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ACM-Mitteilungen vom 3. Juni 2017

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Liebe Leserin, lieber Leser,

auch die GEO hat es getan.

In einem Beitrag zu Drogen als Medizin unter dem Titel Heilsamer Rausch. Ich sage jedem Journalisten, dass Cannabis kein Wundermittel ist, dass es kein Allheilmittel ist, dass es aber ein sehr breites Anwendungsspektrum hat. Das ist anscheinend schwer zu verstehen und erscheint vielen widersprüchlich. Und so lese ich: „Manche Ärzte, wie Franjo Grotenhermen von der „Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“, sehen in Medizinalhanf fast so etwas wie ein Allheilmittel.“ Nein, das tue ich nicht. Das nächste Zitat ist aber korrekt: „Die Bandbreite der Krankheiten, die wir behandeln, reicht von A bis Z, von Allergieneigung und Angststörung über chronische Schmerzen, bis hin zu Epilepsie, Migräne und Zwangsstörungen.“

Dieser scheinbare Widerspruch löst sich einfach auf. Bei vielen Patienten mit diesen Erkrankungen, bei denen Cannabis wirksam sein KANN, wirkt Cannabis NICHT oder verursacht zu starke Nebenwirkungen. Für die Patienten, bei denen es wirkt und denen bisher nichts anderes geholfen hat, ist Cannabis allerdings so etwas wie ein Wundermittel. Das ist eigentlich nicht kompliziert, ist aber in einer Schwarz-Weiß-Welt offenbar schwer zu verstehen.

Das Deutsche Ärzteblatt zieht ein erstes Resümee nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes am 10. März. Danach erleben die Krankenkassen eine deutliche Zunahme von Kostenübernahmeanträgen für cannabisbasierte Medikamente. Etwa die Hälfte der Anträge seien abgelehnt worden.

In diesem Zusammenhang weise ich erneut auf unsere Online-Umfrage zu den bisherigen Erfahrungen mit dem Gesetz hin und bitte auch um rege Teilnahme und Verbreitung des Links.

Der Vorstand der ACM hat beschlossen, dass sich Patienten zur Klärung rechtlicher Fragestellungen an die ACM wenden können, um eine finanzielle Unterstützung für Rechtsanwaltskosten bzw. Gerichtskosten zu beantragen. Wir haben innerhalb des Vorstands ein kleines Komitee eingerichtet, welches die Anträge auf eine solche finanzielle Unterstützung möglich schnell bearbeiten wird. Gute Chancen auf eine Kostenübernahme bestehen für Anträge, bei denen es um die Klärung grundsätzlicher Fragen geht. Wir weisen auch noch einmal auf die rechtlichen Ausführungen von Dr. Oliver Tolmein zum Umgang mit einer Ablehnung der Kostenübernahme hin (Handreichung zu Cannabis als Medizin von Rechstanwalt Dr. Oliver Tolmein).

Wir haben eine Crowdfunding-Kampagne begonnen, um Gelder unter anderem für Anwalts- und Gerichtskosten zu akquirieren.

Die ACM hat kürzlich einen YouTube-Kanal eingerichtet. Als zweiter Film wurde eine kurze Impression von der Fortbildungsveranstaltung am 13. Mai in Frankfurt erstellt. Herzlichen Dank an dieser Stelle an Gregor Ellwart und Marc Ziemann für ihren Einsatz. Wir wollen diese Plattform zukünftig auch für weitere Informationen und Fortbildungen nutzen.

Die Sprecher des SCM, Gabriele Gebhardt und Axel Junker, haben ein Schreiben an die Verantwortlichen aufgesetzt, in dem sie darum bitten, die Ausnahmeerlaubnisse angesichts der zum Teil schwierigen Situation für die Erlaubnisinhaber am 10. Juni nicht für ungültig zu erklären. Dadurch dass Cannabisblüten jetzt verschreibungsfähig geworden sind, unterliegen sie der Arzneimittelpreisverordnung (siehe: FAQ „Cannabisgesetz“, Bundesapothekerkammer vom 10. März 2017, S. 17). Sie gelten als Rezepturarzneimittel, sodass der Apotheker 100 % auf den Einkaufspreis aufschlagen muss. Das war bei der Abgabe an Erlaubnisinhaber nicht der Fall, da in diesem Fall kein Arzneimittel abgegeben wurde, sondern ein Betäubungsmittel der Anlage 1 des Betäubungsmittelgesetzes. Auf Erlaubnisinhaber, die keine Kostenübernahme durch ihre Krankenkasse erhalten haben, bedeutet die Abgabe der Erlaubnis und ein Umstieg auf Privatrezepte eine erhebliche Erhöhung der Kosten. Viele Patienten wollen daher ihre Erlaubnis nicht zurückgeben.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Schreiben des SCM zur Rückgabe von Ausnahme-Genehmigungen nach § 3 Abs. 2 BtMG

Die Sprecher des SCM (Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin) in der ACM haben dem BfArM ein Schreiben geschickt, in dem sie anfragen, „ob der mögliche Verzicht auf eine Rückgabe der Ausnahmegenehmigungen, und/oder eine einstweilen unbefristete Verlängerung der Ausnahme-Erlaubnisse die missliche Lage für die betroffenen Patienten entschärfen kann“ und „ob die vom BfArM zum Ausdruck gebrachte ablehnende Haltung gegen (regulierten) Eigenanbau gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit unter Verweis auf die Verhältnisse in Kanada, in den Niederlanden, Spanien, Uruguay und etlichen US-Bundesstaaten überdacht und revidiert werden sollte.“

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

z.Hd. Herrn Prof. Dr. Karl Broich,

Dr. Peter Cremer-Schaeffer

Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3

53175 Bonn

Betreff: Rückgabe von Ausnahme-Genehmigungen nach § 3 Abs. 2 BtMG

Sehr geehrte Herren Prof. Dr. Broich und Dr. Cremer-Schaeffer,

das Selbsthilfenetzwerk Cannabis als Medizin sieht sich situationsbedingt veranlasst eine Anfrage derjenigen Patienten zu übermitteln, die Ausnahmeerlaubnis-Inhaber nach § 3 Abs. 2 BtMG sind und derzeit vom BfArM aufgefordert werden, diese Erlaubnis-Urkunden an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zurückzusenden.

Auch seitens jener Erlaubnis-Inhaber/Patienten, welche einen Antrag auf Eigenanbau bei Ihnen gestellt und/oder verstetigt haben, wäre eine Stellungnahme zum folgenden Statement wertvoll:

Das Versprechen der Bundesregierung, der Zugang zur Versorgung mit medizinisch wirksamem Cannabis und Cannabisprodukten für (schwer) Kranke mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes zu erleichtern, ist aktuell aus unserer Sicht nicht erfüllbar. Es ist wegen der Unzahl auftretender Schwierigkeiten sogar als gebrochen zu betrachten.

- Patienten – auch Erlaubnis-Inhaber - finden (insbesondere in ländlichen Räumen) so gut wie keine Cannabis verschreibenden Ärzte. Nicht allein wegen bestehender Ärzte-Ängste vor späteren Regressforderungen der Krankenkassen.

- Patienten mit gültigem Rezept erhalten reihenweise Kostenübernahme-Absagen von Krankenkassen, die z.T. auf haarsträubenden Begründungen und fehlerhaften MDK - Gutachten beruhen.

- Patienten werden, so sie zu den Glücklichen gehören, die zumindest ein Privatrezept erhalten, in Apotheken mit Preissteigerungen konfrontiert, die Cannabis bis auf 50 €/g verteuern, bzw. 230 bis 240 € für entsprechende Rezepturen nach NRF (Herstellung eines Extrakts) für 5 g Blüten kosten. Frustrierend zudem, dass bis zu 25 € berechnet werden, auch wenn das Rezept den Vermerk "unverändert abgeben"oder ähnliche ärztliche Anweisungen zur unveränderten Abgabe enthält.

- Patienten, die sich wegen Kostenerstattungs-Absagen in Widerspruchs- oder Sozialklageverfahren genötigt sehen, werden mehrere Jahre brauchen, um zu rechtsgültigen Urteilen zu gelangen.

Diesen Kranken die mögliche Option auf befristeten Eigenanbau zu verweigern, würde BMG und BfArM konkrete Mitverantwortung für weiteres gesundheitliches Leid der Betroffenen anlasten.

- Patienten müssen sich aufgrund der mangelhaften Versorgungslage wegen wochen- und monatelanger Cannabisblüten-Lieferausfälle auch weiterhin mit Ware vom Schwarzmarkt oder aus Eigenanbau behelfen.

Die hier zutage tretenden Mängel können vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.

Namens der Betroffenen bittet das SCM deshalb um Stellungnahme Ihrerseits,

a) ob der mögliche Verzicht auf eine Rückgabe der Ausnahmegenehmigungen, und/oder eine einstweilen unbefristete Verlängerung der Ausnahme-Erlaubnisse die missliche Lage für die betroffenen Patienten entschärfen kann und

b) ob die vom BfArM zum Ausdruck gebrachte ablehnende Haltung gegen (regulierten) Eigenanbau gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit unter Verweis auf die Verhältnisse in Kanada, in den Niederlanden, Spanien, Uruguay und etlichen US-Bundesstaaten überdacht und revidiert werden sollte.

Nach unserem Kenntnisstand ist es bisher noch in keinem der benannten Länder unter Cannabis anbauenden Patienten zu bedenklichen gesundheitlichen Effekten gekommen.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Gebhard, Axel Junker, SCM - Sprecher

Presseschau: Cannabis als Medizin: Erste Zahlen, Ansturm in Fachpraxis (Deutsches Ärzteblatt)

Das Deutsche Ärzteblatt gibt einen ersten Einblick in die Erfahrungen mit dem neuen Cannabisgesetz aus der Sicht einiger Krankenkassen.

Cannabis als Medizin: Erste Zahlen, Ansturm in Fachpraxis

Seit kurzem können Menschen bei schwerwiegenden Erkrankungen Cannabis auf Rezept erhalten. Bisher hatten etwa 1.000 Patienten bundesweit eine Ausnahmegenehmigung. Erste Daten lassen nun erahnen, dass die Zahlen deutlich ansteigen werden.

Bei der DAK Gesundheit sind allein zwischen dem 1. März und 8. Mai 2017 rund 600 Anträge und Anfragen auf Verordnung von medizinischem Cannabis eingegangen. Diese Zahl nannte die Kasse auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes. Wie viele Anträge abgelehnt wurden konnte die DAK hingegen nicht sagen. Die Barmer teilt mit, dass es in der Anfangsphase des Gesetzes eher eine verhaltene Zahl an Antragstellungen gab, durchschnittlich etwa zwei bis drei Anträge pro Tag, insgesamt etwa 150. Mittlerweile ist die Zahl auf acht Anträge pro Tag gestiegen, Tendenz steigend. Ablehnung und Genehmigung halten sich nach Auskunft der Barmer bei der Ersatzkasse die Waage. In 70 Fällen wurde die Kostenübernahmen bereits genehmigt. Auch die AOK hat angekündigt, in Kürze Zahlen zu übermitteln. Die TK sah sich nicht in der Lage die Daten zu liefern. Die Kassen reagieren damit auf kürzlich geäußerte Kritik einiger Ärzte im Umgang mit Anträgen auf Kostenerstattung, über die das Deutsche Ärzteblatt berichtet hat. Dem Bun¬des¬ge¬sund¬heits¬mi¬nis-ter¬ium liegen dazu noch keine Informationen vor. „Das Gesetz ist noch keine drei Monate in Kraft“, sagte ein Sprecherin.

Ansturm von Patienten

In der Berliner Fachpraxis für Schmerztherapie des Klinikkonzerns Vivantes hingegen beobachtet die Medizinerin Corinna Schilling einen Ansturm von Patienten, die gerne Cannabis auf Rezept verordnet haben möchten. „Generell hatten wir vor der Gesetzes¬änderung keine Anfragen zu Cannabis, obwohl es das Produkt ja schon gab“, sagte Schilling. Nun gebe es sehr viele Anfragen, denen man gar nicht gerecht werden könne. Die Menschen gäben an, sie litten unter chronischen Schmerzen und hofften auf eine Cannabis-Verordnung.

Nach Schillings Einschätzung wurde die Gesetzesänderung von Laien teils so aufgefasst, dass es massenhaft Anwendungsgebiete für Cannabis gebe – dabei sei das in den allermeisten Fällen „überhaupt keine Therapieoption“, betonte die Ärztin. Sie sieht angesichts der Nachfrage, die aus ihrer Sicht aus teils irreführenden Medienberichten und gleichzeitig schwammiger gesetzlicher Formulierung resultiert, Risiken: „Tor und Tür sind dem Missbrauch hier weit geöffnet.“

Medizinisches Cannabis kann man auf verschiede Weisen einnehmen. Vom Rauchen rät das BfArM wegen Nebenwirkungen ab. Die Wirkstoffe lassen sich auch über ölige Lösungen und Tropfen inhalieren oder schlucken.

Bei dem Cannabis-Gesetz gibt es zudem Anlaufschwierigkeiten – mit Unklar¬heiten seitens der Ärzte, der Patienten und der Kassen. Einige Betroffene, die bereits eine Sondergenehmigung vom BfArM hatten, hätten von der Kasse nun eine Ablehnung erhalten. „Das ist unverständlich und sicher nicht im Sinne des Gesetzgebers“, sagte Michael Schäfer, Schmerzexperte von der Charité in Berlin. Die Ärzte wiederum betreten Neuland. Zwar sind die meisten potenziellen Cannabis-Empfänger lange in Behand¬lung. Doch man sieht niemandem die Stärke seiner Schmerzen an. „Die Ärzteschaft ist nicht vorbereitet, sie braucht noch Handlungsanweisung“, sagt Schäfer. Richtlinien der Fachgesellschaften seien noch in Arbeit. Die Bundes¬ärzte¬kammer stellt schon jetzt ein kostenloses Informationsangebot auf ihrer Webseite zur Verfügung.

Medizinalcannabis: Hilfe bei der Verordnung

Immer mehr Patienten erkundigen sich bei ihren Ärzten, ob Medizinalcannabis eine Option für ihr Krankheitsbild sein könnte. Vor allem Schmerzpatienten setzen ihre Hoffnung in das neu zugelassene Medikament.

Der Chef der Arbeitsgruppe Sucht und Drogen in der Bundes¬ärzte¬kammer, Josef Mischo, rechnet mit einer gewissen Ausweitung der Therapien, das Ausmaß sei aber offen. Die neue Cannabisagentur des Bundes will ab 2019 Marihuana in Deutschland anbauen lassen, die Mengen sollen gemäß der Ausschreibung jährlich steigen. 2021 und 2022 sollen demnach im staatlichen Auftrag je 2.000 Kilogramm Cannabis in Deutschland geerntet werden. Bei einem durchschnittlichen Tagesbedarf von einem Gramm wäre das rechnerisch die Jahresmenge für fast 5.500 Patienten.

Cannabis kommt nur bei ausgewählten Patientengruppen zum Einsatz

Wie wirksam Cannabis jeweils sein kann, ist vielfach nicht klar. Die Studienlage zu den Anwendungsgebieten ist uneinheitlich und oft dünn. Untersuchungen beruhen häufig auf kleinen Gruppen von Patienten. Eine Studie, in die alle Patienten eingeschlossen werden sollen, die medizinisches Cannabis verordnet bekommen, soll künftig aber mehr Gewisseheit bringen.

Als gesichert gilt, dass Cannabisblüten bei Spastiken helfen, die bei Multipler Sklerose und bei Nervenverletzungen auftreten. Cannabis soll darüber hinaus Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapien unterdrücken und den Appetit bei Aids anregen. Bei Epilepsie, Alzheimer, Juckreiz und Depressionen sind die Erkenntnisse über die Wirksamkeit bisher eher gering. Manche Patienten bekommen auch Nebenwirkungen zu spüren: Schwindel, Verwirrtheit, Müdigkeit. „Das ist gar nicht mal so unbeträchtlich“, sagte Schäfer.

„Zur Evidenz von Cannabis-Therapien gibt es bislang relativ wenig Daten“, sagte auch Samir Rabbata, Sprecher der Bundes¬ärzte¬kammer. Deshalb sei es gut, dass das neue Gesetz von einer entsprechenden Erhebung begleitet werde. „Durch sie lassen sich deutlich bessere Daten darüber generieren, wofür Cannabis tatsächlich sinnvoll ist und für welche Krankheiten dies weniger der Fall ist.“

Gut möglich, dass sich dann die hoch gesteckten Hoffnungen in die vermeintliche Wunderpflanze relativieren. Das Gesetz sei, auch wenn es noch Umsetzungsprobleme gebe, ein wichtiger Schritt nach vorne, sagte Thomas Isenberg, Geschäftsführer der Deutschen Schmerzgesellschaft. Aber: „Cannabis in der Medizin ist kein Allheilmittel.“

Entscheidung des Sozialgerichts Marburg: Arzt darf auf Übernahmeerklärung für Therapiekosten vertrauen (DAV MedR Nr. 3/17)

Das Sozialgericht Marburg hat Anfang Mai entschieden, dass ein Arzt unter bestimmten Voraussetzungen darauf vertrauen kann, dass er wegen einer Überschreitung des Arzneimittelbudgets nicht in Regress genommen werden darf. Das Urteil hat Bedeutung für eine Verschreibung von cannabisbasierten Medikamenten nach einer Kostenübernahme durch die Krankenkassen.

Gericht/Institution: SG Marburg

Erscheinungsdatum: 30.05.2017

Entscheidungsdatum: 04.05.2016

Aktenzeichen: S 16 KA 658/13

Das SG Marburg hat entschieden, dass ein Arzt darauf vertrauen darf, wenn ihm für die Behandlung eines Patienten eine Krankenkasse die Übernahme der Kosten über den Regelbedarf hinaus zusagt.

Die Klägerin ist Internistin in einer Einzelpraxis. Bei einer Prüfung kam die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen zu dem Ergebnis, dass die Ärztin ihr Budget um 35,85% überschritten habe. Nach einer Überprüfung und einer Stellungnahme der Frau blieb noch eine Richtgrößenüberschreitung im Umfang von 26,48% übrig. Damit hätte die Internistin ihr Budget aber immer noch um mehr als 25% überschritten, wogegen sie klagte.

Die Klage hatte vor dem SG Marburg Erfolg.

Nach Auffassung des Sozialgerichts hat sich die Ärztin auf die Zusage der Krankenkasse berufen können, bei der Behandlung eines Patienten außerhalb des Regelbedarfs die Behandlungskosten zu übernehmen - und zwar ohne sie hierfür bei einer eventuell stattfindenden "Wirtschaftlichkeitsprüfung" in Regress zu nehmen. So sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Sie dürfe sich daher auf die Aussage der Krankenkasse berufen. Würden diese Kosten aus den gesamten Kosten herausgerechnet, überschreite die Ärztin das Budget lediglich um 23,39% und bliebe innerhalb des Rahmens.

Presseschau: Weitergedreht: Ärger um Cannabis als Medikament (Hessenschau)

Die Hessenschau berichtete exemplarisch von einem Schmerzpatienten, dem die Krankenkasse die Kostenübernahme verweigerte.

Weitergedreht: Ärger um Cannabis als Medikament

Als Jugendlicher wurde Thomas Naumann von einem Auto erfasst wurde und deshalb insgesamt 50 Mal operiert wurde. Extreme Schmerzen hat er seither, zusätzlich auch noch Krebs. Das was ihm am besten hilft hat im März die Bundersregierung als Medikament freigegeben: Cannabis. Die Krankenkassen sind verpflichtet, das zu finanzieren. Doch tatsächlich passiert das Gegenteil.

Presseschau: „Cannabis hält mich am Leben“ (Mittelbayerische)

Die Mittelbayerische berichtete über das Interesse pharmazeutischer Unternehmen, im Bereich Cannabis als Medizin tätig zu sein oder tätig zu werden.

„Cannabis hält mich am Leben“

Von der Cannabis-Freigabe zu medizinischen Zwecken verspricht sich die Pharmabranche ein sattes Umsatzplus.

Die Freigabe von Cannabis als Medizin läutet in der Pharmabranche eine neue Zeitrechnung ein. Newcomer und mittelständische Pharmaunternehmen hoffen, ein großes Stück vom Hanfkuchen abzubekommen. Experten rechnen mit Umsätzen in dreistelliger Millionenhöhe pro Jahr, sollten Ärzte und Apotheker die geplanten Neuregelungen der Cannabisagentur umsetzen. Seit dem 10. März sind per Gesetz Cannabispräparate auf Rezept erlaubt. Damit entfällt für viele Patienten der Spießrutenlauf von einem zum anderen Arzt. Nach Schätzungen der International Association for Cannabinoid Medicines (IACM) benötigen in Deutschland bis zu 1,6 Millionen Menschen eine Cannabis-basierte Medizin. Wenn alle Behandlungsansätze versagen sollten, können Ärzte schwer kranken Patienten diese ohne Sondergenehmigung verschreiben.

Letzte Hilfe gegen Schmerzen

Von der Gesetzesänderung profitieren vor allem Patienten wie Franz Wolf. Der 50-jährige Frührentner aus München bekommt inzwischen sein Cannabisrezept vom Hausarzt, die Krankenkasse hat per Bescheid die Kosten übernommen. Wolf durfte seit 18 Monaten Cannabis zur Schmerzlinderung mit Sondergenehmigung der Bundesopiumstelle rauchen. Er gehörte zu den bundesweit rund 1000 Patienten, die Cannabis mit einer Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Absatz 2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) erwerben und anwenden dürfen.

Seit 30 Jahren leidet der Frührentner nach mehreren Verkehrsunfällen an chronischen Schmerzen, zudem wurde eine inoperable Darmerkrankung festgestellt. Gegen die Schmerzen halfen früher nur „richtige Hämmer“ – Schmerzmittel, die auch tagsüber müde und träge machten. Etwa vier bis fünf Gramm konsumiert er über Joints. Zudem nimmt er ein weiteres Hanfextrakt, das den Cannabis-Wirkstoff Cannabidiol (CBD) enthält. „Seitdem geht es mir viel besser“, stellt er klar fest. Er geht noch weiter: „Cannabis hält mich am Leben.“

Franz Wolf hatte zwar die Ausnahmegenehmigung, aber dafür ein anderes Problem, wie viele der Patienten: Die Fünf-Gramm-Apothekenportion Cannabis kostet 77,50 Euro. Es sei keine Alternative, sich den Stoff auf dem Schwarzmarkt zu besorgen. Dort sei er zwar billiger, aber meist von schlechterer Qualität. Bei erlaubtem Konsum von 150 Gramm im Monat ist er am Monatsende über 2300 Euro los und musste bisher selbst bezahlen.

Fest steht: Der Bedarf an medizinischem Cannabis, der bisher über Importe gedeckt worden ist, wird steigen. Erst in zwei Jahren soll die Hanfarznei „in pharmazeutischer Qualität“ aus deutschem Anbau auf den Markt kommen. Mitte April hat die deutsche Cannabisagentur, die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelt ist, die europaweite Ausschreibung veröffentlicht. Die Behörde wird den Cannabisanbau steuern und kontrollieren. Danach soll die Cannabisagentur die Ernte in Besitz nehmen, aufkaufen und verteilen. Die Cannabisagentur soll einen Herstellerabgabepreis festlegen und an Pharmagroßhändler und Apotheken verkaufen. Nach den Vorgaben des BfArM darf dabei kein Gewinn anfallen. Die benötigte Menge kann das BfArM nur grob schätzen. Bisher hatten etwa 1000 Patienten eine Ausnahmeerlaubnis. Bei einem durchschnittlichen Tagesbedarf von einem Gramm pro Person würden also 365 Kilogramm pro Jahr benötigt, um alleine diese Patientengruppe zu versorgen.

Bionorica in der Poleposition

In der Poleposition bei der Cannabistherapie sieht sich die Bionorica SE in Neumarkt in der Oberpfalz. Als Meilenstein für Patienten sieht Inhaber und Vorstand Prof. Dr. Michael A. Popp das erlassene Gesetz für erstattungsfähige Cannabisarzneimittel. Die seit 2002 an Cannabinoiden, also Wirkstoffen aus Cannabis forschende Bionorica nimmt nach eigenen Angaben auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle ein. Neben dem Wirkstoff Dronabinol, der unter anderem gegen Übelkeit, Erbrechen oder Appetitlosigkeit bei Krebs-Chemotherapie, starken chronischen Schmerzen oder bei Spasmen zum Beispiel bei Multipler Sklerose eingesetzt wird, produziert das Unternehmen auch natürliches und synthetisches Cannabidiol.

Der deutsche Markt für medizinisches Cannabis lockt nach der gesetzlichen Freigabe auch ausländische Investoren an. Der republikanische US-Kongressabgeordnete Dana Rohrabacher, früher stellvertretender Sprecher von Präsident Ronald Reagan, machte sich Anfang April auf einem Cannabiskongress in Berlin für den Einsatz von Marihuana stark. Nach dem Motto „Make Cannabis great again“ plädierte er für den lohnenden Einstieg in den legalen Anbau.

Pressemitteilung: Parlamentarische Medical Cannabis Bürgerinitiative kann online unterzeichnet werden (Hanf-Institut Österreich)

Die parlamentarische Medical Cannabis Bürgerinitiative kann seit Dienstag nchmittag online auf der Webseite des Parlaments unterzeichnet werden, teilte das Hanf-Institut am Mittwoch mit. Die mit bereits 10.000 händisch gesammelten Unterschriften startende Bürgerinitiative der Arge Canna und des Hanf-Instituts kann aufgrund der Nationalratswahl im Oktober mindestens bis Dezember elektronisch unterfertigt werden. Zentrale Forderung der Bürgerinitiative ist die Legalisierung des Eigenanbaus von Cannabis für und durch kranke Menschen.

Hanf-Institutsobmann Toni Straka forderte eine Rücknahme der geplanten Gesetzes-Novelle, mit der Österreich sich gegen den weltweiten Trend zur Heilpflanze Cannabis stellt und weiterhin mit einer alle wissenschaftlichen Fakten widersprechenden Cannabis-Politik via Strafrecht betreibt.

Diesen Änderungen treten die Vertreter der potentiell 200.000 Cannabis-PatientInnen vehement entgegen.

„Diesmal wollen wir daher rechtzeitig ein Zeichen setzen, dass die angestrebte Novelle des Suchtmittelgesetzes diametral zu den Wünschen der Betroffenen steht, die kein teures Monosubstanz-Extrakt aus der Apotheke, sondern die ganze gesunde Blüte direkt aus dem eigenen Garten – oder auch Grow-Zelt – zur Behandlung ihrer unterschiedlichsten Leiden wollen. Damit könnte diesen Menschen eine schmerz- und leidensfreie Zeit bis zu einer generellen gesetzlichen Neubetrachtung der Hanfpflanze gewährt werden, die eine multidisziplinäre Betrachtung erfordert“, sagte Straka.

Wir hoffen damit der Regierung nahezubringen, wie wichtig den Menschen eine lebensnahe Gesundheitspolitik ist, die sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert und das unbedingte Recht auf Schmerzfreiheit und Gesundheit über das Strafrecht stellt“, sagte Straka abschliessend.

Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage:

Cannabis kann nicht allen Schmerzpatienten helfen (TZ.de)

Wie Cannabis helfen kann (Süddeutsche Zeitung)

Sollten Schmerzpatienten Cannabis als Medizin legal verwenden dürfen? (Salzburg 24)

Streit um Cannabis-Medikamente (Sat.1)

Großer internationaler Cannabisdeal an der Börse (Hanfjournal)

Wundermittel Cannabis? (Tageszeitung, Italien)