Veröffentlicht
Zuletzt aktualisiert
Lesezeit

ACM-Mitteilungen vom 11. Juni 2022

Authors

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Debatte um das Vorhaben der Regierung, Cannabis für den Freizeitkonsum von Erwachsenen zu legalisieren, hat die Diskussion um Verbesserungen beim Zugang zu cannabisbasierten Medikamenten etwas in den Hintergrund gedrängt. Aber auch das Thema generelle Legalisierung ist für Patienten von Bedeutung, da viele Patienten ohne Kostenübernahme weiterhin kriminalisiert werden, wie aktuell das Beispiel des Schmerzpatienten Günter Weiglein zeigt.

Erfreulicherweise betonen drogenpolitische Sprecher der Parteien im Bundestag, dass sie auch notwendige Verbesserungen im medizinischen Bereich unterstützen. Nachdem wir zunächst die Antwort von Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen) auf unsere Fragen zum Thema veröffentlicht hatten, folgt nun die Antwort von Dirk Heidenblut (SPD).

Die diesjährige Mitgliederversammlung der ACM am 25. Juni 2022 – alle Mitglieder wurden bereits separat eingeladen – ermöglicht den Mitgliedern einen Einblick in die Ausbildung zum ACM-zertifizierten Berater für Medikamente auf Cannabisbasis, da alle kostenlos an einem der monatlichen Seminare im Rahmen des einjährigen Kurses teilnehmen können.

Wir sehen uns in 2 Wochen.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Antwort von Dirk Heidenblut, drogenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag

Wir dokumentieren hier die Antwort von Dirk Heidenblut, drogenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, auf unsere Fragen zu einem Positionspapier, das vor einem Jahr von Wissenschaftlern und Medizinern formuliert und von den meisten drogenpolitische Sprechern der im Bundestag vertretenen Parteien unterstützt wurde.

„Lieber Herr Grotenhermen, liebe Frau Müller-Vahl,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ihr Positionspapier hat bei mir positiven Anklang gefunden. Derzeit werden die Weichen für ein Gesetz der kontrollierten Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken gestellt, die Herausforderungen und Schwierigkeiten der Medizinal Cannabis-Patientinnen und Patienten dürfen wir im Anschluss keinesfalls vergessen.

Obgleich das "Cannabis als Medizin-Gesetz" 2017 ein außerordentlich wichtiger Schritt war, sehen wir Nachbesserungsbedarf z.B. bei den Rahmenbedingungen und dem Genehmigungsvorbehalt. Dieser versperrt vielen Patientinnen und Patienten den Weg zu einer ärztlich empfohlenen und erfolgversprechenden Therapie. Dabei wäre es wichtig, den Menschen, die Cannabis medizinisch benötigen, den Zugang zu gewährleisten.

Die Verschreibung von Cannabis als Behandlungs- oder Therapiemethode ist vielerorts noch mit Vorurteilen und Stigmatisierungen behaftet. Es braucht Forschung und Evidenz, die den Nutzen von Medizinal Cannabis für Patientinnen und Patienten festhält, um diese Vorurteile aufzubrechen. Dann kann sichergestellt werden, dass Cannabis auch diejenigen erreicht, die es medizinisch brauchen. Und zwar auf einem Weg, der ohne große Hindernisse gangbar ist.

Ich werde mich weiterhin engagiert dafür einsetzen, dass es möglichst schnell zu Verbesserungen kommt.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Heidenblut“

Presseschau: Drogenbeauftragter koordiniert Vorhaben zur Cannabislegalisierung (Deutsches Ärzteblatt)

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will im Sommer mehrere Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen, darunter die Legalisierung von Cannabis. Das Vorhaben wird von dem Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), koordiniert.

Drogenbeauftragter koordiniert Vorhaben zur Cannabislegalisierung

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung Burkhard Blienert (SPD) wird zunächst die Koordinierung für das geplante Gesetz zur Legalisierung von Cannabis leiten. Das erklärte heute ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG).

Die ersten Gespräche dazu liefen. Ob der Prozess der Gesetzgebung noch in diesem oder im kommenden Jahr abgeschlossen werde, sei „relativ unspektakulär“, so der Sprecher.

SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Legalisierung von Cannabis geeinigt. Es soll demnach kontrolliert an Erwachsene in lizenzierten Geschäften erhältlich sein. Kritiker wiesen in den vergangenen Monaten darauf hin, dass Deutschland zwei UN-Verträge ratifiziert habe, die eine generelle Strafbarkeit von Anbau, Verkauf und Besitz von Cannabis vorsehen.

Blienert sprach sich gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe für eine neue Debatte über den Umgang mit Alkohol und Cannabis aus.

„Unser Weg muss weg von der Repression, hin zu Schutz und Hilfe führen.“ Im Koalitionsvertrag seien bereits die kontrollierte Cannabisabgabe an Erwachsene und gleichzeitig Einschränkungen bei Alkoholwerbung und Sponsoring vereinbart worden.

„Es geht hier im Kern darum, endlich beide Substanzen als das zu akzeptieren was sie sind: Rauschmittel, die insbesondere bei übermäßigem und regelmäßigem Konsum gesundheitliche Schäden verursachen.“

Dafür brauche es keine Repression, sondern Aufklärung, ein besseres Risiko- und Gesundheitsbewusstsein der Menschen. „Für beides gilt: Sowohl Cannabis als auch Alkohol sind Rauschmittel, die in den Händen von Kindern und Jugendlichen nichts zu suchen haben.“

Blienert äußerte sich nach der Veröffentlichung einer Stellungnahme der Bundespsychotherapeutenkammer. Diese forderte darin unter anderem eine Verteuerung von Alkohol, eine Legalisierung von Cannabis und deren Abgabe nur noch in lizenzierten Geschäften. Die Kammer plädierte zugleich für ein Mindestalter von 18 Jahren für den Kauf aller legalen Drogen.

Presseschau: EU pausiert wegen Datenlücken Prüfung von CBD als Lebensmittel (Ärzteblatt.de)

Die Farce um die Diskussion „neuartiger Lebensmittel“ auf Hanfbasis geht in die nächste Runde. Die EU hatte es geschafft, Produkte aus einer Tausende von Jahren auch als Lebensmittel genutzte Pflanze als neuartig einzustufen. Jetzt müssen diese Produkte Millionen von Euro kostende Tests durchlaufen, die ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit als Nahrungsergänzungsmittel nachweisen.

EU pausiert wegen Datenlücken Prüfung von CBD als Lebensmittel

Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hat die Prüfung von Cannabidiol (CBD) als Lebensmittel wegen Datenlücken vorerst gestoppt.

„Wir haben eine Reihe von Gefahren im Zusammenhang mit der Aufnahme von CBD ermittelt und festgestellt, dass die zahlreichen Datenlücken zu diesen gesundheitlichen Auswirkungen geschlossen werden müssen, bevor diese Bewertungen weitergeführt werden können“, sagte der Vorsitzende des Efsa-Expertengremiums für Ernährung, Dominique Turck, heute laut Mitteilung. Cannabidiol ist ein Wirkstoff aus Nutzhanf.

Die im italienischen Parma ansässige EU-Agentur will nun auf weitere Daten warten. Es sei zum Beispiel noch nicht ausreichend klar, welche Wirkung CBD auf die Leber, den Magen-Darm-Trakt, das Hormonsystem, das Nervensystem und das psychische Wohlbefinden von Menschen hat.

Bei Versuchen mit Tieren hätten sich zudem „signifikante schädliche Wirkungen“ auf die Fortpflanzung gezeigt. Nun müsse geprüft werden, ob das auch beim Menschen so sei.

Die EU-Kommission geht davon aus, dass CBD als neuartiges Lebensmittel eingestuft werden kann, wenn die Bedingungen dafür erfüllt sind. Die Efsa geht dieser Frage nach, weil in Brüssel zahlreiche Anträge auf diese Einstufung eingingen, und soll klären, ob der Verzehr von CBD für Menschen unbedenklich ist.

Für den Rauscheffekt von Cannabis ist nicht CBD, sondern Tetrahydrocannabinol (THC) verantwortlich. CBD ist wegen angeblicher Wirkungen gegen diverse Leiden gefragt, über die unter anderem einige Promis und Influencer berichteten. Auf manchen Internetseiten wird mit CBD angereichertes Öl wie eine Wunderarznei angepriesen und für Dutzende Euro pro wenige Milliliter verkauft. Auch alle möglichen anderen Produkte wie Gummibärchen, Kaugummi und Kosmetik werden mit dem Zusatz beworben.

Was CBD tatsächlich für die Gesundheit leisten könnte, ist noch unklar, ebenso wie Fragen zu Dosierung, Sicherheit, Neben- und Wechselwirkungen.

Einige weitere Pressemeldungen der vergangenen Tage

Psychotherapeuten für teureren Alkohol und freies Cannabis (Stern)

Ist Cannabis als Therapie-Option in deutschen Arztpraxen angekommen? (Kraut Invest)

Cannabis-Patient darf nicht nach Russ¬land abge¬schoben werden (Legal Tribune Online)

Thailand legalisiert Marihuana (Tagesschau)

Cannabis selbst angebaut: Verurteilter Würzburger Schmerzpatient jetzt erneut vor Gericht (Main Post)