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IACM-Informationen vom 4. März 2000

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Wissenschaft — THC zerstört Hirnkrebs im Tierversuch

Delta-9-Tetrahydrocannbinol (THC), der wichtigste aktive Bestandteil von Cannabis, und ein synthetisches Cannabinoid induzierten bei Laborratten einen deutlichen Rückgang einer im Allgemeinen tödlichen Form von Gehirnkrebs. Dies berichteten spanische Forscher am 28. Februar in der Zeitschrift Nature Medicine.

In 45 Ratten wurden maligne Gliome induziert, ein schnell zum Tode führender Krebs, für den es gegenwärtig keine Behandlunggibt. Ein Drittel wurde mit THC behandelt, ein weiteres mit dem Cannabinoidagonisten WIN-55,212-2 und das restliche Drittel blieb unbehandelt. Die unbehandelten Ratten starben innerhalb von 18 Tagen. Die beiden Cannabinoide hatten allerdings einen dramatischen Effekt. Innerhalb von sieben Tagen zerstörten sie die Tumoren in einem Drittel der behandelten Ratten und verlängerten das Leben eines weiteren Drittels bis zu sechs Wochen.

12 Tage nach der Zelleninjektion wurden THC oder WIN-55,212-2 7 Tage lang kontinuierlich direkt an die Stelle der Tumorinokulation injiziert. Die THC-Gabe war bei 3 Tieren unwirksam und verlängerte das Überleben von 9 Ratten auf 19-35 Tage. Der Tumor war bei 3 THC-behandelten Tieren vollständig verschwunden. Ebenso war das synthetische Cannabinoid unwirksam bei 6 Ratten, verlängerte das Überleben von 4 Ratten auf 19-43 Tage und rottete den Tumor bei 5 Tieren vollständig aus.

Das Team unter der Leitung von Dr. Manuel Guzman von der Complutense Universität in Madrid sagte: "Diese Ergebnisse könnten die Basis für eine neue therapeutische Herangehensweise an die Behandlung maligner Gliome sein." Er erklärte, dass das gegenwärtige Experiment das THC in einer sehr kleinen Dosis und in einem späten Stadium getestet habe, als die unbehandelten Mäuse bereits angefangen hätten zu sterben. Er sagt voraus, dass THC wirksamer sein würde, wenn es früher gegeben wird. Krebstherapien, die bei Tieren funktionieren, könnten jedoch beim Menschen auch zu giftig oder nicht wirksam sein.

Es wird davon ausgegangen, dass Cannabinoide Tumorzellen durch Induzierung eines programmierten Zelltodes (Apoptose) über einen intrazellulären Signalmechanismus töten. Experimente an Zellkulturen mit zwei Subtypen von Gliomzellen haben ergeben, dass Cannabinoide die Apoptose über einen Weg, der Cannabinoidrezeptoren, die gestützte Anhäufung des Lipids Ceramid und die Aktivierung von Raf-1/ERK (extrazellulär signalregulierte Kinase) einbezieht, einleiten. Dies löst eine Kaskade von Reaktionen aus, die zum Zelltod führen.

In einem Kommentar für Nature Medicine erklärte Dr. Daniele Piomelli von der Universität von Kalifornien in Irvine, diese Befunde könnten von großer Bedeutung sein. Es sei dies die erste überzeugende Studie, die zeige, dass eine auf Marihuana basierende Behandlung Krebs bekämpfen könnte. Wenn die Substanz auch gut am Menschen funktioniere, sagte Piomelli, "dann wird dies ein Papier von großer Wichtigkeit." Es würden jedoch noch viele Tests an Tieren und Menschen notwendig sein, um seine Wirksamkeit nachzuweisen. Das Rauchen von Marihuana sei jedoch nicht wirksam.

(Quellen: Galve-Roperph I, Sanchez C, Cortesz ML, Gomez del Pulgar T, Izquierdo M, Guzman M: Antitumoral action of cannabinoids: involvement of sustained ceramide accumulation and ERK activation. Nature Medicine 6, 313-319 (2000); Piomelli D: Nature Medicine 6, 255-256, (2000); UPI vom 28. Februar 2000; AP vom 29. Februar 2000; Reuters vom 29. Februar 2000; PA News vom 29. Februar 2000, persönliche Mitteilung von Manuel Guzman)

Wissenschaft — Cannabinoide reduzieren Tremor im Tiermodell der Multiplen Sklerose

In der Zeitschrift Nature erklärten Wissenschaftler am 1. März, sie hätten zum ersten Mal die Verbindung zwischen Cannabis und der Unterdrückung von Symptomen der Multiplen Sklerose (MS) wissenschaftlich nachgewiesen. Die Studie mit Mäusen, die an chronisch allergischer Enzephalomyelitis (CREAE) -- ein Tiermodell für MS -- litten, fand heraus, dass Cannabinoide CREAE-Symptome verbesserte.

Die Mäuse-MS-Studie "ist die erste, die definitive objektive Beweise liefert, dass synthetische Verbindungen, die Rezeptoren, an die Cannabis (Marihuana) bindet, stimulieren, Spastik und Tremor bei einem MS-ähnlichen Zustand mindern können. Dies erklärt rational, warum Patienten von der Einnahme der Droge profitieren können und unterstützt die Durchführung einer klinischen Studie, um den Nutzen von medizinischem Cannabis bei MS zu beurteilen," erklärte Lorna Layward, Forschungsleiterin der Multiple Sklerose Gesellschaft von Großbritannien und Nordirland.

In der Studie unter der Leitung von David Baker vom University College in London injizierten die Forscher THC, andere Cannabinoidrezeptor-Agonisten und -Antagonisten in Mäuse mit CREAE. Layward erklärte, es liege nun an Pharmaunternehmen, Verbindungen zu entwickeln, die Cannabis imitieren, jedoch die von Cannabisrauchern erfahrenen Nebenwirkungen zu vermeiden. Die Wissenschaftler warnten, dass die Forschung sich erst in den Anfängen befinde, und es sei unbekannt, ob ähnliche Resultate in großangelegten Studien am Menschen erzielt werden könnten.

(Quellen: UPI vom 2. März 2000, Reuters vom 2. März 2000; PA News vom 2. März 2000)

Wissenschaft — Das Rauchen von Marihuana kann Risiko für Herzattacken erhöhen

Das Rauchen von Marihuana erhöht bei Konsumenten mittleren und höheren Alters in der ersten Stunde nach dem Konsum signifikant das Risiko einer Herzattacke. Das erklärten Wissenschaftler am 2. März. Sie erklärten, nicht sicher zu sein, ob Marihuana selbst oder andere Bestandteile des Rauches wie Kohlenmonoxid dafür verantwortlich sei.

Die Studie von Dr. Murray Mittleman, Professor an der Harvard Medical School und Direktor für kardiovaskuläre Epidemiologie am Beth Israel-Deaconess Medical Centre und seinen Kollegen wurde bei einer Konferenz der Amerikanischen Herzgesellschaft in San Diego präsentiert.

Das Risiko für eine Herzattacke war während der ersten Stunde nach dem Rauchen 4,8mal größer als während der Zeit ohne Konsum. In der zweiten Stunde sank das relative Risiko auf 1,7. "Diese Effekte könnten ein signifikantes Risiko bedeuten, besonders bei Personen mit einer unerkannten koronaren Herzkrankheit," erklärte Mittleman. Mittlemans Forscherteam sammelte Informationen von 3.882 Personen, die Herzattacken erlitten hatten. Davon wurden 124 als gegenwärtige Marihuanakonsumenten identifiziert, inklusive 37, die erklärt hatten, die Droge innerhalb von 24 Stunden vor ihrer Herzattacke geraucht zu haben, sowie 9, die berichteten, Cannabis innerhalb einer Stunde vor ihren ersten Symptomen geraucht zu haben.

Das erhöhte Risiko ist weit entfernt von dem, was von anderen Drogen bekannt ist -- wie etwa das um das 25fache erhöhte Risiko durch Kokain -- und könnte nicht einmal so gefährlich sein wie ein Dauerlauf für eine Person mit sitzendem Lebensstil. Aber Mittleman sagte: "Das Risiko ist da. Es ist real." Andere Studien haben gezeigt, dass jüngere Marihuanakonsumenten kein größeres Risiko für Herzattacken aufweisen.

(Quellen: Reuters vom 2. März 2000, UPI vom 2. März 2000, AP vom 2. März 2000)

Kurzmeldungen

USA

Ein Ausschuss der staatlichen Kommission für medizinische Qualitätssicherung von Washington wird in Betracht ziehen, jedem, der unter bestimmten schwächenden Symptomen leidet, eine legale Verwendung von Marihuana für medizinische Zwecke zu erlauben. Dr. Rob Killian hat die Kommission ersucht, eine Liste von Symptomen anstatt spezifische Erkrankungen hinzuzufügen. Die von Killian vorgeschlagene Liste umfasst: Magen-Darm-Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit und Krämpfe, neurologische Symptome wie Krampfanfälle, Muskelspasmen und Spastik, Störungen der Stimmung wie Schlaflosigkeit und posttraumatische Stressstörungen. Die endgültige Entscheidung wird am 2. Juni erwartet. (Quelle: Seattle Times vom 2. März 2000)