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IACM-Informationen vom 14. Januar 2012

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Wissenschaft — Moderates Rauchen von Cannabis beeinträchtigt nach einer großen Langzeitstudie nicht die Lungenfunktion

Cannabis beeinträchtigt nicht die Lungenfunktion - zumindest nicht in Dosen, die von den meisten Konsumenten inhaliert werden. Dies ist das Ergebnis der größten und längsten Studie, die jemals zu diesem Thema durchgeführt und nun in der Zeitschrift der amerikanischen Ärztegesellschaft veröffentlicht wurde. US-Forscher führten eine Langzeitstudie durch und sammelten dabei in einem Zeitraum von 20 Jahren zwischen 1985 und 2006 bei 5115 Männern und Frauen wiederholte Messergebnisse der Lungenfunktion und des Rauchens. "Gelegentlicher und niedrig kumulativer Marihuanakonsum war nicht mit Nebenwirkungen auf die Lungenfunktion assoziiert", fassten die Autoren ihre Ergebnisse zusammen. Die lebenslange Exposition mit Cannabiszigaretten wurde als Joint-Jahre ausgedrückt, wobei 1 Joint-Jahr Exposition dem Rauchen von 365 Joints (Cannabiszigaretten) oder gefüllten Pfeifen entsprach.

Die Forscher fanden, dass Messungen der Lungenfunktion - forciertes expiratorisches Volumen in der ersten Sekunde der Ausatmung und forcierte Vitalkapazität - sich sogar leicht verbesserten, wenn junge Leute angaben, mehr Cannabis zu rauchen - zumindest bis zu 7 Joint-Jahren oder 2555 Joints. "Es gibt keinen Zweifel, dass Marihuana Husten auslöst", erklärte Dr. Stefan Kertesz von der Universität von Alabama in Birmingham, der an der neuen Studie mitarbeitete. Es blieben jedoch Fragen hinsichtlich der Langzeitwirkungen der Droge auf die Lungenfunktion. Wenig überraschend war Tabakkonsum mit einer reduzierten Lungenfunktion assoziiert. Jedoch mit Cannabis scheint das nicht so zu sein, zumindest bei moderaten Cannabismengen. In der Tat wurde der Trend umgekehrt. Das Lungenvolumen und die Durchflussrate der Luft nahmen bei moderaten Konsumenten mit jedem Joint-Jahr zu. "Es ist eine echte Zunahme (...), sie ist jedoch so gering, dass ich nicht denke, dass eine Person einen Nutzen hinsichtlich ihrer Atmung bemerken würde", sagte Kertesz. Bei den höchsten Cannabiskonsumraten schien die Lungenfunktion wieder abzunehmen, die Forscher erklärten jedoch, dass es in der Studie keine ausreichende Zahl von starken Cannabiskonsumenten gab, um hinsichtlich dieser Frage sicher sein zu können.

Es ist unwahrscheinlich, dass Cannabis zu einem höheren Risiko für eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung oder COPD führt, wie dies beim Tabakrauchen der Fall ist, erklärte Dr. Donald Tashkin, Professor an der Universität von Kalifornien in Los Angeles, der seit Jahrzehnten die Wirkungen von Cannabis auf die Lunge untersucht, jedoch an der neuen Studie nicht beteiligt war. Was die reduzierte Lungenfunktion betrifft, " so scheint diese spezifische mögliche Komplikation des Marihuanarauchens kein großes Risiko zu sein", erklärte er gegenüber der Presseagentur Reuters. "Daher können Personen, die Marihuana aus medizinischen Gründen oder zur Entspannung konsumieren, zumindest sicher sein, dass sie ihre Lunge nicht in diesem Bereich schädigen."

Mehr unter:

In Englisch

- http://www.reuters.com/article/2012/01/11/us-pot-health-idUSTRE8092BC20120111

- http://healthland.time.com/2012/01/10/study-smoking-marijuana-not-linked-with-lung-damage/#ixzz1jLnFDX5J

In Spanisch

- http://www.nlm.nih.gov/medlineplus/spanish/news/fullstory_120727.html

- http://www.jornada.unam.mx/ultimas/2012/01/11/111624097-consumo-ocasional-de-marihuana-no-afecta-los-pulmones-estudio

In Deutsch

- http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/48717

- http://www.welt.de/gesundheit/article13811166/Kiffen-ist-besser-fuer-die-Lunge-als-Rauchen.html

(Quelle: Pletcher MJ, Vittinghoff E, Kalhan R, Richman J, Safford M, Sidney S, Lin F, Kertesz S. Association between marijuana exposure and pulmonary function over 20 years. JAMA 2012;307(2):173-81.)

Wissenschaft — Cannabiskonsum war nach einer großen epidemiologischen Studie nicht mit einer Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei Personen im Alter von 50 Jahren assoziiert

Forscher am King's College in London (Großbritannien) untersuchten den Zusammenhang zwischen illegalem Drogenkonsum und der kognitiven Leistungsfähigkeit im mittleren Lebensalter. Sie fanden heraus, dass "es auf der Ebene der Gesamtbevölkerung nicht den Anschein hat, dass aktueller illegaler Drogenkonsum mit einer beeinträchtigten kognitiven Funktion im frühen mittleren Alter assoziiert ist". Es wurden insgesamt 8992 Teilnehmer, die im Alter von 42 Jahren in den Jahren 1999 und 2000 befragt worden waren, in die Studie aufgenommen. Die Autoren analysierten Daten von drei kognitiven Tests aus den Jahren 2008 und 2009, als die Teilnehmer 50 Jahre alt waren.

Cannabis war bei weitem die häufigste Droge der Teilnehmer, von denen 6 Prozent sagten, sie hätten Sie im vergangenen Jahr konsumiert, während ein Viertel angaben, sie zumindest einmal in ihrem Leben konsumiert zu haben. Insgesamt fand die Studie, dass es keinen Hinweis gab, dass aktuelle oder ehemalige Drogenkonsumenten eine geringere geistige Leistungsfähigkeit hatten. In der Tat waren ihre Testergebnisse sogar tendenziell besser, wenn aktuelle und ehemalige Konsumenten zusammen analysiert wurden. Dieser Vorteil war jedoch klein, erklärten die Forscher, und könnte einen anderen Befund widerspiegeln, nämlich dass Menschen, die jemals Drogen konsumiert haben, im Allgemeinen ein höheres Bildungsniveau aufweisen als Nichtkonsumenten. "Allerdings können die Autoren nicht die Möglichkeit ausschließen, dass einige Personen und Gruppen, so wie solche mit stärkerem oder längerem Konsum, geschädigt werden könnten", schreiben sie in ihrem Artikel für das American Journal of Epidemiology.

Mehr unter:

http://www.reuters.com/article/2012/01/04/us-drugs-idUSTRE8030AE20120104

(Quelle: Dregan A, Gulliford MC. Is Illicit Drug Use Harmful to Cognitive Functioning in the Midadult Years? A Cohort-based Investigation. Am J Epidemiol, 21. Dezember 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Synergie von Cannabis und Ketamin bei behandlungsresistenten neuropathischen Schmerzen in einem Fallbericht

Zwei Ärzte vom Institut für neuropathische Schmerzen in Soest (Niederlande) berichteten von einer 56 Jahre alten Frau, die an schweren chronischen neuropathischen Schmerzen aufgrund einer Schädigung des rechten Ulnar-Nervs litt. Während ihres Lebens hatte sie mehrere Brüche und Operationen des rechten Arms erlitten. Seit 1996 leidet sie an Schmerzen im sensorischen Versorgungsgebiet des rechten Ulnar-Nervs, also vor allem im Bereich des vierten und fünften Fingers. Die Schmerzen nahmen in den folgenden Jahren zu, mit einer Schmerzintensität von 7 auf einer 11-Punkte-Skala mit "0 = keine Schmerzen" und "10 = stärkste mögliche Schmerzen", trotz der Verwendung von Opiaten und anderen Schmerzmitteln.

Sie beendete die Einnahme der Medikamente wegen schwerer Nebenwirkungen und begann, oralen Cannabis (0,5 Gramm pro Tag in Keksen) einzunehmen, was zu einer Reduzierung der Schmerzintensität von 8 auf 5 auf der Schmerzskala führte. Die zusätzliche Verwendung von zweimal täglich Ketamin-Salbe führte zu einer weiteren Reduzierung der Schmerzen (Schmerzwerte von 2 bis 3). Ketamin ist ein Medikament, das für Vollnarkosen sowie zur Schmerzbekämpfung verwendet wird. Die Autoren folgerten: "Ketamin und Cannabis Uhr könnten synergistisch wirken, weil es Wechselbeziehungen gibt, und das Cannabinoid- und das Opioid-Rezeptorsystem weisen ebenfalls synergistische Wechselwirkungen auf."

(Quelle: Hesselink JM, Kopsky DJ. Intractable neuropathic pain due to ulnar nerve entrapment treated with cannabis and ketamine 10% J Clin Anesth, 5. Januar bei 1012 [im Druck])

Kurzmeldungen

Wissenschaft — Cannabis vergrößert Kreativität bei Menschen mit geringer Kreativität

Nach Ergebnissen von Forschung am University College London (Großbritannien) mit 160 Cannabiskonsumenten, die an einem Tag unter dem Einfluss von Cannabis und an einem anderen Tag nüchtern untersucht wurden, beeinflusste Cannabis psychoseähnliche Symptome und die Sprachkompetenz als Maß der Kreativität. Die Teilnehmer wurden in Abhängigkeit von ihrer Kreativität in vier Gruppen eingeteilt. Die Droge vergrößerte psychoseähnliche Symptome bei Menschen mit der höchsten und niedrigsten Kreativität. Zudem erhöhte Cannabiskonsum die Kreativität bei Menschen mit geringer Kreativität. (Quelle: Schafer G, et al. Conscious Cogn, 7. Januar 2012 [im Druck])

Wissenschaft — THC nervenschützend in einem Modell der Parkinson-Krankheit

Forscher an der Universität von Plymouth (Großbritannien) wiesen eine Zunahme des CB1-Rezeptors in direkter Reaktion auf eine Nervenschädigung in einem Zellmodell der Parkinson-Krankheit sowie eine direkte schützende Wirkung auf die Nerven für THC nach. (Quelle: Carroll CB, et al. Neuropathol Appl Neurobiol, 11. Januar 2012 [im Druck])

Wissenschaft — Pharmakokinetik von Namisol (THC)

Das pharmazeutische Unternehmen Echo Pharmaceuticals in Nimwegen (Niederlande) untersuchte die pharmakokinetischen Eigenschaften ihrer THC-Zubereitung Namisol. Namisol ist eine neue Tablette, die THC enthält und entwickelt wurde, um die Bioverfügbarkeit zu vergrößern. Die orale Gabe von Namisol führte zu einer maximalen Blutkonzentration nach 39 bis 56 Minuten. Die Autoren stellten fest, dass "die Variabilität und die Zeit des Maximums der THC-Plasmakonzentrationen für Namisol geringer waren als in Studien, die orales Dronabinol und Nabilon verwendeten. (Quelle: Klumpers LE, et al. Br J Clin Pharmacol, 28. Dezember 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Nabilon reduzierte nicht experimentelle akute Schmerzen in klinischer Studie

Forscher des pharmazeutischen Unternehmens AstraZeneca untersuchten in einer placebo- und kreuzkontrollierten Studie mit 30 gesunden Probanden die Wirkungen des synthetischen Cannabinoids Nabilon auf akute Schmerzen, die durch eine chemische Substanz (Capsaicin) verursacht worden waren. Das Cannabinoid hatte keine signifikanten Wirkungen auf die akuten Schmerzen. (Quelle: Kalliomäki J, et al. Clin Exp Pharmacol Physiol, 10. Januar 2012 [im Druck])

Wissenschaft — Endocannabinoide reduzieren allergische Reaktionen in der Haut im Gewebeexperiment

Forscher der Universität Lübeck (Deutschland) untersuchten die Wirkungen der Stimulierung des CB1-Rezeptors auf so genannte Mastzellen in menschlicher Haut. Diese Zellen sind wichtig für allergische Reaktionen. Die Wissenschaftler fanden, dass Mastzellen in normaler Haut durch das Endocannabinoidsystem kontrolliert werden, was die starke Aktivierung von Mastzellen begrenzt. Sie folgerten, dass "die CB1-Stimulierung eine vielversprechende Strategie für die zukünftige Behandlung der Allergie darstellt". (Quelle: Sugawara K, et al. J Allergy Clin Immunol, 6. Januar 2012 [im Druck])