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ACM-Mitteilungen vom 25. August 2018

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Liebe Leserin, lieber Leser,

der Vorstand der ACM hat beschlossen, 2 bis 3 Patienten bei einem Antrag auf den Eigenanbau von Cannabis juristisch zu unterstützen. Einer wird der Patient mit Cluster-Kopfschmerzen sein, der vor dem zuständigen Landessozialgericht und dem Bundesverfassungsgericht unterlegen ist. Da in einem früheren Verfahren vor einem Verwaltungsgericht der Krankenkasse später einfiel, die Kosten doch noch zu übernehmen, wollen wir diesmal gleich mehrere Patienten unterstützen. Später hat dieser Patient doch noch erfolgreich sein Recht auf Eigenanbau durchsetzen können.

Eigentlich sollte das Gesetz aus dem Jahr 2017 dieses Problem lösen und den Eigenanbau überflüssig machen.

Der Patient mit Cluster-Kopfschmerzen hatte vor der Gesetzesänderung im März 2017 eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten durch die Bundesopiumstelle erhalten. Mit Inkrafttreten des Gesetzes wurde seine Antrag auf eine Kostenübernahme der Behandlung mit Cannabis von der zuständigen Krankenkasse mit der Begründung abgelehnt, es gäbe keine ausreichende wissenschaftliche Datenlage, nach der „eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome“ besteht, wie es der § 31 Abs. 6 Sozialgesetzbuch V verlangt.

Ausnahmeerlaubnisse von der Bundesopiumstelle waren nicht an eine wissenschaftliche Datenlage geknüpft, sondern die Bundesopiumstelle hat geprüft, ob die Angaben von Patient und Arzt, nach der Standardtherapien nicht wirksam sind, Cannabis jedoch die schweren Symptom lindert, plausibel sind. Die Mitarbeiter der Bundesopiumstelle hatten häufig einen direkten Kontakt mit den betroffenen Ärzten und Patienten. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen entscheidet jedoch nach Aktenlage, sodass viele Schwerkranke, denen cannabisbasierte Medikamente nach Auffassung der behandelnden Ärzte helfen, weiterhin keinen Zugang zu entsprechenden Präparaten erhalten. Davon sind mittlerweile Patienten mit einer Anzahl von Erkrankungen betroffen.

In Gesprächen mit den Fachpolitikern, die sich für das neue Gesetz eingesetzt hatten, hatten wir immer den Eindruck, dass eine offensichtliche Linderung der Symptome und nicht wissenschaftliche Daten entscheidend für eine Kostenübernahme sein sollen. Leider kann schon lange nicht mehr davon gesprochen werden, dass die Krankenkassen eine Kostenübernahme „nur in Ausnahmefällen“ ablehnen.

Das hat mittlerweile bei vielen Ärzten und Patienten zu Frustrationen geführt.

Mit den Anträgen auf den Eigenanbau von Cannabis wollen wir an die erfolgreich verlaufenen Prozesse vor den Verwaltungsgerichten anknüpfen. Die Grundlage der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die nach Verwaltungsrecht Urteilen, ist eine andere als die der Sozialgerichte, die sich auf die Rechtsbrechung im Sozialrecht beziehen.

Geeignete Bewerber für eine Unterstützung durch die ACM sollten folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie sollten eine Ausnahmeerlaubnis der Bundesopiumstelle zur Verwendung von Cannabisblüten nach § 3 Abs. 2 BtMG bekommen haben (zwischen 2007 und 2017).

2. Ihre Krankenkasse sollte die Kostenübernahme für eine Therapie mit cannabisbasierten Medikamenten abgelehnt haben.

3. In einem Verfahren vor einem Sozialgericht sollte diese Ablehnung als rechtsgültig bestätigt worden sein.

Interessierte wenden sich bitte an die ACM unter info@cannabis-med.org

Es gibt grundsätzlich darum, dass Patienten, die Cannabis benötigen, aber keine Kostenübernahme durch Ihre Krankenkasse bekommen, dann der Eigenanbau erlaubt sein sollte. Neben der Petition, mit der wir politisch auf die gegenwärtigen Probleme aufmerksam machen wollen, wollen wir nun auch wieder juristisch in die Offensive gehen.

Im Kleinen gibt es viele positive stimmende Entwicklungen. Beispielsweise habe ich von einem Patienten erfahren, dass sich Ärzte einer Hautklinik dafür einsetzen wollen, dass Cannabis auch bei Akne inversa eingesetzt werden kann. Ich habe mehrere Patienten mit Akne inversa, die gut von Cannabis profitieren. Es gibt aber, wie bei vielen anderen Erkrankungen, keine wissenschaftlichen Belege. Die fehlenden Belege sind keine Hinweise darauf, dass Cannabis bei solchen Erkrankungen nicht wirksam ist, sondern nur, dass in diesem Bereich noch nicht ausreichend geforscht wurde. Das wird leider oft verwechselt.

So schreibt die BEK, dass Cannabis oft nicht der Heilsbringer sei. Das wissen alle, die sich mit dem Thema befassen seit vielen Jahren. Für viele, die jetzt eine Behandlung benötigen, jedoch nicht erhalten, ist es allerdings die einzige Möglichkeit zur Linderung ihrer Leiden.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Wem gehören die Cannabis-Firmen?

Nach einer aktuellen Pressemitteilung firmiert die Pedanios GmbH Deutschland nunmehr als Aurora GmbH. Auch bei vielen anderen Firmen hat es Übernahmen sowie Fusionen und damit Konzentrationen auf wenige große Cannabisfirmen gegeben.

Mittlerweile wird der deutsche (und internationale) Markt für Medizinalcannabis nur noch von vier Unternehmen bzw. Dachgesellschaften dominiert. Daneben gibt es noch einige kleinere Firmen. Die großen Firmen sind:

- Bedrocan International als einziger niederländischer Hersteller. Sie haben ihren Lizenzvertrag mit Canopy Growth, denen Bedrocan Canada gehört hatte, dieses Jahr beendet.

- Canopy Growth Corporation gehören die kanadischen Hersteller Tweed und Spectrum Cannabis, deren Produkte von Spektrum Cannabis als deutsche Niederlassung importiert werden.

- Aurora Cannabis gehören die kanadischen Hersteller Pedanios, MedReleaf und CanniMed.

- Cronos Group gehören die kanadischen Hersteller Peace Naturals, Original BC und Whistler Medical Marijuana Company.

Alle anderen Unternehmen in Deutschland sind Importeure. Aphria und Mericann möchten den deutschen Markt noch dieses Jahr über ihre Tochterunternehmen beliefern. Privateer Holdings gehört Leafly und Tilray. Tilray beliefert den deutschen Markt bisher mit zwei Cannabisextrakten.

Studie der Charité zu CBD bei Schizophrenie

Die Charité in Berlin sucht Patienten mit Schizophrenie, die an einer Studie zur Wirksamkeit von Cannabidiol (CBD) teilnehmen möchten.

Cannabidiolstudie

Hintergrund der Studie

Noch immer verursachen herkömmliche Antipsychotika zu häufig unerwünschte Nebenwirkungen. Diese können so belastend sein, dass die Betroffenen die Behandlung abbrechen. Aus diesem Grund stellt die Entwicklung von modernen, nebenwirkungsärmeren Medikamenten ein wichtiges Ziel der Forschung dar.

Wirkstoff

Cannabidiol (CBD) ist ein natürlicher Bestandteil der Cannabispflanze, die im Gegensatz zum THC einen antipsychotischen Effekt besitzt. Aktuelle wissenschaftliche und klinische Studien unterstreichen das Potenzial von CBD zur Behandlung einer Vielzahl von Erkrankungen und Störungen, u.a. der Schizophrenie.

Vorteile von Cannabidiol

Für CBD konnte in Studien ein verbessertes Nebenwirkungsprofil bei beständiger anti-psychotischer Wirkung nachgewiesen werden. So zeigten sich bei den Behandelten keine Gewichtszunahme, kein Anstieg des Prolaktin und keine Bewegungsstörung (EPS).

Presseschau: Hanf aus eigenem Anbau gegen den Schmerz (Sächsische Zeitung)

Die Sächsische Zeitung berichtete von einem Strafverfahren gegen einen Schmerzpatienten, der Cannabis zu medizinischen Zwecken verwendet.

Hanf aus eigenem Anbau gegen den Schmerz

Ein Putzkauer leidet seit Jahren an Lyme-Borreliose. Aus Not griff er zur Selbsthilfe – und sieht sich nun kriminalisiert.

An einem Vormittag waren die sechs Polizisten plötzlich da, sie standen auf dem Grundstück in Putzkau. Zwei forderten sie auf, das Haus zu verlassen, berichtet Michelle Czymek. Die anderen vier durchsuchten schon den Garten. Was sie suchten, fanden sie schnell: 15 Hanfpflanzen.

Der Besuch galt nicht der 18-Jährigen, sondern ihrem Vater, der das Nachbargrundstück bewohnt. „Sie haben meine Tochter in Angst und Schrecken versetzt“, sagt Frank Czymek wenige Tage später der SZ. Der Mittfünfziger sucht die Öffentlichkeit. Er sieht sich im Spannungsfeld einer für ihn fragwürdigen Entscheidung seiner Krankenkasse, strafrechtlicher Ermittlungen und einer, auch in politischen Kreisen, umstrittenen Gesetzeslage, durch die Konsumenten von Rauschmitteln schnell kriminalisiert werden können.

Ja, er habe Hanf angebaut, sagt er und betont: Es war medizinischer Hanf, nur für den eigenen Bedarf, um seine Schmerzen zu lindern. Frank Czymek steht dazu. Irgendwann hätte man die Pflanzen, die bis zu drei Meter hoch werden können, wohl auch von der Straße aus gesehen. Doch die Staatsanwaltschaft wurde schon jetzt auf den nicht genehmigten Hanf-Anbau aufmerksam. Die Schwester von Frank Czymek hatte ihren Bruder angezeigt. So steht es in einem Schreiben der Staatsanwaltschaft über das Ermittlungsverfahren.

Dem geht eine jahrelange Vorgeschichte voraus. Offenbar ein zu spät erkannter Zeckenstich warf den gelernten Werkzeugmacher, der zuletzt bei einem großen Unternehmen CNC-Maschinen bedient und programmiert hatte, gesundheitlich aus der Bahn. Lyme-Borreliose wirkt zunächst wie eine Grippe, äußert sich im weiteren Verlauf durch eine Vielzahl von Symptomen und kann auch erst Jahre nach der Infektion merklich ausbrechen. Seit Jahren hat Frank Czymek Schmerzen. Im Dezember 2012 drängte er auf einen Bluttest. Seit demselben Jahr ist er arbeitsunfähig. Nicht nur wegen der Schmerzen, auch wegen der Folgen der Krankheit, die die Psyche und das Nervensystem schädigen. Jahrelang konsultierte er Ärzte, war in Fachkliniken, wurde mit Medikamenten vollgestopft, ohne dass sich sein gesundheitlicher Zustand verbesserte, berichtet er. Schließlich stieß er auf eine Dresdner Ärztin , wo er sich verstanden fühlte und die ihm helfen konnte. Inzwischen ging sie in den Ruhestand, bedauert er. Die Krankheit zehrt. Mittlerweile ist Frank Czymek auf eine Gehhilfe angewiesen. Die vielen Medikamente, die er einnehmen muss, greifen seine Nieren an. Irgendwann, befürchtet er, werde er an die Dialyse müssen. Vor Kurzem wurde ihm die Pflegeklasse 1 zuerkannt.

[…]

Presseschau: Medizinalhanf Deutschland importiert mehr Cannabis aus den Niederlanden (Spiegel Online)

Da sich der Anbau von Cannabis in Deutschland verzögert, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn seinen niederländischen Kollegen gebeten, die Exportmenge nach Deutschland zu erhöhen.

Medizinalhanf Deutschland importiert mehr Cannabis aus den Niederlanden

Die Nachfrage nach medizinischem Cannabis in Deutschland ist deutlich größer als erwartet. Nach SPIEGEL-Informationen haben die Niederlande jetzt zugesagt, künftig bis zu 1,5 Tonnen pro Jahr zu liefern.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Niederlande um Unterstützung bei der Versorgung von schwerkranken Patienten mit Medizinalhanf gebeten. In einem Telefonat mit Spahn hat dessen Amtskollege Hugo de Jonge zugesagt, künftig bis zu 1,5 Tonnen Cannabis pro Jahr nach Deutschland zu liefern. Derzeit liegt die versprochene Liefermenge aus den Niederlanden bei 700 Kilogramm jährlich.

Die Bitte um höhere Exportmengen war nötig geworden, weil die Blüten zu therapeutischen Zwecken in Deutschland stärker nachgefragt werden als erwartet. Wenn andere Therapien nicht mehr wirken, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen auf Antrag die Kosten für eine Behandlung mit "Medizinalcannabis in standardisierter Qualität", wie es offiziell heißt.

Im Jahr 2017 hatten 20.000 Patienten einen solchen Antrag gestellt, nach Kassenangaben wurden 60 Prozent davon genehmigt. Dafür wurden insgesamt 1200 Kilogramm importiert.

Ursprünglich war vorgesehen, vom Jahr 2019 an auch in Deutschland Medizinalhanf zu ernten. Wegen eines Verfahrensfehlers musste die Ausschreibung jedoch wiederholt werden. Cannabis aus heimischem offiziellen Anbau wird daher frühestens 2020 zur Verfügung stehen.

Die Zusage aus den Niederlanden wertet Gesundheitsminister Spahn als "gelebte Nachbarschaft". Die Niederlande leisteten damit "einen wichtigen Beitrag zur medizinischen Therapie der deutschen Patientinnen und Patienten".

Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage

Cannabis – keine Empfehlung bei Fibromyalgiesyndrom? (Ärzte Zeitung)

Cannabis auf Rezept: Keine Anzeichen für Missbrauch (Pharmazeutische Zeitung)

Krankenkasse: „Cannabis ist oft nicht der Heilsbringer“ (Westfalenpost)

rogen-Razzia Zecken-Opfer (BILD)