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ACM-Mitteilungen vom 15. August 2015
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Filme für Ärzte und Patienten, in denen Dr. Grotenhermen die Möglichkeiten einer medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten erläutert
Ein Film für Patientinnen und Patienten erläutert die Möglichkeiten der medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten in Deutschland, einerseits zur Verschreibung von Medikamenten auf Cannabisbasis (Sativex, Dronabinol und Nabilon) und andererseits zum Vorgehen bei einem Antrag auf eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von
Cannabisblüten (Länge des Films: 20 Minuten).
Ein Film für Ärztinnen und Ärzte erläutert, welche Möglichkeiten zum legalen medizinischen Einsatz von Cannabisprodukten in Deutschland bestehen und auf welche Aspekte aus ärztlicher Sicht zu achten ist, damit der zeitliche Aufwand überschaubar bleibt, wenn Ärztinnen und Ärzte einen Patienten entsprechend behandeln möchten. (Länge des Films: 20 Minuten).
Wie sieht der aktuelle Stand der von der Bundesregierung versprochenen Geseztesänderung aus? Kommt das Gesetz erst 2016 und nicht wie angekündigt 2015?
In einer Antwort auf eine Frage zur medizinischen Cannabisverwendung auf parlamentswatch.de schreibt Frau Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, dass eine Gesetzesinitiative des Bundesgesundheitsministeriums zur Kostenübernahme von Cannabisblüten und Medikamenten auf Cannabisbasis „spätestens 2016 verabschiedet werden“ soll. Bisher war immer die Rede davon, dass das Gesetz 2015 verabschiedet werden und Anfang 2016 in Kraft treten soll.
„Sehr geehrter Herr K.,
Das Problem von Lieferengpässen für Medizinialhanf nehme ich ernst und setze mich dafür ein, dass Patienten, die Cannabismedikamente benötigen, diese auch erhalten. Gesetzlich Krankenversicherten mit einer schwerwiegend chronischen Erkrankung soll ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von Blüten oder Extrakten und Arzneimittel (mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon) eingeräumt werden.
Mit den derzeitigen Instrumenten der Preisregulierung besteht kein Einfluss auf den Herstellerabgabepreis, der der Erstattung von Medizinalhanf und des Rezepturarzneimittels Dronabinol zugrunde liegt. Der Abgabepreis dieser Produkte ist mangels Vorliegens von Studien hinreichender Evidenz weder dem Nutzenbewertungsverfahren und der anschließenden Festlegung eines Erstattungsbetrages zugänglich, noch liegen die Voraussetzungen vor, um die Ausgaben mit Hilfe eines anderen bestehenden Instruments wie z. B. des Festbetragssystems zu regulieren. Auch existiert bislang kein Wettbewerb im Markt.
Es ist aber in meinem und im Interesse von Bundesgesundheitsminister, Hermann Gröhe, schwer-chronisch kranken Patienten Cannabismedikamente besser zugänglich zu machen. Eine solche Gesetzesinitiative wird derzeit im Ministerium vorbereitet, sie soll spätestens 2016 verabschiedet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Marlene Mortler“
In einem Interview mit dem Tagesspiegel erklärte Frau Mortler zudem Folgendes: „Wichtig ist mir, dass wir die Patienten, die einen Antrag auf Cannabis-Medikamente gestellt haben, jetzt auch mit einer Studie begleiten, um zu sehen, ob ihnen diese Arznei wirklich hilft.“
Es stellt sich daher die Frage, ob die Bundesregierung die Möglichkeiten für eine Therapie mit Cannabisprodukten hinsichtlich der Indikationen bzw. der Krankheiten einschränken möchte. Bisher gilt das Prinzip, dass es bei einem Antrag auf eine Ausnahmeerlaubnis nicht auf die Studienlage für eine bestimmte Indikation ankommt, sondern dass ärztlicherseits plausibel dargelegt wird, dass konventionelle Therapiemaßnahmen unzureichend wirksam sind oder nicht vertragen werden, und dass daher eine Therapie mit Cannabisprodukten indiziert ist, insbesondere wenn diese sich im illegalen Selbstversuch, legal im Ausland oder nach Rezeptierung eines Medikamentes auf Cannabisbasis als wirksam erwiesen haben.
Will die Bundesregierung bestimmte Patienten erneut zwingen, ihr Recht auf eine wirksame Medikation mit Cannabisprodukten vor den Verwaltungsgerichten bzw. Sozialgerichten zu erstreiten?
Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Frank Tempel zu den Lieferausfällen bei Cannabisblüten in deutschen Apotheken
In einer Antwort der Bundesregierung (Drucksache 18/5633, Seite 51) auf eine Frage von Frank Tempel (Die Linke) zur Versorgungssicherheit mit Cannabisblüten schreibt die Parlamentarischen Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz im Auftrag der Bundesregierung: „Lieferengpässe sind der Bundesregierung in den letzten Monaten nicht mehr bekannt geworden.“ Viele Patienten haben da andere Erfahrungen gemacht, auch wenn sich die Versorgungslage seit dem letzten Winter deutlich verbessert hat.
Frage von Frank Tempel
„Was hindert die Bundesregierung daran, die Daten der Patientinnen und Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis (etwa die vom Arzt durch die Apotheken angeforderte monatliche Höchstmenge an Cannabis oder die von den Patientinnen und Patienten halbjährlich angegebene Verbrauchsmeldung) mit den Daten der Firmen, welche die Medizinal Cannabisblüten aus den Niederlanden nach Deutschland importieren und folglich die importierten Mengen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dokumentieren müssen, zusammenzuführen, um die bisher fehlende statistische Erfassung von Lieferengpässen (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 26 auf Bundestagsdrucksache 18/4539) im Sinne der zukünftigen Verbesserung der Versorgungslage für schwerstkranke Patientinnen und Patienten zu vermeiden?“
Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz vom 24. Juli 2015
„Im Erlaubnisverfahren für den Erwerb von Cannabis zur medizinischen Anwendung geben die Ärztinnen und Ärzte eine Erklärung ab, die Angaben über den therapeutischen Cannabisbedarf einer Patientin bzw. eines Patienten in einem Vier-Wochen-Zeitraum (28 Tage) umfasst. Auf der Grundlage der ärztlichen Erklärung wird die Cannabis-Höchstmenge einer Patientin bzw. eines Patienten mit der Erwerbserlaubnis behördlich festgelegt. Dies ist vor dem Hintergrund der Gesetzesziele des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) erforderlich. Mit dem BtMG verfolgt der Gesetzgeber insbesondere das Ziel, die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs zu gewährleisten. In Ausformung dieses Ziels sieht § 9 BtMG bei der Erteilung einer Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln eine Mengenfestlegung vor, um den legalen Betäubungsmittelverkehr auf das unbedingt notwendige Maß zu begrenzen. Dies gilt auch in den Fällen der vom BfArM patientenindividuell erteilten Erwerbserlaubnisse. Seit einiger Zeit teilt das BfArM den am Import von medizinischem Cannabis nach Deutschland beteiligten Unternehmen regelmäßig die Anzahl der Erlaubnisinhaber sowie eine nach Maßgabe der Mengenfestlegungen in den Erlaubnissen ermittelte Gesamtbedarfsmenge an medizinischem Cannabis mit. Hierbei handelt es sich um eine Hochrechnung des potentiellen Bedarfs, weil die jeweils erlaubten Erwerbsmengen an medizinischem Cannabis nicht in jedem Einzelfall von den Patientinnen und Patienten ausgeschöpft werden. Daneben ermittelt das BfArM halbjährig die Verkehrsmengen an legalen Betäubungsmitteln in Deutschland und damit auch die tatsächlichen Verkehrsmengen an medizinischem Cannabis. Diese Daten können lediglich die Mengen des nach Deutschland importierten und von Patientinnen und Patienten mit Erwerbserlaubnis in deutschen Apotheken tatsächlich erworbenen medizinischen Cannabis erfassen. Aus der Differenz der tatsächlich erworbenen Menge medizinischen Cannabis und der potentiellen Cannabis-Gesamtbedarfsmenge lassen sich keine Aussagen oder Prognosen über Lieferengpässe treffen. Zur Vermeidung von Lieferengpässen ist – dies gilt für alle legalen Betäubungsmittel zur medizinischen Anwendung – eine vorausschauende Planung der in der Lieferkette am Betäubungsmittelverkehr beteiligten Apotheken, Händler, Importeure und Hersteller notwendig. Die relevanten Akteure in dieser Lieferkette erhalten vom BfArM die für eine vorausschauende Planung benötigten Informationen. Lieferengpässe sind der Bundesregierung in den letzten Monaten nicht mehr bekannt geworden.“
Presseschau: Nach Freispruch für Hasch-Anbauer: Behörde uneins bei Marihuana-Urteil (WDR)
Nach einem Freispruch für einen Patienten wegen illegalen Cannabisanbaus hat die Staatsanwaltschaft Dortmund Berufung eingelegt. Der WDR berichtete.
„Die Staatsanwaltschaft Dortmund will sich nicht mit einem Urteil zum Anbau von Cannabis zufrieden geben. Gegen den Freispruch des Amtsgerichts Unna für einen Schmerzpatienten, der selber Hanfpflanzen angebaut hatte, hat sie Berufung eingelegt.
Seit vielen Jahren leidet der chronische Schmerzpatient an Diabetes, Bandscheibenproblemen und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sämtliche herkömmlichen Schmerzmittel können ihm nicht helfen. Die Kosten für eine legale Cannabisversorgung über eine Apotheke waren für den Sozialhilfeempfänger nicht tragbar. Deshalb hatte sich der 46-Jährige zum Selbstanbau entschieden. Ein Nachbar hatte den Mann angezeigt.“
Presseschau: 27-Jähriger verurteilt: Cannabis zu therapeutischen Zwecken angebaut (Südwest Presse)
Ein Patient aus Senden in NRW, der Cannabis zu medizinischen Zwecken verwendet, wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. Er besitzt eine Ausnahmeerlaubnis für die Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke, kann sich das Medikament aber nicht leisten. Er zeigte sich selbst wegen des Anbaus von Cannabis an.
„Fünf Monate Haft wegen Drogenanbaus. Dazu ist am Dienstag ein 27-Jähriger aus Senden verurteilt worden. Der Mann hatte Cannabis zu medizinischen Zwecken angepflanzt – und sich selbst angezeigt.
So etwas erlebt Amtsgerichtsdirektor Thomas Mayer wohl selten. Soeben hat er dem Angeklagten die Einstellung des Verfahrens geradezu wärmstens ans Herz gelegt. „Denn wenn wir hier verhandeln, müssen Sie mit einer Verurteilung rechnen. Ich will ihnen nur Gutes“, sagt der Richter. Der 27-Jährige auf der Anklagebank jedoch lehnt ab. Mayer ist überrascht, sagt: „Also, normalerweise freuen sich Angeklagte über solche Vorschläge des Gerichts.“ 50 Minuten später verurteilt der Richter den Mann aus Senden zu fünf Monaten Haft auf Bewährung – wegen vorsätzlichen Anbaus von Betäubungsmitteln.“
27-Jähriger verurteilt: Cannabis zu therapeutischen Zwecken angebaut
Presseschau: Früher Marihuana-Konsum nicht verantwortlich für spätere Gesundheitsprobleme (Medizin aktuell)
Medizin aktuell berichtete über eine Studie, über die in den IACM-Informationen vom 8. August 2015
„Einer neuen Studie zufolge habe ein regelmäßiger Marihuana-Konsum bei Jugendlichen auf die spätere Entwicklung physischer wie psychischer Probleme keine Auswirkung.
Das Medikament mit Namen Cannabis bleibt ein heiß diskutiertes Thema in den USA, weil im letzten Monat mit Oregon bereits der vierte US-Bundesstaat nach Alaska, Colorado und Washington den Freizeitkonsum von Marihuana legalisierten. Die öffentliche Wahrnehmung gegenüber diesem Medikament verändert sich und es dürfte wahrscheinlicher werden, dass viele weitere US-Bundesstaaten den Konsum von Marihuana in der Freizeit als legal einstufen.
In den USA zählt Marihuana zu den am weitesten verbreiteten illegalen Drogen und zahlreiche Studien untersuchten bereits ihre Auswirkungen. Langfristiger Konsum der Droge steht in Zusammenhang mit einer Vielzahl unerwünschter Nebenwirkungen.“
Früher Marihuana-Konsum nicht verantwortlich für spätere Gesundheitsprobleme
Presseschau: Kiffer erwarten die große Drogen-Revolution (Die Welt)
Die Welt berichtete in einem ausführlichen Beitrag über die weltweiten Veränderungen zur Haltung gegenüber der aktuellen Rechtslage von Cannabis für medizinische Zwecke und den Freizeitkonsum.
„Noch nie wurde die Legalisierung von Cannabis so diskutiert wie heute. Mehrere Bundesländer wollen bald selbst Haschisch verkaufen. In Berlin, München und Barcelona warten Menschen auf die Revolution.
Die Zeit ist reif, sagen sie. Es passiert gerade etwas, sagen sie. Es liegt etwas in der Luft. Weltweit. Sagen sie. Und zählen auf: Colorado, Washington State, Uruguay. Sie alle haben in den vergangenen Monaten Cannabis legalisiert. Und wenn es da geht, sagen sie, die Menschen, die für eine Freigabe kämpfen, für die Anerkennung der Droge als Medizin, dann muss es doch auch bei uns gehen. Und deshalb steht, an einem Junivormittag, beobachtet von einem halben Dutzend Kamerateams und Journalisten, eine gut gelaunte Frau vor einem Postkasten in Berlin und hält einen Briefumschlag in die Objektive. Es ist ein gewöhnlicher Umschlag, braunes Umweltpapier, die Adresse wurde in sauberer Handschrift mit einem schwarzen Filzstift aufgetragen.“
Kiffer erwarten die große Drogen-Revolution
Presseschau: SPD-Gesundheitspolitiker: Eine neue Cannabis-Politik ist nötig (Vorwärts)
Thomas Isenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus setzt sich in der SPD-Zeitschrift Vorwärts für eine Änderung der Cannabispolitik ein, weil die bisherige Politik gescheitert ist und es Zeit wird, den Status quo zu überdenken.
SPD-Gesundheitspolitiker: Eine neue Cannabis-Politik ist nötig
„Lasst uns aufbrechen in eine neue Zeit!“ Mit einem flammenden Appell bezieht Thomas Isenberg Stellung in der aktuellen Debatte über eine mögliche Cannabis-Legalisierung. Isenberg hält das Verbot für gescheitert und fordert eine „regulierte Legalisierung“.
Um deutlich zu sein: Ich bin kein Fan von Kiffer-Romantik. Stattdessen geht es mir ganz klar um Gesundheits- und Präventionspolitik, auf dem Boden von Fakten, Zahlen und Tatsachen. Betrachten wir die Realität: Cannabis ist in allen Schichten der Gesellschaft weit verbreitet. Circa 40 Prozent aller 18- bis 25-Jährigen haben mindestens einmal im Leben Cannabis konsumiert. Zwar verfällt der überwiegende Großteil nicht in riskant regelmäßigen Konsum. 0,5 Prozent der erwachsenen deutschen Allgemeinbevölkerung erfüllen die Kriterien eines Cannabismissbrauchs, weitere 0,5 Prozent die einer Cannabisabhängigkeit. Im Vergleich zu den Alkohol- und Tabakexzessen und deren gesundheitlichen Folgen und Problemen zwar auch nicht schön, aber eben wesentlich geringer als bei anderen (legalen) Drogen!
„Cannabis-Verbot ist gescheitert“
Also was tun? Mehr Law und Order – damit eine Prohibition greift? Noch mehr Verbote, Polizei und strengere Durchführungsverordnungen, um den Beelzebub auszutreiben? Sorry Innenpolitiker: Das Verbot ist gescheitert – auch das gehört zur fachlichen Einsicht, die gesundheits- und präventionspolitische Fachkreise Land auf Land ab und international in überwältigender Mehrheit alle teilen. Wir brauchen etwas anderes für eine bessere Gesundheit der Bevölkerung! In Ländern, die einen neuen Weg der Entkriminalisierung und Neuregulierung gegangen sind, ist der Cannabiskonsum keineswegs gestiegen: Das juristisch/innenpolitische Dogma der sogenannten „Generalprävention“ des rechtlichen Verbots ist bei Cannabis ein Mythos, der sich bestenfalls für Gruselmärchen eignet, aber nun wirklich keine „erzieherische“ oder Vorbildwirkung hat. Schade eigentlich, wie einfach wäre es doch dann, oder? Jede/r im Bierzelt und am Stammtisch würde das verstehen?!
Vom Status-Quo profitieren derzeit eine ganze Reihe dubioser Schwarzhändler, die zudem den Stoff auf Kosten der Gesundheit der Cannabiskonsumierenden mit Blei oder Kleber strecken. Was hilft, zeigen andere Länder. „Machen wir den Dealer arbeitslos“ so ein Motto, das mir gefällt. Trocknen wir den unseriösen Schwarzmarkt aus – zu Gunsten der Gesundheit. Auch ein weiterer Kollateralschaden des jetzigen „Cannabisrechts“ wird so vermindert: Was für ein Irrsinn - pro Jahr gibt es in Deutschland über 150.000 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Cannabis, die fast alle im konsumnahen Bereich, also meist gegen Cannabis-Konsumentinnen und -Konsumenten geführt und in dreiviertel der Fälle eingestellt werden. Immenser Aufwand ohne Wirkung! Auch die Polizei wäre uns mehr als dankbar für Änderungen.
Problematischer Konsum trotz Jugendschutz
Lasst uns rationale Politik machen! Und auch aufräumen mit dem Mythos der „Einstiegsdroge“. Ja, ich verstehe, dass Eltern oftmals Angst um ihre Kinder haben. Aber gerade deswegen nochmal: Trotz bestehenden Verbots können viele Eltern von Cannabis-rauchenden Jugendlichen aus eigenem Erleben oder aber vom Hörensagen erzählen. Mist in der Tat: Denn gerade der Jugendschutz ist wichtig, auch gesundheitlich. Wie bei anderen Drogen, z.B. Alkohol, entwickeln schon heute viel zu viele Jugendliche einen problematischen Konsum. Statistisch liegt das Durchschnittsalter des ersten Cannabiskonsums bei 16,7 Jahren (Stand: 2011). Ich betone: Trotz Verbots!
Also hilft insgesamt wohl doch nur eine verschärfte „schwarze Sherriff-Politik“ á la Unionsparteien? Wohl kaum, wie auch die Erfolgsbeispiele anderer Länder zeigen. Und Fachstellen für Suchtprävention schreiben ganz klar: Die Kriminalisierung verhindert den Zugang von Jugendlichen zur Prävention, die Stigmatisierung führt zur Tabuisierung, auch in Schulen, in der Elternarbeit und anderswo. Sogar diejenigen, die „die schweren Fälle“ hinterher in der Therapie haben, sagen in ihren Forderungspapieren: Schaut nicht weg – macht die Regeln neu bei Cannabis!
Mitglieder sollen entscheiden können
Deshalb: Regulierte und kontrollierte Produktion, kontrollierte und lizenzierte Abgabe an Erwachsene bei Stärkung des Jugendschutzes, der Präventionsarbeit in den Kiezen und Settings wie z.B. in den Schulen, für Stärkung der Elternarbeit und bessere Aufklärung. Ja, ich bin froh, dass in immer mehr Kommunen, Bundesländern, aber auch von mehreren Bundestagsabgeordneten, auch der SPD, dieser Weg eingefordert wird. Macht mit! In Berlin wird die SPD nun im Herbst eine Landes-Mitgliederbefragung starten.
Letztlich müssen wir uns fragen: Augen schließen vor der Realität des jetzigen Cannabis-Rauschs, oder aber diesen - auch präventionspolitisch sinnvoll - neu kanalisieren? Ich bin mir sicher: Heute brauchen wir eine verantwortungsvolle Novelle des Bundesbetäubungsmittelgesetzes. Und zwar unabhängig von ebenfalls überfälligen Änderungen der Kostenerstattung und des Zugangs zu Cannabis als Medizin für Patientinnen und Patienten. Hier kann man derzeit de-facto von „Staatsversagen“ sprechen: Dies führt leider nicht selten zu unnötigem Leid, das gelindert werden könnte.
Auf dem Weg zur regulierten Legalisierung?
Lasst uns aufbrechen in eine neue Zeit! Ach ja: Immerhin 66 Prozent der Sympathisanten der SPD befürworten laut aktueller Forsa-Umfrage einen neuen Weg der regulierten Legalisierung. Sicherlich: (Noch) kein Thema für „die breite Mitte“, aber eins für die Glaubwürdigkeit! Die Fakten sprechen für sich.
Presseschau: Homburger Mediziner verschreibt Cannabis zum Wohl eines Kindes (Saarbrücker Zeitung)
Die Saarbrücker Zeitung berichtete über die Verwendung von Dronabinol (THC) durch Ärzte der Universität des Saarlandes. THC wird an vielen Universitätsklinken in Deutschland verwendet, vor allem um schwere neurologische Erkrankungen zu behandeln.
„Der zweieinhalb-jährige Luuk aus dem Saarland leidet an schwerer Epilepsie – Der Homburger Chefarzt Gottschling therapiert ihn mit THC
Hanf-Medikamente für schwerkranke Kinder sind umstritten. Deshalb gibt es nur wenige Ärzte, die ihnen Cannabis verschreiben. Einer von ihnen ist Professor Gottschling. Zum Homburger Mediziner kommen besorgte Eltern aus ganz Deutschland.
Wenn Luuk einen epileptischen Anfall bekommt, kann er manchmal nicht mehr selbstständig atmen. Mit einem Beatmungsbeutel geben seine Eltern ihrem zweieinhalb-jährigen Sohn dann den nötigen Sauerstoff. Sechs verschiedene Anti-Epileptika haben die Ärzte im bisher kurzem Leben des kleinen Saarbrückers schon ausprobiert – die Nebenwirkungen sind teilweise gravierend: Von einem Medikament bekam er Nierensteine, die operativ entfernt werden mussten.“
Homburger Mediziner verschreibt Cannabis zum Wohl eines Kindes
Presseschau: Die Enttabuisierung einer Droge (Stern)
Auch der Stern greift die gegenwärtige Debatte um den rechtlichen Status von Cannabis auf und verweist auf die historischen Entwicklungen sowie verschiedene Einsatzmöglichkeiten.
„Seit einigen Jahren wird die Cannabis-Forschung eifrig vorangetrieben. Die Belege für den medizinischen Nutzen sind mittlerweile erstaunlich und werden nicht länger ignoriert - von der Kifferdroge zum Heilmittel.
In 5000 Jahre alten Grabhügeln in Sibirien fanden Archäologen Cannabissamen. Die Chinesen nutzten die Pflanze schon vor Jahrtausenden als Grundlage für Arzneimittel. In der Geschichte der Menschheit waren Cannabisprodukte zumeist legal, sie waren ein Bestandteil vieler medizinischer Tinkturen und Extrakte – auch in Deutschland.
Dann kam das 20. Jahrhundert. 1930 lief der Film "Reefer Madness" ("Kiffer-Wahnsinn") in den Kinos, ein von der Kirche finanzierter Streifen über Marihuana als Mörder der Jugend. Das Killergras. Die Einstiegsdroge. Das war der Beginn der Kriminalisierung von Cannabis.
Doch nun naht die Befreiung. Seit einigen Jahren wird die Cannabisforschung wieder vorangetrieben.“