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ACM-Mitteilungen vom 6. April 2019
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Liebe Leserin, lieber Leser,
unabhängige Beratung und Weiterbildung zum Thema Cannabis als Medizin wird wichtiger denn je. Wir haben daher ein Patiententelefon eingerichtet (siehe unten der Artikel zur Hotline). Es ist zunächst nur an einem Tag in der Woche erreichbar. Der Service soll aber in den kommenden Wochen ausgedehnt werden.
Am 10. April 2019 findet die nächste Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags statt. Es geht um das “Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“. Ein kleiner Teil widmet sich dem Thema Cannabis als Medizin. Für die ACM wird Frau Prof. Kirsten Müller-Vahl an der Anhörung teilnehmen.
Im Einzelnen begrüßt die ACM, dass nach dem vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung
1. ein Wechsel zwischen Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder zwischen Cannabisextrak-ten in standardisierter Qualität sowie eine Änderung der Dosierung keiner erneuten Genehmigung durch die Krankenkasse bedarf.
2. die Preisbildung nach der Arzneimittelpreisverordnung für Medizinalcannabisblüten keine Anwen¬dung mehr findet. Bisher ist allerdings unklar, wie sich die Preisbildung genau gestalten wird.
Einen weiteren Änderungsvorschlag halten wir für unzureichend. Danach soll im Falle einer Behandlung mit einem Cannabisarzneimittel im Rahmen eines stationären Aufenthal¬tes die Krankenkasse innerhalb von 3 Tagen über einen Kostenübernahmeantrag des weiterbehandelnden Arztes entscheiden. Diese Regelung führt unweigerlich zu einer Unterbrechung der Behandlung. In solchen Fällen sollte die Krankenkasse grundsätzlich verpflichtet werden, die Kosten zu übernehmen.
Am 3. April 2019 informierte das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte die 79 Bewerber, die sich für den Anbau von Medizinalhanf in Deutschland beworben hatten. Drei Unternehmen, darunter die kanadischen Produzenten Aurora und Aphria sowie die deutsche Firma Demecan, sollen danach Cannabis in Deutschland anbauen. Ursprünglich sollte am 10. April das Oberlandesgericht Düsseldorf über eine Klage entscheiden, die gegen die zweite Lizenzvergaberunde eingereicht worden war. Angesichts dieser Klage und der vergleichsweise geringen Menge, die sicherlich nicht ausreichen wird, um den Bedarf in Deutschland zu decken, werden wir sicherlich auch in Zukunft wiederholt über das Thema berichten.
Mit Spaß beim Lesen!
Franjo Grotenhermen
Hotline für Cannabis-Patient*innen läuft an
Die ACM freut sich, den Start des ACM-Patiententelefons bekannt geben zu können. Mit dem Angebot sollen Patient*innen eine kompetente Auskunft rund um das Thema Cannabis als Medizin erhalten. Dies umfasst allgemeine Fragen zu den Möglichkeiten einer Therapie mit Cannabis sowie Hilfestellung bei Problemen z.B. der Arztsuche, der Kostenübernahme oder beim Führerschein. Unsere Berater informieren über die rechtlichen Möglichkeiten in Deutschland und geben allgemeine Auskunft zur Wirksamkeit von Cannabis bei bestimmten Diagnosen. Wir wollen die Anrufer mit qualitätsgesicherten und unabhängigen Informationen wie sie auf der ACM-Website und im ACM-Magazin zu finden sind, versorgen.
Ziel ist es, einerseits Probleme zu lösen die zwischen Patienten und einer für sie passenden Therapie mit Cannabis stehen. Praktisch sollen anderseits Ärzte entlastet werden, indem Patienten vor ihrem Praxisbesuch informiert werden und gut vorbereitet mit ihrem Arzt das Gespräch suchen können.
Die Anrufer werden mit Empathie und einem strukturierten Gesprächsleitfaden kompakt und kompetent informiert. Das ACM-Patiententelefon kann bei komplexeren Fragestellungen keine Beratung durch Ärzte oder Anwälte ersetzen.
In der Testphase bis Mitte Mai wird die Nummer 0800 0226622 an jedem Freitag zwischen 11-13 und 14-16 Uhr besetzt sein. Das Angebot wird nach der Testphase kontinuierlich weiterentwickelt und zeitnah bedarfsgerecht ausgebaut.
Dieser 0800-Service ist für Anrufende kostenlos.
ACM-Patienten Telefon: 0 800 0226622 – freitags von 11-13 und 14-16 Uhr
Presseschau: Die Cannabis-Anbauer in Deutschland stehen fest – vorerst (Handelsblatt)
Am 3. April hat die Cannabisagentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Firmen bekannt gegeben, die sie für den Anbau von Cannabis in Deutschland ausgewählt hat.
Die Cannabis-Anbauer in Deutschland stehen fest – vorerst
Die Zuschläge für den Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland sind erteilt: Die Deutschland-Töchter der kanadischen Firmen Aphria und Aurora sowie das 2017 gegründete Berliner Unternehmen Demecan erhalten die Zuschläge für die insgesamt 13 Lose. Das erfuhr das Handelsblatt aus Branchenkreisen.
Aphria Deutschland bestätigte dem Handelsblatt, den Zuschlag für fünf der 13 Lose bekommen zu haben. Aurora Deutschland, das nach Brancheninformationen ebenfalls fünf Lose bekommen haben soll, äußerte sich zunächst nicht. Demecan bestätigte am Donnerstagnachmittag den Zuschlag für drei Lose.
„Wir freuen uns sehr, den Zuschlag für fünf Lose bekommen zu haben und mit unserer Erfahrung Cannabis in medizinischer Qualität in Deutschland aufbauen zu können“, sagt Aphria-Deutschland Geschäftsführer Hendrik Knopp. Aphria gehört in Kanada zu den führenden Cannabisunternehmen.
In Deutschland will Aphria sein Geschäft auf zwei Säulen aufstellen: drei Blütensorten will Aphria durch den Anbau vor Ort anbieten, weitere Sorten medizinischen Cannabis können aus Kanada und künftig auch aus den Anlagen in Dänemark importiert werden. Aphria Deutschland wird die Cannabispflanzen in seiner 8000 Quadratmeter großen Anlage in Neumünster anbauen, wo derzeit noch medizinisches Chili, das unter anderem für Wärmepflaster benötigt wird, wächst.
79 Bieter beziehungsweise Bietergemeinschaften hatten im Ausschreibungsverfahren des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) Angebote abgegeben. Die Ausschreibung umfasst 10.400 Kilogramm Cannabis, verteilt auf vier Jahre mit jeweils 2.600 Kilogramm. Das Bundesinstitut erwartet die erste Ernte für das 4. Quartal 2020. Bei Bedarf kann auch weiterhin zusätzlich medizinisches Cannabis importiert werden.
Ganz final ist die Entscheidung für die Cannabis-Anbauer in Deutschland allerdings noch nicht. Zehn Tage lang kann noch gegen die Vergabe der einzelnen Lose geklagt werden. Wegen dieser verfahrenstechnischen Gründe nimmt das Bfarm nach Angaben eines Sprechers derzeit auch nicht zur Zuschlagserteilung Stellung.
Der Einsatz von Cannabis für therapeutische Zwecke ist in Deutschland seit März 2017 bei scherwiegenden Erkrankungen erlaubt. Laut Gesetz muss Cannabis als Medizin von den gesetzlichen Krankenkassen auch erstattet werden, wenn etwa andere therapeutische Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Aktuelle Schätzung gehen von rund 40.000 Cannabis Patienten in Deutschland aus. Eine nationale Statistik darüber gibt es nicht.
Im vergangenen Jahr wurden laut Statistik des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen mehr als 185.000 Verordnungen für cannabishaltige Zubereitungen, Blüten und Fertigarzneimittel erteilt. Die Verordnungen summieren sich auf einen Bruttoumsatz von 74 Millionen Euro. Die mehr als 71.000 Verordnungen für Blüten schlagen dabei mit knapp 33 Millionen Euro zu Buche.
Für wie viel Umsatz die Lose der Ausschreibung stehen, will Aphria-Deutschlandchef Knopp nicht verraten. Feststeht: die drei Anbauer in Deutschland, die die Zuschläge bekommen haben, können mit Millionenumsätzen rechnen. Ein Los steht für eine Jahresmenge von 200 Kilogramm Cannabisblüten, fünf Lose somit für eine Tonne. Die Herstellerabgabepreise für Cannabis liegen nach Informationen aus Branchenkreisen auf dem Weltmarkt zwischen 1,50 Euro und etwa acht Euro je Gramm Cannabis.
Die Preise bei der Ausschreibung in Deutschland dürften sich vermutlich unterhalb der Marke von fünf Euro bewegen. Legt man einen Preis von vier Euro zugrunde, stehen die fünf Lose für einen Umsatz von vier Millionen Euro pro Jahr beziehungsweise 16 Millionen Euro für die Ausschreibungsdauer von vier Jahren.
Eine erste Ausschreibung zum Anbau von Medizinalcannabis in Deutschland hatte das Bfarm im vergangenen Jahr aufheben müssen, weil das Oberlandesgericht Düsseldorf der Auffassung eines klagenden Unternehmens gefolgt war, dass die Frist nach einer Verfahrensänderung nicht ausreichend gewesen sei.
Gegen die zweite Ausschreibung hat Branchenkreisen zufolge Aphria geklagt. Da das Unternehmen nun aber einen Zuschlag bekommen hat, entfällt der Klagegrund und Insider erwarten, dass das Unternehmen seine Klage zurückzieht. Aphria selbst will zu dem Thema keine Stellung nehmen.
Künftig wird die von der Bfarm eingerichtete Agentur das in Deutschland gebaute medizinische Cannabis verkaufen. Sie wird die Blüten gemäß den Vorgaben der Vereinten Nationen über Suchtstoffe ankaufen, in Besitz nehmen und an Hersteller von Cannabisarzneimitteln, Großhändler oder Apotheken verkaufen. Dabei darf das Bundesinstitut keine Gewinne oder Überschüsse erzielen.
Patientin mit Depressionen siegt vor dem Sozialgericht und erhält die Kosten einer Cannabistherapie erstattet
Eine Patientin mit Depressionen profitierte von der Genehmigungsfiktion, die dann eintritt, wenn eine Krankenkasse nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von 5 Wochen über einen Kostenübernahmeantrag entscheidet. Aus der Urteilsbegründung des Urteils vom 28. Februar 2019 wird klar, dass der Richter auch darüber hinaus die Kostenübernahme durch die Krankenkasse befürwortet. Leider hätte die Patientin nach der gegenwärtigen Rechtslage ohne die Genehmigungsfiktion keine Chance auf eine Kostenübernahme gehabt, da die klinische Datenlage zur Therapie von Depressionen mit Cannabis bzw. Cannabis-Medikamenten eher dürftig ist.
Insbesondere Patienten mit psychischen bzw. psychiatrischen Erkrankungen haben gegenwärtig kaum Chancen auf eine Kostenübernahme. Insofern kann die Urteilsbegründung auch als Aufforderung an die Politik verstanden werden, das Gesetz an diesem Punkt nachzubessern. Ein Artikel von Leafly hat bei vielen Lesern den Eindruck erweckt, als hätten nunmehr auch Patienten mit Depressionen eine Chance auf eine Kostenübernahme.
Wir haben mit dem Anwalt der Patientin, Herrn Martin Rokahr aus Hannover, gesprochen, der die Genehmigungsfiktion als Grund für die Kostenübernahme bestätigte sowie die grundsätzlich unterstützende Position des Richters. Zur Frage der positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf, der nach der gegenwärtigen Rechtsprechung klinische Daten verlangt, heißt es im Urteil nur: „Vom Vorliegen einer spürbar positiven Einwirkung ist die Kammer überzeugt. Diesbezüglich ist von Relevanz, dass der behandelnde Arzt diese bejaht und damit die Angaben der Klägerin unterstützt“ (siehe unten Auszüge aus den beiden Gerichtsurteilen). Diese Argumentation hätte in einer Berufungsverhandlung leider keinen Bestand haben können. Wir freuen uns für die Patientin und bedauern, dass Patienten mit vergleichbaren Krankheitsbildern von einer Kostenübernahme ausgeschlossen bleiben.
Zunächst hat das Sozialgericht Hannover im Eilverfahren mit Beschluss vom 24.07.2018 (Az.: S 50 KR 828/18 ER) folgendes festgestellt:
“Darüber hinaus geht die Kammer davon aus, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung im vorliegenden Falle nicht zur Verfügung steht. Diesbezüglich stützt sich die Kammer ebenfalls auf die Stellungnahme des behandelnden Arztes. Dieser führt aus, dass die Standardmaßnahmen ausgeschöpft seien. Die durchgeführten Behandlungen mit Psychopharmaka seien nicht als erfolgreich anzusehen, der entweder keine ausreichende Wirkung erfolgt sei oder die Nebenwirkungen zu stark sein. Weiterhin geht die Kammer davon aus, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals greift die Kammer auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu notstandsähnlichen Situation (nunmehr normiert in § 2 Abs. 1a SGB V) zurück. Es muss berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 31 Abs. 6 SGB V hinsichtlich des „Wirksamkeitsnachweis es „nicht auf die Kriterien zum off-label use abgestellt hat, sondern in § 31 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 die geringeren Anforderungen des § 2 Abs. 1a SGB V übernommen hat.
„Eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung“ erfordert eine Wirksamkeitsprüfung am Maßstab der vernünftigen ärztlichen Praxis. Als „Beweismittel „akzeptiert das BSG „Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte und ähnliche, nicht durch Studien belegte Meinungen anerkannter Experten sowie Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen „. Je schwerwiegender die Erkrankungen und hoffnungsloser die Situation ist, desto geringer sind die Anforderungen an die „ernsthaften Hinweise „auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg (Plagemann in: Schlegel/Voelske, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 2 SGB V, Rn. 60).
Vom Vorliegen einer spürbar positiven Einwirkung ist die Kammer nach summarischer Prüfung überzeugt. Diesbezüglich ist von Relevanz, dass der behandelnde Arzt diese bejaht und damit die Angaben der Antragstellerin unterstützt.“
In dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 28.02.2019 (Az.: S 50 KR 729/18) ist festgestellt:
“Die begehrte Leistung liegt nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges. Es ergibt sich ein Anspruch aus § 31 Abs. 6 SGB V. Die Vorschrift lautet: Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn 1.eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung a)nicht zur Verfügung steht oder b)im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann, 2.eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Zunächst besteht bei der Klägerin eine schwerwiegende Erkrankung. Zur Definition dieses Tatbestandsmerkmals greift die Kammer auf die im Rahmen der Rechtsprechung zum Off-Label-Use entwickelten Grundsätze zurück. Danach liegt eine schwerwiegende Erkrankung vor, bei einer lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung (vgl. statt vieler BSG, Urt. v. 08. November 2011 - B 1 KR 19/10 R). Vom Vorliegend dieses Tatbestandsmerkmals ist die Kammer aufgrund der schweren psychischen Leiden der Klägerin überzeugt. Zudem wird diese Einschätzung durch den behandelnden Arzt und den MDK bestätigt.
Darüber hinaus geht die Kammer davon aus, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung im vorliegenden Falle nicht zur Verfügung steht. Diesbezüglich stützt sich die Kammer ebenfalls auf die Stellungnahme des behandelnden Arztes. Dieser führt aus, dass die Standardmaßnahme ausgeschöpft seien. Die durchgeführten Behandlungen mit Psychopharmaka seien nicht als erfolgreich anzusehen, da entweder keine ausreichende Wirkung erfolgt sei oder die Nebenwirkungen zu stark seien. Weiterhin geht die Kammer davon aus, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals greift die Kammer auf die Rechtsprechung des BVerfG zu notstandsähnlichen Situationen (nunmehr normiert in § 2 Abs. 1a SGB V) zurück. Es muss berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 31 Abs. 6 SGB V hinsichtlich des „Wirksamkeitsnachweises" nicht auf die Kriterien zum off-label use abgestellt hat sondern in § 31 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 die geringeren Anforderungen des § 2 Abs.1a SGB V übernommen hat.
„Eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung" erfordert eine Wirksamkeitsprüfung am Maßstab der vernünftigen ärztlichen Praxis. Als „Beweismittel" akzeptiert das BSG „Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte und ähnliche, nicht durch Studien belegte Meinungen anerkannter Experten sowie Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen". Je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation ist, desto geringer sind die Anforderungen an die „ernsthaften Hinweise" auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg (Plagemann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 2 SGB V, Rn. 60).
Vom Vorliegen einer spürbar positiven Einwirkung ist die Kammer überzeugt. Diesbezüglich ist von Relevanz, dass der behandelnde Arzt diese bejaht und damit die Angaben der Klägerin unterstützt.
Rechtsanwalt Martin Rokahr führt anschließend aus: „Weitere Ausführungen zum Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung oder der Aussicht auf Heilung sind in den Entscheidungen nicht enthalten. Die dritte Entscheidung in dieser Sache war lediglich ein Abänderungsbeschluss, der die erste Eilsacheentscheidung (die zeitlich befristet war) verlängert hat.“
Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage
Ein motivierter Mediziner schmeißt hin (Stuttgarter Zeitung)
Cannabis ist in der Mitte Münchens angelangt (Unternehmen-Heute)
Neue Sonder-PZN für Cannabis ab 1. April (Deutsche Apotheker Zeitung)
Cannabidiol-Öl: Was kann es wirklich? (Freundin.de)
Mit 0,63 Gramm Haschisch aufgegriffen und verurteilt (Schwäbische)
Cannabis "Made in Germany": Erste Ernte kommt (Schweringer Volkszeitung)
Konkurrenz aus Fernost: China und das Cannabis-Business (Wallstreet-Online)
Das Geschäft mit medizinischem Cannabis boomt (Spiegel)
Nationalrat: Keine weitere Liberalisierung von Cannabis für medizinische Zwecke (OTS, Österreich)
Medizinischer Cannabis: Luxemburger Staat hat Gras für 50.000 Euro gekauft (Tageblatt, Luxemburg)