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IACM-Informationen vom 26. März 2011

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Wissenschaft — Mögliche Rolle von Cannabis beim spontanen Rückgang eines Astrozytoms in zwei Fallberichten

Wissenschaftler des Kinderkrankenhauses von British Columbia in Vancouver (Kanada) stellten zwei Fälle von Kindern mit pilozytischem Astrozytom vor, die sich einer Operation mit unvollständiger Entfernung des Tumors unterzogen hatten. In beiden Fällen blieb etwas Tumorgewebe im Gehirn zurück. In den ersten drei Jahren nach der Operation gab es im ersten Fall keine Veränderung der Tumorgröße und im zweiten Fall eine leichte Vergrößerung, gefolgt von einer Regression (Abnahme der Tumormasse) beider Resttumoren in den darauf folgenden drei Jahren. Keiner der Patienten erhielt eine konventionelle zusätzliche Therapie. Die Forscher stellten fest, dass "die Tumoren in dem gleichen Zeitraum zurückgingen, als Cannabis via Inhalation konsumiert wurde, was die Möglichkeit eröffnet, dass Cannabis eine Rolle bei der Tumor-Regression spielte".

Das pilozytische Astrozytom (PA) ist ein Tumor des Gehirns, der häufiger bei Kindern und jungen Erwachsenen auftritt. Diese Tumoren wachsen im Allgemeinen langsam, können jedoch sehr groß werden. Sie werden als gutartige Tumoren betrachtet. Die Autoren stellten fest, dass es "zunehmend anerkannt ist, dass die Regression von PA-Resten nicht selten ist", und dass "die Ursache der Regression in jedem einzelnen Fall eine Kombination von Faktoren umfassen könnte". Sie mahnen zur Zurückhaltung hinsichtlich aggressiver chirurgischer Eingriffe bei kleinen PA-Resten, "selbst wenn es offenbar eine leichte Progression gibt, da eine Regression später auftreten kann. Weitere Forschung erscheint sinnvoll, um die zunehmend anerkannten Wirkungen von Cannabis/Cannabinoiden bei Gliomen zu beleuchten".

(Quelle: Foroughi M, Hendson G, Sargent MA, Steinbok P. Spontaneous regression of septum pellucidum/forniceal pilocytic astrocytomas-possible role of Cannabis inhalation. Childs Nerv Syst 2011;27(4):671-9.)

Europa — Das Verfahren zur gegenseitigen Anerkennung für den Cannabisextrakt Sativex schließt mit der Empfehlung für eine Zulassung in sechs europäischen Ländern

In einer Pressemitteilung kündigten das britische Unternehmen GW Pharmaceuticals und das spanische Unternehmen Almirall an, dass nationale Zulassungen für Sativex in Deutschland, Italien, Dänemark, Schweden, Österreich und der tschechischen Republik in den Jahren 2011 oder 2012 für die Behandlung der Spastik bei multipler Sklerose erwartet werden. Marktzulassungen für Deutschland, Dänemark und Schweden werden vor Ende 2011 erwartet. Nach ersten Zulassungen in Großbritannien und Spanien im Jahr 2010 war es das Ziel des europäischen Verfahrens zur gegenseitigen Anerkennung, die Zulassung für Sativex auf weitere sechs europäische Länder auszudehnen. Dieses Verfahren ist nun erfolgreich abgeschlossen, nachdem die zuständigen Behörden in allen sechs Ländern bestätigt haben, dass Sativex die Bedingungen für eine Zulassung erfüllt.

Der nächste Schritt im Zulassungsprozess umfasst separate nationale Phasen in jedem Land, um den jeweiligen Wortlaut auf der Produktverpackung und entsprechender Dokumente zu beenden und um weitere landesspezifische Erfordernisse zu erfüllen. Nach Beendigung des nationalen Schrittes erwarten GW Pharmaceuticals und Almirall, dass jedes Land dann eine nationale Vermarktungserlaubnis erteilt. Sie erwarten eine solche Erlaubnis für Deutschland, Dänemark und Schweden vor Ende 2011 und in den anderen Ländern in 2012. Sativex wurde durch GW Pharmaceuticals entwickelt, und Almirall besitzt die Vermarktungsrechte dieses Medikamentes für Europa (mit Ausnahme Großbritanniens).

(Quelle: Pressemitteilung vom GW Pharmaceuticals und Almirall vom 22. März 2011)

USA — Das Nationale Krebsinstitut erkennt den "möglichen Nutzen von medizinischem Cannabis für Menschen mit Krebs" an

In einem Abschnitt zur "Komplementären und Alternativen Medizin" auf seiner Webseite gibt das Nationale Krebsinstitut zum ersten Mal einige Informationen zu Cannabis und Cannabinoiden. In dem Abschnitt "Allgemeine Informationen" heißt es: "Der mögliche Nutzen von medizinischem Cannabis für Menschen mit Krebs umfasst antiemetische Wirkungen, Appetitsteigerung, Schmerzlinderung und verbesserten Schlaf. In der Praxis der integrativen Onkologie [Krebstherapie] kann der Behandler medizinischen Cannabis nicht nur zur Symptomlinderung, sondern auch für seine möglichen direkten Antitumorwirkungen empfehlen."

Im Abschnitt "Gesamtevidenz für Cannabis und Cannabinoide" heißt es: "Zur Zeit gibt es eine unzureichende Evidenz, um die Inhalation von Cannabis als eine Behandlung für krebsbezogene Symptome oder Nebenwirkungen der Krebsbehandlung außerhalb von gut durchgeführten klinischen Studien zu empfehlen." Im Abschnitt "Nebenwirkungen" heißt es: "Cannabinoide haben ein günstiges Sicherheitsprofil. Im Gegensatz zu Opiatrezeptoren gibt es im Hirnstamm, der die Atmung kontrolliert, keine Cannabinoidrezeptoren; daher treten keine tödlichen Überdosierungen wegen einer Atemdepression auf. Weil Cannabinoidrezeptoren in Geweben im ganzen Körper vorkommen, nicht nur im zentralen Nervensystem, umfassen die Nebenwirkungen Tachykardie [Herzfrequenzbeschleunigung], Blutdruckabfall, Rötung der Bindehäute, Bronchienerweiterung, Muskelentspannung und reduzierte Bewegungen des Magendarmtraktes. Auch wenn Cannabinoide von einigen als abhängigkeitsverursachende Drogen betrachtet werden, ist ihr Abhängigkeitspotential deutlich niedriger als das anderer verschriebener Mittel oder missbrauchter Substanzen."

Mehr unter:

http://www.cancer.gov/cancertopics/pdq/cam/cannabis/healthprofessional

(Quelle: Website des Nationalen Krebsinstituts der USA, letztes Update: 17. März 2011)

USA — Große Unterschiede zwischen den Gesetzen zur medizinischen Verwendung von Cannabis in verschiedenen Staaten

Cannabis wird für schwerkranke Menschen in New Jersey voraussichtlich in diesem Sommer verfügbar sein. Es handelt sich um das restriktivste Gesetz in den USA und wird von einigen als ein Modell für andere Staaten betrachtet. Nur Patienten in New Jersey, die an bestimmten Erkrankungen wie HIV, Krebs und multipler Sklerose leiden, kann medizinischer Cannabis verschrieben werden, und auch nur dann wenn andere Behandlungen erfolglos waren. Das Gesetz ist auch das erste, dass es Patienten untersagt, ihren eigenen Cannabis Zuhause anzubauen. Jüngst hat das Gesundheitsministerium von New Jersey sechs Organisationen die Erlaubnis erteilt, medizinischen Cannabis an sechs autorisierten Orten anzubauen und abzugeben.

Einige Gesetzgeber in Staaten wie Maryland und Pennsylvania, in denen die Einführung von Gesetzen zu medizinischem Cannabis vorgeschlagen wird, interessieren sich für das System von New Jersey anstatt für liberalere Systeme in Kalifornien und Montana als Richtschnur. Kalifornien erlaubt Patienten mit einer breiten Palette von Erkrankungen, ihren eigenen Cannabis anzubauen oder ihn mit einer ärztlichen Erlaubnis von einer Verteilungsstelle zu erhalten. 15 Staaten und der Distrikt von Columbia haben Gesetze, die die Verwendung von Cannabis für medizinische Zwecke erlauben. Das Gesetz des Distrikts, das im letzten Jahr angenommen wurde, erlaubt Patienten mit bestimmten Erkrankungen, Cannabis nur von städtisch überwachten Verteilungsstellen zu erhalten. Unterstützer der medizinischen Verwendung von Cannabis haben die Sorge, dass das Gesetz von New Jersey ein Vorläufer für Modelle ist, die so streng sind, dass sie den Patienten, die Cannabis benötigen, nicht helfen.

Mehr unter:

http://www.reuters.com/article/2011/03/22/us-marijuana-newjersey-idUSTRE72L77P20110322

(Quelle: Reuters vom 22. März 2011)

Kurzmeldungen

USA — Rhode Island und Hawaii

Gegenwärtig sind 3.271 Patienten beim Gesundheitsministerium von Rhode Island registriert und dürfen Cannabis für medizinische Zwecke verwenden. In Hawaii gibt es gegenwärtig etwa 8.000 medizinische Cannabiskonsumenten mit einer entsprechenden Erlaubnis. (Quellen: Providence Business News vom 15. März 2011; Honolulu Star-Advertiser vom 20. März 2011)

Wissenschaft — Schwangerschaft

Wissenschaftler vom Quillen-College für Medizin in Johnson City (USA) untersuchten die Wirkungen des Drogenkonsums durch schwangere Frauen auf das Geburtsgewicht. Sie fanden heraus, dass die Beendigung des Tabakrauchens einen größeren Einfluss auf das Geburtsgewicht haben kann, als die Vermeidung des Konsums harter Drogen. Sowohl Tabak als auch harte Drogen reduzierten das Geburtsgewicht, während Cannabiskonsum keinen negativen Effekt auf das Geburtsgewicht hatte. Sie folgerten, dass "Interventionsbemühungen deutlich machen sollten, dass die Beendigung des Rauchens mindestens genauso wichtig ist, wie der Verzicht auf illegale Drogen, um den Ausgang der Schwangerschaft zu verbessern". (Quelle: Bailey BA, et al. Matern Child Health J, 22. März 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Magersucht

Nach einer Studie an der Monash-Universität in Clayton (Australien) schwächt THC den Gewichtsverlust in einem Tiermodell für Magersucht (Anorexia nervosa) ab. In einer Kombination mit einer fettreichen Nahrung erhöhte THC die Nahrungsaufnahme, reduzierte die Aktivität im Laufrad und schwächte den Gewichtsverlust in einem Rattenmodell einer aktivitätsbasierten Appetitlosigkeit (ABA) ab. Die Forscher stellten fest, dass ihre Daten "die Wirksamkeit des Endocannabinoidsystems bei der Abschwächung des Gewichtsverlusts im Zusammenhang mit der Entwicklung von ABA durch einen Mechanismus, der einen reduzierten Energieaufwand umfasst, zeigen". (Quelle: Verty AN, et al. Neuropsychopharmacology, 16. März 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Multiple Sklerose

Nach Forschung am Aristoteles-Universitätskrankenhaus in Thessaloniki (Griechenland) verbesserte die Gabe des Endocannabinoids 2-Arachidonoyl-Glycerol (2-AG) sowohl die akute als auch die chronische experimentelle Autoimmunenzephalomyelitis. (Lourbopoulos A, et al. Brain Res, 12. März 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Leber

Nach Forschung an den Nationalen Instituten für Gesundheit in Bethesda (USA) ist die Aktivierung des CB1-Rezeptors notwendig für die Regenerierung von Lebergewebe. Mäuse ohne CB1-Rezeptoren oder normale Mäuse, die mit CB1-Rezeptorantagonisten behandelt worden waren, zeigten eine geringere Regenerierung nach operativer Entfernung von zwei Drittel der Leber. Die Forscher folgerten, dass "die Aktivierung hepatischer CB1-R durch neu synthetisiertes Anandamid die Leberregenerierung fördert". (Quelle: Mukhopadhyay B, et al. Proc Natl Acad Sci U S A, 7. März 2011 [im Druck])