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ACM-Mitteilungen vom 13. Januar 2018

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Liebe Leserin, lieber Leser,

vor 5 bis 10 Jahren lauteten einfallslose Überschriften zum Thema Cannabis noch „Cannabis: Teufelsdroge oder Wundermittel“. Es war der Versuch, mediale Aufmerksamkeit durch einen reißerischen Slogan zu erzielen, zu einer Zeit, in der niemand, der halbwegs ernst zu nehmen war, mehr wirklich in diesen extremen Alternativen dachte.

Wir machen Fortschritte: heute lauten entsprechende Überschriften und Aussagen „Cannabis ist kein Allheilmittel“, in einer Zeit, in der das niemand, der halbwegs ernst zu nehmen ist, behauptet. Alle Ärzte, die sich in diesem Gebiet auskennen, wissen, dass Cannabis zwar ein sehr breites Einsatzgebiet besitzt, aber sehr häufig nicht oder kaum wirkt. Es ist jedoch erfreulich, wenn Teufelsdroge und Wundermittel aus dem Sprachgebrauch weitgehend verschwunden sind.

Wir dürfen davon ausgehen, dass mit einer zunehmenden Normalisierung der Therapie mit Cannabis-Medikamenten und einem realistischen Blick auf die Thematik in den kommenden Jahren die Verwechslung von breitem Einsatzgebiet und Allheilmittel ebenfalls ihre Auflösung finden wird.

Die Zahl der zumindest theoretisch verfügbaren Sorten an Cannabisblüten nimmt weiter zu. Eine gute Übersicht dazu bietet das Forum der ACM. Wir dürfen hoffen, dass die Lieferengpässe im Jahr 2018 mit einer besseren Einschätzung des Bedarfs abnehmen werden.

Der Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN) hat sich in der Oktober-

und November-Ausgabe ihrer Zeitschrift Neurotransmitter ausführlich mit dem Thema Cannabis als Medizin befasst.

Es gibt in diesem Jahr auch vermehrt Fortbildungen der Ärzteschaft zum Thema. So wird Prof. Dr. med. Winfried Häuser bei einer Fortbildungsveranstaltung der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft am 27. Januar 2018 in Stuttgart über den „Stellenwert von cannabisbasierten Arzneimitteln und Medizinalhanf in der Inneren Medizin und Schmerztherapie“ referieren.

Der MDK Bayern führt in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer Bayern am 7. März 2018 eine Veranstaltung unter dem Titel „Cannabis quo vadis?“ (auf deutsch: Cannabis wohin gehst du?) durch.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Presseschau: Sondierung: Schwerpunkt auf Gesundheit (Apotheke adhoc)

In den Sondierungsgesprächen zur Bildung einer Regierung durch CDU/CSU und SPD wurden bereits Namen von Politikern genannt, die das gesundheitspolitische Programm der Regierung umreißen sollen. Diese werden auch Ansprechpartner für unsere Forderungen zum Thema Cannabis als Medizin sein, sollte die SPD sich für eine Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden.

Sondierung: Schwerpunkt auf Gesundheit

Die Sozial- und Gesundheitspolitik wird in den Sondierungen zwischen CDU, CSU und SPD über die Fortsetzung einer Großen Koalition (GroKo) offenbar eine zentrale Rolle spielen: Mit ingesamt neun Vertretern der drei Parteien ist die Verhandlungsgruppe „Soziales/Rente/Gesundheit/Pflege“ am stärksten besetzt. Die 13 anderen Sondierunsgruppen sind mehrheitlich mit sechs Politikern besetzt. Für die Union verhandelt unter anderem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), für die SPD Fraktionsvize Karl Lauterbach.

Bis zum 11. Januar sind zunächst fünf Sondierungstermine geplant. Überraschend ist allerdings, dass die Verhandlungsführung der Gruppe Soziales/Rente/Gesundheit/Pflege nicht bei den Gesundheitspolitikern liegt: Die CDU hat dafür die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer nominiert, die CSU schickt Barbara Stamm ins Rennen und die SPD die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer.

Welchen Stellenwert die SPD dem Thema Soziales einräumt, lässt sich daran ablesen, das neben Lauterbach auch Fraktionschefin Andrea Nahles dieser Gruppe angehört. Für die CDU verhandelt neben Gröhe und Kramp-Karrenbauer die für Arbeit und Soziales zuständige Fraktionsvize Sabine Weiss. Die CSU schickt neben Stamm außerdem Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml und Stephan Stracke, Mitglied in Ausschuss Arbeit und Soziales und stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss, ins Rennen. Verhandlungsgegenstand dieser Sondierungsgruppe dürfte vor allem die Forderung der SPD nach Einführung einer Bürgerversicherung sein. Dies wird von der Union abgelehnt. Einig sind sich Union und SPD dagegen über den Ausbau der Pflege. Die SPD drängt zudem auf deutliche Verbesserungen bei der Rente für Geringverdiener. Auch das ist umstritten ebenso wie die SPD-Forderung nach Anhebung des Mindestlohnes.

Die Sondierungsverhandlungen beginnen am 7. Januar um 12 Uhr in einer Plenumsrunde. Sodann werden die Themen in 14 einzelnen Arbeitsgruppen beraten. Die Sondierungsgespräche werden von Montag bis Freitag alternierend in den jeweiligen Parteizentralen und der bayerischen Landesvertretung stattfinden. Am 12. Januar wollen die Parteiführungen die Ergebnisse bewerten. Die SPD will auf einem Sonderparteitag am 21. Januar dann über die formale Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Sollte es danach förmliche Koalitionsverhandlungen geben, bräuchte der ausgehandelte Vertragstext die Billigung durch einen SPD-Mitgliederentscheid. Die SPD will sich aber bis Ende der Sondierungen offenhalten, ob sie tatsächlich in eine erneute Große Koalition gehen will oder andere Möglichkeiten einer Zusammenarbeit anstrebt.

„Wir starten optimistisch in die Verhandlungen“, hieß es in einer im Anschluss an ein erstes Treffen in einer gemeinsamen Erklärung. Zum Ende der Sondierungen soll es eine gemeinsame Abschlusserklärung geben. SPD-Chef Martin Schulz sagte nach dem Treffen, man habe „sehr konzentriert und zielgerichtet“ gearbeitet und eine gute Arbeitsgrundlage geschaffen, „auf der wir am Sonntag die Sondierungen beginnen können“.

An der Spitzenrunde nahmen neben Schulz die CDU-Vorsitzende, Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Volker Kauder und Andrea Nahles, sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt teil. Die drei Parteivorsitzenden berieten sich vorübergehend auch alleine mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sowie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und dessen niedersächsischem Amtskollegen Boris Pistorius (SPD). Hier dürfte die Flüchtlings- und Asylpolitik im Mittelpunkt gestanden haben.

An dem Vorbereitungstreffen der Unionsseite waren dem Vernehmen nach vorübergehend Gröhe und Huml beteiligt. Dabei dürfte es auch um die Bürgerversicherung gegangen sein. Zeitweise war auch der geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier (CDU) in die Beratungen eingebunden. Dementsprechend dürften hier schon unter anderem die Finanzspielräume für die laufende Legislaturperiode angesprochen worden sein.

Presseschau: Der Milliarden-Markt mit Marihuana (boerse.ARD)

Mit Cannabis wird heute bereits viel Geld verdient. In der Zukunft werden es viele Milliarden sein. Einen kleinen Überblick bietet das Erste Deutsche Fernsehprogramm ARD auf seiner Webseite.

Der Milliarden-Markt mit Marihuana

Seit Jahresbeginn ist der Konsum von Cannabis in Kalifornien legal. Weitere US-Bundesstaaten und ganz Kanada wollen noch in diesem Jahr folgen. Unternehmen und Investoren bereiten sich vor - denn die Türen eines milliardenschweren Marktes öffnen sich.

Boxlegende Mike Tyson hat investiert: Auf einem Grundstück in der kalifornischen Wüste soll schon bald eine Cannabisfarm entstehen. Seit dem 1. Januar dürfen Bewohner des westlichen US-Bundesstaats Cannabis für den Freizeitgebrauch besitzen. Unternehmen bauen ihre Kapazitäten aus und erste Investoren lassen ihre Gelder fließen - jeder will dabei sein.

Berauschende Zahlen

Denn mit der Legalisierung erhielten über 50 Millionen Bürger die Möglichkeit, Cannabis zu konsumieren – und natürlich zu kaufen. Kalifornien wird für die Hälfte aller US-Verkäufe verantwortlich sein, sagt Chris Walsh vom Branchenmagazin "Marihuana Business Daily". Der Start sorgte bereits für lange Schlangen vor den kalifornischen Geschäften.

Wie ein Staat vom Rausch profitieren kann, zeigen Colorado und Washington: Seit der Freigabe 2012 wurden zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen und der Tourismus boomt. Rund 135 Millionen Dollar an Steuereinnahmen hat Colorado 2015 allein durch den Verkauf von Marihuana-Produkten verbucht. Washington rechnet für 2017 mit Steuereinahmen aus dem Marihuana-Geschäft von 315 Millionen - 93 Millionen mehr, als die Alkoholsteuern 2016 einbrachten.

Der Markt wächst und wächst

Mittlerweile haben acht US-Bundesstaaten den Konsum legalisiert - weitere könnten schon bald folgen: Unter anderem planen Massachusetts und Maine die Legalisierung für 2018. Experten schätzen, dass bis 2020 insgesamt 18 Bundesstaaten den Freizeitkonsum freigeben werden – in 29 ist der Konsum zu medizinischen Zwecken bereits erlaubt.

Kanada will im Juli nachziehen und das Wahlversprechen von Premierminister Justin Trudeau einlösen: Damit wäre Kanada der erste G7-Staat, der Cannabis landesweit legalisiert. Schon seit 2001 Marihuana dort als medizinisches Mittel erlaubt. Die kanadischen Unternehmen bereiten sich auf den Ansturm vor: Viele erweiterten ihre Belegschaft, um die Produktion steigern zu können.

Denn die Nachfrage ist hoch. "Marijuana Business Daily" schätzt, dass der Markt bis 2020 zwischen 24 und 44 Milliarden Dollar schwer sein könnte. Insgesamt wurden durch den legalen Verkauf in Kanada und Nordamerika im vergangenen Jahr 6,7 Milliarden Dollar umgesetzt - bis 2021 soll die Summe auf rund 20 Milliarden Dollar steigen.

Kein Boom in Deutschland

In Deutschland wird der Boom wohl vorerst ausbleiben: Zwar wurde der Konsum zu medizinischen Zwecken im März vergangenen Jahres freigegeben, doch sogar dieser Bedarf konnte bislang nicht gedeckt werden. Ab 2019 soll der Verkauf auch aus deutschem Anbau erfolgen - er wird jedoch durch die Cannabis-Agentur des Bundesministeriums für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) kontrolliert. Nur ausgewählte Unternehmen dürfen medizinischen Cannabis anbauen – ansonsten bleibt der Anbau und freie Konsum weiterhin verboten. Bislang musste daher importiert werden - unter anderem aus Kanada.

Wer investiert und profitiert

Dort brummt der Markt bereits. Die größte kanadische Marihuana-Aktie ist die Canopy Growth - mit einer Marktkapitalisierung von 4,98 Milliarden Dollar. Besonders die Marke "Tweed" ist bekannt: Sie entstand aus der Kooperation mit dem Rapper Snoop Dogg. Der Kurs von Canopy jagte nach Bekanntgabe im Oktober 2016 in die Höhe. Insgesamt hat die Aktie im vergangenen Jahr ein Plus von 224 Prozent verbucht.

Die Kursgewinne lockten bereits erste Investoren an. So hat der US-Alkoholgetränkehersteller Constellation Brands im Oktober vergangenen Jahres einen Anteil von Canopy Growth gekauft: Für 190 Millionen Dollar gehören ihm nun zehn Prozent.

Auch der berühmte Silicon-Valley-Milliardär und PayPal-Gründer Peter Thiel ist bereits eingestiegen. Mit seinem Founders Fund übernahm er Anteile an der Private-Equity-Firma Privateer Holdings. Als erster institutioneller Großinvestor hat sich die Gesellschaft schon seit 2015 auf das Cannabis-Geschäfte spezialisiert: Im Portfolio sind drei Start-Ups, die von dem Wachstum auf dem US-Markt profitieren wollen.

Aktienkurse im Rausch

Davon will auch die Deutsche Cannabis AG profitieren. Das Berliner Beteiligungsunternehmen konzentriert sich seit 2014 auf Firmen in den USA. Mit der Legalisierung in Kalifornien verzeichnete die Aktie binnen fünf Tagen ein Plus von rund 169 Prozent. Doch in der Vergangenheit sorgte das Unternehmen vor allem für negative Schlagzeilen: Die BaFin hatte dem Unternehmen im September 2016 Verstoß gegen das Wertpapiergesetz vorgeworfen: Die Deutsche Cannabis hatte ihre Jahresbilanz nicht im Rahmen der Frist veröffentlicht. Im Dezember setzte die BaFin eine Geldbuße in Höhe von 375.000 Euro fest.

In Sydney kamen die Cannabis-Aktien vergangenes Wochenende ebenfalls in Fahrt: Unter anderem der Aktienkurs von Auscann stieg innerhalb von zwei Tagen um rund 160 Prozent, nachdem die australische Regierung den medizinischen Konsum freigegeben hatte.

Der weltweit erste Marihuana-ETF startete vergangenen April an der Börse in Toronto: Vom Horizons Marijuana Life Sciences Index-ETF wird ein Vermögen von über 587 Millionen Dollar verwaltet. Im Dezember startete dann der ETF MG Alternative Harvest als erster amerikanischer Marihuana-ETF: Er verfolgt den Prime Alternative Harvest Index und legte in den ersten fünf Handelstagen von 5,7 Millionen Dollar auf über 77 Millionen Dollar zu.

Noch spielen nicht alle mit

Doch die Euphorie kennt Grenzen: Einige kanadische und amerikanische Banken wollen keine Geschäfte mit Unternehmen aus dem Cannabis-Sektor eingehen. Der Royal Bank of Canada ist die Branche zu risikoreich. US-Banken stellen sich quer, weil die US-Bundesregierung den Konsum von Cannabis verbietet. Da sie von der Fed kontrolliert werden, haben sie Angst vor Konsequenzen. Nur rund 400 Banken und Kredithäuser erklären sich bislang bereit, Cannabis-Gelder zu verwalten. 2017 standen daher rund 70 Prozent der Cannabis-Unternehmen ohne Bankkonto da.

Erst die durch die Obama-Regierung gelockerten Rechtsvorschriften machten es den Bundesstaaten möglich, über die Freigabe von Marihuana selbst zu entscheiden. Die Trump-Regierung will die zunehmende Legalisierung nun aufhalten: Ab sofort müssen die Staatsanwälte entscheiden, ob sie sich an das Bundesrecht oder das jeweilige Recht des Bundesstaates halten. Sollten weitere Gesetze gegen die Legalisierung folgen, könnte der Rausch schon bald wieder vorbei sein.

Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage

Cannabis ist kein Allheilmittel (Gesundheit adhoc)

Cannabis-Aktien springen nach Exportplänen (n-tv)

Nachfrage nach Cannabis auf Rezept überraschend hoch (Stern)

So viele Patienten bekommen Cannabis auf Rezept (Frankfurter Allgemeine)

Cannabis aus der Apotheke überraschend stark nachgefragt (RP Online)

Viel Cannabis, aber nicht für Kiffer (Neue Zürcher Zeitung)

Berauschend lichtempfindlich (ETH Zürich)