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ACM-Mitteilungen vom 14. September 2024
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich möchte heute eine neue Plattform von Copeia zur Sammlung von Kasuistiken (Fallberichten) vorstellen. Es gab in der Vergangenheit vereinzelte, weitgehend gescheiterte Versuche, eine solche Datenbank aufzubauen. Das aktuelle Projekt von Copeia erscheint recht vielversprechend. Von Ärzten gut dokumentierte Fallberichte haben seit dem letzten Jahr eine erhöhte Bedeutung für Kostenübernahmen erlangt. Das Bundessozialgericht hatte Ende 2022 darauf hingewiesen, dass auch der Verweis auf veröffentlichte Fallberichte ein Nachweis dafür sein kann, dass Cannabis bei einer bestimmten Erkrankung oder Symptomatik hilfreich sein kann. Durch diese Sammlung können sich Ärzte gegenseitig wirksam bei einem Antrag auf eine Kostenübernahme für eine Therapie mit Cannabismedikamenten durch die gesetzlichen Krankenversicherungen unterstützen.
Heiter weiter
Franjo Grotenhermen
Termine
ACM-Sonntagsmeeting (jeden 1. Sonntag im Monat)
Sonntag, 6. Oktober. um 16:00 Uhr
Beim ACM-Sonntagsmeeting gibt es zu Beginn immer einen sehr kurzen Vortrag – beim kommenden Meeting ein wenig bekanntes Thema im Bereich des Endocannabinoidsystems –, bevor dann Fragen gestellt werden oder aktuelle Dinge diskutiert werden können.
3. Beratertreffen (Treffen der ausgebildeten Berater)
Samstag, 5. September um 14:00 Uhr
Falls Sie als ACM-Mitglied oder Berater den Zugangslink nicht mehr finden können, wenden Sie sich gern an die ACM unter info@arbeitsgemeinschaft-cannabis-medizin.de.
Presseschau: Cannabis im Straßenverkehr: Positiver Test, ohne gekifft zu haben? (MDR)
Hätte man beim neuen Grenzwert für die Teilnahme am Straßenverkehr eine Gleichbehandlung von Cannabis und Alkohol vornehmen wollen, so wäre es korrekt gewesen, überhaupt keinen Grenzwert einzuführen. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Cannabiskonsumenten unabhängig von ihrer THC-Konzentration im Blut ein erhöhtes Unfallrisiko aufweisen, das etwa dem von einer Blut-Alkohol-Konzentration (BAK) von 0,5 Promille entspricht. Das wäre jedoch politisch nicht durchsetzbar gewesen, sodass die damalige Arbeitsgruppe einen Wert vorgeschlagen hat, der auch politisch durchsetzbar war. Der Nachteil: viele regelmäßige Cannabiskonsumenten werden immer über dem nun festgesetzten Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter liegen. Darauf weist der MDR in einem lesenswerten Beitrag hin.
Cannabis im Straßenverkehr: Positiver Test, ohne gekifft zu haben?
Bei regelmäßigem Konsum kann Cannabis länger im Blut nachweisbar sein – auch wenn die letzte Einnahme schon einige Zeit zurückliegt. Ein Test kann also positiv sein, auch wenn die Person nicht mehr bekifft ist. Der Grenzwert für THC im Straßenverkehr wurde nun auf 3,5 Nanogramm erhöht. Können damit Falschsanktionierungen vermieden werden?
Seit dem 22. August 2024 gilt im Straßenverkehr bei Cannabis-Konsum der Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blutserum. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertengruppe hatte den neuen Grenzwert empfohlen. Bisher wurde sanktioniert, wenn 1 Nanogramm oder mehr nachgewiesen wurde.
Welche Strafen drohen?
Autofahrer, die nun mit 3,5 Nanogramm oder höher erwischt werden, müssen mit einer Strafe von 500 Euro sowie einem Monat Fahrverbot rechnen. Das Bußgeld steigt auf 1.000 Euro, wenn zusätzlich auch noch Alkohol nachgewiesen werden kann.
Ausgenommen vom neuen Grenzwert sind Fahranfänger in der Probezeit sowie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres. Sie dürfen auch weiterhin kein THC im Blut haben, wenn sie hinter dem Steuer sitzen. Wer sich nicht daran hält, riskiert eine Strafe von 250 Euro.
Drogen am Steuer: Ordnungswidrigkeit oder Straftat?
Die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes schreibt zu dieser Frage auf ihrer Webseite: "Wer unter dem Einfluss von illegalen Drogen wie Cannabis, Heroin, Morphin, Kokain, Amphetamin oder Ecstasy ohne Ausfallerscheinungen am Straßenverkehr teilnimmt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einer Geldbuße bis zu 1.500 Euro und einem Fahrverbot zwischen einem und drei Monaten rechnen.
Kommen drogenbedingte Fahrfehler, eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder sogar ein Verkehrsunfall hinzu, handelt es sich um eine Straftat (Paragraph 316 Strafgesetzbuch: Freihheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe, Paragraph 315c Strafgesetzbuch: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe)." Und der Führerschein ist dann natürlich auch weg.
THC bei regelmäßigem Konsum teilweise lang nachweisbar
"Das Problem beim Cannabis ist und das stellt bei Drogen eine große Besonderheit dar, dass sich dieser Cannabis-Wirkstoff THC im Körper anreichert. Das heißt, dass es sich in Muskeln und Fettgewebe ablagert und da Depots aufbaut. Bei jemandem, der täglich oder auch täglich mehrmals konsumiert, reichert sich so viel in seinem Körper an, dass er dann aus diesen Speichern an das Blut wieder THC abgibt, auch in Phasen, wo er nicht konsumiert hat", erklärt Rechtsmediziner Professor Stefan Tönnes im März 2024 gegenüber Voss & Team. Aus diesem Grund hatte er auch den nun höheren Grenzwert empfohlen. "Weil das nach meiner Einschätzung und der von einigen Kollegen ein Grenzwert ist, der kein besonders hohes Verkehrsrisiko darstellt. Letztlich das aber diejenigen, die häufiger konsumieren, deutlich entlastet, was eine Falschbeurteilung angeht.“
Wie lange kann THC im Körper nachgewiesen werden?
Der ADAC schreibt zum Abbau von THC auf seiner Webseite: "Wie lange THC sowie das unwirksame Abbauprodukt THC-COOH (THC-Carbonsäure) nachweisbar sind, hängt unter anderem davon ab, wie viel und wie häufig eine Person Cannabis konsumiert. Es gibt grobe Richtwerte, an denen man sich orientieren kann. Im Einzelfall kann die Dauer der Nachweisbarkeit aber deutlich davon abweichen.
Wird Cannabis geraucht oder inhaliert, gelangt THC nahezu unmittelbar ins Blut und erreicht innerhalb weniger Minuten seine Höchstkonzentration. Danach fällt diese stark ab und halbiert sich teilweise innerhalb von 45 bis 60 Minuten. Bei gelegentlichem Konsum sind lediglich für rund sechs Stunden Konzentrationen über dem aktuellen Grenzwert im Straßenverkehr von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum (1 ng/ml) zu erwarten. Bei regelmäßigem Konsum wird THC im Gewebe gespeichert, und durch eine langsame Rückverteilung ins Blut kann es Tage dauern, bis dieser Wert unterschritten wird."
Ist ein Grenzwert von 3,5 Nanogramm je Milliliter hoch genug, um Falschsanktionierungen zu vermeiden?
Stefan Tönnes ist von dem neuen Grenzwert überzeugt, denn Personen mit einer THC-Serumkonzentration von bis zu 3,5 Nanogramm je Milliliter wiesen im Normalfall keine so deutlichen Defizite in der Leistungsfähigkeit auf, dass sie ein besonderes Verkehrssicherheitsrisiko darstellen würden. "Mit dem Abweichen von dem analytischen Grenzwert (Anm. d. Red.: damit ist der bisher gültige Grenzwert von 1 Nanogramm je Milliliter gemeint) sind Personen, die etwas mehr als selten konsumieren, vor einer Falschsanktionierung geschützt. Es gibt bei der politischen Entscheidung für einen Grenzwert kein absolutes Richtig oder Falsch, da sich eine allgemeingültige Lösung für das Problem wissenschaftlich nicht finden lässt", erklärte er im Juni 2024 auf MDR-Anfrage.
Ein fairer Grenzwert sei schwierig zu finden, sagt auch Toxikologe Doktor Fabian Pitter Steinmetz. Seiner Meinung nach ist der Grenzwert zu "konservativ": "Man könnte auch einen höheren Grenzwert, beispielsweise 10 Nanogramm pro Milliliter nutzen, um zu differenzieren zwischen Menschen, die quasi beeinträchtigt sind oder nicht. Auch da würde es wahrscheinlich regelmäßig Konsumenten treffen, die nicht beeinträchtigt sind."
Toxikologe: Cannabis-Grenzwert für Straßenverkehr zu niedrig
Kritik gibt es auch vom Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM), Professor Matthias Graw. "Die Menschen, die regelmäßig konsumieren, profitieren kaum von der Grenzwertanhebung, weil sie auch die 3,5 Nanogramm pro Milliliter nicht selten überschreiten werden. Sie werden also nach wie vor von der Ordnungswidrigkeit bedroht sein", sagt er gegenüber dem ZDF.
Darum ist die konsumierte Menge schwer einschätzbar
Was aber sollte man beachten, wenn man gerne öfter Cannabis konsumieren möchte und dennoch Auto fahren will? Das ist gar nicht so einfach, vor allem wenn man täglich oder mehrmals täglich kifft. "Die Abgabe von THC aus den tiefen Körperspeichern ans Blut wird sich nach wissenschaftlichen Erfahrungen auch noch über einige Tage hinziehen, so dass Konsumierende keine Möglichkeit haben, die bei ihnen vorhandene THC-Konzentration einzuschätzen", erläutert Rechtsmediziner Stefan Tönnes. Das gelte auch, wenn der letzte Konsum bereits mehr als zwölf Stunden zurückliegt. "Dieses Phänomen des 'residualen THC' hat zu der Empfehlung geführt, bei Verkehrskontrollen einen Speicheltest vorzuschalten, mit dem positive Befunde überwiegend nur bei einem aktuellen Konsum erhalten werden", sagt er. Ansonsten haben Konsumierende, laut dem Rechtsmediziner, nur eine Möglichkeit zur Einflussnahme: nämlich, den Konsum zu beschränken.
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