Veröffentlicht
Zuletzt aktualisiert
Lesezeit

IACM-Informationen vom 1. April 2006

Authors

Wissenschaft — Cannabis und THC reduzieren die Inkontinenz bei multipler Sklerose in großer klinischer Studie

Daten aus einer klinischen Studie, die im MĂ€rz 2006 veröffentlicht wurden, zeigen, dass verglichen mit einem Placebo sowohl ein Cannabisextrakt als auch isoliertes THC eine signifikante Verringerung der Inkontinenz verursachten. Diese Studie war Bestandteil einer großen multizentrischen Studie zu Cannabinoiden bei 630 Multiple-Sklerose-Patienten in Großbritannien (CAMS-Studie), deren wichtigste Ergebnisse bereits im Jahre 2004 veröffentlicht worden waren.

Die Teilnehmer hatten 15 Wochen lang entweder den kapsulierten Cannabisextrakt Cannador, die THC-Zubereitung Marinol oder ein Placebo erhalten, gewichtsabhĂ€ngig mit einer maximalen tĂ€glichen Dosis von 10 bis 25 mg THC. Sie fĂŒhrten ein Inkontinenz-Tagebuch. Der Cannabisextrakt resultierte in einer Reduzierung der Inkontinenz um 38 Prozent, THC um 33 Prozent und das Placebo um 18 Prozent. Die Forscher schlossen daraus, dass diese "Befunde eine klinische Wirkung von Cannabis auf Inkontinenz-Episoden bei Patienten mit MS nahe legen".

(Quelle: Freeman RM, Adekanmi O, Waterfield MR, Waterfield AE, Wright D, Zajicek J. The effect of cannabis on urge incontinence in patients with multiple sclerosis: a multicentre, randomised placebo-controlled trial (CAMS-LUTS). Int Urogynecol J Pelvic Floor Dysfunct, 22. MÀrz 2006; [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

USA — Razzien bei Herstellern von Cannabisprodukten in Kalifornien

Hunderte von Schachteln mit Cannabis-haltigen SĂŒĂŸigkeiten und tausende Cannabispflanzen wurden am 16. MĂ€rz bei fĂŒnf zeitgleichen Razzien der Drogenbehörde (Drug Enforcement Administration, DEA) in drei kalifornischen StĂ€dten (Oakland, Emeryville, Lafayette) beschlagnahmt. Die Behörden sprachen von dem grĂ¶ĂŸten Unternehmen dieser Art zur Herstellung und Verteilung von Cannabis an der WestkĂŒste.

12 Personen wurden verhaftet, und ihnen droht eine Anklage wegen Cannabishandel. Nach Angaben der DEA sollten die Schachteln an Cannabisclubs und ĂŒber das Internet vertrieben werden. UnterstĂŒtzer von medizinischem Cannabis wiesen darauf hin, dass es sich um durch das kalifornische Gesetz legitimierte Hersteller handelt. Die Verpackung der SĂŒĂŸigkeiten war mit Hinweisen zur Dosierung und Angabe der Inhaltstoffe sowie dem Hinweis, dass sie nur zu medizinischen Zwecken verwendet werden sollen, versehen. Die örtliche Polizei war an den Razzien beteiligt.

(Quelle: The Oakland Tribune vom 17. MĂ€rz 2006)

Kurzmeldungen

USA — Rhode Island

Das medizinische Cannabisgesetz von Rhode Island trat am 31. MĂ€rz inkraft. Im Januar wurde der Staat der 11. Staat der USA, der die medizinische Verwendung von Cannabis legalisiert hat. Das Medizinische Marihuana-Programm gibt an Menschen mit schweren Erkrankungen wie multiple Sklerose und Glaukom Ausweiskarten ab, mit denen sie bis zu 12 Cannabispflanzen anbauen oder 2,5 Unzen (70 Gramm) Cannabis kaufen dĂŒrfen. (Quelle: Associated Press vom 31. MĂ€rz 2006)

Italien — Ausnahmegenehmigung

Der ehemalige Gesundheitsminister Francesco Storace hatte einem Multiple-Sklerose-Kranken aus SĂŒdtirol eine Ausnahmegenehmigung zur Verwendung des Cannabisextraktes Sativex erteilt. Dies sorgte in Italien fĂŒr Aufsehen, da es einen PrĂ€zedenzfall schafft. (Quelle: Die Neue SĂŒdtiroler Tageszeitung vom 23. MĂ€rz 2006)

Deutschland — Hanfapotheke

Nach Informationen der Hanfapotheke (www.hanfapotheke.org) haben bisher 29 Patienten durch Empfehlung eines Arztes, der mit der Apotheke zusammenarbeitet, Zugang zur Hanfapotheke erhalten. Davon konnten 22 mindestens einmal ĂŒber einen Spender, der Cannabis kostenlos und anonym an Patienten verschickt, mit Cannabis versorgt werden. Es gibt zurzeit 12 Patenschaften, in denen ein Spender die Versorgung eines Patienten verlĂ€sslich ĂŒbernimmt. 11 Patienten stehen zurzeit unversorgt auf der Warteliste. (Quelle: persönliche Mitteilung vom 10. MĂ€rz 2006)

Holland — Isolierung von Cannabinoiden

Farmalyse BV kĂŒndigte an, dass die Firma in Zusammenarbeit mit der UniversitĂ€t Leiden eine neue Methode zur Isolierung von Cannabinoiden aus der Cannabispflanze entwickelt habe. Viele der Cannabinoide, die die Firma anbietet, seien bei keinem anderen Anbieter erhĂ€ltlich. In einer E-Mail schrieb Farmalyse, dass die Reinheit des so erhaltenen THC (Dronabinol) 99 Prozent ĂŒberschreiten wĂŒrde. "Zusammen mit Feyecon BV wurde eine neue Zubereitung entwickelt. Diese neue Zubereitung, in die die aktive Substanz eingeschlossen ist, erlaubt eine sublinguale Verabreichung. THC ist eingeschlossen, so dass es ein trockenes Pulver ergibt, das die Produktion von Tabletten erlaubt." (Quelle: E-Mail von Farmalyse BV vom 27. MĂ€rz 2006)

USA — Meinung zu Cannabis und Alkohol

Nach einer Umfrage durch das Pew-Research-Center zum gegenwĂ€rtigen moralischen Empfinden der BĂŒrger der USA wird das Rauchen von Cannabis nicht als so schlecht betrachtet wie ĂŒbermĂ€ĂŸiges Trinken von Alkohol. 1502 Personen wurden im Februar befragt, und die Ergebnisse wurden am 28. MĂ€rz veröffentlicht. 10 Themen wurden auf der Basis ihrer moralischen Bewertung eingeordnet. Auf Platz eins der Liste erklĂ€rten 88 Prozent der Teilnehmer, dass es falsch sei, wenn Verheiratete eine AffĂ€re hĂ€tten. Den dritten Platz auf der Moral-Skala nahm das Trinken von zu viel Alkohol ein (61 Prozent), das Rauchen von Cannabis lag auf Platz fĂŒnf (50 Prozent). (Quellen: Chicago Tribune vom 29. MĂ€rz 2006, http://pewresearch.org/)

Wissenschaft — Atmung und Spastik

Ein Fallbericht eines Patienten mit Spastik des Bauches und der Beine aufgrund einer traumatischen Verletzung der WirbelsĂ€ule in Höhe des Halses wurde vorgestellt. Er hatte Atemprobleme, war jedoch in der Lage, tagsĂŒber ohne apparative UnterstĂŒtzung zu atmen. Da alle Standardmedikamente gegen Spastik wirkungslos waren, wurde ihm THC in einer Dosis von zweimal tĂ€glich 2,5 mg verabreicht, was zu einer Verbesserung der Symptome fĂŒhrte. Allerdings nahmen nach einer Behandlungsdauer von drei Tagen die Atemprobleme zu, und die Behandlung mit THC musste abgebrochen werden. (Quelle: Neuburger M, et al. Schmerz, 16. MĂ€rz 2006; [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft — Echinacin

Forscher des Schweizer Bundesinstituts fĂŒr Technologie in ZĂŒrich wiesen nach, dass Bestandteile von Echinacin, so genannte Alkylamide, ihre immunmodulatorischen Wirkungen ĂŒber verschiedene Mechanismen, die zum Teil abhĂ€ngig und zum Teil unabhĂ€ngig von der Aktivierung von CB2-Rezeptoren sind, vermittelt werden. Sie zeigten, dass verschiedene Alkylamide von Echinacin stĂ€rker an den CB2-Rezeptor binden als Endocannabinoide. Sie reduzieren EntzĂŒndungen durch Wirkungen auf Zytokine, beispielsweise durch die Hemmung von TNF-Alpha (Tumor-Nekrose-Faktor-alpha). (Quelle: Raduner S, et al. J Biol Chem, 17. MĂ€rz 2006; [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft — Schmerzen

Wissenschaftler der UniversitĂ€t von Arizona in Tucson wiesen durch verschiedene Verfahren nach, dass die Aktivierung des CB2-Rezeptors tatsĂ€chlich zu einer Reduzierung von Schmerzen fĂŒhrte. Sie verwendeten spezifische Cannabinoidrezeptor-Antagonisten und genetisch verĂ€nderte MĂ€use. (Quelle: Ibrahim MM, et al. Pain, 21. MĂ€rz 2006; [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft — Schmerzen

Wissenschaftler von Schering-Plough in Italien stellten tierexperimentelle Forschung vor, nach der CB2-Rezeptoren im RĂŒckenmark an den analgetischen Wirkungen, die durch diesen Rezeptor vermittelt werden, beteiligt sein könnten. Bisher war bekannt, dass die Aktivierung peripherer CB2-Rezeptoren eine Schmerzreduzierung bewirkt. Diese Forschung bestĂ€tigt, dass CB2-Rezeptoren im zentralen Nervensystem vorkommen, die zu den Wirkungen von CB2-Agonisten beitragen. (Quelle: Beltramo M, et al. Eur J Neurosci 2006;23(6):1530-8)