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ACM-Mitteilungen vom 17. November 2018
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Liebe Leserin, lieber Leser,
es gibt gute Nachrichten aus dem Bundesgesundheitsministerium. Gemäß eines Referentenentwurfs aus dem Ministerium von Jens Spahn soll der Aufschlag, den Patienten bisher für Cannabisblüten in den meisten Apotheken zahlen müssen, gestrichen werden.
Weitere geplante Verbesserungen betreffen den Umstieg auf andere cannabisbasierte Medikamente bzw. Cannabissorten. Es soll bei einem Wechsel nicht mehr notwendig sein, einen erneuten Kostenübernahmeantrag zu stellen. Niedergelassene Ärzte brauchen keinen Kostenübernahmeantrag mehr stellen, wenn die Cannabistherapie bereits während eines stationären Aufenthalts begonnen wurde.
Auch Bündnis 90/Die Grünen wollen einen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Gesetzes einbringen.
Zur Erinnerung: Ein Tag nach Inkrafttreten des Gesetzes am 10. März 2017 musste der ACM-Vorstand feststellen, dass Cannabisblüten mit dem neuen Gesetz aus der Apotheke deutlich teurer wurden. Ich hatte damals einen Austausch mit dem Präsidenten der Bundesapothekerkammer zu dieser Frage. Zunächst war es für mich unvorstellbar, dass die Bundesregierung, die in der Begründung für den Gesetzentwurf vom Juni 2016 geschrieben hatte, dass das Gesetz nicht mit einer Zunahme der Kosten für die Bürger einhergeht, dieses Versprechen nicht einhalten würde.
Die Preise sind in der Tat deutlich gestiegen, da die §§ 4 und 5 der Arzneimittelpreisverordnung Aufschläge von 90 bzw. 100 % für Nicht-Fertigarzneimittel vorschreiben. Dies soll den Aufwand für die vorgeschriebene Prüfung der Identität und eventuell weiterer Handlungen in der Apotheke (z.B. Portionierung) der Cannabisblüten in der Apotheke honorieren. Viele Apotheker haben dabei nicht mitgemacht und wie vorher moderate, leichter von Patienten finanzierbare Preise von ihren Kunden verlangt.
Ich war damals vom Gesetzgeber sehr enttäuscht, hatte ich doch vor der Umsetzung des Gesetzes immer betont, dass kein Patient eine Verschlechterung seiner Situation befürchten müsse, viele jedoch eine Verbesserung. Aufgrund des Wortbruchs der Bundesregierung konnte ich mein Versprechen nicht halten. Ich habe unter anderem mit zwei Hungerstreiks reagiert, weil ich den Eindruck hatte, dass es nicht ausreicht, Briefe oder E-Mails zu schreiben und Gespräche mit den drogenpolitischen Sprechern der Parteien zu führen, um auf dieses Thema ausreichend deutlich hinzuweisen. Der erste Hungerstreik fand im Mai 2017 statt und nachdem ich keine ausreichenden Bemühungen erkennen konnte, diesen Missstand zu beseitigen, habe ich im August 2017 zwei Wochen lang nichts gegessen.
Wir sind froh darüber, dass nun an dieser Stelle und zwei weiteren Punkten, die den Wechsel der Medikamente und die Kostenübernahme betreffen, nachgebessert werden soll.
Nach den Hiobsbotschaften der vergangenen 1,5 Jahre gibt es nun erstmals wieder positive Nachrichten. Das zeigt, dass Nachbesserungen möglich sind, wenn wir weiter aktiv bleiben. Der ACM-Vorstand wird sich dafür einsetzen, dass das Gesetz noch in weiteren Punkten nachgebessert wird.
Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Letztlich kann man nie sagen, welche Aktivitäten zum Erfolg führen. Das können auch persönliche Kontakte von Patienten zu Politikern sein oder gemeinsame Aktivitäten wie der Mängelmelder des SCM. Wir können gemeinsam etwas bewirken. Eine pauschale Politikerschelte ist heute populär. Diese Haltung ist unangebracht. Ich habe in den vergangenen 20 Jahren viele sehr engagierte Politiker kennen gelernt. Politiker, die etwas bewirken wollen, brauchen unsere Unterstützung, damit in den Fraktionen und bei den Verantwortlichen Verbesserungen möglich werden. Wenn wir Missstände nicht mit Nachdruck benennen, können wir keine Verbesserungen erwarten. Wir können am aktuellen Beispiel sehen, dass berechtigte Anliegen durchaus Gehör finden. Selbstverständlich sind wir noch nicht am Ziel, und wir brauchen weiterhin einen langen Atem.
Wenn Sie noch nicht Mitglied der ACM sind, überlegen Sie bitte, ob Sie unsere weitere Arbeit durch eine Mitgliedschaft unterstützen können. Wenn Sie bisher unsere Petition noch nicht unterstützt haben, überlegen Sie bitte, ob Sie in Ihrem Umfeld Unterschriften sammeln können. Es sind bereits mehr als 15.000 Unterschriften eingegangen, viele allerdings aufgrund unleserlicher Schrift oder unvollständiger Adresse ungültig. Wir schätzen, dass von diesen Unterschriften etwa 12.000 als gültig gezählt werden können. Mit Ihrer Unterstützung werden wir die 50.000 Unterschriften erreichen können. Bitte verlassen Sie sich nicht darauf, dass andere das für Sie erledigen.
Ihre Stimme zählt!
Viel Spaß beim Lesen!
Franjo Grotenhermen
Presseschau: Mehr Sicherheit vor Arzneimittelpfusch (Ärzte Zeitung)
Das Bundesgesundheitsministerium plant eine Reihe von Gesetzesänderungen, die in den Artikeln 12 und 14 auch Cannabis betreffen.
Mehr Sicherheit vor Arzneimittelpfusch
„(…) Für Ärzte wie auch Patienten relevant: Bei der Versorgung mit medizinischem Cannabis soll laut BMG – nach einmal erfolgter Genehmigung – künftig kein erneuter Antrag bei der Krankenkassen im Falle einer Anpassung der Dosierung oder eines Wechsels der Blütensorte (Wechsel von Blüten der einen Sorte zu Blüten einer anderen Sorte oder Wechsel zwischen verschiedenen Extrakten) notwendig sein. (…)“
Presseschau: Cannabis: Spahn streicht Apothekenhonorar (Apotheke Adhoc)
Die Online-Zeitschrift “Apotheke Adhoc” widmet sich den geplanten Preisreduzierungen bei Cannabisblüten, geht jedoch auch auf die anderen geplanten Änderungen beim Cannabis als Medizin-Gesetz ein.
Spahn streicht Apothekenhonorar
Geht es nach Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wird die Vergütung der Abgabe von Cannabis neu geregelt. Laut Referentenentwurf zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) können rund 25 Millionen Euro eingespart und somit die Ausgaben für medizinisches Cannabis halbiert werden. Seit der Freigabe von Medizinalhanf ist eine Debatte über die Apothekerpreise entbrannt.
Im Referentenentwurf heißt es: „Die Einführung der Verhandlungslösung bei den Arbeitspreisen von Cannabisarzneimitteln, die in Apotheken als Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen abgegeben werden, führt zu Einsparungen von rund 25 Millionen Euro.“
Im Klartext sollen der GKV-Spitzenverband und die Spitzenorganisation der Apotheker die Apothekenzuschläge für die Abgabe von Cannabis und dessen Zubereitungen verhandeln. Das bedeutet das Aus für die bisherige Preisbildung nach Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), die Zuschläge bei unverarbeiteter Abgabe von Cannabisblüten von 100 Prozent und bei der Abgabe von Zubereitungen aus Stoffen von 90 Prozent ermöglicht.
Die Entscheidung wird wie folgt begründet: „Die geltende Regelung der AMPreisV hat für die Krankenkassen angesichts der Zahl der Genehmigungen zur Versorgung mit Cannabisarzneimitteln und der Zahl der Verordnungen von unverarbeiteten Blüten und Zubereitungen aus Blüten zu hohen Ausgaben geführt, so dass es erforderlich geworden ist, die Apothekenzuschläge für die Abgabe als Stoff und für die Zubereitung aus Stoffen von Arzneimitteln nach § 31 Absatz 6 abweichend zu vereinbaren.“
Aber der Entwurf geht noch weiter. So sollen auch für medizinisches Cannabis Rabattvereinbarungen getroffen werden. Im Papier ist zu lesen: „Durch die Soll-Vorgabe in § 130a Absatz 8a Sozialgesetzbuch (SGB) V wird gleichzeitig sichergestellt, dass Rabattvereinbarungen regelhaft geschlossen werden müssen. Zudem wird klargestellt, dass diese Rabattvereinbarungen einheitlich und gemeinschaftlich zu treffen sind.“
Cannabis wird derzeit in Deutschland bei „schwerwiegenden“ Erkrankungen eingesetzt. Gemäß den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften haben Versicherte Anspruch die Versorgung mit Cannabis als getrocknete Blüte oder standardisierter Extrakt sowie Fertigarzneimitteln mit Dronabinol oder Nabilon. Bei der Erstversorgung ist für den Patienten einen Genehmigung durch die Krankenkasse einzuholen.
Wird während der Therapie beispielsweise von getrockneten Blüten auf einen standardisieren Extrakt gewechselt, bedarf es laut Referentenentwurf keiner neuen Genehmigung mehr. „Diese Regelung ist sachgerecht und dient einer kontinuierlichen therapeutischen Behandlung der Versicherten. Vertragsärztlich veranlasste Dosierungsanpassungen der Leistungen nach Satz 1 und Wechsel zwischen den Blüten beziehungsweise zwischen Extrakten sollen möglichst unmittelbar zur weiteren therapeutischen Anwendung kommen können, ohne dass es hierfür eines erneuten Genehmigungsverfahrens für die Folgeverordnung bedarf.“
So soll die individuelle medikamentöse Therapie und fortgesetzte Einstellung der Patienten sichergestellt sein. „So kann es etwa bei getrockneten Cannabisblüten geboten sein, die Versicherten auf die für sie „bestgeeignete“ Sorte mit jeweils standardisierten, aber je nach Sorte unterschiedlichen, Gehalten der Cannabishauptwirkstoffe Tetrahydrocannabinol (THC) sowie Cannabidiol (CBD) stufenweise einzustellen. Entsprechendes gilt für die Dosisfindung bei einer bestimmten Sorte“, lautet die Begründung.
Wird ein Patient während eines stationären Aufenthalts mit einem Cannabis-Arzneimittel behandlet, bedarf es künftig keiner Genehmigung mehr, wenn die Therapie im Anschluss durch den Vertragsarzt fortgeführt werden soll. „Diese Änderung erstreckt sich auf die Versorgung im Wege der vertragsärztlichen Erstverordnung und damit auch auf Verordnungen, die im Rahmen des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1a ausgestellt werden.“ So soll die reibungslose Versorgung mit Cannabisarzneimitteln sichergestellt werden.
Der Wegfall der Genehmigungspflicht in den beschriebenen Fällen soll ebenfalls Einsparungen bringen. „Die Anpassung der Regelungen zur Cannabisverordnung führen durch die Ausnahme von bestimmten vertragsärztlichen Verordnungen für Cannabisarzneimittel aus der Genehmigungspflicht durch die Krankenkassen zu einer administrativen Entlastung der verordnenden Vertragsärztinnen und Vertragsärzten sowie bei den gesetzlichen Krankenkassen und bei dem MDK.“ Zwar sind die Einsparungen nicht näher quantifizierbar, da Angaben zu möglichen Fallzahlen nicht vorliegen. „Pro Einzelfall wird die administrative Entlastung auf circa 60 Euro geschätzt.“
Presseschau: Apotheke bietet Live-Verfügbarkeitsdaten für Medizinalhanf an (DAZ.online)
Einige Apotheken bieten auf ihrer Webseite Informationen zu den verfügbaren Cannabissorten an, darunter die Apotheke Lux99 in Hürth, die Walburga Apotheke in Werl und die Hachtor Apotheke in Rüthen. Wenn Sie weitere Apotheken kennen, die einen solchen Service anbieten, so geben Sie der ACM bitte Bescheid. Wir wollen diese Informationen allen Interessierten auf der ACM-Webseite zur Kenntnis geben.
Apotheke bietet Live-Verfügbarkeitsdaten für Medizinalhanf an
Glüht in Ihrer Apotheke auch der Hörer wegen Lieferengpässen? Was Cannabisblüten betrifft, dafür hat sich die Apotheke lux99 aus Hürth einen neuen Service einfallen lassen. Auf der Apotheken-Website ist tagesaktuell einsehbar, welche Cannabissorten vorrätig und verfügbar sind. Ärzte können ihre Verordnungen anpassen und Patienten ihre Cannabismedizin online reservieren.
Wer Cannabispatienten in der Apotheke zu versorgen hat, kennt diese Unsicherheit: Wann welche Blütensorte von welchem Lieferanten zu bekommen ist, kann zu einer Art Glücksspiel ausarten. Für die Apotheke bedeutet dies, viele Telefonate mit Patienten, Lieferanten und Ärzten zu führen. Für Cannabispatienten können mehrwöchige Therapiepausen entstehen.
An der angespannten Liefersituation wird sich vermutlich so schnell nichts ändern. Ob die Importeure ihre Lieferversprechen halten können oder ob der deutsche Anbau 2020 tatsächlich doch in die Gänge kommt, bleibt abzuwarten. Die Apotheke Lux99 aus Hürth will für ihren Kundenkreis aus der aktuellen Situation das Beste machen und bietet seit drei Wochen über ihre Website „www.cannabis-apotheke.de“ Live-Verfügbarkeitsdaten an.
Verfügbarkeits-Check für Ärzte und Patienten
„Wir fragen jeden Tag bei unseren Lieferanten die Verfügbarkeit der Blütensorten ab. Dadurch können Patienten und Ärzte tagesaktuell verfolgen, was vorrätig ist“, erklärt Tobias Loder, Inhaber der Lux-Apotheke gegenüber DAZ.online. Auf der Seite sind neben den Sortennamen auch Lieferanten, Herkunftsländer, Gebindegrößen und die Gehälter von THC und CBD angegeben. In dunkelgrün markiert sind diejenigen Produkte, welche entweder in der Apotheke vorrätig sind, oder innerhalb von ein bis zwei Werktagen lieferbar sind. In hellgrün werden die Sorten angezeigt, die zwar lieferbar sind, jedoch nicht unverzüglich. Aktuell nicht verfügbare Sorten werden in weiß angezeigt, was derzeit (Seitenaufruf 9. November 2018) die Mehrheit der Produkte betrifft.
Gegen Originalrezept werden Blüten zugeschickt
Ärzte können ihre Verordnun atypische Parteien diktiert morgige wiederholt zu dem Cannabis ad hoc Artikel gen an die aktuelle Liefersituation anpassen – sollten die Patienten ihr Cannabis-Rezept in der Lux-Apotheke einlösen wollen. Denn den Patienten bliebe es dadurch erspart, sich ein neues Rezept holen zu müssen, wenn die zuvor verschriebene Sorte nicht verfügbar ist. „BtM-Rezepte sind nur sieben Tage gültig, und viele Patienten sind auf ihr Cannabis angewiesen. Dadurch kann die Belieferung schnell zeitkritisch werden. Mit unserer Seite wollen wir da etwas den Druck rausnehmen“, so der Inhaber, der schon seit 2014, als Medizinalhanf nur per Ausnahmegenehmigung vom BfArM erhältlich war, Cannabispatienten versorgt.
Loder, der bis zum Anfang des Jahres noch die „Deutsche Internetapotheke“ betrieben hatte, hat zur Kundenbindung der Cannabispatienten noch einen weiteren Service parat. Und zwar können die Patienten ihre Medizin online reservieren und gegen Einsendung des original BtM-Rezeptes im Großraum Köln auch per DHL einfach zuschicken lassen. Selbstverständlich mit versichertem Transport, denn der Versender nimmt damit ein gewisses Risiko auf sich.
Doch ist das Verschicken von Medizinalhanf eigentlich erlaubt? Ein direktes Verbot besteht offenbar nicht. Denn Cannabisblüten gehören zu den Betäubungsmitteln, die in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt sind. Nach den Empfehlungen zum Versandhandel vom 18. März 2004 des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung sind diese Arzneimittelgruppen zwar nicht für den Versand „geeignet“. Der Apotheker habe aber im Einzelfall zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen diese Betäubungsmittel verschickt werden können. Besondere Sorgfalt und Vorsicht dürfte dennoch geboten sein.
Presseschau: G-BA sieht Zusatznutzen von Cannabis-Spray (Gesundheitsstadt Berlin)
Der Cannabisspray Sativex darf weiterhin bei der Indikation mittelschwere bis schwere Spastik bei MS von Erwachsenen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen von Ärzten verordnet werden.
G-BA sieht Zusatznutzen von Cannabis-Spray
Seit sieben Jahren darf das Cannabis-Medikament Sativex bei Multiple-Sklerose bedingten Spastiken eingesetzt werden. Jetzt hat der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) dem THC/CBD-Spray einen Zusatznutzen bescheinigt.
Der Cannabis-Spray Sativex ist für MS-bedingte Spastiken zugelassen, wenn andere Medikamente nicht ausreichend wirken
Seit im März 2017 das Cannabis-Gesetz verabschiedet wurde, wird über Cannabis in der Medizin viel geredet. Doch zu den seither in Apotheken erhältlichen Blüten und Mixturen liegen kaum Studien vor. Viele Experten sehen die fehlende Evidenzlage kritisch. Etwa der Chefarzt der Klinik für Neurologie am Juliusspital Würzburg, der darin sogar einen „Rückschritt ins Mittelalter“ sieht.
Weniger Spastiken bei MS
Dabei gibt es auch staatlich geprüfte Cannabis-Fertigarzneimittel. Hier werden klinische Studien für die Marktzulassung vorausgesetzt. Bereits seit sieben Jahren ist der cannabinoidbasierte Spray Sativex in Deutschland zur Add-on Behandlung der mittelschweren bis schweren Multiple-Sklerose (MS)-induzierten Spastik zugelassen. Das bedeutet, das Mittel darf zusätzlich zur Standardtherapie etwa mit Baclofen und Tizanidin verschrieben werden.
Die Frage, ob Sativex tatsächlich einen Zusatznutzen für MS-Patienten mit Spastiken hat, damit hat sich der Gemeinsame Bundesauschuss jahrelang beschäftigt. Am 1. November hat der G-BA nun seine Einschätzung vorgelegt: Danach gibt es „Hinweise auf einen geringen Zusatznutzen bei mittelschwerer bis schwerer MS-induzierter Spastik.“
Jeder zweite MS-Patient spricht auf den THC/CBD-Spray an
Die Hinweise stammen aus den klinischen Studien GWSP 0604 und SAVANT. An der Savant-Studie nahmen 190 schwer betroffene MS-Patienten teil, die entweder Sativex® oder ein Placebo zusätzlich zur antispastischen Standardtherapie erhielten. Bei allen Studienteilnehmern hatte die bisherige Standardtherapie nicht zu einem ausreichenden Erfolg geführt. In der Sativex-Gruppe führte das Add-on bei mehr als jedem zweitem Probanden zu messbaren Verbesserungen der Spastik und der damit verbundenen Schmerzen und Lebensqualität. Objektive Kriterien waren unter anderem die Länge der Gehstrecke und die Schmerzintensität. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht beschrieben, am häufigsten wurde über Schwindel und Müdigkeit berichtet.
Nebenwirkungen wie Nebel im Kopf verschwindet nach ein paar Wochen
Neurologen zufolge bilden die Studien-Ergebnisse ziemlich gut die praktische Erfahrung mit Sativex ab. In den Sauerland-Klinik Hachen müssen die Patienten Tagebuch führen, wenn sie Sativex nehmen. Die Auswertungen von Chefarzt Dr. Markus Heibel zeigen, dass 56 Prozent der Patienten auf den THC und CBD-haltigen Spray ansprechen, die anderen 44 Prozent nicht. Die Responder profitierten aber enorm davon, berichtete Chefarzt Dr. Markus Heibel auf den Neuwochen in Berlin, und könnten die anderen antispastischen Medikamente meist drastisch reduzieren.
Zu den Nebenwirkungen sagte der Neurologe aus dem Sauerland: „Das Gefühl, benebelt im Kopf zu sein, verschwindet nach einer Gewöhnungsphase. Motivieren Sie deshalb Ihre Patienten die ersten acht Wochen durchzuhalten.“ Gleichzeitig wies er darauf hin, dass ein Anfangsversuch mit einer erheblichen Symptomverbesserung einhergehen müsse, um die Therapie längerfristig fortzusetzen.
Wichtig sei auch, die Patienten immer wieder anzuleiten, wie der Spray anzuwenden ist: So müsse nach jedem Sprühstoß 10 bis 15 Minuten gewartet werden, der nächste Hub müsse dann unbedingt an einer anderen Stelle in der Mundhöhle erfolgen. Bei maximaler Therapie mit vier Sprühstößen dauert das ganze rund eine Stunde.
Rauschzustände wie beim Kiffen verursacht das Cannabis-Medikament Experten zufolge nicht. Das enthaltene CBD hemmt vermutlich die psychotrope Wirkung von THC.
Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage
Deutschland – das neue Eldorado der Cannabisbranche? (Boerse.ARD.de)
Selbsthilfegruppe kommt zusammen (Saarbrücker Zeitung)