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ACM-Mitteilungen vom 20. Mai 2017
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Liebe Leserin, lieber Leser,
die 20-Jahres-Feier der ACM war ein schönes Fest. Wir konnten sehen, dass wir gemeinsam viel erreichen konnten, dass es eines langen Atems bedarf, vielfältiger Aktivitäten bedurfte, und dass das neue Gesetz an einigen Punkten noch sehr zu wünschen übrig lässt.
Aus meiner Sicht gibt es vor allem zwei Aspekte, die die Politik korrigieren muss, damit das Gesetz funktionieren kann.
1. Die Preise für Cannabisblüten müssen reduziert werden. Sie waren mit 12-15 € pro Gramm in Deutschland im internationalen Vergleich bereits vorher schon sehr teuer (Kanada: 4-5 €, Niederlande: 6-8 €). Jetzt werden meistens über 25 € pro Gramm von Apotheken verlangt. Damit kann sich kaum jemand, der keine Kostenübernahme, jedoch ein Rezept vom Arzt hat, einen legalen Zugang leisten.
2. Ärzte, die Cannabis bzw. cannabisbasierte Medikamente verordnen, sind von einem Regress bedroht, also von Strafzahlungen wegen nicht wirtschaftlicher Verschreibung von Arzneimitteln. Ein solcher Regress erfolgt erst Jahre nach der Verschreibung, sodass sich bei engagierten Ärzten riesige Summen anhäufen können. Wir haben das früher schon bei Dronabinol erleben müssen. Die Krankenkassen drohen zum Teil ganz unverhohlen in Bescheiden zur Kostenübernahme damit, dass die erteilte Kostenübernahme unabhängig von der Frage der Wirtschaftlichkeit der Verordnung erfolgt. Es gibt zunehmend Ärzte, die dazu übergehen, nur noch Privatrezepte auszustellen. Dann werden die hohen Preise zu einem noch höheren Problem.
Die Frage der Kostenübernahme ist im Gesetz eigentlich klar und gut geregelt. Allerdings wird das Gesetz offensichtlich durch Krankenkassen und MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) zum Teil unterlaufen. Das zeigt auch das unten erwähnte interne Papier des MDK. Wir werden nicht darum herumkommen, diese Fragen durch die Sozialgerichte klären zu lassen, wie das häufig bei Gesetzen im Bereich des Sozialrechts der Fall ist.
Die Linke hat zur Frage der Preisentwicklung und anderen Aspekten des Cannabismedizingesetzes eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung (Drucksache 18/12232
) gestellt. Daraus zitiert die Pharmazeutische Zeitung in einem Beitrag, den wir unten dokumentieren.
Das SCM (Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin) hat einen Protestmailer zu den Unzulänglichkeiten des Gesetzes bzw. seiner Umsetzung eingerichtet. Es haben bereits 400 Patienten mitgemacht. Dr. Gastmeier hat ein Protestschreiben verschickt, das die Situation aus der Sicht engagierter Ärzte umreißt (siehe unten).
Ich habe heute nach acht Tagen des Hungerns zum ersten Mal wieder etwas gegessen. Ich habe in dieser Zeit ausreichend Erkenntnisse zu Fragen sammeln können, die mich in diesem Zusammenhang interessiert haben, beispielsweise wie sich ein möglicher Hungerstreik auf meine Grunderkrankung auswirkt. Es gibt keine besonders starken spezifischen Auswirkungen. Ich möchte aber auch sagen, dass der Verzicht auf Nahrung für ein oder zwei Wochen eigentlich keine allzu große Sache war, auch wenn der Hunger und die körperliche Schwäche unangenehm waren. Ich konnte schließlich jederzeit abbrechen, was Patienten mit belastenden Leiden nicht einfach können, wenn sie keinen Zugang zu ihrer Medizin bekommen.
Ich möchte mich herzlich bei allen bedanken, die unsere gelungene Fortbildungsveranstaltung am 13. Mai in Frankfurt möglich gemacht haben, bei den Referentinnen und Referenten mit ihren ausgezeichneten Vorträgen, dem Team des Drogenreferats der Stadt Frankfurt für die unkomplizierte und professionelle Zusammenarbeit, der Ärztekammer Hessen, die die Fortbildung zertifiziert hat, und den helfenden Händen während der Veranstaltung.
Viel Spaß beim Lesen!
Franjo Grotenhermen
ACM-Mitgliederversammlung und 20-Jahresfeier der ACM
Am 12. Mai führte die ACM ihre jährliche Mitgliederversammlung durch. Die Versammlung beschloss, die alle 2 Jahre vorgesehene Vorstandswahl um ein Jahr zu verschieben, bis deutlicher geworden ist, wer sich nach der Gesetzesänderung wie und wo positioniert hat. Zurzeit ist vieles in Bewegung. Daher wurde der alte Vorstand einstimmig im Amt bestätigt. Im kommenden Jahr soll dann darüber abgestimmt werden, ob und wie die Zusammensetzung des Vorstands verändert wird.
Die 20-Jahresfeier der ACM begann mit einem Rückblick mit Fotos und Filmen von Dokumenten und Aktivitäten der ACM der letzten 20 Jahre. Dabei wurden nicht nur die Aktivitäten der ACM zur Wiedereinführung von Cannabis als Medizin in Deutschland, sondern auch das Engagement anderer Personen und Organisationen gewürdigt.
Michael Fischer und seine Partnerin Gabriele Gebhardt, Sprecherin des SCM und langjähriges Mitglied im IACM-Vorstand, wurden mit dem erstmals vergebenen ACM-Preis für ihre herausragenden Verdienste um die Wiedereinführung von Cannabis als Medizin in Deutschland geehrt. Herr Fischer kämpft mit seiner Partnerin beginnend mit der Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht 1999 seit 17 Jahren für sein Recht auf den Eigenanbau von Cannabis, was ihm 2016 durch das Bundesverwaltungsgericht auch zugesprochen wurde. Franjo Grotenhermen wurde unter anderem mit einem Straßenschild „ACM-Grotenhermen-Weg 20“ überrascht.
Gegen Ende der Feier wurde es wieder ernst, als Dr. Grotenhermen erklärte, in einen kurzen “Warn-Hungerstreik“ zu treten, um auf die gegenwärtigen Probleme bei der Umsetzung des Gesetzes und vor allem die Preiserhöhung der Cannabisblüten aufmerksam zu machen.
Presseschau: „Ohne Gras hätte ich nicht kommen können“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete über die Fortbildungsveranstaltung der ACM in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer Hessen und dem Drogenreferat der Stadt Frankfurt. Es gab nur positive Rückmeldungen von den Teilnehmern und die häufige Frage, ob die ACM in naher Zukunft weitere Fortbildungsveranstaltungen durchführt.
„Ohne Gras hätte ich nicht kommen können“
Seit dem 10. März sind Arzneien mit dem Cannabis-Wirkstoff THC ohne Ausnahmeregelung erstattungsfähig. Doch profitieren seitdem mehr Patienten davon? Eine Tagung für Ärzte und Patienten dazu brachte Antworten.
Canan Kocabey sitzt im Rollstuhl, der Kopf kippt hin und her, Speichel rinnt aus seinem Mund. Wenn er spricht, muss sein Pfleger die Laute in verständliche Worte übersetzen. „Brauche Arzt für Rezept!“ steht auf seinem Pappschild. Er ist am Wochenende von Aachen nach Frankfurt gereist, um einen Arzt zu finden, der ihm Cannabis zur Linderung seiner Beschwerden verschreibt. „Ohne Gras hätte ich nicht kommen können“, übersetzt der Pfleger. Im Preungesheimer Saalbau haben sich am Samstag mehr als 200 Ärzte aus ganz Deutschland auf einer medizinischen Fachtagung über den Einsatz von Cannabis und Cannabinoiden in der Medizin informiert.
Anlass ist eine Gesetzesänderung, die es seit dem 10. März Ärzten ermöglicht, Medikamente auf Cannabisbasis, Blüten der Pflanze und Extrakte per Betäubungsmittelrezept zu verschreiben, ohne eine Ausnahmegenehmigung erwirken zu müssen. Dass das in der Praxis für Arzt und Patient oft immer noch eine bürokratische und komplizierte Auseinandersetzung mit Krankenkassen zur Folge habe, war eine Erkenntnis der Tagung. Viele Ärzte, so der Tenor, möchten ihren Patienten gern mit Cannabispräparaten helfen, haben aber bisher keinerlei Erfahrung damit.
„Gegen sehr viele Krankheiten“
Auch Patienten nutzten den Kongress, um konkrete Hilfe zu suchen, einige mit Tourette-Syndrom, aber auch Herr B. aus Wiesbaden, der seinen Namen nicht nennen möchte, „weil ich Beamter bin“. Und Privatpatient, wie er auf sein Schild geschrieben hat, weil er hofft, dass es das leichter macht. Gegen seine chronische Schlaflosigkeit und Schlafapnoe nimmt er seit vielen Jahren Schlafmittel und Psychopharmaka. Jetzt hat er Angst vor einem Schlaganfall und will probieren, ob Medizinalhanf ihm hilft. Aus der „Schmuddelecke“ will Frankfurts Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Die Grünen) die Medikation mit Cannabis herausholen. „Es muss in Frankfurt genügend gut informierte Ärzte geben, die Cannabis bei entsprechender Indikation verschreiben“, sagte er. Deshalb hat das Drogenreferat der Stadt die Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Cannabis in der Medizin(ACM) zusammen mit der Landesärztekammer organisiert und unterstützt.
Die Frankfurter Ärztin Sylvia Mieke setzt seit 17 Jahren Dronabinol, den Cannabiswirkstoff THC, in der Behandlung „gegen sehr viele Krankheiten“ ein: etwa gegen Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit und Abmagerung von Krebs- und Aids-Patienten oder gegen heftige Schmerzen. Sie ist wie die Referenten Kirsten Müller-Vahl und Franjo Grotenhermen im Vorstand der ACM. Grotenhermen, der seit Jahren an einer seltenen Erkrankung leidet und deshalb auf einer Trage im Liegen referieren muss, ist Arzt in Rüthen (Nordrhein-Westfalen) und gilt als Pionier der medizinischen Behandlung mit Cannabis in Deutschland. Er ist seit Freitag in einen befristeten Hungerstreik getreten, um öffentlich darauf aufmerksam zu machen, dass sich der Preis für Cannabis aus der Apotheke nach der Gesetzesänderung vervielfacht habe. Die Zubereitung als Rezeptur ermögliche Apothekern diesen Aufschlag. Zudem beklagten Patienten große Lieferschwierigkeiten für einige Sorten.
AOK Nordwest verlangt keine Überprüfung von Kostenübernahmeanträgen bei Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis
Im Rahmen einer Anfrage auf der Basis des Informationsfreiheitsgesetzes hat die AOK Nordwest ein 48-seitiges Schreiben veröffentlicht, das umfassend über den Umgang mit Kostenübernahmeanträgen von Patienten für die Verwendung von cannabisbasierten Medikamenten Auskunft gibt.
Danach verlangt die Krankenkasse keine Überprüfung von Kostenübernahmeanträgen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) bei Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis (Seite 5 des Dokuments). Das zeigt, wie man mit dem Thema auch umgehen kann. Bei den meisten anderen Versicherungen wird auch bei Anträgen dieser Patienten der MDK eingeschaltet.
Auf der Seite 7 zeigt die AOK, dass sie nicht besonders gut rechnen kann oder ein verzerrtes Bild von der Realität hat. Dort heißt es „Die Kosten für eine inhalative Cannabisblütentherapie sind höher als für eine Versorgung mit cannabishaltigen Fertigarzneimitteln“ (Seite 7). Ein Patient, der seit vielen Jahren Cannabisblüten in einer Dosierung von 5 g (entsprechend etwa 1000 mg Dronabinol bei THC-reichen Sorten) verwendet und dann auf Dronabinol umgestellt werden soll, benötigt mindestens täglich 500 mg Dronabinol. 5 g Cannabisblüten kosteten vor der Gesetzesänderung 60-75 € und nach der Gesetzesänderung 100-135 €. Dagegen kosten 500 mg Dronabinol etwa 400 €. Eine solche Umstellung auf Dronabinol kann auch meistens aufgrund der schlechteren Verträglichkeit von reinem THC in hohen Dosen nicht funktionieren. Wird ein Patient erstmals auf Dronabinol oder Cannabisblüten eingestellt, so sind meistens Dronabinol-Mengen von 5-30 mg erforderlich. Patienten, die standardisierte Cannabisblüten verschrieben bekommen, kommen meistens mit 0,1-0,5 g Cannabisblüten aus. Ich habe Patienten, die aufgrund einer Krebserkrankung THC in möglichst hohen Dosen einsetzen möchten, um krebshemmende Wirkungen zu erzielen, und nicht über 0,3 g Cannabisblüten einer THC-reichen Sorte hinauskommen, da darüber zu starke Nebenwirkungen auftreten. Wir sprechen also von Cannabisblüten in einer Monatsdosis von 5-15 g und Dronabinol in einer Monatsdosis von 150-900 mg.
Die AOK vergleicht vermutlich aus Unwissenheit Äpfel mit Birnen, nämlich Patienten, die seit vielen Jahren illegal unterschiedliche Cannabissorten eingenommen und über die Zeit eine Toleranz entwickelt haben, mit Patienten, die erstmals auf Fertigarzneimittel eingestellt werden.
Auf Seite 6 verweist die AOK darauf, dass als Medizingeräte zugelassene Verdampfer (Vaporizatoren) „perspektivisch in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen sind. Voraussetzung der Geräteanwendung ist ein Mindestalter von 18 Jahren sowie der Ausschluss einer Lungenerkrankung. Wenn medizinisch indiziert, können die Kosten für Verdampfer oder für deren leihweise Überlassung übernommen werden“.
Wie der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) versucht, das Gesetz zu unterlaufen
Bemerkenswert sind Inhalte in einem Schreiben des MDK im Umgang mit Anträgen auf eine Kostenerstattung, die dem Willen des Gesetzgebers widersprechen und die Ablehnungen vieler Anträge erklären können. Der MDK wird dieses ACM-Leaks vielleicht nicht gern sehen. Da es sich um erste Hinweise handelt, besteht jedoch immer die Möglichkeit, an der Realität zu lernen und Korrekturen vorzunehmen. An dieser Stelle einen herzlichen Dank an Jan Elsner, der mit großem Elan, wichtige Dokumente nach dem Informationsfreiheitsgesetz ans Licht der Öffentlichkeit bringt, die sonst intern und verborgen blieben.
Dieses Schreiben findet sich vollständig in der Antwort der AOK Nordwest auf die IGF-Anfrage ab Seite 9. Es handelt sich um „Erste Hinweise zur sozialmedizinischen Begutachtung von Cannabinoiden nach § 31 Absatz 6 SGB V, Entwurf, Stand: 17.02.2017, der SEG 6 Sozialmedizinische Expertengruppe 6 "Arzneimittelversorgung" der MDK-Gemeinschaft“.
Auf Seite 15 des Dokumentes der AOK Nordwest heißt es: „Aufgabe des MDK-Gutachters ist es, im Auftrag der Krankenkasse medizinisch zu prüfen und dabei zu bewerten, ob das Behandlungsziel nur durch das verordnete Arzneimittel zu erreichen ist“. Damit wird die im Gesetz beabsichtigte die besondere Bedeutung der ärztlichen Entscheidung über die Therapienotwendigkeit ausgehebelt.
Auf Seite 21 werden Hinweise zur Definition einer schwerwiegenden Erkrankung gegeben, die deutlich machen, warum der MDK in den laufenden Verfahren bestimmte Erkrankungen nicht als schwerwiegend betrachtet. So sind als Beispiele für schwerwiegende Erkrankungen Multiple Sklerose, Krebs, Aids und wenige andere Erkrankungen aufgeführt. Mit Verweis auf den Gemeinsamen Bundesausschuss wird die Definition eng gefasst.
Auf Seite 23 wird die Voraussetzung einer nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome an das Vorliegen einer wissenschaftlichen Evidenz geknüpft, also an das Vorliegen von großen klinischen Studien, die die Wirksamkeit bei einem bestimmten Krankheitsbild belegen. Der Gesetzgeber hat aber etwas anderes beabsichtigt. Denn schließlich sollten alle Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis für die Verwendung von Cannabisblüten durch die Bundesopiumstelle zukünftig eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse bekommen, damit sie nicht gezwungen sind, Cannabisblüten selbst anzubauen. Sehr viele dieser Erkrankungen und Symptome wurden aber bisher nur wenig oder gar nicht klinisch erforscht. Die gute Wirksamkeit beim konkreten Patienten ist aber vielfach ganz offensichtlich.
Offener Brief von Dr. Gastmeier
Hungerstreik, wegen verfehlter Cannabisgesetzgebung
Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister Gröhe,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident Woitke,
sehr geehrte Damen und Herren,
der Ihnen möglicherweise bekannte Vorsitzende des Arbeitskreises Cannabis in der Medizin e. V. Dr. Franjo Grotenhermen sieht sich, wegen der durch die im neue Cannabisgesetz nicht vorhergesehenen Auswirkungen für bisherige Cannabispatienten und deren Ärztinnen und Ärzte veranlasst, in einen Hungerwarnstreik zu treten.
Der Hintergrund ist die drastische Verteuerung von Cannabisblüten von ca. 75€ je 5g auf 110€ und wenn es nicht verhindert wird, ist ein Preis von über 200€ je 5g zu erwarten. Vor dem Gesetz, das seit dem 10.3.2017 gilt, konnten sich Patienten(!) bei bestehender Indikation eine Ausnahmegenehmigung bei der Bundesopiumstelle beantragen, die eine Erlaubnis für den Bezug von Cannabis aus der Apotheke nach sich zog, wenn vom Arzt bei bestehender medizinischen Indikation ein Privatrezept ausgestellt wurde. Mit diesem Procedere waren die Patienten oft erstmalig oder überhaupt nach vielen Jahren wieder in eine ärztliche Therapie einbezogen. Ärzte konnte so bei vielen Diagnosen die therapeutische Wirkung von Cannabis kennen lernen. Hier waren und sind die Patienten die Experten bei der Cannabistherapie. Ärzte hatten und haben quasi keine Chance gehabt Erfahrungen mit dem bis zum Gesetz illegalen Cannabis zu machen. Anderseits war so eine Chance für die „Selbsttherapeuten“ gegeben, innerhalb der Therapie in eine möglicherweise leitliniengerechte, auf jeden Fall aber in eine ärztliche Therapie zu kommen.
Diese gesetzliche Möglichkeit endet nun im Juni und damit auch die begonnene neue Therapie, wenn die Krankenkassen die Kostenübernahme verweigern. Statt die Therapiefortführung, wie sie mit der Ausnahmegenehmigung bis dato möglich war, im neuen Cannabisgesetz zu sichern, wurde eine Neubeantragung bei den Krankenkassen gefordert. Diese hätten eigentlich nur im Ausnahmefall von den Krankenkassen verwehrt werden dürfen und diese Patienten wären weiterbehandelbar geblieben. In meiner Praxis sind etwa 50 Patienten betroffen, von denen bisher nur 5 Patienten eine Kostenübernahme von den Krankenkassen erhielten. Diese überwiegende Kostenübernahmeverweigerung durch die Krankenkassen betrifft nicht nur meine Patienten, sondern auch die Patienten vieler mir bekannter Kolleginnen und Kollegen! Für diese Patienten heißt die neue Gesetzessituation jetzt: zurück in die Illegalität und zum Selbstanbau. Keiner meiner Patienten kann sich die legitimen „Wuchercannabispreise“ leisten. Hier muss der Gesetzgeber dringend und kurzfristig nachbessern.
Allerdings braucht sich keiner Sorgen über die Therapie mit Cannabis machen, wenn ein geregeltes und auskömmliches Einkommen hat und damit das Privatrezept bezahlen kann. Dieses könnte jeder Patient bei bestehender Indikation von einem Arzt erhalten, so er ihn dann findet!
Der Gesetzgeber hat klare Vorgaben für die Krankenkassen für Palliativpatienten gemacht, nämlich 3 Tage für Bestätigung der Kostenübernahme. Das funktioniert in der Regel auch gut, wenn die Patienten bei einem Palliativarzt in Behandlung sind. Andernfalls warten auch diese Patienten oft wieder mindesten 3 Wochen oder werden abgelehnt!! Nur(?) in Brandenburg wurde jetzt einer 77 jährigen Patientin mit einem rasch fortschreitenden Pankreaskrebs die Kostenübernahme für die helfenden Cannabistropfen verweigert, obwohl sie bei mir als Palliativarzt in Behandlung war. Trotz persönlicher Intervention beim Kassen-Vorsitzenden konnten nur für einen weiteren auch abgelehnten und vom Tode kennzeichneten Palliativpatienten bis Freitag eine Kostenübernahme erreicht werden, nicht aber für die o.g. Krebspatientin. In Brandenburg muss sich jetzt wieder eine Patientin auf dem Sterbebett Rechtsbeistand zum eigentlich gesetzlich garantierten Recht besorgen.
Nach dem ich selbst 13 Jahre regelmäßig Richtern – letztendlich erfolgreich* - erklären musste, dass Cannabis eine therapeutisch Option bei der lebensbedrohenden Tumorkachexie sei, kann ich diese nicht nachvollziehbare Kostenübernahmeverweigerung von Dronabinol-Tropfen (ca. 200€) hier nicht mehr hinnehmen. (*LSG Berlin¬ Brandenburg Urteil vom 25.09.2015 (Az. L 24 KA 134/11)) Diese Situation empfinde ich nach einer mehr als 30 jährigen Berufserfahrung mit großem Engagement für Palliativpatient als zu tiefst empörend und fassungslos. Dies klage ich vor den politisch Verantwortlichen an und möchte die Öffentlichkeit darüber informieren.
Weiterhin ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auf Grund einer nachvollziehbaren Verweigerungshaltung von Ärzten sich mit der Cannabistherapie zu befassen, für die wenigen verbleibenden und hier engagierten Kolleginnen und Kollegen ein nicht mehr bewältigbarer bürokratischer Mehraufwand in die Praxen kommt.
Ebenso bestehen viele Fragen zur Rechtssicherheit, die für die Ärzte nicht geklärt sind. In Therapieleitlinie, an denen die ärztliche Therapie im Rechtsstreit-, Schadens- und Regressfall gemessen wird, findet man eigentlich keine Indikationen für Cannabis. Was das im Schlichtungsfall heißt, habe ich gerade persönliche sehr schmerzhaft erfahren müssen.
Auch wenn durch die Kostenübernahme der Regress vermieden werden sollte, drohen Krankenkassen im Übernahmefall latent mit doch möglichen Regressforderungen. Bei den o. g. Kosten kommen sehr schnell über 20. bis 25.ooo € pro Patient im Jahr zusammen. Selbst wenn ich als Anästhesist auf sämtliche Narkotika verzichten würde, wäre mein Arzneimittelbudget (etwa 50€ je Patient im Quartal) durch die Betreuung von Cannabispatienten hoffnungslos überschritten. Die rechtlichen Konsequenzen für mich als niedergelassener Arzt können Sie sich sicherlich denken oder bei der KVBB erfragen.
Eine weitere existentielle Bedrohung besteht durch die Wirtschaftlichkeitsprüfung. Das bedeutet: laut § 12 Abs.1 SGB V: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.“ Der Interpretationsspielraum ist hier sehr groß und spricht oft gegen den Arzt. Für mich bedeutet dies konkret, wenn ich in absehbarer Zeit in den Ruhestand trete, kann man mich bis 2 Jahre danach belangen. Denn für den Schaden, der im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, festgestellt wird, hafte ich aus meinem Privatvermögen, dann auch noch als Rentner. Die Erfahrung mit einem Sonstigenschaden wegen einer lebensrettenden Cannabistherapie mit einer „Schadens“summe vom mehr als 150.000 DM durfte ich bekanntermaßen vor 13 Jahre schon einmal in Brandenburg machen. Der ebenfalls durch Cannabisblüten zu erwartende „Sonstigeschaden“ dürfte die damalige Summe um ein Vielfaches übersteigen.
Da durch das neue Cannabisgesetz, wenn ich mich weiter ärztlich für meine Patienten einsetze, die eben Cannabis aus medizinischen Gründen brauchen, meine berufliche und persönliche Existenz bedroht sein kann, fordere ich eine öffentliche Klärung der künftigen Situation. Diese öffentliche Klärung ist extrem wichtig für viele Patienten, Kolleginnen und Kollegen in Brandenburg und deutschlandweit.
Im Interesse des o. g. Anliegens fordere ich deshalb öffentlich von den politisch Verantwortlichen:
1. Sich dafür einzusetzen, dass der Hungerstreik, des nicht ganz gesunden Kollegen schnellst möglich beendet wird und Lösungen für die von ihm vorgetragen Probleme gefunden werden.
2. Sich bei den Krankenkassen zu informieren wie der rechtliche Stand ist und ob die Art der Durchführung der Ablehnungen, die im gesetzlichen Sinne nur im Ausnahmefall stattfinden sollen, rechtens ist. Ebenso warum die Ablehnung der Regel- und nicht der Ausnahmefall ist und nach welchen Qualifikations- und Qualitätskriterien dabei von den Krankenkassen vorgegangen wird.
3. Welchen Stellenwert hat hier noch die ärztliche Diagnose und Therapieeinschätzung, wenn letztendlich der Kostenübernahmeantrag auf Sacharbeiterebene (?) entschieden wird. (Siehe Unterschrift auf der Kostenübernahmeablehnung!!
4. Die derzeitige Rechtssituation klarzustellen, mit welchen Sanktionen Ärztinnen und Ärzte rechnen müssen (Regress, Auswirkungen auf das Arzneimittelbudget, Bedrohung der beruflichen Existenz bzw. Alterssicherung für die, die sich derzeit für die Cannabistherapie ihrer Patienten engagieren und die Wirtschaftlichkeitsprüfung kurz oder nach Renteneintritt erfolgt, wenn sie sich weiter für die indizierte Cannabistherapie einsetzen.
5. Für den Zeitraum der nächsten 5 Jahre, in dem man die Cannabistherapie beobachten will, dürfen Ärztinnen und Ärzte, für die die Therapiesituation, mit bis dato illegalen Drogen, auch neu ist, nicht mit Sanktionen im nachherein und künftig bedroht werden. Es ist für alle Beteiligten eine neue und bisher mit nichts vergleichbare Therapiesituation, für die man die Ärzte weder juristisch noch wirtschaftlich unter den derzeitigen Bedingungen haftbar machen kann.
6. Studien für die Cannabistherapie und deren Etablierung in den Leitlinien zu veranlassen
7. Den nicht mehr nachvollziehbaren „Preiswucher“ zu stoppen und dafür zu sorgen, dass Patienten für die eine medizinische Indikation besteht, Cannabis legal zu erschwinglichen Preise in der Apotheke beziehen können, wenn die Kostenübernahme durch die Krankenkasse verweigert wurde bzw. wenn sich für die indizierte Cannabistherapie kein Arzt findet.
Besten Dank für Interesse
Dr. med. Knud Gastmeier
Potsdam, den 13.05.2017
Sozialgericht Lüneburg verpflichtet Krankenkasse zur Kostenübernahme von Cannabisblüten im Eilverfahren
Nachdem bereits Maik Zorn in seinem Eilverfahren vor einem Sozialgericht erfolgreich war, war am 11. Mai auch Cécile Lecomte in ihrem Eilverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg erfolgreich. Ihre Krankenkasse muss sie „bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit Medizinalcannabisblüten“ versorgen.
MedCann heißt jetzt Spektrum Cannabis
Die MedCann GmbH, die Cannabisblüten des Unternehmens Tweed in Kanada nach Deutschland importiert, heißt jetzt Spektrum Cannabis GmbH. Nach Angaben des Unternehmens seien gegenwärtig alle Sorten verfügbar und lieferbar.
Cannabissorte; THC-Gehalt (%); CBD-Gehalt (%)
Princeton (MCTK007); ca. 16,5 ; bis zu 0,05
Houndstooth (MCTK001); ca. 13,5 ; bis zu 0,05
Penelope (MCTK002); ca. 6,7 ; bis zu 10,2
Argyle (MCTK005); ca. 5,4 ; ca. 7
Presseschau: Kasse kann Cannabis-Erstattung ablehnen (Pharmazeutische Zeitung)
Die Pharmazeutische Zeitung erläutert, was wir mittlerweile schmerzlich erfahren mussten. Die Krankenkassen lehnen allerdings nicht nur in Ausnahmefällen die Kostenübernahme für cannabisbasierte Medikamente ab. Die Zeitung bezieht sich dabei auf die Antwort der Bundesregierung
auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke.
Kasse kann Cannabis-Erstattung ablehnen
In begründeten Fällen können Krankenkassen die Kostenerstattung für Cannabismedizin ablehnen. Darauf weist die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken hin. Um die Kostenübernahme zu gewährleisten, sei bei der ersten ärztlichen Verordnung eine Genehmigung der Kasse erforderlich.
Seit Inkrafttreten des neuen Betäubungsmittel-Gesetzes am 10. März diesen Jahres ist Cannabis als Medizin zwar erstattungsfähig und der Patient benötigt für eine Therapie keine Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mehr. Denn nach der neuen Regelung trägt nun der Arzt die Therapieverantwortung. Dies bedeutet aber laut Regierung nicht, dass die Kasse einer Erstattung zustimmen muss, wenn der Patient bereits eine Ausnahmeerlaubnis hat.
Im konkreten Fall hatte die Linke in ihrer Anfrage von einem Fall berichtet, bei dem eine Kasse ihrem Versicherten mit Ausnahmegenehmigung die Erstattung von Cannabismedizin verweigert hatte. Die Kasse war der Ansicht, die Behandlung mit Dronabinol habe keine Aussicht auf Erfolg und es seien nicht alle Therapiealternativen ausgeschöpft.
Nach dem neuen Gesetz obliege die Entscheidung, ob ein Patient mit Cannabisarzneimitteln in Form von getrockneten Blüten und Extrakten angemessen behandelt werden kann, dem Arzt, so das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in seiner Antwort. Die Verschreibung sei nur erlaubt, wenn dieser die Anwendung als zulässig und geboten ansieht und der beabsichtigte Therapieeffekt nicht auf andere Weise erreicht werden kann.
Zur Erstattung dieser Leistung durch die gesetzliche Krankenversicherung bedürfe es bei der ersten Verordnung aber der Genehmigung durch die betreffende Kasse, erläutert das BMG. Und betont, damit werde dem Ausnahmecharakter der mit dem neuen Gesetz eingeführten Regelung Rechnung getragen, wonach die Erstattung von Cannabis-Medizin möglich ist, «obwohl für sie kein genügend hohes Evidenzlevel» vorliege, das üblicherweise für eine Erstattung durch die GKV verlangt werde.
Laut Regierungsantwort können Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis des BfArM zurzeit im Rahmen einer dreimonatigen Übergangsfrist weiterhin Medizinal-Cannabisblüten in der Apotheke erwerben. Eine Erstattung der Kosten auf Grundlage des neuen Gesetzes sei dabei aber nicht möglich.
Presseschau: Schmerzpatient: Ohne Cannabis kann ich nicht leben (Frankfurter Neue Presse)
Die Frankfurter Neue Presse berichtet anhand der Situation von Frank-Josef Ackerman, neben Michael Fischer der zweite Patient, der in Deutschland eine Ausnahmeerlaubnis zum Anbau von Cannabis durch die Bundesopiumstelle besitzt, über die Probleme der Umsetzung des Gesetzes und auch über die Bedeutung der Therapie mit Cannabis für viele Patienten. Irrtümlicherweise berichtet die Zeitung, dass Dr. Franjo Grotenhermen ebenfalls Cannabis medizinisch einsetzt, was nicht der Fall ist. Der Autor hat sich aber entschuldigt und will den Fehler im Text korrigieren.
Schmerzpatient: "Ohne Cannabis kann ich nicht leben"
Frank-Josef Ackerman aus Nieder-Rodenbach ist einer von wenigen Deutschen, die zum Eigenverbrauch Cannabis anbauen dürfen. Der 47-jährige Schmerzpatient musste lange um die Ausnahmegenehmigung kämpfen – und könnte sie bald wieder verlieren.
Ein Dutzend Pflanzen unter hellen Wärmestrahlern sind alles, was Frank-Josef Ackerman von einem Leben voller Schmerzen trennt. Die mannshohen Gewächse stehen in einem Seitenzimmer seiner karg eingerichteten Erdgeschosswohnung in Nieder-Rodenbach. "Mein Cannabis ist sauber", sagt er. "Viel besser als der Kram, den ich früher auf der Straße bekommen habe."
Ackerman ist einer von wenigen Schmerzpatienten in Deutschland, die zuhause Cannabis anbauen dürfen, zum Eigenkonsum. Der 47-Jährige leidet seit knapp zehn Jahren an Poly-Arthrose. Seine Gelenke sind teils knotenhaft verdickt; er bewegt sich langsam, wie ein viel älterer Mann. Vor ein paar Jahren hatte er Krebs.
"Ich hatte Phasen, da habe ich nächtelang nicht geschlafen vor Schmerzen", erzählt er. Die Ärzte verschrieben konventionelle Schmerzmittel. Aber die schlugen entweder nicht an – oder machten seine Situation noch schlimmer, indem sie Magen und Darm angriffen.
Also half Frank-Josef Ackerman sich selbst. Anfangs mit Stoff, den er auf der Straße kaufte. "Ich habe das Zeug in die Pfeffermühle getan, überall drübergestreut und gegessen", erzählt er. Die Substanz schlug an, seine Schmerzen nahmen ab. 2013 stellte sein Arzt ein Rezept aus: Für 15 bis 20 Euro pro Gramm konnte er fortan Cannabis aus der Apotheke bekommen.
Das konnte sich Ackerman nicht leisten: Nach eigenen Angaben raucht er sieben bis acht Joints pro Tag, das entspricht ein bis zwei Gramm. Das Cannabis aus der Apotheke wurde schnell zu teuer - der vierfache Vater ist arbeitsunfähig und bezieht nur eine kleine Rente.
Daraufhin begann er, Cannabis in seinen eigenen vier Wänden anzubauen – und zeigte sich bei der Staatsanwaltschaft an. Dabei bat er die Behörden, wegen seiner speziellen Situation von einer Strafverfolgung abzusehen. "Was soll ich denn machen?", sagt er. "Ich brauche Cannabis, kann mir das Zeug aus der Apotheke aber nicht leisten."
Die Botschaft an die Behörden kam nicht an: Die Polizei durchsuchte seine Wohnung und beschlagnahmte die Pflanzen. Ackerman reichte Beschwerde ein - erst vor dem Amtsgericht in Darmstadt, später vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter gaben ihm Anfang 2015 recht: Aufgrund seiner schweren Krankheit und seiner Mittellosigkeit sei der Eigenanbau in seinem Fall zu rechtfertigen, urteilten sie.
Seither baut Ackerman sei eigenes Cannabis an. Zunächst noch in einer legalen Grauzone, seit Beginn des Jahres 2017 mit einer offiziellen Anbaugenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Diese Genehmigung ist aber befristet: Im Juni läuft sie ab. Und es sieht so aus, als werde sie nicht verlängert.
Seit Beginn des Jahres ist Cannabis auf Rezept freigegeben. Eine entsprechende Gesetzesnovelle hat der Bundestag verabschiedet. Weil medizinisches Cannabis jetzt legal ist, möchte der Gesetzesgeber die laufenden Anbaugenehmigungen so schnell wie möglich kassieren.
"Ein Patient, der jetzt eine befristete Anbaugenehmigung hat, muss sich darum bemühen, dass er sein Cannabis künftig auf konventionellem Weg bekommt", erklärt Dr. Franjo Grotenhermen, der selbst Cannabis zur Behandlung einsetzt. "Er muss also einen Arzt finden, der Cannabis verschreibt, und eine Krankenkasse, die die Kosten übernimmt."
Das, sagt Grotenhermen, funktioniere zurzeit aber nur in der Theorie. "Die meisten Ärzte lehnen es ab, Cannabis zu verschreiben, weil sie Angst haben, das Arzneimittelbudget zu überschreiten." Cannabis aus der Apotheke sei ziemlich teuer.
Und auch die Krankenkassen sperren sich, sagt der Arzt: "Dass die Krankenkassen die Übernahme der Kosten ablehnen, sollte eigentlich die Ausnahme sein, in begründeten Fällen. Momentan ist es die Regel, und die Begründungen sind oft ziemlich schlecht."
Entsprechende Erfahrungen hat Frank-Josef Ackerman schon gemacht: "Ich war bei einer großen Krankenkasse und habe denen gesagt: 'Ich bin Cannabis-Patient, ich brauche Cannabis'. Die haben mir einfach nur gesagt: Von uns bekommen Sie nichts."
So wie Ackerman geht es den meisten, die zurzeit noch Ausnahmegenehmigungen für den Anbau von Cannabis haben: Sie wissen nicht, wie es weitergehen soll.
"Ich habe Angst, dass ich demnächst zuhause nichts mehr anbauen kann, aber aus der Apotheke auch nichts bekomme", sagt Ackerman. "Aber das geht nicht. Ich kann das nicht beenden. Ich nehme das ja nicht zum Spaß. Wenn ich kein Cannabis mehr rauche, kommen die Schmerzen. Dann habe ich kein Leben mehr."
Neue Informationsquellen zum Thema Cannabis als Medizin
Leafly: Ein neues Wissensportal zu Cannabis als Medizin.
Besser leben mit Cannabis: Eine neue Webseite von Max Plenert.
Handreichung zu Cannabis als Medizin von Rechstanwalt Dr. Oliver Tolmein: Die Krankenkassen wehren sich dagegen Cannabis als Medizin zu bezahlen. Die Patienten müssen sich gegen die Kassen wehren. Die Chancen stehen nicht so schlecht.
Erstattungsfähigkeit von Cannabis: Fragen und Antworten, Probleme und Hinweise: Informationen auf der Webseite von Frank Tempel (Die Linke).