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ACM-Mitteilungen vom 7. Dezember 2024
Liebe Leserin, lieber Leser,
in diesem Jahr führen wir zum 1. Mal eine Weihnachtsspendenaktion durch und hoffen auf rege Teilnahme. Vielleicht wollen Sie mit einem kleinen oder größeren Beitrag wirklich gute Aktivitäten, die auch Ihnen zugute kommen könnte, im kommenden Jahr unterstützen. Wir machen Ihnen dazu einen Vorschlag.
Nach dem Ende der aktuellen Regierung mit wenig Aussicht auf weitere Schritte zur Legalisierung von Cannabis fällt immer mehr Menschen auf: Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist bereits Realität. Wir drucken dazu einen Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ab. Natürlich gibt es auch weiterhin Stimmen der Bundesärztekammer und aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die nach der Bundestagswahl eine Rücknahme der Legalisierung fordern. Das ist nach meiner Meinung verzweifeltes Wunschdenken der ewig Gestrigen ohne Aussicht auf Erfolg.
Heiter weiter
Franjo Grotenhermen
Weihnachtsspendenaktion 2024
In diesem Jahr führt die ACM zum ersten Mal eine Weihnachtsspendenaktion durch. Mit dem eingenommenen Geld wollen wir vor allem zwei Projekte finanzieren.
1. Regresse vermeiden und Angst vor der Verschreibung abbauen
Wir haben Rechtsanwalt Professor Dr. Oliver Tolmein, der in Deutschland erfahrenste Rechtsanwalt zum Thema Cannabis als Medizin, beauftragt, ein Gutachten zur Regressgefahr für Ärzte nach einer möglicherweise strittigen Verschreibung von cannabisbasierten Medikamenten abzufassen. Zur Erinnerung: Ein Regress ist eine Strafzahlung, die ein Arzt oder eine Ärztin an die Krankenkasse leisten muss, wenn er oder sie nicht wirtschaftlich gearbeitet hat. Konkret geht es dabei um die Frage, was passiert, wenn ein Arzt Cannabis ohne einen vorherigen Antrag auf eine Kostenübernahme verschrieben hat, und die Krankenkasse bei einer Prüfung nach ein oder zwei Jahren der Auffassung ist, dass diese Verschreibung nicht erforderlich war. Dann muss der Arzt die Kosten der verschriebenen Medikamente aus eigener Tasche an die Krankenkasse zurückzahlen. Das Gutachten soll von Professor Tolmein zusammen mit einem Experten auf dem juristischen Gebiet der Regresse erstellt werden. Wir wünschen uns nicht nur ein Gutachten, sondern – darauf aufbauend – zudem einen Leitfaden für Ärztinnen und Ärzte, der die Regressgefahr minimieren soll.
2. Schikanen von MPU-Stellen beim Führerscheinverlust entschlossen kontern
Der ungerechtfertigte Verlust des Führerscheins ist eine der größten Sorgen von Patienten, die Cannabis aus medizinischen Gründen verschrieben bekommen. Insbesondere Patienten, die keine Kostenübernahme besitzen, haben bei vielen Begutachtungsstellen – allen voran dem TÜV Süd – schlechte Karten. Häufig wird den Patienten unter fadenscheinigen Gründen die Fahreignung abgesprochen. So heißt es in einem Gutachten der PIMA MPU als einziger Grund für das Nichtbestehen der Begutachtung und damit den Verlust des Führerscheins: „Belege der Beigebrauchsfreiheit wurden nicht vorgelegt.“ Ich habe den Betroffenen und seinem Anwalt dazu folgende Zeilen geschrieben:
„Es ist unmöglich, Beigebrauchfreiheit zu belegen. Die Pima MPU verlangt von Herrn XY für das Bestehen der Begutachtung einen Beleg, der weder praktisch noch theoretisch vorgelegt werden kann, selbst wenn umfangreiche Untersuchungen vorgenommen würden. Ihm wurde nicht einmal die Möglichkeit eingeräumt, einen solchen Beleg beizubringen oder zu begründen, warum die Pima MPU etwas Unmögliches verlangt.“ Die Begutachtungsstellen sollen im nächsten Jahr wissen, dass wir ihnen solche dreisten Unverfrorenheiten, die häufig nicht nur zum Führerscheinverlust, sondern auch zum Verlust des Arbeitsplatzes führen können, nicht mehr durchgehen lassen. Die betroffenen Patienten sollen wissen, dass wir in krassen Fällen Anwälte unterstützen und finanzieren, die ihnen helfen, sich gegen solche Ungerechtigkeiten zu wehren. Ohne eine entschlossene Aktion wird sich daran vermutlich nichts ändern. Hier gelangen Sie zu Spendenseite der ACM. Hier geht es direkt zum PayPal-Spenden-Button. Als Betreff können Sie gern schreiben „Weihnachtsspendenaktion 2024“. Da wir ein gemeinnütziger Verein sind, können Sie die Spenden steuerlich geltend machen, und so ihr zu versteuerndes Einkommen reduzieren.
Presseschau: Cannabis als Medizin: Legalisierung durch die Hintertür (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
Der Deutsche Bundestag hat Cannabis legalisiert. Nicht so, wie ursprünglich geplant, mit einer klaren Trennung von Cannabispatienten und Freizeitkonsumenten, sondern durch die medizinische Hintertür. Dadurch dass Cannabis kein Betäubungsmittel mehr ist, darf es auch bei banalen Erkrankungen, wie leichten Schlafstörungen und leichten Schmerzen verschrieben werden. Im Rahmen der Legalisierungsdiskussion gab es die Überlegung, dass Apotheken Abgabestellen auch für Freizeitkonsumenten sein könnten. Das wird nun Realität.
Cannabis als Medizin: Legalisierung durch die Hintertür
Die jüngsten Änderungen bei der Verordnung von medizinischem Cannabis in Deutschland markieren einen Wendepunkt. Mit der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) entfällt die Genehmigungspflicht durch gesetzliche Krankenkassen. Bereits seit April dieses Jahres ist Cannabis kein Betäubungsmittel mehr, sondern „lediglich“ ein verschreibungspflichtiges Medikament. Beide Änderungen erleichtern die Patientenversorgung und schaffen auch neue Dynamiken auf dem Markt. Wie wirken sich diese Reformen langfristig aus? Ist dies der Auftakt zu einer schleichenden Legalisierung des Anbaus von Freizeit-Cannabis? Bisher ist nämlich lediglich der erste Teil des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) umgesetzt worden. Er entkriminalisiert den privaten Eigenanbau von bis zu drei weiblichen blühenden Pflanzen und erlaubt die Gründung von nichtkommerziellen Anbauvereinigungen.
Die Herabstufung von medizinischem Cannabis von einem Betäubungsmittel zu einem verschreibungspflichtigen Medikament sowie der Wegfall der Genehmigungspflicht durch die gesetzlichen Krankenkassen haben klare wirtschaftliche Vorteile. Vor allem die pharmazeutische Industrie verzeichnet enorme Zuwächse. Schätzungen zufolge könnte der Markt für medizinisches Cannabis in Deutschland bis 2028 ein Volumen von über einer Milliarde Euro erreichen.
Dabei ist der Bürokratieabbau nur ein Teil der Erfolgsgeschichte. Die Entlastung der Ärzte durch vereinfachte Verordnungsprozesse trägt ebenso dazu bei, dass sich mehr Mediziner der Therapie mit Cannabis öffnen. Patienten profitieren von einer breiteren Verfügbarkeit und kürzeren Wartezeiten, während Unternehmen in der Lieferkette – von Produzenten bis Apotheken – ebenfalls profitieren.
Ein Nebeneffekt dieser Entwicklung ist das Aufblühen privater Verschreibungsplattformen. Hier können Patienten nach kurzer Onlinekonsultation durch einen Arzt Cannabispräparate, zumeist Blüten, über ein Privatrezept erwerben, das sie anschließend in einer Apotheke einlösen. Diese Plattformen umgehen nicht nur die Hürden der gesetzlichen Krankenkassen, sondern haben sich bereits als bedeutende Akteure im Markt etabliert.
Trotz der Lockerungen stehen niedergelassene Kassenärzte vor regulatorischen Hürden. Besonders die Sorge vor Regressansprüchen durch gesetzliche Krankenkassen bleibt ein Hemmschuh. Die Krankenkassen können Regress fordern, wenn eine Verordnung als unwirtschaftlich eingestuft wird – ein Risiko, das viele Ärzte dazu veranlasst, konservativ zu verschreiben. Auch die Regelungen der Arzneimittel-Richtlinie setzen klare Prioritäten: Medizinalcannabis darf nur dann verordnet werden, wenn keine geeigneten Fertigarzneimittel verfügbar sind. Dies erfordert eine sorgfältige Dokumentation, die Ärzte zusätzlich belasten.
Seit der Liberalisierung des medizinischen Cannabismarktes wird zunehmend diskutiert, ob diese Entwicklung als Türöffner für den kommerziellen Freizeitkonsum dienen könnte. Das Eckpunktepapier zur geplanten „zweiten Säule“ des KCanG sieht vor, dass Genusscannabis in einem staatlich kontrollierten Rahmen produziert und auch kommerziell abgegeben werden darf. In Deutschland gibt es jedoch kaum Fortschritte bei der kommerziellen Legalisierung. Während nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen und im eingeschränktem Maße auch der Eigenanbau seit April beziehungsweise Juli rechtlich erlaubt sind, haben diese nicht-kommerziellen Anbauvereinigungen bislang keine nennenswerten Aktivitäten entfaltet. Im Gegensatz dazu hat Kanada ein ausgereiftes System etabliert, das sowohl den medizinischen als auch den Freizeitkonsum umfasst. Patienten in Kanada etwa erhalten medizinisches Cannabis nach einer ärztlichen Konsultation direkt vom Produzenten geliefert – ein Modell, das in Deutschland vor allem durch die Apothekenlandschaft abgewickelt wird. Diese strikte Trennung zwischen medizinischem und Freizeitkonsum fehlt jedoch häufig in der öffentlichen Wahrnehmung.
Die Diskussion um Cannabis ist in Deutschland stark politisch geprägt. Während die scheidende Bundesregierung einen regulierten Freizeitmarkt im Koalitionsvertrag von 2021 verankerte, sind die Pläne ins Stocken geraten. CDU und CSU kündigten jüngst an, eine Legalisierung rückgängig machen zu wollen, falls sie an die Regierung kommen.
Gleichzeitig zeigt der medizinische Markt eine entgegengesetzte Dynamik. Die schrittweise Lockerung der Regeln seit 2017 signalisiert politischen Willen, zumindest den medizinischen Einsatz zu fördern. Hier zeigt sich ein Widerspruch, der sowohl in der öffentlichen Debatte als auch in der Gesetzgebung ungelöst bleibt.
Die Praxis des medizinischen Marktes zeigt, wie nah der Freizeitkonsum schon ist. Über Plattformen für Onlinekonsultationen erhalten Patienten nicht nur schnelle, sondern auch oft nicht streng kontrollierte Zugänge zu Cannabisblüten. Solche Blüten, die häufig als Freizeitkonsum wahrgenommen werden, unterliegen den gleichen Qualitäts- und Jugendschutzstandards wie medizinische Produkte. Diese Praxis wirft die Frage auf, ob der regulierte Markt für Genusscannabis tatsächlich neue Mechanismen erfordert – oder ob so ein Modell schon existiert.
Die Liberalisierung des medizinischen Cannabismarktes ist ein Meilenstein, doch sie ist nicht ohne Herausforderungen. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, in einem streng regulierten Umfeld zu agieren, das nicht nur Chancen, sondern auch Risiken birgt. Für die Politik bleibt die Aufgabe, klare Grenzen zwischen medizinischem und Freizeitkonsum zu ziehen, ohne die Fortschritte der letzten Jahre zu gefährden. Ob und wie der Freizeitmarkt reguliert wird, bleibt ungewiss. Doch für die Branche ist klar: Wer jetzt die richtigen Weichen stellt, wird langfristig profitieren – unabhängig davon, ob die Legalisierung voranschreitet oder nicht.
Presseschau: Cannabis-Importe 2024 auf Rekordkurs – deutlicher Anstieg im dritten Quartal (Krautinvest)
Der Bedarf ist enorm. Ich hatte vor einigen Jahren prognostiziert, dass der Bedarf an medizinischem Cannabis bei mindestens 2 % der Bevölkerung, also etwa 1,6 Millionen Bundesbürger besteht. Diese Grenze wird vermutlich Wald erreicht. Wenn auch etwas anders als gedacht.
Cannabis-Importe 2024 auf Rekordkurs – deutlicher Anstieg im dritten Quartal
Die nach Deutschland importierten Mengen medizinisches Cannabis steigen weiter rasant an. Laut BfArM führten deutsche Importeure und Großhändler alleine im dritten Quartal 20,1 Tonnen ein. Im ersten Quartal – als medizinisches Cannabis noch als Betäubungsmittel eingestuft war – lag die Menge noch bei 8,1 Tonnen. Insgesamt wurden 2024 knapp 40 Tonnen importiert. Bereits jetzt deutlich mehr als im gesamten Vorjahr.
Selbst im Vergleich zum zweiten Quartal (11,6 Tonnen) – dem ersten nach Inkrafttreten des MedCanGs – hat sich die Menge im dritten Quartal fast verdoppelt. Wie viel zusätzlich durch heimische Produzenten hinzu kommt, ist seit erstem April nicht mehr bekannt. Alle drei bisherigen Produzenten des BfArM hatten verkündet, ihre Produktionskapazität in Deutschland zu erweitern. Zudem veröffentlicht das BfArM aufgrund der Herausnahme aus dem Betäubungsmittelkatalog seit erstem April nicht mehr die an die Apotheken abgegebenen Mengen.
Im gesamten Jahr 2023 lag die Menge noch bei 31,4 Tonnen. Sollten im vierten Quartal die Importvolumina stabil bleiben oder weiter steigen, würden sich der Import verglichen zum Vorjahr verdoppeln.
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