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IACM-Informationen vom 30. März 2002

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Wissenschaft — THC wirksam bei Tourette-Syndrom

Eine klinische Studie an der Medizinischen Hochschule Hannover (Deutschland), die in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Pharmacopsychiatry veröffentlicht wurde, hat gezeigt, dass eine Einzeldosis THC Symptome des Tourette-Syndroms reduziert.

Unter der Leitung von Dr. Kirsten Müller-Vahl erhielten 12 erwachsene TS-Patienten 5, 7,5 oder 10 mg THC in einem doppel-blinden, plazebo- und kreuzkontrollierten Design. Die Patienten nahmen an zwei Tagen, die durch 4 Wochen getrennt waren, bevor sie die andere Behandlung erhielten, entweder zuerst eine Einzeldosis orales THC oder zuerst ein Plazebo.

THC verursachte eine signifikante Verbesserung der Symptome. Am Ende der Studie beurteilten neun Patienten den THC-Behandlungstag insgesamt positiver als den Plazebo-Tag. Drei Patienten erlebten den Plazebo-Tag positiver. Es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf. Der Blutdruck und der Puls veränderten sich nicht signifikant. Fünf Patienten erlebten leichte Nebenwirkungen, die 1 bis 6 Stunden anhielten. Es gab eine signifikante Korrelation zwischen der Verbesserung der Tics and der maximalen Konzentration von 11-OH-THC im Blutplasma.

Das Gilles de la Tourette-Syndrom (Tourette-Syndrom, TS) ist eine komplexe neurologische Störung, die durch mehrere motorische Tics (plötzliche Bewegungen) und eine oder mehrere vokale Tics charakterisiert ist. Eine weitere sechswöchige Studie mit 24 Patienten, die inzwischen abgeschlossen wurde, bestätigt die Ergebnisse dieser früheren Studie.

(Quellen: Müller-Vahl K, et al. Treatment of Tourette-Syndrome with delta-9-tetrahydrocannabinol (THC): a randomized crossover trial. Pharmacopsychiatry, April 2002. Persönliche Mitteilung von Kirsten Müller-Vahl)

Wissenschaft Spanien — Erste klinische Studie mit THC zur Behandlung von Krebs

Eine Gruppe spanischer Wissenschaftler hat mit der ersten klinischen Studie mit Cannabinoiden zur Behandlung von Krebs im Krankenhaus von La Laguna (Teneriffa) begonnen. Das Ziel der Phase-I/II-Studie ist die Abschätzung der Wirkungen von THC auf das Glioblastoma multiforme, einen bösartigen Hirntumor, für den es bisher keine wirksame Behandlung gibt. Die Studie wird zudem die erste Studie sein, die die intrakranielle Verabreichung von THC, d.h. die Gabe direkt in das Gehirn, untersucht.

Vor zwei Jahren hatte ein Team von Dr. Manuel Guzmán von der Complutense-Universität in Madrid gezeigt, dass THC und ein synthetisches Cannabinoid einen deutlichen Rückgang von bösartigen Gliomen bei Ratten bewirkte und dabei die Tumoren bei einem Drittel der Tiere vollständig zerstörte. Dr. Luis González Feria, Neurochirurg am Krankenhaus von La Laguna, wird die klinische Studie leiten.

Sie wird mit fünf Patienten beginnen. Wenn die Behandlung gut vertragen wird, sollen neun weitere Patienten hinzukommen, unterteilt in drei Gruppen, die drei verschiedene Dosen erhalten. Da das Glioblastom ein sehr aggressiver Tumor ist, erwarten die Forscher nicht, dass die Patienten geheilt werden, sie hoffen jedoch, die Überlebenszeit zu verlängern. Die Patienten sterben normalerweise innerhalb von sechs bis acht Monaten nach der Diagnose. THC wird zwei bis acht Wochen lang gegeben und die Dosen hängen von der Verträglichkeit ab. Es werden Patienten ausgewählt, deren Tumoren durch eine Operation erreichbar sind. Die Studie wird drei Jahre dauern.

(Quelle: Reuters vom 25. März 2002)

USA — Neues zu Initiativen und Gesetzesvorlagen für medizinisches Cannabis

Washington DC: Die Entscheidung eines Bundesrichters könnte Unterstützern der Legalisierung von Marihuana für medizinische Zwecke in Washington DC den Weg bereiten, den Wählern der Stadt das Thema in diesem November vorzulegen. US-Distriktrichter Emmet Sullivan erklärte am 28. März ein Bundesgesetz für ungültig, das die Bewohner des Distrikts von Columbia daran gehindert hatte, das Thema auf den Stimmzettel zu bringen. Das Gesetz wurde 1998 vom Kongress erlassen, nachdem die Einwohner Marihuana für medizinische Zwecke legalisiert hatten. (Quellen: New York Times vom 29. März 2002, Associated Press vom 30. März 2002)

Vermont: Mit einem Verhältnis von 89 zu 59 Stimmen stimmte das Abgeordnetenhaus für eine Gesetzesvorlage, die Opfern schwerer Erkrankungen wie Krebs oder Aids erlauben würde, ihre Symptome mit Cannabis zu behandeln, wenn sie eine Empfehlung durch einen Arzt haben. Gouverneur Howard Dean, ein Demokrat, der nachdrücklich gegen die Vorlage ist, hat angekündigt, dass er versuchen will, die Gesetzesvorlage im Senat zu blockieren. (Quellen: Associated Press vom 15. März 2002, New York Times vom 16. März 2002).

Maryland: Das Repräsentantenhaus stimmte mit 80 zu 56 für eine Gesetzesvorlage, die eine Möglichkeit für eine Verteidigung vor Gericht für Menschen, die Cannabis zu medizinischen Zwecken verwenden, schaffen würde. Nach diesem Entwurf würden Angeklagte, die einem Richter oder den Geschworenen beweisen können, dass sie Marihuana nur zu medizinischen Zwecken verwenden, anstatt der üblichen Strafe -- eine Geldstrafe von 1000 Dollar und bis zu einem Jahr Gefängnis -- eine Geldstrafe von nur 100 Dollar erhalten. Der Vorschlag muss noch durch den Senat überprüft werden. (Quelle: Washington Post vom 26. März 2002)

Bisher erlauben acht Staaten -- Alaska, Kalifornien, Colorado, Hawaii, Maine, Nevada, Oregon und der Staat Washington -- ernsthaft erkrankten Einwohnern mit vorheriger Erlaubnis durch einen Arzt, Cannabis zu verwenden.

Kurzmeldungen

Wissenschaft Großbritannien — Straßenverkehr

Ein einziges Glass Wein beeinträchtigt die Fahrtüchtigkeit mehr als das Rauchen einer Cannabiszigarette. Dies sind die Ergebnisse einer wichtigen neuen Studie des Transportforschungsinstituts in Crowthorne (Großbritannien). Sie bestätigen die Ergebnisse einer vorläufigen Studie von vor einem Jahr. Die Studie fand zudem, dass Fahrer unter Cannabiseinfluss dazu tendierten, sich ihrer Berauschung bewusst zu sein und vorsichtiger zu fahren, um ihre Beeinträchtigung zu kompensieren. (Quelle: New Scientist vom 19. März 2002)

Frankreich — Premierminister Jospin

Premierminister Jospin erklärte, dass ein Cannabisjoint, der zu Hause geraucht wurde, weniger schlimm sei als Alkohol hinter dem Steuer. Gesundheitsminister Bernard Kouchner erklärte jüngst, dass Alkohol und Tabak viel mehr Schaden anrichten würden als Cannabis. (Quelle: AFP vom 25. März 2002)

Deutschland — Grüne Partei

Gemäß ihrem neuen Parteiprogramm, das auf dem Parteitag im März in Berlin verabschiedet wurde, unterstützen die deutschen Grünen die Legalisierung von Cannabis. "Die bisherige Drogenpolitik der generellen Strafverfolgung von Konsumenten ist gescheitert," heißt es im neuen Programm. (Quelle: sda vom 16. März 2002)

Großbritannien — Polizeiumfrage

Die Hälfte der Polizeibeamten, die anonym befragt worden waren, gaben an, dass sie mindestens einmal in ihrem Leben Cannabis konsumiert hatten. Mehr als die Hälfte glaubten, dass die Cannabisgesetzgebung das Verhältnis zwischen der Polizei und jungen Menschen schädige. (Quelle: The Times vom 16. März 2002)

Wissenschaft — Nervenschutz

Ergebnisse zellexperimenteller Studien legen stark nahe, dass der Cannabinoid-1-Rezeptor (CB1) nicht an den zellulären nervenschützenden Wirkungen der Cannabinoide beteiligt ist. (Quelle: Marsicano G, et al. J Neurochem 2002 Feb;80(3):448-56)

Wissenschaft — Blutfluss im Gehirn

Der Gedächtnis-bezogene Blutfluss im Gehirn gewohnheitsmäßiger Cannabiskonsumenten wurde mit dem nicht-konsumierender Kontrollen nach mehr als 26-stündiger Abstinenz verglichen. Der Gedächtnis-bezogene Blutfluss von Cannabiskonsumenten zeigten Abnahmen in der präfrontalen Hirnrinde und Zunahmen in Gedächtnis-relevanten Regionen des Kleinhirns. (Quelle: Block RI, et al. Pharmacol Biochem Behav 2002 May;72(1-2):237-50)