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ACM-Mitteilungen vom 3. November 2018
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Liebe Leserin, lieber Leser,
mit der letzten Bundestagswahl 2017 gibt es auch erhebliche Veränderungen bei den drogenpolitischen Sprecher der im Bundestag vertretenen Parteien. Die meisten sind nicht mehr im Bundestag vertreten.
Daher möchte ich an dieser Stelle Emmi Zeulner (CSU), Burkhard Bienert (SPD), Dr. Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen), Frank Tempel (Die Linke), Hermann Gröhe (CDU, ehemaliger Bundesgesundheitsminister) sowie Marlene Mortler (CSU, Drogenbeauftrage der Bundesregierung) für ihren Beitrag und stellvertretend für alle Mitgliedern des Bundestags danken, die das Gesetz am 19. Januar 2017 einstimmig verabschiedet haben. Die drogenpolitischen Sprecher aller damals im Bundestag vertretenen Parteien hatten sich sehr engagiert.
Nun gilt es, die Rechtslage weiter zu verbessern und dafür die Unterstützung der neuen Abgeordneten zu gewinnen. 1,5 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes vom 10. März 2018 liegen die Probleme und Schwierigkeiten auf dem Tisch.
Noch immer fällt es einigen Behörden und Beamten schwer, Patienten, die Cannabis als Medizin verwenden, als solche zu akzeptieren. So erhalte ich immer wieder E-Mails, in denen Schikane durch Führerscheinstellen oder Polizeibeamte beschrieben wird. Sowie diese: „Ich wurde am letzten Donnerstag durch die Polizei kontrolliert. Ich kam zwar noch dazu zu sagen, dass ich Patient bin und mich ausweisen kann. Aber beim Versuch, meinen Ausweis vorzuzeigen, wurde schon Hand an mich gelegt. Mir wurden die Arme verdreht, und das volle Programm gefahren, obwohl mein Name auf der Dose stand, und ich Ausweis und Rezeptkopie dabei hatte.“
Ich möchte an dieser Stelle aber auch erwähnen, dass ich über viele positive Beispiele und über eine faire Behandlung durch Polizeibeamte, Führerscheinstellen und MPU-Stellen berichten könnte. Ich habe auch den Eindruck, dass es hier eindeutige Fortschritte auf dem Weg zur Normalisierung der Akzeptanz von cannabisbasierten Medikamenten gibt.
Viel Spaß beim Lesen!
Franjo Grotenhermen
Schreiben an die drogen- und gesundheitspolitischen Sprecher im Deutschen Bundestag
Am 27. Oktober haben der 1. Vorsitzende und die 2. Vorsitzende der ACM eine E-Mail verschickt, um mit den zuständigen Politikern die aktuellen Probleme zu besprechen. Erste Gesprächstermine mit drogenpolitischen Sprechern wurden zwischenzeitlich bereits vereinbart.
An die drogenpolitischen Sprecher/Sprecherinnen von CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis90/Die Grünen, Die Linke
Stephan Pilsinger
Kirsten Kappert-Gonther
Niema Movassat
Wieland Schinnenburg
Dirk Heidenblut
an die gesundheitspolitischen Sprecher/Sprecherinnen von CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis90/Die Grünen, Die Linke
Karin Maag
Sabine Dittmar
Christine Aschenberg-Dugnus
Maria Klein-Schmeink
Harald Weinberg
Nachrichtlich:
an den Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses, Erwin Rueddel
an den Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Marian Wendt
Sehr geehrte Damen und Herren,
(…) Bereits in den vergangenen Legislaturperioden konnten wir einen guten Kontakt zu den drogenpolitischen Sprechern bzw. Sprecherinnen von CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Linken aufbauen und standen in einem regen und überaus konstruktiven Austausch. Diese Personen sind nun aus dem Bundestag ausgeschieden und daher wenden wir uns heute an Sie.
Worum geht es aktuell? Am 19. Januar 2017 wurde im deutschen Bundestag einstimmig das Gesetz zu Cannabis als Medizin verabschiedet. Das Gesetz war ohne jeden Zweifel ein Meilenstein auf dem Weg zu einer besseren Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis. Wir sind daher sowohl Ihren Vorgängern im Amt der drogenpolitischen Sprecher, als auch dem Petitionsausschuss und den Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums dankbar für ihren Einsatz.
Heute, gut 1,5 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes, ist allerdings leider eine gewisse Ernüchterung eingetreten. So entscheiden die Krankenkassen (und nicht etwa die Ärzte und Ärztinnen), wer eine Therapie mit Cannabis erhält und wer nicht, da sie eine Kostenübernahme leider häufig und nicht nur "in begründeten Ausnahmefällen" ablehnen, wie es der § 31 Abs. 6 SGB V vorsieht. Begüterte Patienten haben diese Probleme nicht, weil Ärztinnen und Ärzte ihnen nach § 13 BtMG Privatrezepte ausstellen dürfen, deren Kosten von den Patienten selbst getragen werden müssen. Dies führt weiterhin zu einer Zweiklassenmedizin, die viele verzweifelte Patienten und viele frustrierte Ärzte geschaffen hat. Es ist mehr als nur ein Wermutstropfen.
Was tut die ACM? Um die Situation für Patienten weiter zu verbessern, haben wir erneut eine Petition auf den Weg gebracht. Wir unterstützen zudem den Antrag eines Patienten mit Clusterkopfschmerzen auf den Eigenanbau von Cannabis an die Bundesopiumstelle. Dieser Patient war vor Inkrafttreten des Gesetzes Erlaubnisinhaber nach § 3 Abs. 2 BtMG. Sein Kostenübernahmeantrag wurde aber von seiner Krankenkasse abgelehnt mit Verweis auf die unzureichende klinische Datenlage. Das Bundesverfassungsgericht hat die Urteile der Sozialgerichte zugunsten seiner Krankenkasse als korrekt bestätigt. Der Betroffene ist aufgrund seiner schweren Erkrankung mittellos. Somit ist dieser Patient heute schlechter gestellt als vor Inkrafttreten des Gesetzes. Eine Situation, die nach dem Willen der vorherigen Bundesregierung keinesfalls eintreten sollte.
Wir sind der Auffassung, dass die strafrechtliche Verfolgung von Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer ärztlichen Empfehlung eine Therapie mit Cannabis oder Cannabinoiden benötigen, beendet werden muss. Viele Patientinnen und Patienten leben weiterhin in Angst vor strafrechtlicher Verfolgung, weil sie keine Alternative zur illegalen Selbsttherapie mit Cannabis haben. (…)
Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. Franjo Grotenhermen, 1. Vorsitzender
Professorin Dr. med. Kirsten Müller-Vahl, 2. Vorsitzende
Presseschau: Kaum Interesse von der Politik Verpufft Cannabis-Forschung in Merseburg? (Mitteldeutsche Zeitung)
An der Hochschule Merseburg bildet sich unter der Leitung von Prof. Gundula Barsch ein interdisziplinärer Verbund Cannabisforschung. Allerdings tut sich die Politik mit der Förderung eines so wichtigen Projektes schwer.
Kaum Interesse von der Politik Verpufft Cannabis-Forschung in Merseburg?
Der medizinische Einsatz von Cannabis ist in Deutschland zwar erst seit vergangenem Jahr legal, nach Einschätzung der Merseburger Forscherin Gundula Barsch gibt es jedoch eine große Dunkelziffer an Menschen, die die Pflanze schon lange auch aus gesundheitlichen Gründen nutzen.
Deren Wissen versucht sie derzeit mit ihrem Team in einem Forschungsprojekt an der Hochschule zu heben. „Die Forschungsfrage heißt: Wie integrieren Menschen den Cannabiskonsum in ihr Leben, ohne Nachteile zu haben?“, erläutert die Sozialwissenschaftlerin eines jener Projekte, die sie und andere Wissenschaftler derzeit im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsverbandes zur vielseitigen Pflanze bearbeiten, die den meisten als Droge bekannt ist.
Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage
Karlsruhe als Cannabis-Modellstadt? (Baden TV)
Moos übertrifft Cannabis für die Medizin (Liechtensteiner Vaterland)
Hype um CBD Hanföle: Rezeptfrei erhältlich und häufig nachgefragt (Apomio)