(Quelle: Busse F, Omidi L, Leichtle A, Windgassen M, Kluge E, Stumvoll M. Lead poisoning due to adulterated marijuana. N Engl J Med 2008;358(15):1641-2.)
Kurzmeldungen
Holland â Maastricht
Am 1. April erklĂ€rte ein Gericht in Maastricht eine stĂ€dtische Anordnung, nach der Cannabis-Shops AuslĂ€nder als Kunden zurĂŒckweisen mĂŒssen, als unrechtmĂ€Ăig. Franzosen, Belgier und Deutsche muss der Zugang nun erlaubt werden. Ein Unterschied nach dem Wohnort ist auf Grund des Verbots der Diskriminierung im Artikel 1 der Verfassung nicht erlaubt, wenn keine vernĂŒnftigen, objektiven GrĂŒnde vorliegen, die dies rechtfertigen könnten. Der Richter erklĂ€rte jedoch, dass solche GrĂŒnde nicht vorlĂ€gen. (Quelle: NIC-News-Bulletin vom 2. April 2008)
Wissenschaft â Fibromyalgie
Verglichen mit gesunden Personen wiesen 22 Patienten mit primÀrer Fibromyalgie erhöhte Anandamid-Blutspiegel auf. Die Forscher nehmen an, dass Patienten mit Fibromyalgie "von einer pharmakologischen Manipulation der Endocannabinoid-Signalgebung" profitieren könnten. (Quelle: Kaufmann I, et al. Psychoneuroendocrinology, 4. April 2008 [Elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])
Wissenschaft â AbhĂ€ngigkeit
Wissenschaftler der Columbia-UniversitĂ€t in New York berichteten von zwei FĂ€llen von CannabisabhĂ€ngigkeit, die mit oralem THC behandelt wurden. Sie folgerten, dass angesichts der Tatsache, "dass sich agonistische Substanzen bei der Opiat- und NikotinabhĂ€ngigkeit als wirksam erwiesen haben, die klinische Verwendung von Dronabinol fĂŒr die CannabisabhĂ€ngigkeit ein sinnvoller Ansatz ist". (Quelle: Levin FR & Kleber HD. Am J Addict 2008;17(2):161-4.)
Wissenschaft â Neuropathische Schmerzen
Britische Forscher folgerten aus tierexperimentellen Studien, dass der Cannabinoid-2-Rezeptor im Thalamus, eine Gehirnsregion, eine funktionelle Rolle bei neuropathischen Schmerzen haben könnte. (Quelle: Jhaveri MD, et al. Eur J Neurosci 2008;27(7):1722-30.)
Wissenschaft â Neuropathische Schmerzen
Es wurde in tierexperimentellen Studien gezeigt, dass die Aktivierung des CB2-Rezeptors im RĂŒckenmark Schmerzen nach einer Nervenverletzung reduzieren kann. (Quelle: Romero-Sandoval A, et al. Anesthesiology 2008;108(4):722-34.)