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ACM-Mitteilungen vom 3. Dezember 2016

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Liebe Leserin, lieber Leser,

am gestrigen Freitag erhielt ich die Nachricht, dass das geplante Gesetz zur 2. Lesung für den 15. Dezember auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestags gesetzt wurde. Zwei Stunden später erfuhr ich, dass das Thema wieder von der Tagesordnung genommen worden war. Ob das mit dem unten stehenden Positionspapier mit eingebauter Sativex-Werbung zu tun hat, ist nicht bekannt.

In der vergangenen Woche fand im Europaparlament eine kleine Konferenz zum Thema Cannabis als Medizin statt. Die Vorträge können im Internet angeschaut werden. Das Besondere an diesen Vorträgen besteht darin, dass sie in mehrere Sprachen simultan übersetzt wurden, sodass man sich auch die deutsche Version anhören kann. Teilnehmer waren unter anderem Manuel Guzman aus Spanien, Pavel Kubu aus Tschechien und ich.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Presseschau: Vereinfachte Nutzung Cannabis-haltiger Arzneien geplant (Esanum)

Einige Medien berichteten über ein Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin und der Deutschen Schmerzliga zum Gesetzentwurf der Bundesregierung. Es ähnelt weitgehend einem früheren Positionspapier von Experten , das auch von Vertretern der ACM unterstützt wird. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass in diesem Positionspapier eine Bevorzugung von Fertigarzneimitteln gefordert wird, von denen es in Deutschland bisher nur Sativex gibt.

Vereinfachte Nutzung Cannabis-haltiger Arzneien geplant

DGS fordert Konkretisierung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung.

Die Versorgergesellschaft Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e. V. (DGS) und die Deutsche Schmerzliga e. V. (DSL) befürworten die Initiative der Bundesregierung zur vereinfachten medizinischen Nutzung Cannabis-haltiger Arzneien.

Erstmalig akzeptiert der Gesetzgeber damit, dass mit den in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln nicht jeder Mensch mit chronischen Schmerzen adäquat behandelt werden kann und einer individualisierten medizinischen Versorgung bedarf.

Neben der Vereinfachung der Verordnungsfähigkeit müsse jetzt jedoch auch die Kostenübernahme seitens der Gesetzlichen Krankenkassen geregelt werden, damit diese Behandlung betroffenen Patienten auch wirklich zu Gute kommen kann, lautet eine der Forderungen in einem gemeinsamen Positionspapier einer interdisziplinären Gruppe von Experten.

Mit der geplanten Änderung des Betäubungsmittelgesetzes soll chronisch kranken Men-schen unter definierten Bedingungen der Zugang zu Cannabis, Cannabis-basierenden Rezepturarzneien und/oder entsprechenden Fertigarzneimitteln ermöglicht werden.

Sowohl die DGS als auch die DSL befürworten diese Initiative der Bundesregierung. “Mit dem aktuell vorliegenden Gesetzentwurf stehen wir an einem Wendepunkt in der medizinischen Arzneimittelversorgung”, erklärt PD Dr. med. Michael Überall, DGS-Vizepräsident und Präsident der DSL. Gleichzeitig besteht aus Sicht der Versorgergesellschaft und der Patientenorganisation noch Anpassungsbedarf beim aktuell vorliegenden Gesetzentwurf.

In einem gemeinsam von einer Gruppe interdisziplinärer Experten aus Medizin und Pharmakologie beim diesjährigen DGS-Innovationsforum in Berlin verabschiedeten Positionspapier regen die Unterzeichner daher zusätzliche, konkretisierende Verordnungshinweise an, um den Umgang mit entsprechenden Therapien im medizinischen Versorgungsalltag zu erleichtern.

Die im Entwurf der Bundesregierung vorgesehene Erfordernis einer „schwerwiegenden Erkrankung“ ohne ergänzende Konkretisierung, führe laut Autoren zu einer unnötigen Rechtsunsicherheit für Betroffene.

“Durch die vorgeschlagene Änderung und die Verknüpfung mit der sogenannten „Chronikerregelung“ des § 62 Absatz 1 Satz 2 SGB V, wird der Begriff ‘schwerwiegende Erkrankung’ ausreichend konkretisiert, ohne von vornherein weitere/andere Patientengruppen von der Versorgung auszuschließen”, erklärt Überall.

Nach aktuellem Stand drohe außerdem aufgrund der unterschiedlichen Zulassungsstatus der im Gesetzentwurf zu berücksichtigenden Cannabis-haltigen Arzneiformen, dass die Verordnung von Fertigarzneimitteln (wie z. B. Nabiximols) durch die Regularien des Ge-meinsamen Bundesausschuss (GBA) nur im Rahmen der bestehenden Zulassung erfolgen kann.

Dies führe wiederum dazu, dass Patienten primär mit Cannabis-haltigen Extrakten, Rezepturarzneien und/oder getrockneten Cannabisblüten behandelt werden, während das Fertigarzneimittel – die arzneimittelrechtlich aus Sicht der Unterzeichner des Positionspapieres derzeit am besten erforschte (und aufgrund der Zulassungsdaten auch anwendungssicherste) Therapieoption – für die meisten Behandlungsfälle entweder gar nicht verordnet oder die Verordnung seitens der Gesetzlichen Krankenkassen aufgrund des dokumentierten “off-label use” absehbar nicht genehmigt werde.

Daher wurde im Positionspapier empfohlen, dass “Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung” Anspruch auf Arzneimittel mit den Wirkstoffen Nabiximols, Dronabinol, Tetrahydrocannabinol (THC) oder Nabilon sowie auf eine Therapie mit Cannabis-haltigen Arzneien in Form von Extrakten oder getrockneten Blüten in standardisierter und reproduzierbarer Qualität haben, “wenn aus Sicht der behandelnden Ärztin oder des Arztes eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung im Einzelfall nicht zur Verfügung steht bzw. aufgrund ihres ungünstigen Nutzen-Risiko-Profils nicht in Frage kommt.”

Dabei stelle laut Überall die Empfehlung zur präferenziellen Berücksichtigung von Fertigarzneimittel vs. Rezepturen/Extrakten vs. getrockneten Blüten aus medizinischer Sicht einen entscheidenden Meilenstein dar, denn “im Sinne der Patientensicherheit sollten auch für die Behandlung mit Cannabis-haltigen Arzneien bestehende medizinisch-pharmazeutische und arzneimittelrechtliche Standards beachtet werden”.

Zudem müsse die Voraussetzungen für eine freiwillige Begleitforschung geschaffen wer-den. “Hierfür bieten sich aus unserer Sicht die bereits bestehenden Registerstrukturen, wie z. B. das PraxisRegister Schmerz der DGS und das Patientenportal “mein-Schmerz.de” an, über die explorativ entscheidende Einblicke in Wirksamkeit und Verträglichkeit von Therapien bei den verschiedensten Krankheitsbildern gewonnen werden können ohne aktiv in den Versorgungsalltag eingreifen zu müssen”, so Überall.

Presseschau: Ärzte sind offen für Cannabis-Nutzung (BZ Thuner Tagblatt)

Das Thuner Tagblatt aus der Schweiz berichtete, dass Ärzte offen für eine Behandlung mit Cannabisprodukten sind.

Ärzte sind offen für Cannabis-Nutzung

Hausärzte bestreiten den Vorwurf, sie würden Cannabis aus Unwissen oder Bequemlichkeit nicht verschreiben. Sie hoffen vielmehr auf eine erleichterte Verschreibungspraxis, welche derzeit geprüft wird.

Cannabis als mögliches Medikament müsse vor allem den Hausärzten bewusster gemacht werden, ist Markus Jann, Leiter der Sektion Drogen beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) überzeugt (siehe Ausgabe vom 19. November).

Auch Rudolf Brenneisen, Leiter der Schweizer Arbeitsgruppe für Cannabinoide in der Medizin (SACM) beklagt gegenüber dieser Zeitung, dass Cannabis noch immer zu oft als ge¬fährliche Droge wahrgenommen werde und nicht als vielversprechende Basis für Medikamente. Und Patientenschützerin Mar¬grit Kessler bemängelte schon öfters, dass die Bewilligungsbürokratie viele Patienten, aber auch Ärzte davon abhalten würde, Cannabis als Medizinalprodukt zu verwenden.

Eine wirksame Substanz

Wenig Freude an diesen Aussagen hat Philippe Luchsinger, Vizepräsident der Haus- und Kinderärzte Schweiz: «Die Hausärzte haben keine Vorbehalte gegen das Verschreiben von Cannabis.» Er persönlich halte sehr viel von dieser Therapie, wenn sie richtig angewendet werde. Cannabis sei von Hausärzten schon früher verschrieben worden, zu einer Zeit, als es die SACM noch gar nicht gegeben habe: «Gerade bei der ¬multiplen Sklerose, palliativen Situationen und chronischen Schmerzzuständen wissen wir, dass Cannabis eine wirksame Substanz ist.»

Auch die Standesorganisation aller Ärzte, die FMH, hat sich schon verschiedentlich positiv zur Anwendung von Cannabis im medizinischen Bereich geäussert. Dass Hausärzte den beträchtlichen Aufwand für eine Ausnahmebewilligung des BAG scheuen würden, lässt Luchsinger ebenfalls nicht gelten. Betroffene Patienten bedürften bereits einer sehr intensiven Behandlung und Betreuung: «Da ist das Ausfüllen des Formulars keine ausserordentliche Hürde.»

Die Politik reagiert

Tatsache ist, dass nebst der Bürokratie vor allem die hohen Kosten der Cannabisanwendung abschreckend wirken. Cannabismedikamente kosten 400 bis 2000 Franken pro Monat, und in den meisten Fällen müssen immer noch die Patienten vollständig dafür zahlen. Nur einzelne Krankenkassen bieten ein Entgelt an, und das auch nur im Rahmen einer Zusatzversicherung.

Jetzt beruhen die Hoffnungen der Ärzte und Patienten auf einer Motion der Patientenschützerin Kessler, die beide eidgenössischen Räte überwiesen haben. Demnach soll geprüft werden, ob betroffenen Patienten der Zugang zu natürlichem Cannabis als Schmerzmittel erleichtert und ob die bisher sehr strikte Indikationsliste erweitert werden kann. Die Arbeitsgruppe ist seit Anfang Jahr an der Arbeit – noch stehen konkrete Resultate aus.

Geringer Widerstand

Der Widerstand gegen eine Erweiterung der Cannabisanwendung in der Medizin ist dank guten Erfahrungen stark gesunken. Derzeit kommt er vor allem noch von SVP-Exponenten sowie der militanten Vereinigung Eltern gegen Drogen.

Aber auch einzelnen Ärzten wie dem Berner Daniel Beutler, EDU-Grossrat und Mitglied des Dachverbandes Drogenabstinenz Schweiz, geht die laufende Entwicklung zu weit. Er ist gemäss seiner Website überzeugt, dass Cannabispräparate nur für ganz wenige Indikationen und nur relativ wenige Indi¬viduen Sinn machen. «Die Frage der medizinischen Anwendung wird für die Cannabislegalisierung instrumentalisiert», warnt ¬Beutler.

Presseschau: Dank einer «Green Card» zum legalen Cannabiskonsum (SRF Schweizer Radio und Fernsehen)

In Zürich sollen Patienten demnächst Cannabis aus medizinischen Gründen verwenden dürfen. Diese Idee wird vom Parlament der Stadt unterstützt. Bisher ist überall in der Schweiz eine Ausnahmebewilligung des Gesundheitsministeriums dafür erforderlich.

Dank einer «Green Card» zum legalen Cannabiskonsum

In der Stadt Zürich sollen Schmerzpatienten und andere, die aus medizinischen Gründen Cannabis konsumieren, einfacher zu ihrer Medizin kommen. Das Stadtparlament hat einen entsprechenden Vorstoss klar unterstützt. Im Zentrum steht die Abgabe eines Ausweises, der zum legalen Bezug berechtigt.

Wer in der Schweiz ganz legal Cannabis als Heilmittel beziehen möchte, benötigt eine Ausnahmebewilligung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und zahlt erst noch das Zehnfache im Vergleich zum illegalen Bezug. «Das kann doch nicht sein!», dachte sich der Zürcher Gemeinderat Matthias Probst (Grüne) und forderte den Zürcher Stadtrat in einem Vorstoss auf, einfachere Wege zu finden.

Das Postulat ist am Mittwochabend von SP, Grünen, AL, GLP und CVP unterstützt und mit 80 Ja- zu 36 Nein-Stimmen überwiesen worden.

Einfacherer Zugang zu Cannabisprodukten dank Ausweis

Konkret schlagen die Grünen ein neues Abgabesystem von Cannabis an Personen vor, die an einer Krankheit leiden, bei welcher der Cannabiskonsum eine heilende oder palliative Wirkung hat. Ein Ausweis, eine sogenannte «Green Card», soll diesen Personen bescheinigen, dass sie aus medizinischen Gründen Cannabis beziehen und konsumieren dürfen. Die Stadt Zürich soll ein entsprechendes Programm beim BAG beantragen und durchführen.

Gegen das neue Abgabesystem wehrten sich SVP und FDP. Der Konsum von Cannabis sei aus medizinischen Gründen bereits heute möglich. Es gehe nur darum, etwas zu vereinfachen, was es schon gebe. Zudem sei bereits auf nationaler Ebene ein Vorstoss der GLP zum gleichen Thema hängig.

Stadt nicht der «limitierende Faktor»

Die zuständige Stadträtin Claudia Nielsen (SP) dämpfte denn auch die Hoffnungen der Ratsmehrheit auf eine schnelle Lösung in Zürich. Sie werde zwar gerne jede Möglichkeit prüfen, um das aktuelle, «wahnwitzig bürokratische» Verfahren, welches das Gesundheitssystem unnötig verteuere, zu vereinfachen. Doch in diesem Fall sei eben nicht die Stadt der «limitierende Faktor».

Presseschau: VVD will den Anbau von Marihuana stärker regulieren (NiederlandeNet)

Die Regierungspartei in den Niederlanden hat ihre Position zum Cannabisanbau geändert. Damit könnte nach den kommenden Wahlen der Anbau von Cannabis legalisiert werden.

DROGEN: VVD will den Anbau von Marihuana stärker regulieren

Die liberale VVD macht eine überraschende Kehrtwende in der Drogenpolitik: Bei einem Parteikongress am vergangenen Wochenende stimmten über 80 Prozent der Mitglieder für einen Antrag, wonach der Anbau von Marihuana in der Zukunft stärker reguliert werden sollte. Unter dem bislang geltenden „gedoogdbeleid“, ist der Verkauf von Cannabisprodukten legal, der Anbau und Einkauf jedoch illegal. Die Partei will nun „weg von dieser befremdlichen Situation“. Wie genau die neue Situation aussehen soll, ist bislang unbekannt. Die VVD befürwortet jedoch eine nationale Lösung für die gegenwärtige Situation und lehnt deswegen Experimente von einzelnen Gemeinden mit einer Produktion unter Aufsicht weiterhin ab.

Der Antrag wurde von verschiedenen bekannten Parteimitgliedern aus dem Süden der Niederlande gestellt. Bereits in den vergangenen Wochen hatten sie sich öffentlich für eine Anpassung des Parteistandpunkts stark gemacht. Insbesondere die südlicheren Provinzen, wie Noord-Brabant und Limburg, haben mit der Kehrseite des „gedoogbeleids“ zu kämpfen: Auf Grund der Illegalität des Anbaus bleibt vieles im Dunklen und verdient sich das organisierte Verbrechen eine goldene Nase, schätzungsweise die Hälfte des Geldes verschwindet in kriminelle Hände. Durchschnittlich werden täglich etwa 16 illegale Cannabisplantagen entdeckt, allein im vergangenen Jahr wurden über 6.000 Plantagen bei Razzien entdeckt. Schätzungen zufolge ist dies gerade mal ein Fünftel aller Plantagen in den Niederlanden.

Seitens der Coffeeshopbetreiber wurde die Entscheidung der VVD begrüßt, der Vorsitzender des Bundes der Cannabis Einzelhändler, Joachim Helms, hofft, dass nach den Wahlen Coffeeshopbetreiber bei einer eventuellen Gesetzesänderung miteinbezogen werden: „Ich verstehe, dass die VVD die Regulierung gern landesweit durchsetzen will. Dann sollten wir uns, zum Beispiel, Kanada ansehen. Dort gibt es einige sehr große Züchter, aber man muss dafür sorgen, dass es auch viele kleinere gibt.“ Andere Ländern an denen sich die Niederlande ein Beispiel nehmen können sind Uruguay und Spanien, dort gibt es so genannte Weedclubs, die gemeinsam Cannabis anbauen, damit jedoch keinen finanziellen Gewinn erwirtschaften dürfen.

Die Entscheidung der VVD ist umso überraschender angesichts der Tatsache, dass die VVD noch im September diesen Jahres einen Gesetzesantrag der linksliberalen D66 in der Tweede Kamer ablehnte, wonach der Cannabisanbau legalisiert werden sollte. Seit letztem Jahr fordert auch die Vereinigung der niederländischen Gemeinden eine Legalisierung des Cannabisanbaus. Umfragen ergeben, dass über 70 Prozent der niederländischen Bevölkerung eine Legalisierung unterstützen.

Seit 1976 ist es in den Niederlanden legal bei so genannten Coffeeshops Hasch oder Weed zu kaufen. Wie die Coffeeshops an ihre Produkte kommen ist offiziell jedoch unbekannt, da der Anbau von Cannabis gesetzlich verboten ist. Volljährige dürfen jeden Tag 5 Gramm an Weed oder Hasch in einem Coffeeshop kaufen. Coffeeshops dürfen maximal 500 Gramm an Cannabisprodukten vorrätig haben, die Vorräte stammen aus unbekannten Quellen und je nach Umsatz werden sie mehrmals täglich aufgefüllt. Schätzungsweise 1 Milliarde Euro setzen niederländische Coffeeshops jährlich um. Eine Änderung des bestehenden „gedoogbeleids“ ist Experten zufolge, jedoch frühestens nach den Wahlen zur Tweede Kamer im nächsten März wahrscheinlich.