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ACM-Mitteilungen vom 10. März 2019
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Liebe Leserin, lieber Leser,
heute jährt sich zum zweiten Mal das Gesetz zu Cannabis als Medizin, das am 10. März 2017 in Kraft trat. Die Bilanz ist durchwachsen. Gemessen am Ausspruch von Helmut Schmidt, das „Schneckentempo ist das normale Tempo jeder Demokratie“ hat sich die Situation der Patienten in den vergangenen Jahren dramatisch gebessert. Angesichts der vielen Probleme, die viele Patienten weiterhin von einer Therapie ausschließen, verzweifeln diese und ihre Ärzte an der Langsamkeit der Verbesserungen und einige an demokratischen Prozessen und Kompromissen. Die gute Nachricht: Sowohl das Bundesgesundheitsministerium als auch die Oppositionsparteien wollen nachbessern.
Eine öffentliche Anhörung zu den Anträgen der Linksfraktion, der Grünen und der FDP findet am 20. März 2019 im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages statt.
In den vergangenen Wochen hatten einige Ärztinnen und Ärzte Probleme mit der Staatsanwaltschaft bzw. dem Gesundheitsamt. Wir geben in diesen ACM-Mitteilungen Tipps für betroffene Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten. Selbstverständlich haben Medienvertreter Interesse an solchen Geschichten, weil es immer spannend ist, wenn ein Staatsanwalt im Zusammenhang mit Cannabis gegen einen Arzt vorgeht. Um dann etwas unglücklich aus einer Lappalie einen Skandal zu inszenieren, wie kürzlich geschehen. Die betroffene Ärztin war wenig erfreut über die Veröffentlichung. Wir empfehlen, damit nicht an die Öffentlichkeit zu gehen, sondern sich an die ACM zu wenden, damit Betroffene von den Erfahrungen ihrer Kolleginnen und Kollegen profitieren und konstruktiv etwas verbessern können, und damit nicht möglicherweise das Gegenteil erzielt wird von dem, was wir erreichen möchten.
In diesem Zusammenhang möchte ich über die Möglichkeit informieren, bei der ACM die Aufnahme in die interne Mailingliste für Ärztinnen und Ärzte zu beantragen. Gegenwärtig enthält die Liste 99 Kolleginnen und Kollegen, die sich auch über rechtliche Probleme austauschen.
Im Februar hat das Sozialgericht Karlsruhe in einem Urteil zur Kostenübernahme von Dronabinol darauf hingewiesen, dass es erforderlich ist, beim Antrag auf eine Kostenübernahme cannabisbasierter Medikamente bei der Krankenkasse die spezifischen Nebenwirkungen der Standardmedikation und von Cannabis im konkreten Fall zu beschreiben. Allgemeine Ausführungen sind unzureichend.
Ein ärztlicher Kollege, der mit seinem Patienten erfolgreich einen Widerspruch gegen eine Befristung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse eingelegt hat, hat uns eine umfangreiche Vorlage für einen solchen Widerspruch und die Begründung überlassen, die gern von anderen Patienten oder Ärzten von unserer Internetseite heruntergeladen und genutzt werden kann. Herzlichen Dank dafür!
Noch etwas Erfreuliches zum Schluss: Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hat im Februar das Verfahren gegen einen Patienten mit chronischen Schmerzen eingestellt, der Cannabis zum Eigenbedarf angebaut hat. Der Betroffene argumentierte erfolgreich mit den Lieferengpässen bei Cannabisblüten.
Viel Spaß beim Lesen!
Franjo Grotenhermen
Tipps für Ärztinnen und Ärzte zur Vermeidung von Problemen mit Staatsanwaltschaft und Aufsichtsbehörden
In den vergangenen Wochen haben einige Ärztinnen und Ärzte Probleme mit der Staatsanwaltschaft, dem Regierungspräsidium oder dem Gesundheitsamt Probleme bekommen. In einem Fall reichte ein Vortrag über das Thema Cannabis als Medizin durch eine Ärztin, dass das Regierungspräsidium alle Betäubungsmittelrezepte einsehen wollte. In einem anderen Fall stellte das Gesundheitsamt die weitere Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr infrage, weil (sehr wenige) Durchschläge von Betäubungsmittelrezepten fehlten. In einem weiteren Fall monierte die Staatsanwaltschaft das Fehlen einer ausreichenden Indikation für die Verschreibung von Cannabis und damit einen Verstoß gegen § 13 Betäubungsmittelgesetz. Auch ein fehlendes A bei Überschreitung der Höchstverschreibungsmenge kann zu Problemen führen.
In diesem Zusammenhang können folgende Tipps von Nutzen sein.
1. Es muss grundsätzlich eine ausreichende Indikation für die Verschreibung von Betäubungsmitteln nach § 13 Betäubungmittelgesetz geben. Diese dürfen vom Arzt nur verschrieben werden, wenn "wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann."
Ärzte müssen also unabhängig von der Frage der Kostenübernahme durch eine Krankenkasse begründen können, warum der beabsichtigte Zweck nicht anders erreicht werden kann, beispielsweise weil alternative Therapieverfahren, bei denen keine Betäubungsmittel eingesetzt werden, nicht so gut wirken wie Cannabis bzw. einzelne Cannabinoide oder stärkere Nebenwirkungen verursachen. Bereits das Betäubungsmittelgesetz verlangt, dass eine Therapie mit Cannabis genauso wie eine Therapie mit Opiaten keine Therapieoption der ersten Wahl sein kann.
Diese rechtliche Vorgabe muss unterschieden werden von der Vorgabe zur Kostenübernahme durch die Krankenkassen nach § 31 Abs. 6 SGB V, nach der eine schwere Erkrankung vorliegen muss, und der Patient weitgehend austherapiert sein muss.
2. Ein weiterer Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz durch einen Arzt bzw. eine Ärztin liegt vor, wenn bei Überschreitung der Höchstverschreibungsmenge kein A vor die Verschreibung gesetzt wird. Die Höchstverschreibungsmenge für Cannabisblüten sind 100 g in 30 Tagen, für Dronabinol 500 mg 30 Tagen. Eine solche Überschreitung ist leicht versehentlich möglich, wenn die nächste Verschreibung nicht nach 31 Tagen, sondern bereits nach 28 Tagen erfolgt.
Eine Kollegin im Ärzteverteiler der ACM berichtete, dass sie häufig prophylaktisch eine A auf das Rezept setzt, um lieber ein A zu viel als zu wenig zu notieren. Denkbar ist z.B. bei Patienten, die Tagesdosen einnehmen, die bei Hochrechnung auf die monatliche Dosis nah an der Höchstverschreibungsmenge liegen, vorsorglich ein A zu setzen.
Ein besonderer Problemfall ist der folgende: Wenn ein Rezept nicht eingelöst werden konnte, insbesondere aufgrund von Lieferengpässen für eine rezeptierte Sorte, und ein neues Rezept angefordert wurde, ist es wichtig, zu dokumentieren, dass das Rezept nicht eingelöst werden konnte (und das vollständige Rezept aufzubewahren), da sonst die Verschreibungshöchstmenge ebenfalls leicht überschritten werden kann.
3. Es ist sorgfältig darauf zu achten, die Durchschläge von Betäubungsmittelrezepten aufzubewahren. Das Fehlen der Durchschläge kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Ein Kollege hat dazu eine Excel-Tabelle angelegt, in der Rezept-Nummer, Datum des Rezeptes und Name des Patienten eingetragen werden, sodass zusammen mit der Dokumentation in der Patientenakte ein guter Überblick darüber besteht, welcher Patient wann welches Rezept erhalten hat.
Wir bitten alle Kolleginnen und Kollegen, die Probleme mit Behörden, Polizei oder Staatsanwaltschaft haben oder hatten, sich bei der ACM zu melden, damit wir eine Übersicht gewinnen und Unterstützung leisten können. Wir sind an weiteren Anregungen zum Thema interessiert und wollen mit Hilfe eines Juristen eine Art Hinweisblatt oder Checkliste erstellen.
Presseschau: 142.000 Cannabisrezepte in 2018 - (k)ein Zeichen für Missbrauch? (Deutsche Apotheker Zeitung)
Im zweiten Jahr nach der Gesetzesänderung hat die Zahl der Cannabisrezepte weiter deutlich zugelegt. Man kann daher heute von etwa 15.000 Patienten ausgehen, die eine Kostenerstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen erhalten. Weitere 15.000-30.000 Patienten erhalten vermutlich Privatrezepte mit oder ohne Kostenerstattung. Das ist noch weit unter den Zahlen, die wir aus anderen Ländern kennen bzw. als Bedarf hochrechnen können. In Industrieländern benötigen etwa 1 bis 2 % der Bevölkerung Cannabisprodukte zur Linderung ihrer Leiden. Das entspricht für Deutschland 800.000 bis 1.600.000 Bürgern. Insofern sind die aktuellen Zahlen ein Dokument der Unterversorgung der Bevölkerung mit solchen Medikamenten.
142.000 Cannabisrezepte in 2018 - (k)ein Zeichen für Missbrauch?
Rund 142.000 Kassenrezepte über Cannabisarzneimittel landeten 2018 in Deutschlands Apotheken. Dies geht aus einer Statistik des Marktforschungsinstituts IQVIA hervor. Den Daten zufolge zeichnet sich ein anhaltender Wachstumstrend ab, insbesondere bei Cannabisrezepturen. Für Kritiker wie die Bundesapothekerkammer ist diese Entwicklung ein Zeichen für Missbrauch. Stimmen aus der Praxis interpretieren den Trend als eine Art Lernkurve mit dieser relativ jungen Behandlungsoption.
Seit knapp zwei Jahren können Ärzte Cannabis als Medizin verordnen.Nach ersten Anlaufschwierigkeiten hatte sich die Zahl der Kassenrezepte vor allem in eine Richtung entwickelt, und zwar nach oben. Dies zeigt auch die aktuelle Verordnungsstatistik des Marktforschungsinstituts IQVIA, die am heutigen Freitag veröffentlicht wurde.
Als Datengrundlage zog IQVIA die Zahl der Cannabisrezepte heran, die im Jahr 2018 als Fertig-, als Rezepturarzneimittel oder als unverarbeitete Cannabisblüten zulasten der GKV abgerechnet wurden. Die Blütentherapie fließt damit an zwei Stellen ein. So umfasst die Gruppe der Cannabisrezepturen sowohl Zubereitungen mit Rezeptursubstanzen (z.B. Dronabinol oder Tilray-Extrakte) als auch die Verarbeitung von Blüten, beispielsweise durch Zerkleinern. Eine weitere Aufschlüsselung der Kategorie geht aus der Statistik allerdings nicht hervor.
Wachstumstrend ungebrochen
Vergleicht man die Medizinalhanf-Verordnungen monatsweise im Vergleich zum Vorjahr, ergibt sich zwischen März und Dezember 2018 jeweils ein Zuwachs im dreistelligen Bereich gegenüber dem entsprechenden Monat in 2017. Zwischen März und August 2018 lag der Anstieg bei über 200 Prozent. Dabei ist zu bedenken, dass die Gesetzesänderung im März 2017 in Kraft trat, und in den ersten Monaten danach die Zahl der Verordnungen noch niedrig war.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Statistik keine Rückschlüsse auf die Zahl der Cannabispatienten zulässt, da auch Folgeverordnungen eingeflossen sind. Außerdem fehlen die Zahlen von Privatversicherten und Selbstzahlern.
Zunehmend mehr Rezepturen als Fertigarzneimittel
Laut IQVIA wurden 2018 rund 142.000 Kassenrezepte ausgestellt. Über ein Drittel davon ging auf das Konto von Allgemeinärzten, gefolgt von Neurologen, Ambulanzen und Anästhesisten. Dieses Facharztgruppenverhältnis weicht von einer Statistik der Techniker Krankenkasse vom Mai 2018 ab, bei der die Neurologen und Psychiater vorne gelegen hatten.
In der aktuellen IQVIA-Statistik entfallen 42 Prozent der Verordnungen auf Cannabisrezepturen, gefolgt von Fertigarzneimitteln mit 34 Prozent und Cannabisblüten ohne Verarbeitung mit 24 Prozent. Dies zeigt eine Verschiebung zwischen den Kategorien, denn bis einschließlich Februar 2018 dominierten Fertigarzneimittel als mengenstärkste Kategorie. Im März 2018 vereinten erstmals Zubereitungen den größten Anteil auf sich, seit Mai 2018 zeigt sich dies auch für die restlichen Monate des Jahres.
Presseschau: Zwei Jahre Cannabis auf Rezept: Zwischen Boom und Skepsis (Stuttgarter-Zeitung)
Mehrere Zeitungen ziehen nach zwei Jahren Cannabis als Medizin-Gesetz Bilanz. Vor allem unter den Firmen, die sich in diesem Bereich tummeln, herrscht eine große Euphorie, in der Ärzteschaft und unter Patienten jedoch häufig Ernüchterung.
Zwei Jahre Cannabis auf Rezept: Zwischen Boom und Skepsis
Seit zwei Jahren können Patienten in Deutschland Cannabis auf Rezept bekommen. Seither steigt die Nachfrage rasant. Während medizinische Fragen offen bleiben, hoffen ausländische Firmen auf das große Geschäft. Nun will auch Israel mitmischen.
Die Entscheidung war eine Sensation im deutschen Gesundheitswesen: Seit dem 10. März 2017 können sich Patienten medizinisches Cannabis regulär beim Arzt verschreiben lassen. Seither erlebt das Mittel einen Boom. Ausländische Firmen kommen nach Deutschland in der Hoffnung auf das große Geschäft, immer mehr Patienten wollen Cannabis-Therapien - und Ärzte, Apotheken und Krankenkassen erleben einen ungebremsten Andrang.
Wie Cannabis wirkt, ist schon lange bekannt. Es kann etwa Spastiken bei Multipler Sklerose oder chronische Schmerzen lindern. Teils aber ist die medizinische Wirkung nur gering belegt, so bei Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapien oder beim Tourette-Syndrom, wie die Bundesärztekammer betont.
Cannabis in Deutschland war Nische
Bis zur Liberalisierung war medizinisches Cannabis in Deutschland eine Nische, nur rund 1000 Kranke hatten eine Ausnahmegenehmigung. Seither steigt die Nachfrage rasant, zeigen Zahlen des Apothekerverbands ABDA, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.
Demnach gaben im Jahr 2018 Apotheken rund 145 000 Einheiten cannabishaltiger Zubereitungen und unverarbeiteter Blüten auf Basis von etwa 95 000 Rezepten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Das sind mehr als dreimal so viele wie in den knapp zehn Monaten 2017 von der Freigabe im März bis zum Jahresende: Damals waren es 27 000 Rezepte und 44 000 Einheiten. Auch wurden 2018 gut 53 000 Packungen Fertigarzneien mit Cannabis-Stoffen abgegeben, ein Plus von einem Drittel.
Zugang ungewiss
Die Zahlen legten nahe, dass deutlich mehr Patienten mit medizinischem Cannabis versorgt würden, sagte Andreas Kiefer, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts. „Aber wir wissen nicht, ob alle Patienten, die von medizinischem Cannabis profitieren könnten, Zugang dazu haben.“ Zahlen zu Cannabis-Patienten gibt es nicht, laut Schätzungen könnten es rund 15 000 sein.
Auch die Krankenkassen erleben einen Ansturm. Allein bei den großen - AOK-Bundesverband, Barmer, Techniker und DAK-Gesundheit - gingen 2018 insgesamt 19 600 Anträge auf Erstattung der oft teuren Cannabis-Therapien ein. Rund zwei Drittel der Anträge bewilligten die Kassen, in den übrigen Fällen fordern sie meist Informationen nach.
Einige Fragen blieben offen, erklärt der AOK Bundesverband - etwa jene, welche Diagnose eine Cannabis-Verordnung ermögliche. So inhalieren Patienten Cannabisblüten bei vielen Erkrankungen, etwa gegen Depressionen oder Schmerzen bei Multipler Sklerose. Doch eine klare Indikation für die Anwendung von Blüten gibt es nicht.
Gelten für Medikamente üblicherweise hohe Zulassungshürden, wurde Cannabis zur Verordnung erlaubt, während der Gesetzgeber die Wirksamkeit noch begleitend erforschen lässt. Das ruft Kritiker auf den Plan. Die medizinische Anwendung von Cannabis sei zwar seit mehr als 4700 Jahren bekannt, heißt es in einem Fachbeitrag der Barmer Krankenversicherung, „ist aber in vielerlei Hinsicht auch auf einem vorwissenschaftlichen Stand stehen geblieben.“
Exporteure aus den Niederlanden und Kanada profitieren
Die politischen Bemühungen zum Cannabis-Anbau halten derweil mit dem Boom kaum mit. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat den Anbau von 10,4 Tonnen Medizin-Cannabis an Firmen ausgeschrieben. Das ist deutlich mehr als zunächst geplant (6,6 Tonnen), doch Klagen gegen die Regeln verzögern die Vergabe. Die erste Ernte wird Ende 2020 erwartet, hieß es zuletzt.
Davon profitieren Exporteure aus den Niederlanden und Kanada, die Cannabis nach Deutschland bringen. Der kanadische Konzern Tilray etwa verkündete jüngst, Cannabisblüten ab sofort allen hiesigen Apotheken zur Verfügung stellen. Und der Anbieter Nuuvera sieht ein Potenzial von Hunderttausenden Hanf-Patienten in Deutschland.
Nun gab Israel grünes Licht für den Export von Medizin-Cannabis - auch nach Deutschland. Das Land will sich einen Vorsprung sichern: 200 klinische Studien laufen dort. Medizin-Hanf hat in Israel lange Tradition. Dass die Wirkstoffe THC und CBD Schmerzen lindern und Krämpfe lösen können, fand der israelische Wissenschaftler Raphael Mechoulam schon 1964 heraus. Die niedrige Luftfeuchtigkeit und das günstige Klima machen den Anbau in dem Land effizient. Mehr als 18 Tonnen medizinisches Cannabis werden laut Gesundheitsministerium pro Jahr produziert. Aber besitzt Isreal genug Ressourcen für den Export?
Schnell steigende Nachfrage
Dadi Segal, Chef des Pharmaunternehmens Panaxia, ist optimistisch: „Wir produzieren 50 000 Produkte pro Monat, im Safe liegen drei Tonnen Cannabis, und wir sind bereit für mehr.“ Sollte die Nachfrage aus dem Ausland steigen, könne Panaxia, einer der größten Produzenten Israels, in drei Tagesschichten arbeiten. Der deutsche Markt sei sehr interessant, sagt Segal. „Wir sind mit mehreren Firmen im Gespräch, die an medizinischem Cannabis aus Israel interessiert wären.“
In Deutschland spüren einige Pharmafirmen die schnell steigende Nachfrage. So ist der Kölner Verarbeitungsbetrieb „Cannamedical“ auf Exportländer wie Kanada angewiesen. Lieferprobleme ließen sich schwer ausgleichen, sagt Chef David Henn. Er würde Lieferanten aus Israel begrüßen. „Die geografische Nähe würde den Export einfacher und schneller machen.“
Presseschau: Drogenkontrollrat warnt vor zu laxer Kontrolle von medizinischem Cannabis (Augsburger Allgemeine)
Die Vereinten Nationen befassen sich gegenwärtig mit dem Bericht der Weltgesundheitsorganisation zu Cannabis, in dem der Pflanze und ihren Inhaltsstoffen ein medizinisches Potenzial zugesprochen wird. Wie bei jedem gesellschaftlichen Wandel haben Personen, die seit Jahren auf dem status quo beharren, Probleme, ihre Position zu verändern und die Chancen für die Menschen zu erkennen.
Drogenkontrollrat warnt vor zu laxer Kontrolle von medizinischem Cannabis
Immer häufiger wird Cannabis als Medizin verwendet. Der UN-Drogenkontrollrat warnt davor, dass der Umgang damit zu lax sein könnte und befürchtet Missbrauch.
Der vermehrte Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken birgt nach Ansicht des Internationalen Suchtstoffkontrollrats (INCB) große Risiken. Ungenügend regulierte Cannabis-Programme für medizinische Zwecke könnten dazu führen, dass die Droge auch außerhalb dieses eng begrenzten Rahmens genutzt werde und so die öffentliche Gesundheit beeinträchtigen könne, schreibt das Gremium in seinem am Dienstag in Wien veröffentlichen Bericht.
"Es gibt sehr viele Missverständnisse über die Sicherheit, Regulierung und Verteilung von Cannabis - besonders dort, wo der Gebrauch für Freizeitzwecke legalisiert wurde oder Cannabis-Programme für medizinische Zwecke erweitert werden", sagte der INCB-Präsident Viroj Sumyai. Aufgrund dieser Entwicklung drohten generell die Risiken von Cannabis in den Hintergrund zu rücken.
Cannabis als Medizin: Drogenkontrollrat warnt vor zu wenig Kontrolle
Kanada hatte 2018 den legalen Zugang zu Cannabis für nicht-medizinische Zwecke ermöglicht. Auch in einigen US-Bundesstaaten ist ein Bezug von Cannabis nicht nur zu medizinischen Zwecken möglich. In Uruguay kann Cannabis schon seit 2013 erworben werden.
Auch durch Gerichtsurteile werde die Zweckbindung von Cannabis geschwächt, hieß es. So hätten Gerichte in Südafrika und Mexiko die Beschränkung auf medizinische Zwecke für verfassungswidrig erachtet.
Zugleich bekannte sich das Gremium zu einer stärkeren medizinischen Nutzung der schmerzstillenden Droge. Der Rat appellierte an die Regierungen, mehr zu tun, um das unnötige Leiden von Menschen, die keinen Zugang zu Schmerzmitteln hätten, zu beenden. In Deutschland können sich Patienten seit zwei Jahren medizinisches Cannabis regulär beim Arzt verschreiben lassen.
Der INCB überwacht die Einhaltung der UN-Drogenkontrollverträge über den Anbau, die Produktion und Verwendung von Suchtmitteln.
Presseschau: Regierung bittet Uni Bern um Cannabis-Professor (Der Bund, Schweiz)
Die Schweiz holt mit ihren Plänen zum Thema Cannabis in der Medizin gewaltig auf. Ein neuer Vorstoß symbolisiert den bisherigen Mangel an Ausbildung von Medizinstudenten und Ärzten zum Thema und sucht, diese Lücke zu schließen.
Regierung bittet Uni Bern um Cannabis-Professor
Die Berner Kantonsregierung will die Universität Bern bitten, einen Ausbau der Cannabisforschung zu prüfen und zu klären, ob die Schaffung einer entsprechenden Professur sinnvoll wäre. Den Entscheid soll aber letztlich die Universität fällen.
Die Forderung geht auf einen überparteilichen Vorstoss zurück, der aus der Feder sehr unterschiedlicher Parlamentarier von EDU, SP, SVP, BDP und Grünen stammt. Sie fordern einen Lehrstuhl für die medizinische Cannabisforschung an der Universität Bern. Die Cannabispflanze habe bis in die 1950-er Jahre in der Medizin einen hohen Stellenwert gehabt. Wegen der berauschenden Wirkung des Tetrahydrocanabinols, kurz THC, sei der Hanf aber in Verruf geraten, bringen die Motionäre vor.
Heute kreise praktisch jede Diskussion im Zusammenhang mit Cannabis um die Legalität von THC. Dabei gehe vergessen, dass THC nur eines von über hundert Cannabinoiden sei. Der Regierungsrat gab den Vorstössern in seiner am Montag publizierten Antwort zu bedenken, dass die Schaffung, Besetzung oder Aufhebung von Professuren Sache der Universität sei und in deren Zuständigkeit falle. Die Regierung könne die Universität höchstes bitten, den Vorschlag zu prüfen.
Klar machte die Regierung auch, dass die Staatsbeiträge an die Universität nicht erhöht werden können. Die Universität müsste also den Ausbau im Forschungsgebiet Cannabis durch eine Umverteilung der Mittel vollziehen.
Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage
Cannabis auf Rezept – Wie hoch ist die Nachfrage? (Ärzte Zeitung)
Genetisch veränderte Hefe produziert Cannabinoide (Spektrum.de)
18 Tonnen kommen zu uns: Köln wird zur Hanf-Hochburg (Express)
TILRAY kündigt die Unterstützung einer nicht-interventionellen Studie zur Schmerztherapie mit Cannabinoiden an (PressePortal)
Zu hohe Drogengehalte in CBD-Produkten (Deutschlandfunk)