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ACM-Mitteilungen vom 20. Februar 2021

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Liebe Leserin, lieber Leser,

der ACM-Vorstand begrüßt die Forderung der FDP, den Genehmigungsvorbehalt bei der Kostenübernahme für cannabisbasierte Medikamente durch die gesetzlichen Krankenkassen abzuschaffen. Das macht nur Sinn, wenn die Bedrohung von Ärzten durch Regresse, also von späteren Strafzahlungen wegen vermeintlicher mangelnder Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Verordnungen, ebenfalls beendet wird.

Obwohl es im Cannabis als Medizin-Gesetz aus 2017 heißt, dass Kostenübernahmen für die Therapie mit Cannabis-Medikamenten „nur in begründeten Ausnahmefällen“ (§ 31 Abs. 6 SGB V) verweigert werden dürfen, liegt die gegenwärtige Quote der Ablehnungen bei etwa 40 Prozent. Das bedeutet, dass die Absicht des Gesetzgebers, die primäre Entscheidung für die Notwendigkeit einer Therapie Ärztinnen und Ärzten zu überlassen, von den Krankenkassen mit Unterstützung der Sozialgerichte unterlaufen wird. Die FDP übernimmt jahrelange Forderungen der ACM nach Streichung von Genehmigungsvorbehalt und Regressdrohung. Diese Forderung wird auch von den Bündnis 90/Die Grünen unterstützt.

Kürzlich antwortete die Bundesregierung auf eine schriftliche Frage von Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) zum Umfang der Förderung der Erforschung des therapeutischen Potenzials von Cannabis-Medikamenten in der Zeit zwischen 2013 und 2021. In 8 Jahren hat die Bundesregierung die Forschung mit weniger als 4 Millionen Euro gefördert, also weniger als eine halbe Million Euro pro Jahr. Mit vier Millionen Euro kann man vielleicht eine einzige klinische Studie mit einer mittelgroßen Teilnehmerzahl fördern. Bei der Forschungsförderung ist daher offensichtlich noch viel Luft nach oben. Man sollte nicht gleichzeitig den Zugang zur medizinischen Nutzung von cannabisbasierten Medikamenten für Patienten an eine ausreichende klinische Forschungslage knüpfen und zugleich die Forschung nicht fördern.

Der ACM-Vorstand möchte seinen Service um eine Liste von Apotheken und Rechtsanwälten aus verschiedenen Bereichen (Sozialrecht, Strafrecht, Führerscheinrecht, Verwaltungsrecht) erweitern und entsprechende Kontaktmöglichkeiten auf die ACM-Webseite setzen. Wir wollen Apotheken aufnehmen, die Mitglied der ACM sind und damit dokumentieren, dass sie in der Thematik engagiert sind. Alle Apotheker, die ein breites Spektrum von cannabisbasierten Medikamenten abgeben, sind herzlich zur Mitgliedschaft eingeladen. Da wir häufig nicht selbst beurteilen können, ob ein Rechtsanwalt entsprechend qualifiziert ist, möchten wir Patienten, die mit ihrem Anwalt gute Erfahrungen gemacht haben, bitten, diesen vorzuschlagen. Wer also beispielsweise einem Anwalt eine Kostenübernahme für ein Cannabis-Medikament verdankt oder mit seiner Hilfe den Führerschein wieder bekommen hat, möge sich gern im ACM-Büro (info@cannabis-med.org) melden.

Noch ein Monat bis zur kostenlosen Online-Konferenz der ACM am 20. März. Es gibt auch noch freie Plätze beim kostenpflichtigen Workshop für Ärztinnen und Ärzte. Die CME-Zertifizierung beider Veranstaltungen durch die Ärztekammer Westfalen-Lippe ist beantragt.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Presseschau: Verordnung von Medizinalcannabis: FDP will Genehmigungspflicht der Kassen abschaffen (Deutsches Ärzteblatt)

Die FDP unterstützt nun auch die Abschaffung des Genehmigungsvorbehalts, nach der die Krankenkassen und nicht Ärztinnen und Ärzte über eine Therapie mit Cannabis und Cannabinoiden entscheiden.

Verordnung von Medizinalcannabis: FDP will Genehmigungspflicht der Kassen abschaffen

Die Verordnung von medizinischem Cannabis sollte nicht länger an eine verpflichtende Geneh­migung durch die Krankenkasse geknüpft sein. Das sieht ein Gesetzentwurf der FDP-Fraktion vor, der dem Deutschen Ärzteblatt eklusiv vorliegt, und den die Partei jetzt beschlossen hat. Der Entwurf soll zeitnah dem Bundestag zur weiteren Beratung zugeleitet werden.

Mit dem Vorstoß soll aus Sicht der Freien Demokraten der Konflikt zwischen Therapiehoheit und ver­pflich­tend einzuholender Genehmigung gelöst werden. Vorgesehen ist demnach auch, dass jeder Arzt selbst ent­scheiden sollte, ob er zur Regressvermeidung einen Antrag bei der Krankenkasse stellt. Ziele seien die Stärkung der Therapiehoheit, der Abbau von Bürokratie und die Förderung der Verordnung von medizi­nischem Cannabis.

Der Schritt ist aus Sicht der FDP notwendig, weil die bestehenden Genehmigungsverfahren in vielen Fällen eine erhebliche Bürokratie darstellen und die Ärzte unnötig belastet werden. Darüber hinaus müssten Patienten oftmals unnötig auf die Verordnung von medizini­schem Cannabis warten.

„Die derzeitige Rechtslage bei der Verordnung von medizinischem Cannabis ist unbefriedigend und trägt weder den wissenschaftlichen Erkenntnissen noch dem tatsächlichen Versorgungsbedarf ausreichend Rechnung“, sagte Wieland Schinnenburg, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags und Spre­cher für Sucht- und Drogenpolitik der FDP-Fraktion, dem Deutschen Ärzteblatt.

Grüne kritisieren die unzureichende Förderung der Erforschung des medizinischen Potenzials von Cannabis-Medikamenten

Am 18. Januar hat die Bundesregierung die schriftliche Frage des Bundestagsabgeordneten Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) beantwortet.

Frage 111 auf Seite 85 in der Bundestagsdrucksache: „In welcher Höhe wurden in der 18. und 19. Legislaturperiode Forschungsförderungen aus Bundesmitteln zur Forschung zu Cannabis als Medizin bewilligt (bitte nach Jahren aufschlüsseln), und falls nicht, wieso wurden sie abgelehnt.“

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Sabine Weiss vom 18. Januar 2021

„Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert seit dem Jahr 2015 eine klinische Studie zur Frage der Wirksamkeit von Cannabidiol CR (Arvisol). Die Förderhöhe beträgt rund 2,65 Mio. Euro. Der Förderzeitraum ist auf acht Jahre angelegt. Zum Projekt im Einzelnen: Projekt im Verbund ESPRIT im Forschungsnetz für psychische Erkrankungen – Klinische Studie zur Wirksamkeit von Cannabidiol CR (Arvisol®) als Zusatztherapie zu einer Behandlung mit Olanzapin oder Amisulprid im Frühstadium einer Schizophrenie Förderzeitraum: 1. Februar 2015 bis 31. März 2022. Fördersumme: 2.653.590 Euro. (...)

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat das Projekt „Cannabis: Potential und Risiken. Eine wissenschaftliche Analyse (CaPRis)“ gefördert. Damit wurde der Kenntnisstand zu den Risiken des Freizeitgebrauchs von Cannabis und dem Potential von Cannabinoiden als Arzneimittel wissenschaftlich analysiert und dargestellt. Förderzeitraum: 1. Oktober 2015 bis 30. September 2017. Fördersumme: 138.858 Euro (...)

Der Gesetzgeber hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durch § 31 Absatz 6 Satz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) mit einer bis zum Jahr 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz von Leistungen nach § 31 Absatz 6 Satz 1 SGB V (Versorgung mit Cannabisarzneimitteln) beauftragt. Dem BfArM werden dafür vom BMG in den Jahren 2017 bis Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 85 – Drucksache 19/26065 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 2022 finanzielle Mittel in Höhe von insgesamt rund 620.557 Euro zur Verfügung gestellt. (...)

Ergänzend wird zum Thema Forschung zur medizinischen Anwendung von Cannabis auf die Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 19/22651 vom 17. September 2020 auf die Kleinen Anfrage „Entwicklungen der Nutzung von Cannabis als Genussmittel sowie der medizinischen und gewerblichen Nutzung“ der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 19/21484) verwiesen (siehe die Vorbemerkung der Bundesregierung sowie die Antwort der Bundesregierung auf Frage 17).“

Dazu schreibt Dieter Janecek auf seiner Webseite:

„(...) Seit März 2017 können behandelnde Ärztinnen und Ärzte Cannabisblüten und -extrakte ihren Patientinnen und Patienten verschreiben. Der Anwendungsbereich von medizinischem Cannabis reicht von der Behandlung von Appetitlosigkeit über Übelkeit und Erbrechen in Folge einer Chemotherapie bis hin zur Therapie von Spastik bei Multipler Sklerose. Das Problem: Der Forschungsstand ist bisweilen sehr gering, erst wenige Cannabis-basierende Medikamente sind arzneimittelrechtlich zugelassen. Für die Off-Label Anwendung und alle anderen Cannabisprodukte ist immer noch eine Kostenübernahme bei den Krankenkassen zu beantragen. Die Folge ist, dass 40 Prozent dieser Anträge abgelehnt werden (BT-Drs. 19/22651), obwohl die Leistung der Krankenkasse nur in begründeten Ausnahmefällen verwehrt werden darf (§ 31 Absatz 6 Satz 2 SGB V). Es wird dabei nicht nur das Urteilsvermögen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte in Frage gestellt, sondern auch das Wohlergehen der Patientinnen und Patienten gefährdet.

Das Interesse an medizinischen Cannabis von Seiten der etablierten Pharma-Unternehmen ist bisher wohl noch zu gering, als dass sie Studien und Forschung finanzieren, um auf arzneimittelrechtliche Zulassungen von Cannabis-Produkten hinzuwirken. Dieser Aufgabe muss dann die Bundesregierung nachkommen und ihr mickriges Budget von durchschnittlich 426.625 € pro Jahr aufstocken (Zeitraum 2015-2022, Antwort auf schriftliche Frage von Dieter Janecek, 01.2021).“

Presseschau: Cannabis: Medizinischer Nutzen führt zu Neueinstufung (Apotheke adhoc)

Das Online-Portal Apotheke adhoc berichtet über Veränderungen die Einstufung von Cannabis und Cannabinoiden in den Drogenkonventionen der Vereinten Nationen.

Cannabis: Medizinischer Nutzen führt zu Neueinstufung (apotheke adhoc)

Seit fast vier Jahren kann Medizinalcannabis nun zulasten der GKV verordnet werden. Die medizinische Wirksamkeit ist bei einigen Erkrankungen gut belegt, in anderen Indikationsgebieten laufen Studien. Genau diese belegte medizinische Wirksamkeit führte dazu, dass die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (Commission on Narcotic Drugs, CND) Cannabis im Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel im vergangenen Dezember herabgestuft hat.

Im Klartext bedeutet das, dass Cannabis noch bis Dezember auf einer Stufe mit anderen Substanzen wie Heroin stand. In der Anlage 4 des UN-Betäubungsmittelabkommens ist Cannabis durch die Neueinstufung nun nicht mehr zu finden. Gerade für den internationalen Handel kann diese Neueinstufung zu mehr Spielraum führen. Doch auch für die Medizin bedeutet sie einen Schritt nach vorne. Denn oftmals haftet der Pflanze noch der alleinige Drogengedanke an. Die zahlreichen medizinischen Wirkungen müssen sich auch knapp vier Jahre nach der Verordnungsfreigabe erst rumsprechen. Der medizinische Gebrauch der Cannabispflanze wird durch die Herabstufung erleichtert werden, urteilen Wissenschaftler und Befürworter des Medizinalcannabis.

Die Herabstufung war seit längerer Zeit ein Projekt der WHO. Ende 2018 hatte eine wissenschaftliche WHO-Arbeitsgruppe der UN empfohlen, sowohl CBD als auch THC im Einheitsabkommen neu zu klassifizieren, gegebenenfalls auch getrennt voneinander. Man müsse beide Substanzen separat betrachten, da sie unterschiedlich wirken. CBD besitzt im Gegensatz zu THC keine (berauschende) psychoaktive Wirkung und sei auch deshalb ungefährlicher. Allgemein sei der medizinische Gebrauch der Cannabispflanze mittlerweile gut belegt, sodass die Versorgung der Patienten durch eine Herabstufung erleichtert werden müsste.

Für den Inhaltsstoff CBD gab es bereits im November vergangenen Jahres Neuigkeiten. Der rechtliche Status der Substanz ist immer noch weitestgehend ungeklärt. Laut Europäischem Gerichtshof kann CBD nicht als Suchtstoff angesehen werden. CBD kann auf zwei unterschiedliche Arten gewonnen werden. Zum einen kann es natürlich aus den Blüten und Fruchtständen der Pflanze gewonnen werden, zum anderen kann der Stoff synthetisch hergestellt werden. Egal nach welchem Verfahren die Verbindung hergestellt wurde – pflanzliches und auch im Labor synthetisiertes CBD fällt nicht unter das BtM-Gesetz.

CBD steht für Cannabidiol. Dieser Inhaltsstoff wird aus den Blüten der weiblichen Cannabispflanze gewonnen, hat jedoch keine psychoaktive Wirkung, da er nur mit geringer Rezeptoraktivität an bestimmte Cannabinoid-Rezeptoren bindet. Der Inhaltsstoff ist dann legal, wenn er aus Nutzhanf gewonnen wird und weniger als 0,2 Prozent THC enthält. Beispielhafte Produkte sind hier CBD-Öl, Gummibärchen und Kaugummis oder Cremes und Gele. Wird CBD nicht aus Nutzhanf, sondern aus Marihuana gewonnen und enthält mehr als 0,2 Prozent THC, muss zwingend eine Verordnung vom Arzt erfolgen.

Viele Mediziner setzen seit langem auf Cannabis. Die einzelnen Inhaltsstoffe haben unterschiedliche Wirkungen. Je nach Indikation ist manchen Patienten besser mit einer THC- oder einer CBD-reichen Sorte geholfen. Auch ausgeglichene Sorten sind am Markt. Bezüglich der Dosisfindung empfehlen die Experten das „Start low, go slow“-Prinzip. Langsames Aufdosieren kann beim Finden der richtigen Dosis helfen. Durch die Neueinstufung durch die UN erhoffen sich Mediziner einen weiteren Fortschritt bei der Verwendung von Cannabisblüten und -extrakten. Bestehende Ängste der Patienten könnten durch eine angemessene Einstufung der Droge abgebaut werden. Nicht selten würden Patienten ihren Arzt fragen, ob sie sich durch die regelmäßige Einnahme nicht in eine Abhängigkeit stürzen würden. Weitere Aufklärung sei ebenso wichtig, wie politische Entscheidungen und Anpassungen, um die Versorgung sicherzustellen, so Experten.

Indikationen für eine Therapie mit Medizinalcannabis gibt es viele. Gerade bei chronischen Schmerzzuständen können Erkrankte von Cannabis profitieren. Wenn starke Schmerzmittel wie Opioide versagen, erfahren Betroffene unter einer Cannabis-Therapie häufig eine erneute Schmerzreduktion. Auch bei Multipler Sklerose und Epilepsie wirkt sich Cannabis positiv auf die Symptomatik aus. Für diese drei Indikationen liegen mittlerweile zahlreiche Studien vor. Auch bei der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen nach einer Chemotherapie sowie zur Appetitsteigerung bei HIV zeigt die Heilpflanze gute Ergebnisse.

Eine Pressemeldung der vergangenen Tage

Drogen offen in der Tankstelle kaufen? – Dreiste Aktion in Frankfrut (Frankfurter Neue Presse)

Cannabis für Medizin und Kosmetik (Stuttgarter Zeitung)

Cannabis: Mehr legaler Konsum und Biotech-Innovationen sorgen für Aufbruchstimmung bei Investoren (wallstreet online)