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ACM-Mitteilungen vom 2. Mai 2020
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Liebe Leserin, lieber Leser,
wir erwarten, dass der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags unsere aktuelle Petition in wenigen Tagen freischaltet. Am 3. April hatte der Ausschuss den Eingang meiner Petition erhalten. Üblicherweise dauert es etwa drei Wochen oder auch etwas länger, bevor die Petition online geschaltet wird. Weitere Infos inklusive der Möglichkeit, einen Newsletter zu Petition zu abonnieren, finden Sie auf der Webseite zur Petition.
Vielleicht dauert es wegen der Corona-Pandemie etwas länger als üblich. Erstmals hat der Vorstand ein Mitglied aus dem Verein ausgeschlossen. Es handelt sich um einen engagierten Arzt, der die Corona-Pandemie leugnet. Wir finden es unverantwortlich, dass Ärzte die Pandemie leugnen und damit Patienten gefährden.
Die ACM bereitet gegenwärtig zusammen mit der Medizinischen Hochschule Hannover eine Online-Umfrage zur Wirksamkeit und Verträglichkeit verschiedener Cannabissorten aus der Apotheke bei verschiedenen Erkrankungen vor. Der Fragebogen soll noch in diesem Monat freigeschaltet werden.
Vor mehr als 25 Jahren hat das Bundesverfassungsgericht die Frage geprüft, ob das Cannabisverbot rechtmäßig ist oder nicht. Jetzt wurde das Gericht durch die Initiative des Richters Andreas Müller erneut aufgefordert, diese Frage zu untersuchen.
Die geplante Mitgliederversammlung der ACM am 27. Juni wird aufgrund der Pandemie-Situation voraussichtlich virtuell im Internet durchgeführt. Alle Mitglieder erhalten spätestens vier Wochen vor dem Termin eine schriftliche Einladung via E-Mail.
Viel Spaß beim Lesen!
Franjo Grotenhermen
Freischaltung der Petition zu Cannabis als Medizin steht kurz bevor
Wir warten gegenwärtig auf die Freischaltung der aktuellen Petition als Online-Petition durch den Petitionsausschuss. Erst dann kann sie online gezeichnet werden.
Am 3. April hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags den Eingang der Petition erhalten. Üblicherweise dauert es etwa drei Wochen oder auch etwas länger, bevor die Petition online geschaltet wird und unterstützt werden kann. Da bereits etwa 25.000 Unterschriften offline auf Papier gesammelt wurden, benötigen wir jetzt noch weitere 25.000 Online-Unterstützer
Durch eine E-Mail an: acm-petition-subscribe@listi.jpberlin.de können sich Interessierte auf einer Mailingliste zur Petition eintragen. Sie werden dann laufend über aktuelle Entwicklungen bei der Petition informiert. Auch auf der neuen Petitionswebseite kann man sich direkt in den E-Mail-Verteiler eintragen lassen sowie die PDF-Datei für die Fortführung der Sammlung von Unterschriften auf Papier herunterladen.
ACM-Vorstand schließt Arzt aus der ACM aus
Der ACM-Vorstand hat am 29. April 2020 beschlossen, erstmals in ihrer mehr als 20-jährigen Geschichte ein Mitglied aus dem Verein auszuschließen. Es handelt sich um den Arzt Manfred van Treek. Auf einer Vorstandssitzung am 9. April wurde beschlossen, ein Vereinsausschluss-Verfahren zu starten. Der Betroffene erhielt die Gelegenheit zu rechtlichem Gehör, was er auch wahrgenommen hatte.
Die Begründung für den Ausschluss lautet:
"Herr van Treek ist Arzt und Mitglied der ACM. Er behandelt Patient*innen mit Cannabis-Medikamenten und hält Vorträge zum Thema Cannabis als Medizin. Darüber hinaus vertritt Herr van Treek Ansichten, die dem Ansehen der ACM schaden. In einem Post auf seiner Facebook Seite vom 5. April 2020 heißt es:
"Bis auf den vom Petitionsschreiber zugestandenen "Mindestabstand von 1,5 m" in den österlichen Riten ein sehr wichtiges Anliegen und eine wichtige Aktion. Die Pandemie gibt es nämlich nicht, somit ist auch ein "Mindestabstand" Unfug. Ich bin dafür, dass die Mensche sich berühren. Das ist nämlich "berührend". Wenn wir die Kirchen im Kampf gegen die Spahnsche und Gatessche Diktatur auf unsere Seite bekommen, dann ist einiges gewonnen."
Diese Aussagen von Herrn van Treek sind angesichts der von der Bundesregierung und der WHO festgestellten Risiken infolge der aktuellen SARS-CoV-2 Pandemie unverantwortlich. Sie führen zu einer erheblichen gesundheitlichen Gefährdung insbesondere von Patient*innen mit schweren und chronischen Erkrankungen.
Die ACM zählt Wissenschaftler*innen Ärzt*innen, Patient*innen und weitere Personen zu ihren Mitgliedern. Es besteht die begründete Sorge, dass auch von Herrn van Treek behandelte Cannabis-Patient*innen diesen Aussagen Glauben schenken könnten und sich so unnötig in Gefahr bringen. Als Mitglied der ACM schadet Herr van Treek damit unmittelbar und in erheblichem Umfang dem Ansehen der ACM, da die ACM die Interessen von Ärzt*innen vertritt, die mit Cannabis-basierten Medikamenten behandeln und unter Cannabis-Patient*innen ein sehr hohes Ansehen genießt."
In einer Stellungnahme von Herrn van Treek vom 19. April 2020 heißt es unter anderem:
„Aus rein formalen Gründen mache ich Sie und die übrigen Vorstandsmitglieder darauf aufmerksam, dass Sie mich mit der genannten Begründung nicht aus unserem Verein ausschließen können. Die genannten Begründungen haben nichts mit unserem Vereinsziel zu tun, sind auch nicht als „Unvereinbarkeits-Kriterien“ in der Satzung genannt. Meine Privatmeinungen können und dürfen nicht Gegenstand eines Vereinsausschlusses sein.“
Die Argumentation von Herrn van Treek konnte den Vorstand nicht überzeugen, sodass der sofortige Ausschluss erfolgte.
Presseschau: Cannabisverbot verfassungswidrig? Bundesverfassungsgericht erneut vor Prüfung des Cannabisverbots
Vor mehr als 25 Jahren hat das Bundesverfassungsgericht sich mit der Frage befasst, ob das Cannabisverbot rechtmäßig ist. Damals wurde diese Frage vom Gericht noch bejaht. Jetzt hat Richter Andreas Müller vom Amtsgericht Bernau dem höchsten deutschen Gericht diese Frage erneut zu Prüfung vorgelegt.
Cannabisverbot verfassungswidrig? Bundesverfassungsgericht erneut vor Prüfung des Cannabisverbots
Gemäß Pressemitteilung des Deutschen Hanfverbandes (DHV) vom 20. April 2020 hatte Jugendrichter Andreas Müller vom Amtsgericht Bernau im September des letzten Jahres angekündigt, sich in zwei von ihm ausgesetzten Verfahren an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu wenden, um das aus seiner Sicht verfassungswidrige Verbot von Cannabis prüfen zu lassen. Müller hat den Normenkontrollantrag mit ausführlicher Begründung an das höchste deutsche Gericht am 20. April 2020 übermittelt.
In der Pressemitteilung des Amtsgerichts Bernau heißt es hierzu:
„Das Amtsgericht Bernau bei Berlin hat am 18. September 2019 zwei Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ausgesetzt und gemäß Artikel 100 Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Strafrichter hat erklärt, dass er alle Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes für verfassungswidrig hält, soweit sie Cannabisprodukte nach der Anlage I zu § 1 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz (BtmG) mit der Folge aufführen, dass der unerlaubte Verkehr mit diesen Stoffen den Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes unterliegt. Hilfsweise hält er (zumindest) die Strafvorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtmG in der Alternative des Erwerbens i.V.m. Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 BtmG für verfassungswidrig.“
Den Vorlagenbeschluss hat das Amtsgericht Bernau als PDF-Datei (141 Seiten, 1,4 MB) online für jedermann verfügbar gemacht.
Richter Andreas Müller vom Amtsgericht BernauRichter Andreas Müller vom Amtsgericht Bernau
26 Jahre nach de letzten Entscheidung zu Cannabis ist das Bundesverfassungsgericht nun erneut dazu aufgerufen, über die Verfassungskonformität des Cannabisverbots zu entscheiden. Der bekannte Richter hat sich damit gemäß Artikel 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) direkt an das Bundesverfassungsgericht gewandt, welches nun über den vorgelegten Normenkontrollantrag entscheiden muss. Mit den vorliegenden Fällen will Müller den Karlsruher Richtern aufzeigen, dass das Betäubungsmittelgesetz in Bezug auf Cannabis weder verhältnismäßig, noch geeignet, noch erforderlich ist.
Grundlage für den Normenkontrollantrag des Bernauer Richters ist eine Mustervorlage des Deutschen Hanfverbandes im Rahmen einer Justizoffensive. Der DHV fordert nun weitere Richter auf, sich der Initiative anzuschließen und das Cannabisverbot ebenfalls in Karlsruhe überprüfen zu lassen.
Der Cannabisbeschluss von 1994
Vor 26 Jahren wurde das strafrechtliche Cannabis-Verbot vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsmäßig erklärt. Seither ist auch hier eine Basisbewegung entstanden, z.B. der Hanfverband. Nun drängt die Thematik in der westlichen Welt mit Macht auf die rechtspolitische Agenda. Auf der Basis einer Resolution des Schildower Kreises, eines lockeren Zusammenschluss von Experten im Drogenbereich, appellierten deshalb vor mehr als sechs Jahren 123 Universitätsprofessorinnen und -professoren des Strafrechts an die Abgeordneten des Bundestages. Sie fordern, der Aufforderung des BVerfG von 1994 nun endlich nachzukommen: zwecks Reform des BtMG soll das Parlament eine Enquête-Kommission zu den „beabsichtigten und unbeabsichtigten Folgen der Drogenprohibition“ einrichten. Das Parlament ist bis heute auf diese Forderung nicht eingegangen.
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist bei zahlreichen Juristen auf Kritik gestoßen. Aus verfassungsrechtlichen und strafrechtstheoretischen Prinzipien ist die Legitimität der faktischen Kriminalisierung des Konsums bestimmter Drogen zu bestreiten: verletzt sind das Rechtsgutsprinzip, das Freiheitsprinzip aus Art. 2 Abs.1 GG und das Gleichheitsprinzip aus Art. 3 GG. Des weiteren verstößt die Drogenprohibition unter zweckrationalen Gesichtspunkten gegen das herausragende Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit. Aus diesem und seinen Unterprinzipien ergibt sich insbesondere, dass der Gesetzgeber nicht nur bei der Schaffung von Gesetzen, sondern auch im Verlauf von deren Anwendung eine Überprüfungspflicht hat. Er muss auf deutliche Veränderungen in der sozio-politischen Wirklichkeit und in der Wissenschaft, erst recht auf Fehlfunktionen eines Gesetzes reagieren. Vergleiche hierzu: Prof. Dr. jur. Dipl.-Psych. Lorenz Böllinger: Die Obsoletheit des Cannabisverbots; Beitrag zur Expertenanhörung Sitzung Gesundheitsausschuss des Bundestages, 27.06.2018
In der Entscheidung vom 09. März 1994 (BVerfGE 90, 145 – Cannabis) waren sich nicht alle Richter/innen einig. Es gab mehrere abweichende Meinungen zum Beschluss insgesamt, so von der Richterin Graßhof:
„[Abs. 194] Durch Strafrecht kann der Gesetzgeber daher den Zweck eines Rechtsgüterschutzes nur verfolgen, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird. Dieser Maßstab unterwirft eine Strafnorm der verfassungsrechtlichen Überprüfung auf zwei Ebenen: Es geht einmal darum, ob in dem Straftatbestand zum Schutze des jeweiligen Rechtsguts Strafe angedroht werden kann. Zum anderen stellt sich die Frage, ob Art und Höhe der angedrohten Strafe den Anforderungen der Verfassung standhalten (vgl. dazu auch BVerfGE 37, 201 [212]). Hierbei ist – worüber im Senat Einigkeit besteht – die Prüfung der Verhältnismäßigkeit auf drei Stufen vorzunehmen. Zunächst muß das strafrechtliche Verbot geeignet und erforderlich sein, das Rechtsgut zu schützen; auf der dritten Stufe ist danach zu fragen, ob die Maßnahmen zum Schutze des Rechtsguts den Betroffenen nicht unzumutbar belasten.“
Auch eine abweichende Meinung des Richters Sommer ist dem Beschluss beigefügt:
„[Abs. 231] Nach den Feststellungen des Senats (vgl. Beschluß C.I.2.c und 3) ist diese Gefahreneinschätzung heute umstritten: Die von Cannabisprodukten ausgehenden Gefahren für die durch das Betäubungsmittelgesetz geschützten Rechtsgüter stellten sich als geringer dar, als der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes angenommen habe. Die unmittelbaren gesundheitlichen Schäden bei mäßigem Genuss seien als eher gering anzusehen. Während körperliche Abhängigkeit weitgehend verneint werde, sei die Möglichkeit einer leichten psychischen Abhängigkeit kaum umstritten; gleichwohl werde das Suchtpotential der Cannabisprodukte als sehr gering eingestuft.
[Abs. 232] Nach meiner Auffassung kann auf der Grundlage dieses Standes wissenschaftlicher Erkenntnis die Gefahreneinschätzung durch den Gesetzgeber, die freilich nur eingeschränkter verfassungsgerichtlicher Kontrolle unterliegt (vgl. BVerfGE 88, 203 [262 f.]), in bezug auf Cannabisprodukte nicht länger unverändert zugrunde gelegt werden. Der einer Beobachtungs-, Prüfungs- und Nachbesserungspflicht unterliegende Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 65, 1 [55 f.]; 88, 203 [309 f.]) muss bereits gegenwärtig Korrekturen – und zwar an den zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten materiellen Straftatbeständen – vornehmen, um einen Verstoß gegen das Übermaßverbot zu beheben; eine bloße weitere Beobachtung und Prüfung in der Zukunft (vgl. Beschluß C.I.6.) genügt nicht. [Abs. 234] Als Folge der Weitergabe von Cannabis (Handel, Abgabe) können auch nicht in vollem Umfang verantwortungsfähige Abnehmer gefährdet werden.“
Das oberste deutsche Gericht entschied zwar, dass das Cannabisverbot durch den Ermessensspielraum gedeckt sei, den das Grundgesetz dem Gesetzgeber einräumt, beschränkte jedoch gleichzeitig die kriminellen Sanktionen, die bei der Durchsetzung des Gesetzes eingesetzt werden dürfen und verpflichtete die Bundesländer zur effektiven Angleichung der Strafverfolgungspraxis. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, neuere wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Ausland zu berücksichtigen um in Zukunft zu entscheiden, ob das Strafrecht tatsächlich das geeignetste Mittel ist um die angestrebten Schutzfunktionen zu erreichen.
Ignorierung des Beschlusses durch den Gesetzgeber
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte sich, wie bereits erwähnt, 1994 mit dem Cannabis-Verbot beschäftigt. Es ist vor allem darauf hin zu weisen, dass das BVerfG in seiner Entscheidung aus dem Jahre 1994 dem Gesetzgeber aufgegeben hat, anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse das Cannabis-Verbot regelmäßig zu überprüfen und ggf. nachzubessern oder aufzuheben. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber bis heute nicht nachgekommen. Auch seitens der Bundesregierung erfolgte diesbezüglich – ausgenommen in Bezug auf Cannabis als Medizin – keinerlei Initiative zum Beispiel durch Erarbeitung einer Gesetzesvorlage. Ganz im Gegenteil, die Bundesregierung unterdrückte auf abenteuerlicher Weise im Jahr 2002 die Stellungnahme der Drogen- und Suchtkommission zur Verbesserung der Suchtprävention.
Titelblatt Abschlussbericht Drogen- und SuchtkommissionTitelblatt Abschlussbericht Drogen- und Suchtkommission
Nach der Jahrtausendwende gab es wiederum einen skandalösen Versuch seitens der Bundesregierung, wesentliche Informationen zur drogenpolitischen Realität zu unterdrücken. Das Bundesministerium für Gesundheit hatte im Jahr 1999 eine Drogen- und Suchtkommission berufen, der hochkarätige Expertinnen und Experten aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Rechtswissenschaften, Sozialwissenschaften sowie ein Vertreter der Betroffenen und ein Journalist und Praktiker angehörten. Das 14-köpfige Gremium hatte sich am 8. Dezember 1999 in Berlin konstituiert. Die Aufgabe der Kommission war es, Empfehlungen zur Verbesserung der Suchtprävention auszuarbeiten. Des Weiteren sollte die Kommission dazu beitragen, einen neuen Nationalen Aktionsplan Drogen und Suchtmittel zu entwickeln, der die wichtigen Aspekte und Maßnahmen in diesem Bereich auf allen Ebenen umfassen sollte.
Am 4. Juni 2002 hatte die Drogen- und Suchtkommission der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), ihren Abschlussbericht zur Verbesserung der Suchtprävention übergeben. Damals hatte das Gesundheitsministerium zu diesem Anlass eine Pressemitteilung mit dem Titel „Politik der Bundesregierung sieht sich durch das Votum der Drogen- und Suchtkommission bestätigt“ veröffentlicht. Sowohl die Pressemitteilung (Nr. 13 vom 4. Juni 2002) als auch eine Vollversion des Abschlussberichtes der Drogen- und Suchtkommission konnte man über mehrere Monate hinweg auf der Website des Gesundheitsministeriums abrufen. Doch später auf einmal suchte man jedoch auf der Website des Ministeriums vergeblich nach diesen beiden Dokumenten. Sie wurden einfach wieder entfernt. Und damit dies nicht allzu auffällig erschien, wurde bei allen Pressemitteilungen der Drogenbeauftragten aus den Jahren 2001 und 2002 die Nummerierung ebenfalls entfernt. Mit nahezu akribischer Präzision wurden hier nach klassischer Geheimdienstmanier wie zu Stalins Zeiten in der Sowjetunion Dokumente aus Verzeichnissen entfernt, um das in diesen amtlichen Dokumenten transportierte Gedankengut besser ausmerzen zu können. Es sei hier angemerkt, dass die hierfür verantwortlichen Politikerinnen in Westdeutschland (BRD) und nicht in der DDR sozialisiert wurden.
Nach wie vor baute die amtliche Drogenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland auf die fachliche Unkenntnis der Bevölkerung und unterschlug deshalb systematisch wichtige Informationen, um den Stand der allgemeinen Unkenntnis nicht zu gefährden. Beispielsweise wurde im Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vom 29. April 2003 der Abschlussbericht der Drogen- und Suchtkommission vom Juni 2002 erwähnt (S. 21), jedoch ohne der Angabe einer Bezugsquelle und unter Unterschlagung wichtiger Empfehlungen der Kommission wie:
„Vielmehr ist besonderes Augenmerk auf mögliche schädliche Nebenwirkungen solcher Gesetze (z. B. Stigmatisierung bestimmter Personengruppen, negative Effekte durch Inhaftierungen etc.) zu richten. Zudem sollten Gesetze regelmäßig evaluiert und daraufhin überprüft werden, ob die in sie gesetzten Erwartungen auch tatsächlich erfüllt worden sind. Sollte die (unabhängige) Evaluation zu dem Ergebnis kommen, dass dies nicht der Fall ist, dann sind die Gesetze abzuschaffen, im Ausnahmefall auch zu ändern.“ [S. 30]
„Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren aus politischen Erwägungen mit dem § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10, 11 und 12 BtMG besondere Tatbestandsformen der Beihilfe zum Konsum geschaffen und mit Strafe bedroht, obwohl vonseiten der Strafverfolgung hier kein Bedürfnis bestand. So zeigen denn auch die Statistiken der Strafverfolgungsbehörden, dass diese Vorschriften nicht zu Verurteilungen führen, aber von den politischen Parteien bei der Bewertung von Drogenhilfe und Therapiemaßnahmen häufig zitiert werden. Die Lösung der Probleme wäre deshalb eine ersatzlose Streichung dieser Vorschriften.“ [S. 31]
Fazit
Die Erkenntnis, dass das BtMG „unrichtiges Recht“ ist, dass die Umsetzung dieses Rechts sozialschädliche Folgen hat und das die Prohibitionspolitik die Merkmale eines Verbrechens aufweist, lässt – um Gerechtigkeit und sozialer Frieden zu gewährleisten und Schaden vom Volk abzuwenden – nur eine logische Konsequenz zu: das BtMG muss aus wissenschaftlicher und rechtlicher Perspektive völlig überarbeitet werden respektive einige Passagen ersatzlos gestrichen werden, um Schaden vom Volk abzuwenden. Bei einer Novellierung des BtMG sollten auf jeden Fall die Förderung von Drogenkompetenz, Drogenmündigkeit sowie die Förderung zur Befähigung eines realistischen Risikomanagements implementiert werden und auf Strafmaßnahmen bei Handlungen, die keine Drittpersonen gefährden, völlig verzichtet werden.
Vergleiche hierzu: Hans Cousto (2010): Daten und Fakten zum deutschen Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und Rechtsanwalt Volker Gerloff (2016): Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen: Legalisierung von Cannabis / Korrektur der Anlage I zum BtmG – Klage auf Cannabis-Legalisierung in Deutschland.
(…)
Presseschau: Richter lässt Cannabisverbot in Karlsruhe prüfen
Auch das Deutsche Ärzteblatt berichtete wie andere Medien von der bevorstehenden Prüfung des Cannabisverbots durch das Bundesverfassungsgericht.
Richter lässt Cannabisverbot in Karlsruhe prüfen
Bernau/Karlsruhe − Ein Richter aus Bernau lässt das Cannabisverbot in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht prüfen. Jugendrichter Andreas Müller hat eine entsprechende Vorlage nach Karlsruhe geschickt, wie er gestern auf Facebook schrieb. Nach Artikel 100 des Grundgesetzes kann ein Gericht ein Gesetz überprüfen lassen, wenn es dieses für verfassungswidrig hält.
Müller hatte den Schritt im vergangenen September angekündigt und setzte zwei Verfahren wegen illegalem Cannabisbesitzes in geringen Mengen aus. In den Verfahren drängten sich aus Sicht Müllers Zweifel auf, ob eine Strafverfolgung verfassungsgemäß sei.
Die Vorlage mit 140 Seiten Begründung soll heute auf der Homepage des Amtsgerichts Bernau veröffentlicht werden. Der Deutsche Hanfverband forderte weitere Richter auf, sich auf Grundlage einer Mustervorlage der Initiative anzuschließen und das Cannabisverbot ebenfalls in Karlsruhe überprüfen zu lassen.
Der Jugendrichter hatte das Bundesverfassungsgericht bereits 2002 prüfen lassen, ob das Cannabisverbot mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Damals entschieden die Karlsruher Richter, dass der Besitz von Haschisch auch in geringen Mengen verboten bleibt. In Deutschland wird seit Jahren über die Legalisierung der Droge diskutiert.