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IACM-Informationen vom 10. Mai 2003

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Wissenschaft — THC wirksam beim Tourette-Syndrom in einer 6-Wochen-Studie

An der Medizinischen Hochschule Hannover wurde eine doppelblinde Placebo-kontrollierte Studie mit 24 Patienten mit Tourette-Syndrom durchgefĂŒhrt. Die sechswöchige Studie bestĂ€tigte Ergebnisse zweier frĂŒherer Kurzzeitstudien von Dr. Kirsten MĂŒller-Vahl und Kollegen, dass THC ein wirksames Mittel zur Reduzierung von Tics ist.

Das Tourette-Syndrom ist eine komplexe neurologisch-psychiatrische Störung, die durch motorische Tics (plötzliche Spasmen, vor allem in Gesicht, Nacken und Schultern) und einen oder mehrere vokale Tics gekennzeichnet ist. In vielen FÀllen ist die Erkrankung mit Verhaltensproblemen oder Psychopathologien (Autoaggression, Aufmerksamkeitsstörungen, etc.) assoziiert. GegenwÀrtig sind Neuroleptika die wirksamsten Medikamente. Diese sind jedoch nicht bei allen Patienten wirksam und werden oft nicht gut vertragen.

Patienten wurden 6 Wochen lang behandelt. Die Dosis wurde bis zur Zieldosis von 10 mg titriert. Beginnend mit 2,5 mg pro Tag, wurde die Dosis alle vier Tage in 2,5 mg-Schritten gesteigert. Die Tic-StÀrke wurde nach verschiedenen etablierten Skalen bewertet.

Sieben Patienten schieden aus der Studie aus oder mussten ausgeschlossen werden, jedoch nur einer wegen Nebenwirkungen. Die Gabe von THC fĂŒhrte zu einer signifikanten Verbesserung der StĂ€rke der Tics. Es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf. Die Autoren folgerten, dass die „Ergebnisse weitere Hinweise auf die Wirksamkeit und Sicherheit von THC bei der Behandlung von Tics liefern.“

(Quelle: MĂŒller-Vahl KR, Schneider U, Prevedel H, Theloe K, Kolbe H, Daldrup T, Emrich

HM. Delta-9-tetrahydrocannabinol (THC) is effective in the treatment of tics in Tourette syndrome: a 6-week randomized trial. J Clin Psychiatry 2003;64(4):459-465)

Wissenschaft — Verwendung von Vaporizern reduziert drastisch Gifte im Cannabisrauch

Eine neue Studie zeigt, dass ein Vaporizer schĂ€dliche Gase im Cannabisrauch reduziert und einen nahezu reinen Strom von Cannabinoiden mit sehr wenigen Nebenprodukten der Verbrennung liefert. Der Rauch von verbranntem Cannabis enthĂ€lt normalerweise Ă€hnliche Gifte wie Tabakrauch und Rauch von anderem pflanzlichen Material, die Gewebe schĂ€digen können, was zu chronischer Bronchitis und Krebs fĂŒhren kann.

Die von Chemic Labs in Canton, Massachusetts, durchgefĂŒhrte Studie analysierte den Dampf von Cannabis, der vom Volcano (hergestellt durch Storz & Bickel GmbH & Co. KG, Tuttlingen, Deutschland) erhitzt worden war, und verglich ihn mit dem Rauch von verbranntem Cannabis. Der Volcano soll Material auf Temperaturen zwischen 130° und 230° Celsius erhitzen, bei denen medizinisch wirksame DĂ€mpfe unterhalb der Verbrennungs-Schwelle entstehen. FrĂŒhere Studien haben gefunden, dass Vaporizer schĂ€dliche Gifte im Cannabisrauch reduzieren können. Allerdings war dies die erste Studie zur Untersuchung der Gas-Phase des Dampfes fĂŒr ein weites Spektrum von Toxinen.

Die Analyse zeigte, dass der Volcano bemerkenswert sauber war und zu 95 % aus THC und Spuren von Cannabinol (CBN) bestand. Die ĂŒbrigen 5 % bestanden aus geringen Mengen drei anderer Bestandteile: ein vermutetes Cannabinoid, ein vermutetes PAH (polyzyklisches aromatisches Hydrocarbon) und Caryophyllen, ein Terpen. Im Gegensatz dazu fanden sich im Gas von verbranntem Rauch 111 verschiedene Komponenten, inklusive einem halben Dutzend unbekannter PAHs. Nicht-Cannabinoide machten etwa 88 % des gesamten Gasbestandteils des Rauches aus.

Die Studie wurde durch die US-amerikanischen Organisationen kalifornisches NORML, MAPS und MPP gesponsert. Sie verwendete Cannabis mit einem THC-Gehalt von 4 %. Eine quantitative Analyse fand, dass der Volcano 46 % des THC in den Dampf abgab, nach drei 45 Sekunden dauernden Hitze-Expositionen der Probe. In frĂŒheren Studien lag die typische EffektivitĂ€t von Cannabiszigaretten fĂŒr erfahrene Raucher bei 15 – 40 % und bei Verwendung einer Pfeife bei 45 %.

Dr. Donald Abrams von der UniversitĂ€t von Kalifornien, San Francisco, hat einen Forschungsantrag an das Kalifornische Zentrum fĂŒr Medizinische Cannabisforschung in San Diego gestellt, um den Volcano in einer klinischen Studie zu testen.

Mehr Informationen unter: http://www.canorml.org/healthfacts/vaporizers.html

(Quelle: Pressemitteilung von California NORML vom 2. Mai 2003)

Kanada — Von der Regierung angebautes Cannabis verfĂŒgbar fĂŒr klinische Studien

Nach Monaten der Verwirrung und Verzögerung hat die Bundesregierung nun schließlich einheimischen Cannabis fĂŒr Foschungsvorhaben. Dies erklĂ€rte Cindy Cripps-Prawak, Leiterin des Programms zum Zugang zu medizinischem Cannabis.

Das Gesundheitsministerium bekommt nun die standardisierte QualitÀt, die es seit 2000 anstrebt, als es Prairie Plant Systems einen 5,75-Millionen-Dollar-Vertrag zum Anbau von Cannabis in einer verlassenen Mine bei Flin Flon, Manitoba, gab. Der Cannabis hat einen THC-Gehalt von 10 - 15 %, sagte Frau Cripps-Prawak.

Zurzeit werden in Kanada nur zwei klinische Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit von medizinischem Cannabis mit 64 Patienten mit Material aus den USA durchgefĂŒhrt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sollen neue Studien bis zu 300 – 400 Patienten einschließen.

(Quelle: Ottawa Citizen vom 3. Mai 2003)

Kurzmeldungen

Schweiz — Direktor des Gesundheitsministeriums fĂŒr Legalisierung

In einem Interview sprach sich der Direktor des Bundesamtes fĂŒr Gesundheit (BAG), Thomas Zeltner, fĂŒr die Legalisierung von Cannabis aus, jedoch gegen eine Legalisierung von Anbau und Verkauf. (Quelle: sda vom 5. Mai 2003)

Großbritannien — Warnung im British Medical Journal

In einem Editorial der britischen Ärztezeitschrift British Medical Journal warnen Professor John Henry vom Imperial College in London und zwei Kollegen, dass jĂ€hrlich 30.000 Briten vom Cannabisrauchen sterben könnten. Sie nahmen an, dass Cannabis so schĂ€dlich fĂŒr die 3,2 Millionen Cannabisraucher sein wĂŒrde wie Tabak fĂŒr die 13 Millionen Tabakraucher, was 120,000 Tabak-bezogene TodesfĂ€lle verursache (durch Krebs, Herzerkrankungen, etc.). Neben dieser schwach begrĂŒndeten Spekulation behaupten sie, dass die „Menge des wichtigsten aktiven Bestandteils, Tetrahydrocannabinol (THC), in Cannabis von etwa 0,5 % vor 20 Jahren auf gegenwĂ€rtig etwa 5 % in Großbritannien zugenommen hat“ – was allerdings nicht stimmt. Die mittlere THC-Konzentration von in den USA konfiszierten Marihuanas betrug 1983 3,3 % und war in Europa Ă€hnlich hoch. (Quelle: Henry JA, et al. BMJ 2003;326(7396):942-3)

USA — Steve McWilliams

Der medizinische Cannabispatient und Aktivist Steve McWilliams aus San Diego wurde wegen des Anbaus von Cannabis zu sechs Monaten GefĂ€ngnis verurteilt, obwohl er eine Ă€rztliche Empfehlung zur Verwendung der Droge besitzt. Viele Experten gehen davon aus, dass McWilliams wegen seiner politischen AktivitĂ€ten fĂŒr die Legalisierung von medizinischem Cannabis eine GefĂ€ngnisstrafe erhielt. Er wird bis zur Berufungsverhandlung auf Kaution auf freiem Fuß bleiben. (Quelle: NORML vom 1. Mai 2003)

Es ist bekannt, dass der THC-Metabolit THC-COOH und das synthetische Analog dieses Metaboliten, die ajulĂ€mische SĂ€ure (CT-3), EntzĂŒndungen hemmt, jedoch ist der Wirkmechanismus unbekannt. Neue Forschung zeigt, dass die ajulĂ€mische SĂ€ure einen Rezeptor mit dem Namen Peroxisom-Proliferations-aktivierter Rezeptor Gamma (PPARgamma) aktiviert. Dies ist ein möglicher Mechanismus fĂŒr die entzĂŒndungshemmenden Wirkungen des THC-Abkömmlings. (Quelle: Liu J, et al. Mol Pharmacol 2003;63(5):983-92)