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ACM-Mitteilungen vom 1. Februar 2025

Liebe Leserin, lieber Leser,

bis vor wenigen Tagen konnten wir davon ausgehen, dass die Bundestagswahl und die anschließende Regierungsbildung keine große Bedrohung für die aktuelle Cannabisgesetzgebung darstellt. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. So bekommt es nun eine besonders große Bedeutung, bei dieser Bundestagswahl wählen zu gehen und das Kreuz am 23. Februar auf dem Stimmzettel an der richtigen Stelle zu machen oder rechtzeitig die Briefwahl zu beantragen.

An der Medizinischen Hochschule Hannover wird unter der Leitung von Professorin Dr. Kirsten Müller-Wahl und ihrer Doktorandin Charlotte Streetz eine Studie zum Thema ADHS und Fahrsicherheit durchgeführt. Wenn Sie an einer ADHS leiden, nutzen Sie diese Möglichkeit etwas Wichtiges zur Forschung beizutragen. Wir können so dringend benötigte weitere Daten zum Thema Fahreignung von Cannabispatienten gewinnen.

Heiter weiter!

Franjo Grotenhermen

Geschäftsführer

Studie: Aufruf zur Teilnahme an einer Studie zur Fahrtauglichkeit

Wir rufen zur Teilnahme an einer wichtigen Studie zur Fahrsicherheit von Patienten mit ADHS auf. Die Doktorandin, die die Studie durchführt, wendet sich in einem Brief an mögliche Teilnehmer.

„Liebe Patienten und Patientinnen,

ich führe im Rahmen meiner Doktorarbeit eine Studie an der Medizinischen Hochschule Hannover durch und möchte Sie fragen, ob Sie an dieser teilnehmen möchten. 

Wir wollen die Fahrtauglichkeit bei Menschen mit einer ADHS untersuchen, die mit Cannabisbasierten Medikamenten behandelt werden. Als Vergleichsgruppen werden wir auch Menschen mit einer ADHS-Standardtherapie und Menschen ohne ADHS mit einbeziehen. 

Mit Hilfe eines Computersystems werden verschiedene Fähigkeiten getestet, die im

Straßenverkehr wichtig sind. Hierzu gehören zum Beispiel die Reaktionszeit oder die Fähigkeit sich schnell einen Überblick über eine Verkehrssituation zu verschaffen. Zusätzlich werden eine Urin und eine Blutprobe entnommen, um den THC-Gehalt zum Zeitpunkt der Testung zu bestimmen. Außerdem wird eine kurze Untersuchung durchgeführt, die auch im Rahmen einer Verkehrskontrolle durchgeführt wird. Dies wird alles an einem einzigen Termin an der MHH erfolgen, der ungefähr 90 Minuten dauern wird. Im Vorhinein bekommen Sie noch einige Fragebögen zugesendet, die Sie online zu Hause ausfüllen können. Nach der Computertestung

können Sie, sofern Sie das wollen, direkt das Ergebnis erfahren. Es wird jedoch keine Konsequenzen für Sie haben, wie das Ergebnis ausfällt.

Falls Fahrtkosten für die Anreise an die MHH aufkommen sollten, werden diese erstattet. Zusätzlich gibt es für die Anreise eine Wegeversicherung. 

Voraussetzungen sind, dass sie eine diagnostizierte ADHS haben und eine Cannabis-basierte

Therapie einnehmen, mit der Sie zufrieden sind. Außerdem sollte die Therapie in den letzten vier

Wochen regelmäßig und unverändert eingenommen worden sein. Sie sollten keine weiteren Medikamente einnehmen, die die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen könnten. Der Besitz eines Führerscheins ist nicht notwendig. 

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Interesse hätten an der Studie teilzunehmen! Gerne können Sie sich bei mir unter folgender Email-Adresse oder Telefonnummer melden:

Email: streetz.charlotte@mh-hannover.de

Tel.: +49 176 15325251

Mit freundlichen Grüßen

Charlotte Streetz“

Presseschau: Kretschmer gegen komplette Umkehr beim Cannabisgesetz (Pharmazeutische Zeitung)

Aussagen vor einer Bundestagswahl verlieren leider nicht selten nach der Wahl an Bedeutung. Dennoch sind wir hoffnungsvoll, dass sich vor allem die Parteien, die in den letzten Jahren entgegen vieler Widerstände für sinnvolle Fortschritte bei der Legalisierung gesorgt haben, in einer Koalition nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.

Kretschmer gegen komplette Umkehr beim Cannabisgesetz (Pharmazeutische Zeitung)

Kiffen könnte bald wieder verboten sein – zumindest, wenn es nach der Union geht. Doch was heißt das für Patienten, die medizinisches Cannabis brauchen? Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) fordert eine klare Trennung.

Kretschmer hat sich für eine klare Trennung zwischen medizinischem Cannabis und Cannabis für den privaten Konsum ausgesprochen. »Man kann hier in Leipzig lernen, dass das zwei verschiedene Dinge sind, die man auch trennen muss«, sagte der CDU-Politiker bei einem Besuch der Leipziger Cannabis-Gruppe »Grünhorn«. 

Während er dem privaten Gebrauch weiterhin kritisch gegenübersteht, betonte er: »Ich würde schon sehr dafür werben und mich auch dafür einsetzen, dass dieser Bereich des medizinischen Cannabis in ganz besonderer Weise auch unterstützt wird.« Es gelte, Regelungen zu schaffen, die den Einsatz von medizinischem Cannabis langfristig ermöglichen und dessen Entwicklung vorantreiben.

»Abbau bürokratischer Hürden ist essenziell«

Seit der Teillegalisierung von Cannabis im vergangenen Jahr sei der bürokratische Aufwand erheblich gesenkt worden, erklärte Matthias Fischer, Geschäftsführer des pharmazeutischen Großhandels Canymed GmbH, einem Unternehmen der Grünhorn-Gruppe. Weniger Panzerschränke, weniger Papier für die Betäubungsmittel-Dokumentation und weniger Polizeikontrollen: Vieles sei wesentlich einfacher geworden für das Unternehmen. 

»Der Abbau bürokratischer Hürden ist essenziell, um die Innovationskraft der Branche zu stärken und nachhaltig zu wirtschaften«, betonte Fischer. Eine Rückkehr in die Betäubungsmittel-Dokumentation wäre ein fundamentaler Rückschritt für Apotheker, Ärzte und die Unternehmen in Sachsen und Deutschland.

Die Union hatte in ihrem Programm zur anstehenden Bundestagswahl angekündigt, das seit April letzten Jahres geltende Cannabisgesetz wieder abschaffen zu wollen. Dieses regelt sowohl den privaten als auch den medizinischen Umgang mit Cannabis. Kretschmer betonte, dass er hinsichtlich des privaten Konsums bei

seiner kritischen Haltung bleibe. Was den medizinischen Gebrauch angehe, müsse man jedoch »nicht zurückfallen, eins zu eins in die Zeit, die wir vor zwölf Monaten hatten«. »Wenn wir da etwas ändern, dann brauchen wir eine Regelung, die dafür sorgt, dass dieser medizinische Bereich ausgenommen, besonders behandelt wird und damit auch Wachstumsmöglichkeit für die nächsten Jahre entsteht.«

Bestellaufkommen seit Teillegalisierung stark gestiegen

»Cannabis ist eine der ältesten Heilpflanzen der Welt«, erklärte der Geschäftsführer und Gründer der Grünhorn-Gruppe, Stefan Fritsch. Seit Jahrtausenden werde es unter anderem gegen Übelkeit und Schlaflosigkeit eingesetzt und könne auch bei vielen weiteren Krankheitsbildern helfen.

Die Grünhorn-Gruppe, die 2020 in Leipzig gegründet wurde, beschäftigt mittlerweile rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie bestellt, verarbeitet und versendet Cannabis. Zu ihr gehört auch die nach eigenen Angaben größte Cannabis-Apotheke Deutschlands, die bereits vor der Teillegalisierung rund ein Viertel aller Cannabis-Rezepte bundesweit bearbeitete. Seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes hat sich das Bestellaufkommen den Angaben zufolge verdreifacht.

Presseschau: Cannabis: Ende der Legalisierung wäre „Erdbeben für die Branche“ (Handelsblatt)

Die Cannabisindustrie ist in Deutschland zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. Da wurden viele Millionen investiert, mit weiterem Wachstumspotential und ohne die befürchteten massiven negativen gesundheitlichen Auswirkungen. Die Industrie fordert, diese Entwicklung nicht aufs Spiel zu setzen.

Cannabis: Ende der Legalisierung wäre „Erdbeben für die Branche“ (Handelsblatt)

Das Geschäft mit Cannabis boomt seit der teilweisen Freigabe im April 2024. Sollte die Legalisierung nach der Bundestagswahl wieder aufgehoben werden, fürchtet die Branche drastische Folgen.

Unternehmen der boomenden Cannabisbranche befürchten eine Pleitewelle, falls das Cannabisgesetz der Ampelkoalition nach der Bundestagswahl aufgehoben würde.

Die CDU/CSU, die in den Umfragen vorne liegt, will das Gesetz wieder kassieren. Das bekräftigt sie in ihrem Wahlprogramm. Wird sie die stärkste Kraft und kann sich in einer künftigen Koalition durchsetzen, könnte nicht nur die Teillegalisierung von Cannabis zum privaten Gebrauch hinfällig sein.

Auch die Anbieter von medizinischem Cannabis erwarten massive negative Folgen, würde Cannabis wieder wie früher als Betäubungsmittel klassifiziert. Dann könnten nur noch bestimmte Ärzte Cannabis etwa als Schmerzmittel verordnen.

„Sollte das Cannabisgesetz komplett zurückgenommen werden, wäre das ein Erdbeben für die Branche“, sagt David Henn, Chef des Pharmaunternehmens Semdor Pharma, zu dem das Cannabisunternehmen Cannamedical gehört. „Ich bin mir sicher, dass 70 Prozent der deutschen Cannabis-Unternehmen dann innerhalb von zwölf Monaten vom Markt verschwinden würden“, warnt Henn. In der Folge dürften auch viele Cannabisanbauer unter anderem aus Europa vor dem Ruin stehen.

Cannabis als Medizin: Verschreibungen steigen rasant

Der Markt ist groß: Nach aktuellen Zahlen von Statista haben 2024 rund 19,7 Millionen Menschen in Deutschland mindestens einmal Cannabis konsumiert – auch vom Schwarzmarkt. Die Zahl der Nutzer von medizinischem Cannabis lag bei mehr als 330.000.

Seit April vergangenen Jahres ist der private Eigenanbau von Cannabis durch Erwachsene sowie das Rauchen im bestimmten Umfang erlaubt. Cannabis gilt nicht mehr als Betäubungsmittel, auch nicht bei therapeutischer Nutzung. Deswegen kann medizinisches Cannabis nunmehr von fast jedem Arzt verschrieben werden.

Selbstzahler können sich medizinisches Cannabis sogar über telemedizinische Sprechstunden besorgen. Beides hat zu einem massiven Anstieg der Verordnungen geführt und einem ganzen Industriezweig zur Blüte verholfen.

Laut dem Cannabisunternehmen Bloomwell Group, das Daten auf der eigenen Verschreibungsplattform ausgewertet hat, sind die Verordnungen zwischen März 2024 und Dezember 2024 um fast 1000 Prozent gestiegen.

Dieser Boom beschert vielen Unternehmen aus der Branche gute Geschäfte. Nach Angaben von Unternehmenschef Henn hat sich bei Cannamedical die Menge der verkauften Cannabisblüten innerhalb eines Dreivierteljahres auf eine Tonne pro Monat Ende 2024 vervierfacht.

Boom bei Verordnungen könnte Ende haben

Das börsennotierte Unternehmen Cantourage verdoppelte seinen Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr auf 51,4 Millionen – auch wegen der Kunden, die über die eigene Telemedizin-Plattform Telecan kamen. Diese Entwicklung könnte bald ein Ende haben: Firmenchef Philipp Schetter geht davon aus, dass sich die Verordnungen von  medizinischem Cannabis deutlich langsamer entwickeln, würde Cannabis wieder als Betäubungsmittel eingestuft.

Eine Rücknahme des Cannabisgesetzes hätte auch negative Auswirkungen auf die langjährigen Cannabis-Patienten, meint Henn von Semdor Pharma. Sie müssten Ausfälle bei der Belieferung hinnehmen, „was insbesondere dann schwierig wäre, wenn sie auf bestimmte Sorten eingestellt sind“, sagt er.

Aber es gibt auch andere Stimmen in der Branche: Marla Luther vom Cannabisunternehmen Avextra meint, dass die Rücknahme der Teillegalisierung für den privaten Gebrauch nicht zwingend nachteilig für die langjährigen Patienten sei. Vielmehr könnte der Fehlentwicklung, dass sich auch Freizeitkonsumenten über telemedizinische Sprechstunden Rezepte besorgen, entgegengewirkt werden.

„Der Boom beim Blütenabsatz in solchen Geschäftsmodellen war ja nie vom Gesetzgeber gewollt. Ganz ursprünglich ging es bei Cannabis für den therapeutischen Einsatz um das Ziel, dass in diesem Bereich mehr Fertigarzneimittel erforscht und zugelassen werden“, sagt Luther.

Fokus liegt auf privatem Konsum von Cannabis

In ihrer Kritik konzentriert sich die CDU/CSU vor allem auf den privaten Konsum. So sagt Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU, auf Anfrage des Handelsblatts: „Die Legalisierung von Genusscannabis war ein großer Fehler, den es wieder rückgängig zu machen gilt.“

Kinder- und Jugendschutz stehe für die Union an erster Stelle. Bei medizinischem Cannabis fordert er hingegen Verbesserungen: „Die Versorgung etwa von Schmerzpatienten ist das Ziel und nicht die Nachschubsicherung für Freizeitkiffer.“ Ob die Union letztlich Cannabis wieder als Betäubungsmittel einstufen will, lässt er offen.

Der Interims-Geschäftsführer des Branchenverbands Cannabiswirtschaft (BvCW), Michael Greif, warnt die Parteien davor, zu einem rechtlichen Rahmen zurückzukehren, der Nutzer kriminalisiere und den Zugang zu legalem Cannabis erschwere: „Jedes Gramm Cannabis, das durch den Eigenanbau privat zu Hause oder in Anbauvereinigungen legal gewonnen wird, wird nicht auf dem Schwarzmarkt erworben.“ Man dürfe den Zugang nicht wieder erschweren.

„Cannabis ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“

„Hierzulande haben wahrscheinlich noch nicht alle Politiker verstanden, dass der Cannabiskonsum in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist“, sagt Andreas Kalkum, Mitgründer des auf Anbauvereinigungen spezialisierten Softwareanbieters Edelcrowd.

Seit April 2024 dürfen Privatpersonen in Deutschland bis zu drei Pflanzen anbauen oder Mitglied in einer Anbauvereinigung werden, auch Cannabis Social Club genannt, um ihren Konsum darüber zu organisieren. Inzwischen gibt es laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Cannabis Anbauvereinigung 428 Anträge für den Start solcher Klubs, 84 davon wurden bereits bewilligt.

Dazu zählt auch der Cannabis Social Club Jtown aus dem thüringischen Jena, der als einer der ersten den Anbau von Cannabispflanzen gestartet hat. Mitte Januar wurden die ersten Samen in einem eigens angeschafften Anbaucontainer in die Erde gebracht.

„Die Unsicherheit bei den Klubs ist wegen der anstehenden Wahlen hoch“, sagt Edelcrowd-Mitgründerin Katrin Wellmann. Edelcrowd ermöglicht es den Klubs, per App ihre täglichen Abläufe und den Anbau gesetzeskonform zu managen und zu dokumentieren sowie mit Mitgliedern zu kommunizieren. Bisher ist Wellmann noch optimistisch und rechnet nicht mit einer Rückabwicklung der Teillegalisierung.

Trotz aller Unsicherheit scheinen auch die meisten Klubs davon auszugehen, eine Zukunft zu haben. „Die Zahl der Vereine, die unsere App nutzen, wächst täglich“, sagt Kalkum, ohne ins Detail zu gehen. Tine Stuhr vom Cannabis Social Club Jtown sagt: „Dieses Gesetz rückgängig zu machen, ist auch nicht so leicht für die eventuelle neue Regierung.“

Verbandsgeschäftsführer Greif verweist darauf, dass die meisten Konsumierenden kein Interesse daran hätten, selbst anzubauen –  ähnlich wie bei Tabak, Bier und Wein. Deswegen geht das Ziel des Branchenverbands Cannabiswirtschaft auch weiter: „Wir wollen Fachgeschäfte.“ Ähnlich wie in den USA.

Weitere Meldungen der vergangenen Tage

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Caelo hält Dronabinol-Urteil für unzutreffend (Apotheke Adhoc)

Cannabisunternehmen befürchten Pleitewelle (Pharmazeutische Zeitung)

Missbrauch von Medizinalcannabis über das Internet steigt (Deutsches Ärzteblatt

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Tiefpreise trotz Nachfrageexplosion bei Medizinalcannabis (Deutsche Apotheker Zeitung)

Cannabis auf Rezept: Online-Ärzte ersetzen den Dealer (Berliner Zeitung)

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90 Cannabis-Anbauvereinigungen warten in NRW auf Genehmigung (WELT)

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