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IACM-Informationen vom 20. Dezember 2003

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USA — Ein Bundesberufungsgericht urteilt, dass die medizinische Verwendung von Cannabis unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist

Mit einer bahnbrechenden Entscheidung hat das Berufungsgericht des neunten Bezirks sowohl Menschen, die Cannabis aus medizinischen GrĂŒnden konsumieren, als auch das Verfassungsprinzip des Föderalismus unterstĂŒtzt. Am 16. Dezember urteilte das Gericht, dass das Bundesdrogengesetz von 1970, das die Verwendung von Marihuana Ă€chtet, in Staaten mit medizinischen Marihuana-Gesetzen nicht auf kranke Menschen mit einer Ă€rztlichen Empfehlung angewendet werden darf.

In einer 2 zu 1-Entscheidung erklĂ€rte das Gericht, dass die Verfolgung von medizinischen Cannabiskonsumenten nicht verfassungsmĂ€ĂŸig ist, wenn der Cannabis nicht ĂŒber Staatsgrenzen hinweg verkauft und transportiert oder fĂŒr nicht-medizinische Zwecke verwendet wird. "Der innerstaatliche, nicht kommerzielle Anbau, Besitz und Konsum von Marihuana fĂŒr persönliche medizinische Zwecke auf Empfehlung eines Arztes unterscheidet sich in der Tat vom Drogenhandel," schrieb Richter Harry Pregerson fĂŒr die Mehrheit der Richter.

Der Fall betraf zwei schwerkranke Frauen aus Kalifornien, Angel Raich, die einen nicht operierbaren Hirntumor hat, und Diane Monson, die an starken RĂŒckenschmerzen leidet. Sie verklagten Generalstaatsanwalt John Ashcroft und beantragten eine Gerichtsentscheidung, nach der sie Marihuana rauchen, anbauen und erwerben dĂŒrfen, ohne bundesbehördliche Verfolgung fĂŒrchten zu mĂŒssen.

Der Fall unterstreicht den Konflikt zwischen den Bundesgesetzen und dem kalifornischen medizinischen Marihuana-Gesetz von 1996. Alaska, Arizona, Colorado, Hawaii, Maine, Nevada, Oregon und der Staat von Washington haben Ă€hnliche Gesetze wie das kalifornische, auf das die BemĂŒhungen der Bundesbehörden zur Durchsetzung des Drogenverbots konzentriert waren. Das neunte Berufungsgericht, das grĂ¶ĂŸte des Landes, ĂŒbt keine Gerichtsbarkeit ĂŒber Colorado und Maine aus. Rechtsexperten erwarten, dass das Bundesjustizministerium vor dem Obersten Gerichtshof Berufung gegen das Urteil einlegen wird.

(Quellen: Associated Press vom 16. Dezember 2003, Reuters vom 16. Dezember 2003. Los Angelos Times vom 16. Dezember 2003, National Review vom 19. Dezember 2003)

Spanien — Apotheker von Barcelona wollen Cannabis zu medizinischen Zwecken abgeben

Die Organisation der Apotheker von Barcelona hat begonnen, den Umfang der Selbstmedikation mit Cannabis zu untersuchen. Dies erklĂ€rte Rafael BorrĂ s, der fĂŒr Drogen und Aids zustĂ€ndige Sprecher der Organisation. Die Untersuchung begann im September, und etwa 100 Patienten haben bisher teilgenommen.

Bisher kann nur Nabilon, ein synthetischer THC-Abkömmling, der aus Großbritannien importiert wird, von spanischen Ärzten verschrieben werden. BorrĂ s schlĂ€gt jedoch vor, standardisierten Cannabis in Apotheken verfĂŒgbar zu machen, "unter strenger Kontrolle und mit einem Ă€rztlichen Rezept", nach dem hollĂ€ndischen Modell. Die Personen, die mit dem Bericht befasst sind, haben den Eindruck, dass die Zahl der Menschen, die Cannabis aus medizinischen GrĂŒnden nehmen, in Spanien zunimmt, dass es jedoch nicht möglich sei, sie zu quantifizieren. "Wir wollen analysieren, was geschieht," erklĂ€rte BorrĂ s. Die Studie untersucht die GrĂŒnde fĂŒr die medizinische Verwendung von Cannabis, seine Wirkungen und die Wege, auf denen die Teilnehmer der Befragung die Droge erwerben.

Informationen zur medizinischen Verwendung von Cannabis, werden auf der Web-Seite der Organisation prÀsentiert:

http://www.farmaceuticonline.com/medicament/cannabis.html

Kanada — Kubby wurde FlĂŒchtlingsstatus verweigert

Der Antrag eines US-amerikanischen BefĂŒrworters von medizinischem Marihuana, der in Kanada die Anerkennung als FlĂŒchtling beantragt hat, wurde am 8. Dezember abgelehnt. Kanadas Einwanderungs- und FlĂŒchtlingsbehörde entschied, dass fĂŒr Steve Kubby weder eine gut begrĂŒndete Gefahr von Verfolgung oder Folter bestehe, noch dass irgendein Risiko fĂŒr sein Leben bestĂŒnde, wenn er in seinem Heimatstaat Kalifornien zurĂŒckkehren wĂŒrde.

Kubby ist einer von wenigen Personen, die in den vergangenen Jahren nach Kanada gekommen sind, um den US-Drogengesetzen zu entgehen. Er argumentierte, er sei wegen seiner Auffassung zu medizinischem Marihuana ein politisches Ziel der Polizei. Die 120 Tage GefĂ€ngnis, zu denen er im Jahre 2001 in Kalifornien verurteilt worden sei, glichen einem Todesurteil. Er erklĂ€rte, dass wenn er nicht jede Stunde Cannabis rauchen wĂŒrde, er an den Komplikationen eines Nebennierentumors sterben wĂŒrde. Kubby floh im Jahre 2001 nach British Columbia in Kanada, um der GefĂ€ngnisstrafe zu entgehen.

Die Behörde erklĂ€rte, Cannabis scheine Kubby zu helfen, um die Symptome seiner Erkrankung zu lindern, es sei jedoch unklar, ob er ihn tatsĂ€chlich am Leben halte. Sie stellte zudem fest, dass er nach dem kalifornischen Gesetz Zugang zur Droge haben wĂŒrde. Die Behörde urteilte auch gegen die FlĂŒchtlingsantrĂ€ge von Kubbys Frau Michele und ihre beiden Töchter.

(Quellen: Reuters vom 8. Dezember 2003, Canadian Broadcasting Corporation vom 8. Dezember 2003)

Kurzmeldungen

Kanada — Neuer Premierminister und Cannabis

Premierminister Paul Martin erklĂ€rte, er werde das Gesetzgebungsverfahren zur Beseitigung strafrechtlicher Sanktionen wegen des Besitzes kleiner Mengen von Marihuana, das unter seinem VorgĂ€nger Jean Chretien begonnen wurde, fortfĂŒhren. Er wies jedoch darauf hin, dass er gern eine neue Definition einer "kleinen Menge" haben möchte, und lud ein Parlamentskomitee ein, zu ĂŒberlegen, ob die Grenze von 15 Gramm, wie sie zunĂ€chst vorgeschlagen worden war, nicht gesenkt werden sollte. Allerdings bestand er auf den zentralen Punkt im Gesetz, nĂ€mlich dass "absolut nichts erreicht wird, wenn junge Menschen, die mit minimalen Mengen erwischt werden, eine Vorstrafe erhalten." (Quelle: Canadian Press vom 18. Dezember 2003)

Wissenschaft — Neuropathische Schmerzen

Es wurde die Wirkung einer wiederholten Behandlung mit einem synthetischen Cannabinoid (WIN 55,212-2) auf neuropathische Schmerzen, die bei Ratten durch chronische EinschnĂŒrung des Ischiasnerven verursacht worden waren, untersucht. Geringe Dosen des Cannabinoids, die tĂ€glich wĂ€hrend der Entstehung der Neuropathie gegeben wurden, kehrten die Hyperalgesie (gesteigerte Schmerzempfindlichkeit) um. 14 Tage nach der Verletzung waren die Spiegel von Substanzen, die bei neuropathischen Schmerzen eine Rolle spielen, wie Prostaglandin E2 und Stickstoffmonoxid, erhöht. Eine wiederholte Behandlung mit WIN 55,212-2 hob diese Anstiege auf. (Quelle: Costa B, et al. Br J Pharmacol 2003 Dec 8 [elektronische Publikation vor dem Druck])

Wissenschaft — Drogen und Gewalt

Bei 149 MĂ€nnern wurde ĂŒber einen Zeitraum von 15 Monaten die Wahrscheinlichkeit körperlicher Gewalt gegen ihre Partnerinnen in AbhĂ€ngigkeit von ihrem Drogenkonsum untersucht. Die Wahrscheinlichkeit von Gewalt an den Tagen ohne Drogenkonsum wurde mit der Wahrscheinlichkeit von Aggression an Tagen mit Konsum verglichen. Von den untersuchten psychoaktiven Substanzen, war die Verwendung von Alkohol und Kokain mit einer signifikanten Zunahme körperlicher Aggression verbunden, wĂ€hrend Cannabis und Opiate nicht signifikant mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Gewalt durch den mĂ€nnlichen Partner assoziiert waren. (Quelle: Fals-Stewart W, et al. Addict Behav 2003;28(9):1555-74)