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IACM-Informationen vom 1. Oktober 2005

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Wissenschaft — Cannabis reduziert neuropathische Schmerzen bei multipler Sklerose in klinischer Studie

Britische Forscher des Walton-Zentrums für Neurologie und Neurochirurgie in Liverpool zeigten, dass der Cannabisextrakt Sativex von GW Pharmaceuticals wirksam bei der Reduzierung zentraler neuropathischer Schmerzen und Schlafstörungen bei Patienten mit multipler Sklerose (MS) ist. "Zentrale neuropathische Schmerzen treten bei Menschen mit MS häufig auf. Sie können außerordentlich belastend sein und nicht auf vorhandene Therapien ansprechen," erklärte Dr. Carolyn Young, die Leiterin der Studie.

Die fünfwöchige Plazebo-kontrollierte Studie wurde mit 66 MS-Patienten, die an chronischen neuropathischen Schmerzen litten, durchgeführt. 64 Patienten beendeten die Studie, von denen 32 den Cannabisextrakt und 32 das Plazebo erhalten hatten. Sativex enthält gleiche Mengen an THC und Cannabidiol (CBD) und wird als Spray unter die Zunge appliziert. Die mittlere maximale tägliche THC-Dosis betrug 25 mg (Spanne: 5 – 65 mg). Die Schmerzen und Schlafstörungen wurden täglich auf einer 11-Punkt-Skala aufgezeichnet. Cannabis verursachte eine signifikante mittlere Schmerzreduktion um 2,7 Punkte (Ausgangswert: 6,5), verglichen mit 1,4 Punkten (Ausgangswert: 6,4) unter Plazebo. Die Schlafqualität wurde durch Cannabis signifikant um 2,5 Punkte verbessert, verglichen mit 0,8 Punkten beim Plazebo. Der Cannabisextrakt wurde im Allgemeinen gut vertragen, auch wenn mehr Patienten unter Cannabis von Schwindel, trockenem Mund und Müdigkeit berichteten.

Aufgrund dieser Studienergebnisse, die nun in der Zeitschrift Neurology publiziert wurden, war Sativex in Kanada für die symptomatische Linderung neuropathischer Schmerzen bei Erwachsenen mit MS verschreibungsfähig gemacht worden und ist dort seit dem 20. Juni 2005 in Apotheken erhältlich.

(Quellen: Rog DJ, Nurmikko TJ, Friede T, Young CA. Randomized, controlled trial of cannabis-based medicine in central pain in multiple sclerosis. Neurology 2005;65(6):812-9; Pressemitteilung von GW Pharmaceuticals vom 27. September 2005)

Wissenschaft — Umfrage zur medizinischen Verwendung von Cannabis bei Sichelzellanämie

Unter Erwachsenen, die an Sichelzellanämie leiden, wurde am Central Middlesex Hospital in London eine anonyme Umfrage mittels Fragebogen durchgeführt. 86 Personen im Alter zwischen 23 und 39 Jahren nahmen an der Studie teil. 31 hatten Cannabis in den vergangenen zwölf Monaten verwendet, um Symptome der Erkrankung zu lindern. Bis auf zwei Teilnehmer wurde Cannabis geraucht. Die wichtigsten Gründe für die Verwendung waren Schmerzreduzierung bei 52 Prozent und Entspannung bzw. Linderung von Angst und Depressionen bei 39 Prozent.

Die Sichelzellanämie ist eine Erkrankung des Blutes und basiert auf einer Zellmutation. Sie tritt vor allem in Afrika und Indien, jedoch auch bei Menschen aus dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten auf. Die Mutation verursacht eine Veränderung des Hämoglobins, des Transportproteins für Sauerstoff in den roten Blutkörperchen. Schmerzen zählen zu den wichtigsten Symptomen. Sie können so stark sein, dass sie mit Opiaten behandelt werden müssen. Sie können akut in unvorhersehbaren Intervallen auftreten, gehen mit Entzündungen einher und können chronisch werden.

(Quelle: Howard J, Anie KA, Holdcroft A, Korn S, Davies SC. Cannabis use in sickle cell disease: a questionnaire study. Br J Haematol 2005;131(1):123-8.)

Kurzmeldungen

USA — Umfrage in Wisconsin

Eine Umfrage, deren Ergebnisse am 14. September veröffentlicht wurden, zeigt, dass die Einwohner von Wisconsin die Legalisierung von Cannabis für medizinische Zwecke unterstützen. Die Telefonbefragung von 600 zufällig ausgewählten Bürgern Wisconsins wurde im Juli 2005 von Chamberlain Research Consultants als Teil der vierteljährlichen Trendbefragung in Wisconsin durch Chamberlain durchgeführt. Die Durchführung der Befragung zu medizinischem Cannabis wurde vom Marijuana Policy Project (MPP) in Auftrag gegeben. 75,7 Prozent erklärten, sie würden die Legalisierung unterstützen, um Patienten mit Krebs, multipler Sklerose und anderen schweren Erkrankungen die Verwendung von Marihuana für medizinische Zwecke mit ärztlicher Genehmigung zu erlauben. Republikaner unterstützten den Vorschlag zu 68 Prozent, während die Unterstützung bei den Demokraten 83,9 Prozent betrug. (Quellen: Pressemitteilung von MPP vom 14. September 2005, Oshkosh Northwestern vom 28. September 2005)

Wissenschaft — Die Haltung von Ärzten

960 amerikanische Hausärzte, Internisten, Frauenärzte, Psychiater und Suchtmediziner berichteten von ihrer Meinung zur legalen Verschreibung von Cannabis für medizinische Zwecke. 36 Prozent unterstützten die Verschreibungsfähigkeit von Marihuana und 26 Prozent waren diesem Vorschlag gegenüber neutral. Die Spezialisierung zum Internisten bzw. Gynäkologen war mit einer Unterstützung der medizinischen Verwendung von Cannabis assoziiert, während Psychiater und Suchtmediziner den Vorschlag häufiger ablehnten. Die Autoren schreiben, dass "Ärzte die medizinische Verwendung von Marihuana im Allgemeinen weniger unterstützen als die allgemeine amerikanische Öffentlichkeit." Allerdings sind die Daten mehr als vier Jahre alt. (Quellen: Charuvastra A, et al. J Addict Dis 2005;24(3):87-93; Reuters vom 23. April 2001)

Wissenschaft — Cannabis und Straßenverkehr

In einer Studie von Forschern der Universität von Maryland war der Konsum von Cannabis nicht mit dem Risiko für die Verursachung eines Verkehrsunfalls assoziiert. 6581 Fahrer, die in den Jahren 1997 bis 2001 in einem Unfallzentrum stationär behandelt wurden, bilden die Basis dieser Analyse. Die Ergebnisse über den Nachweis von Alkohol und illegalen Drogen, die im Krankenhaus erhoben worden waren, wurden mit den Unfallberichten der Polizei in Verbindung gebracht. Die Unfallverursachungsrate war deutlich mit dem Konsum von Alkohol assoziiert. Im Gegensatz dazu fand die Studie keinen Zusammenhang zwischen Unfallverursachung und Cannabiskonsum. Da nur Urintests auf Cannabinoide durchgeführt worden waren, ist nicht bekannt, ob die Fahrer tatsächlich unter dem akuten Einfluss von Cannabis standen. (Quelle: Soderstrom CA, et al. Annu Proc Assoc Adv Automot Med 2005;49:315-30.)

Wissenschaft — Endocannabinoide und Übergewicht

Forschung von der Charité in Berlin zeigte, dass die Konzentrationen zirkulierender Endocannabinoide (Anandamid und 2-AG) bei übergewichtigen Frauen verglichen mit Normalgewichtigen signifikant erhöht war. Auf der anderen Seite war die Expression von CB1-Rezeptoren und des Enzyms Fettsäureamidhydrolase, das für den Abbau von Anandamid wesentlich verantwortlich ist, signifikant im Fettgewebe von Übergewichtigen im Vergleich mit den Kontrollpersonen erhöht. Die Forscher stellten fest, dass ihre "Befunde das Vorkommen eines peripheren Endocannabinoidsystems, das bei menschlichem Übergewicht heraufreguliert ist, unterstützen." (Quelle: Engeli S, et al. Diabetes 2005;54(10):2838-43.)

Wissenschaft — Body-Mass-Index und Cannabis

US-amerikanische Wissenschaftler untersuchten die Korrelation zwischen Cannabiskonsum und dem Body-Mass-Index (BMI). Der BMI ist eine Maßzahl für das Verhältnis zwischen Gewicht und Körpergröße. Bei übergewichtigen Personen wird ein hoher BMI ermittelt. Die Studie mit 297 Frauen zeigte, dass obwohl Cannabiskonsum den Appetit verstärkt, Cannabiskonsum im vergangenen Jahr häufiger bei Personen mit niedrigem BMI gefunden wurde, das heißt bei schlanken Frauen. (Quelle: Warren M, et al. J Addict Dis 2005;24(3):95-100.)