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IACM-Informationen vom 11. Dezember 2004

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Großbritannien — : Regulierungsbehörden verlangen weitere Studien, um über den Antrag von GW Pharmaceuticals zu entscheiden

Ein oraler Cannabisextrakt mit dem Namen Sativex, der von GW Pharmaceuticals hergestellt wird und in klinischen Studien getestet wurde, erhielt keine Verkaufsgenehmigung durch die britischen Behörden. Dies erklärte die Firma am 3. Dezember. Das Komitee zur Sicherheit von Medikamenten (Committee on Safety of Medicines, CSM), ein beratendes Gremium für die Regulierungsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency, MHRA), stellte fest, dass der Extrakt eines von drei Kriterien der Medikamentenzulassung verfehlte.

Das CSM erkannte an, dass der Cannabisextrakt, der in den Mund gesprüht wird, die Kriterien für Qualität und Sicherheit erfülle, jedoch nicht für Wirksamkeit. Es stellte fest, dass in den klinischen Daten positive Effekte auf die Spastik bei Patienten mit multipler Sklerose (MS) zu sehen waren, dass die klinische Relevanz dieser Wirkungen jedoch unklar seien. Das CSM bat um eine weitere bestätigende Studie, die, falls sie ausreichend positiv ausfalle, die Ausstellung einer Produktlizenz ermöglichen würde.

Wissenschaftler drückten ihre Überraschung über das Ergebnis aus. "Ich bin sehr enttäuscht darüber, dass das CSM nicht meiner Empfehlung gefolgt ist, dass die Daten die Zulassung von Sativex voll und ganz unterstützen," erklärte Professor Mike Barnes, Präsident des Weltverbandes für NeuroRehabilitation. Die britische MS-Gesellschaft erklärte, die Neuigkeiten seien "extrem enttäuschend".

GW Pharmaceuticals bereitet bereits eine Studie vor, die an den Anforderungen der Regulierungsbehörden ausgerichtet ist. Sie wird jedoch frühestens vor Ende des nächsten Jahres abgeschlossen werden können. Die Firma beabsichtigt zudem, die Entscheidung vor der Medizinischen Kommission, einer unabhängigen Behörde, anzufechten. Dies wird sechs Monate dauern. Sie wird zudem versuchen, eine Genehmigung vom Innenministerium zu erhalten, ihren Extrakt unlizenziert zu verkaufen.

(Quellen: Presseerklärung von GW Pharmaceuticals vom 3. Dezember 2004, Guardian Unlimited vom 4. Dezember 2004)

Kanada — Studie zur Sicherheit von medizinischem Cannabis

Eine Studie zu Sicherheitsfragen im Zusammenhang mit der medizinischen Verwendung von gerauchtem Cannabis hat gerade angefangen. Unter dem Namen COMPASS (Cannabis for the management of pain: assessment of safety study) soll die Studie für die Dauer eines Jahres 1400 chronische Schmerzpatienten begleiten, von denen 350 Cannabis als Teil ihrer Schmerzbekämpfungsstrategie verwenden. Sieben über Kanada verteilte Schmerzkliniken nehmen zur Zeit Patienten in die Studie auf.

"Patienten in COMPASS haben typischerweise Schmerzen, die auf Verletzungen des Rückenmarks beruhen, multiple Sklerose, Arthritis oder andere Arten schwer behandelbare neuropathische oder Muskelschmerzen," erklärt Dr. Mark Ware, Studienleiter und Schmerztherapeut am Schmerzzentrum des Gesundheitszentrums der McGill-Universität in Montreal. "Wir werden uns eine Anzahl von Sicherheitsthemen anschauen, inklusive Nebenwirkungen, Nieren-, Leber-, Herz- und Lungenfunktion und Hormonspiegel," ergänzte Dr. Jean-Paul Collet, ebenfalls Studienleiter und Professor für Epidemiologie an der McGill-Universität. "Patienten werden zudem bei Beginn und am Ende der Studie an Tests teilnehmen, um festzustellen, ob die medizinische Verwendung von Cannabis die kognitive Funktion beeinflusst."

Das Cannabis, das in der COMPASS-Studie verwendet wird, wird von Prairie Plant Systems gemäß einem Vertrag mit dem Gesundheitsministerium hergestellt. Die Sorte die in dieser Studie verwendet wird, enthält etwa 12 Prozent THC. Das von der Regierung bereit gestellte Cannabis wird an Apotheken verschickt und dort an Patienten verteilt.

Patienten, die an der COMPASS-Studie teilnehmen möchten, und andere, die weitere Informationen suchen, können die COMPASS-Internetseite unter www.gereq.net/compass besuchen.

(Quellen: EurekAlert vom 8. Dezember 2004, www.gereq.net/compass)

USA — Medizinischer Marihuana-Fall vor dem Obersten Gerichtshof

Der Grundsatz staatlicher Rechte sah sich bei einem Hearing vor dem Obersten Gerichtshof der USA am 29. November einer scharfen Herausforderung gegenüber, als die Richter zu entscheiden versuchten, ob die Bundesdrogengesetze über einem kalifornischen Gesetz stehen, das die medizinische Verwendung von Cannabis erlaubt.

Die Richter drückten ihre Zurückhaltung hinsichtlich der Erlaubnis medizinischen Marihuanas für Patienten, deren Ärzte es verordnet hatten, aus und zeigten Sympathie für das Argument der Regierung, dass es die Macht habe, Patienten, die Cannabis verwenden, zu verfolgen oder andere Maßnahmen zu ergreifen. Die Richter entscheiden darüber, ob ein Bundesgesetz, das Marihuana verbietet, auf zwei schwerkranke kalifornische Frauen anzuwenden ist. Kalifornien ist einer von 10 Staaten, der die medizinische Verwendung von Cannabis erlaubt.

Die Bush-Administration legte vor dem Obersten Gerichtshof Berufung ein, nachdem ein Bundesberufungsgericht in Kalifornien entschieden hatte, dass sich Marihuana, das zu medizinischen Zwecken verwendet wird, vom Drogenhandel unterscheidet. Das Berufungsgericht hatte erklärt, dass Staaten medizinische Marihuanagesetze annehmen könnten, solange das Marihuana nicht verkauft, über die Staatsgrenzen transportiert oder für nicht-medizinische Zwecke verwendet wird. Das Gerichtsverfahren war im Jahre 2002 von Angel Raich, die einen inoperablen Gehirntumor und andere medizinische Probleme hat, sowie von Diane Monson, die an schweren Rückenschmerzen leidet, angestrengt worden. Ihre Ärzte hatten Marihuana für ihre Schmerzen empfohlen.

Richter Stephen Breyer erklärte, die beiden Frauen hätten sich an die Regulierungsbehörden der USA wenden und sie bitten können, ihnen die medizinische Verwendung von Marihuana zu erlauben. Wenn man es ihnen versagt hätte, dann hätten sie klagen können. "Das scheint mir der nahe liegende Weg zu sein, um das zu bekommen, was sie wollen," erklärte Breyer. Die Entscheidung in diesem Fall wird für Ende Juni 2005 erwartet.

(Quellen: Financial Times vom 29. November 2004, Reuters vom 29. November 2004, New York Times vom 30. November 2004)

Kurzmeldungen

Wissenschaft — Psychosen bei jungen Leuten

Wissenschaftler der Universität von Maastricht in den Niederlanden untersuchten die Wirkung des Cannabiskonsums auf die Entwicklung einer Psychose bei 2473 jungen Menschen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren. Eine Abschätzung des Substanzkonsums, der Prädisposition für Psychosen und von psychotischen Symptomen wurde bei Beginn der Studie und vier Jahre später vorgenommen. Nach Berücksichtigung möglicher Einflussfaktoren erhöhte der Cannabiskonsum bei Beginn der Studie die Häufigkeit psychotischer Symptome bei der Nachfolgeuntersuchung in einem moderaten Umfang (angepasste Odds Ratio 1,7, 95 %-Vertrauensbereich 1,1 bis 2,5). Die Wirkung des Cannabiskonsums war wesentlich stärker bei den Teilnehmern mit einer Veranlagung für eine Psychose. (Quelle: Henquet C, et al. BMJ 2004 Dec 1; [Elektronische Publikation vor dem Druck])

Wissenschaft — Wirkung von THC und CBD auf das Gedächtnis

Die Wirkungen eines THC-reichen und eines CBD-reichen Cannabisextraktes auf das Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis wurden bei Ratten untersucht. Der THC-reiche Cannabisextrakt beeinträchtigte sowohl das Arbeits- als auch das Kurzzeitgedächtnis, während der CBD-reiche Extrakt keine Wirkung zeigte. CBD antagonisierte dosisabhängig die Wirkungen von THC auf das Gedächtnis. (Quelle: Fadda P, et al. Neuropharmacology 2004;47(8):1170-9)