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ACM-Mitteilungen vom 12. August 2017

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Liebe Leserin, lieber Leser,

wie wir feststellen müssen, sind auch Vertreter der Ärzteschafft nicht vor Fake News gefeit, wenn es um die Verwendung von Cannabis für medizinische Zwecke geht. Dies zeigt das Beispiel eines Newsletters der KV Hessen, in dem behauptet wird, die Kosten einer Therapie mit Cannabisblüten seien höher als die mit Sativex. In diesem Fall wurden ungeprüft Fehlinformationen der AOK weitergetragen. Am Ende weiß wahrscheinlich niemand mehr, wer diesen Unsinn als erstes in die Welt gesetzt hat.

Der Präsident der Ärztekammer Sachsen bezeichnet Cannabiskraut als Gift und lässt auch sonst die notwendige Sachlichkeit in einer emotional geführten Debatte missen.

Die Bundesregierung behauptet, dass es trotz des Lieferengpasses für Cannabisblüten kein relevantes Versorgungsproblem gebe. Es ist schwer zu sagen, ob die Autorin der Stellungnahme aus dem Bundesgesundheitsministerium tatsächlich glaubt, dass man Cannabisblüten einfach durch reines Dronabinol oder Sativex ersetzen könne, oder ob sie die Situation notgedrungen schön reden muss.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Liste von Ärztinnen und Ärzten, die Cannabis-Medikamente verschreiben

Eine Therapie mit Cannabis bzw. cannabisbasierten Medikamenten ist für Ärztinnen und Ärzte aufgrund des bürokratischen Aufwands nicht interessant. Zumindest nicht im Rahmen einer Kassenarztpraxis. Daher finden sich auf der Ärzte-Liste der ACM bisher vor allem privatärztlich tätige Kolleginnen und Kollegen.

Link zur Ärzteliste

Neuer Vortrag im ACM-YouTube-Kanal

Auf dem YouTube-Kanal der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. findet sich ein weiterer Vortrag von der Ärztefortbildung am 13. Mai 2017 in Frankfurt, ein Vortrag von Franjo Grotenhermen zu Nebenwirkungen und Wechselwirkungen einer Therapie mit Cannabis, aber auch zu vielen anderen Fragen. In den kommenden Tagen wird die Reihe durch einen weiteren Vortrag von Professorin Kirsten Müller-Vahl zur Verwendung von cannabisbasierten Medikamenten bei neurologischen Erkrankungen ergänzt.

Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und andere praxisrelevante Fragen von Dr. med. Franjo Grotenhermen

Ungewollte Fake News der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zu Kostenvergleichen von Cannabis-Medikamenten

In ihrem Newsletter info.pharm informiert die KV Hessen Ärzte aus Hessen über Kosten einer Therapie mit cannabisbasierten Medikamenten bzw. Cannabisblüten und bezieht sich dabei auf ein Rundschreiben der AOK Hessen. Der Newsletter vom August 2017 ist sicherlich gut gemeint, aber schlecht recherchiert. Aus ihm spricht mangelnde Erfahrung und eine naive Herleitung der Kosten einer Therapie. Cave: auch Akademiker aus der Ärzteschaft sind vor der unkritischen Verbreitung von falschen Nachrichten bzw. Behauptungen nicht gefeit. Hier ein Schreiben von Dr. Grotenhermen an den Autor des Newsletters.

„Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Kollege Dr. Langheinrich,

Mit Befremden habe ich Ihr Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zur „Verordnung von Cannabisarzneimitteln zulasten der GKV“ vom August 2017 gelesen.

Darin wird behauptet, dass „die Verordnung eines Cannabisblütenpräparates (…) bis zu 25.619,26 Euro teurer als die Behandlung mit Sativex/Jahr“ sei. Sie weisen darauf hin, dass die Krankenkassen „bezüglich der Verordnung von Cannabispräparaten mit Verweis auf SGB V die Wirtschaftlichkeit der Cannabis Verordnungen beanstanden können“.

Als Arzt, der seit vielen Jahren Patienten mit Cannabisblüten, reinem Dronabinol und dem Cannabisextrakt Sativex behandelt, kann ich Ihnen versichern, dass die Behandlung mit Cannabisblüten die mit Abstand geringsten Kosten verursacht. Alle Behandlungsansätze haben ihren Platz in einer rationalen Therapie mit Medikamenten auf Cannabisbasis. Bei alleiniger Betrachtung der Kosten sind die Cannabisblüten allen anderen Alternativen deutlich überlegen. Die Kosten können jedoch nicht immer die alleinige Grundlage für die Wahl des Präparates sein, weil weitere Aspekte hinzukommen können, wie beispielsweise die Genauigkeit der Dosierung.

Die Höchstmenge der Verordnung nach der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung lässt keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Therapiekosten zu. Sie wurde im Falle der Cannabisblüten so hoch gewählt, weil Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis für die Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke häufig mehrere Gramm Cannabisblüten, entsprechend mehrere 100 mg Dronabinol täglich benötigten. Meistens hatte sich bei diesen Patienten im Rahmen einer jahrelangen illegalen Selbstmedikation mit nicht standardisierten Cannabisprodukten im Laufe der Zeit eine hohe Toleranz aufgebaut. Dies muss von einer ärztlich durchgeführten und vor allem von einer begonnenen Erstbehandlung mit standardisierten Cannabisblüten unterschieden werden. Dabei kann die Dosis genauso wie bei anderen cannabisbasierten Medikamenten über lange Zeit konstant und niedrig gehalten werden. Es gibt daher in der Tat Patienten, die seit Jahren mehrere Gramm Cannabisblüten täglich benötigen. Eine Umstellung auf reines Dronabinol oder den Cannabisextrakt Sativex würde jedoch zu Tageskosten von mehreren 100 € führen. Man kann nicht einfach auf eine Dosierung von 20 oder 30 mg Dronabinol oder 10-20 Sprühstöße Sativex umstellen. Daher sind auch gelegentlich formulierte Behauptungen, es gebe trotz des Lieferengpasses für Cannabisblüten keinen Engpass bei der Versorgung mit cannabisbasierten Medikamenten, verfehlt und realitätsfremd. Es ist nicht möglich, die Therapie mit einigen Gramm Cannabisblüten täglich auf reines THC umzustellen.

Wenn ein Patient 500 mg Dronabinol (= Delta-9-THC, kurz: THC) monatlich benötigt, so kann dieser Bedarf durch

-- reines Dronabinol, mit monatlichen Kosten von etwa 400 € (500 mg Dronabinol in öliger Lösung als Rezepturarzneimittel kosten etwa 400 €),

-- Sativex, mit monatlichen Kosten von etwa 200 € (3 Fläschchen Sativex mit einem Gesamt-Dronabinol-Gehalt von 810 mg kosten 314 €),

-- Canemes, mit monatlichen Kosten von etwa 1200 € (wobei 1 mg Nabilon in der Wirkstärke etwa 7 mg THC/Dronabinol entspricht, sodass ein äquivalenter Monatsbedarf bei etwa 72 mg läge), oder

-- Cannabisblüten, mit monatlichen Kosten von 37,50-75 € (unter der Annahme eines Apothekenpreises von 15 € pro Gramm und Dronabinol-Gehalten von etwa 10-20 %, entsprechend 2,5-5 g). Bei Kosten von 25 € pro Gramm ergäben sich monatliche Therapiekosten von 62,50-125 €.

Viele Patienten, die eine Therapie mit Cannabisblüten beginnen und eine standardisierte orale Einnahme der Blüten nach entsprechender Decarboxylierung nutzen, kommen mit Tagesdosen von 0,1-0,2 g sehr gut aus. Einer meiner Patienten benötigt täglich lediglich 25 mg Cannabisblüten, weil er nur etwa 5 mg Dronabinol täglich benötigt, entsprechend weniger als 1 g im Monat. Er erhält Cannabisblüten in seiner Apotheke für 12 € pro Gramm, was so wenig ist, dass er keine Kostenübernahme anstrebt. Es gibt aber auch Patienten, die höhere Dosen von 0,5-1 g benötigen. Siehe dazu auch mein Vortrag im Rahmen der Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer Hessen und dem Drogenreferat der Stadt Frankfurt vom 13. Mai 2017.

Es gibt auch Patienten, die deutlich höhere Dronabinol- oder Sativex-Dosen benötigen, als es der Höchstverschreibungsmenge entspricht, also beispielsweise 30-60 mg Dronabinol täglich oder 20-30 Sprühstöße Sativex, selbst zu Beginn einer Therapie. Das wird auch durch Dosen in klinischen Studien mit Dronabinol oder Sativex belegt.

Eine Transparenz, wie Sie sie durch Ihr Schreiben anstreben, ist sehr sinnvoll. Ich denke, dass Sie mit dieser Thematik allerdings unkritisch und naiv umgegangen sind. Es wäre notwendig gewesen, Kollegen zu befragen, die jahrelange praktische Erfahrungen mit der Anwendung von cannabisbasierten Medikamenten und Cannabisblüten haben. Es wäre zumindest erforderlich gewesen, die AOK zu fragen, wie sie zu diesen Kosten für die verschiedenen Medikamente gelangt ist. Der Newsletter pauschalisiert. Ihm liegt die Idee zu Grunde, alle Patienten ließen sich über einen Kamm scheren. Das ist gerade bei Cannabinoiden verfehlt.

Wie erste Reaktionen zeigen, wird Ihr Schreiben von unerfahrenen Kollegen ernst genommen, zum Schaden für alle Beteiligten, mit Ausnahme des Herstellers von Sativex.

Mit freundlichen Grüßen

Franjo Grotenhermen“

Presseschau: Ärztepräsident: «Nach Cannabisfreigabe im Stich gelassen» (Pharmazeutische Zeitung)

Der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer bezeichnet Cannabiskraut als Gift und fühlt sich von der Politik nicht ausreichend vorbereitet.

Dazu Dr. Grotenhermen: „Ich denke nicht, dass der Leibarzt von Queen Victoria, Sir John Russell Reynolds, ein damals sehr bekannter Medizinprofessor, seine Patientin mit Cannabis vergiften wollte. Ich denke auch nicht, dass die Bundesopiumstelle durch Ausnahmeerlaubnisse für die Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke es zugelassen hat, dass Bundesbürger vergiftet werden. Die Toxizität von Cannabis beruht auf THC. Es mutet daher befremdlich an, wenn THC/Dronabinol als gutes Medikament dargestellt wird, während getrocknete Pflanzenteile als Gift bezeichnet werden. Das hat mehr mit Emotionen als mit einem sachlichen Umgang zu tun.

Es ist auch unklar, wieso Dr. Bodendieck nach der Gesetzesänderung nach dem Staat ruft. Es kann nicht Aufgabe der Regierung oder staatlicher Stellen sein, über den Umgang mit einem neuen Pharmazeutikum zu informieren. Wenn andere Medikamente auf den Markt kommen, ruft doch auch niemand nach dem Staat, sondern Ärzte nutzen die zur Verfügung stehenden Informationen zu Wirkungen und Nebenwirkungen des neuen Medikamentes. Natürlich gibt es keine Altersbegrenzung, denn THC/Dronabinol wird seit nunmehr fast 2 Jahrzehnten bei Patienten aller Altersklassen eingesetzt, darunter an vielen deutschen Universitätskinderkliniken.

Genauso unverständlich ist die Klage des Kammerpräsidenten darüber, dass jetzt bestimmte Patienten in die Praxis kommen, die möglicherweise überhaupt keiner Therapie mit Cannabis bedürfen. Man braucht doch als Arzt jetzt nicht alle Grundsätze ärztlichen Handelns über Bord werfen, nur weil einige Patienten überzogene Vorstellungen haben. Wenn ein Patient Rückenschmerzen hat, dann muss eine entsprechende Diagnostik durchgeführt werden. Eventuell kommt eine Überweisung zum Orthopäden infrage, und dann muss geschaut werden, wie eine sinnvolle Therapie aussehen kann, und diese muss auch nicht immer pharmakologischer Natur sein. Insgesamt wäre von Ärzten in verantwortlicher Position etwas mehr Nüchternheit und Sachlichkeit zu erwarten, gerade bei einem emotional aufgeladenen Thema.“

Ärztepräsident: «Nach Cannabisfreigabe im Stich gelassen»

Der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck, hat der Politik vorgeworfen, die Ärzteschaft nach der Freigabe von Cannabis als Medizin im Stich gelassen zu haben. Es gebe keinerlei Regelungen zu den Diagnosen und Indikationen, bei denen Cannabis verordnet werden solle, beklagte Bodendieck laut einer Mitteilung der Kammer. «Jeder Patient, der glaubt, seine Rückenschmerzen mit Cannabis behandeln zu können, kommt jetzt in die Arztpraxis», erklärte der Ärztepräsident. Es seien Hoffnungen geweckt, Ärzte und schwerkranke Patienten jedoch im Stich gelassen worden.

Die Sächsische Landesärztekammer wolle nun in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer eigene Hinweise zur Verordnung von Cannabis erarbeiten. Damit solle Ärzten «zumindest eine fachlich fundierte Handreichung» angeboten werden. Der Gesetzgeber habe es auch versäumt, eine Altersbegrenzung zu definieren. Zudem würden nicht nur reine Substanzen, sondern auch Nebenprodukte wie das aus Sicht der Kammer giftige Cannabiskraut von der Freigabe erfasst.

Das Gesetz «Cannabis als Medizin» trat am 10. März in Kraft. Ein Ziel ist eine bessere Schmerzlinderung schwer kranker Menschen. Das Gesetz regelt den Einsatz von Cannabisarzneimitteln, wenn andere nicht mehr helfen. Darüber muss allerdings ein Arzt entscheiden.

Presseschau: Der Kampf um Hanf (Tagesschau.de)

Auf der Internetseite der Tagesschau werden einige Probleme in der Folge des neuen Gesetzes skizziert, darunter die Auseinandersetzung von Patienten mit den Krankenkassen um die Kostenübernahme einer Therapie.

Der Kampf um Hanf

Im März feierte sich die Politik: Cannabis auf Rezept - ein Durchbruch! Doch viele Patienten sind unzufrieden. Die Kassen wollen die Kosten nicht übernehmen, die Apotheken kämpfen mit Lieferengpässen. Der Kampf um Hanf ist in vollem Gang.

Magdalena Sebelka hat Epilepsie, dazu ADHS und starkes Asthma. Sie hat bereits etliche Medikamente ausprobiert - geholfen hat nur Cannabis.

Schwerkranke wie sie können sich seit dem 10. März Cannabis auf Rezept verschreiben lassen und in der Apotheke kaufen. Das neue Gesetz macht es möglich, die Kassen sollen dafür die Kosten übernehmen. Soweit die Theorie. Praktisch durften bisher bereits etwa 1000 Menschen in Deutschland mit einer Ausnahmegenehmigung ganz legal Cannabisprodukte in Apotheken kaufen und konsumieren. Bezahlen mussten sie das aber aus eigener Tasche.

Bei schweren Erkrankungen wie Krebs, Morbus Crohn, Multipler Sklerose oder bei Schmerzpatienten wird medizinisches Cannabis zur Therapie eingesetzt. Die Hanfblüten werden importiert, zertifizierte Anbaubetriebe gibt es unter anderem in Kanada, den USA und den Niederlanden.

Der Kampf mit den Krankenkassen

Die junge Frau besitzt eine Ausnahmegenehmigung, ausgestellt vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Damit bekam sie bisher vom Arzt ein Rezept und konnte auch schon bisher Hanfblüten kaufen und konsumieren - auf eigene Kosten. Ihre Hoffnung in das Gesetz war groß. Dann die Enttäuschung: Ihr Arzt verschreibt ihr die Droge, doch sie muss weiterhin selbst dafür zahlen. Die Kasse weigert sich, die Kosten zu übernehmen.

Laut Gesetz muss die erste Verordnung durch einen Kassenarzt bei der Krankenkasse eingereicht und genehmigt werden - das lehnt Sebelkas Kasse aber ab. Es sei nicht belegt, dass Cannabis der einzige Wirkstoff sei, der ihr helfe.

Viele Betroffene berichten auch in Internetforen über den Kampf mit den Kassen. Ihre Vermutung: Es geht ums Geld. Denn die Cannabistherapie ist teuer - ein durchschnittlicher Patient kostet rund 9000 Euro pro Jahr.

Cannabis als letztes Mittel

Den Vorwurf, Kosten sparen zu wollen, weist der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen zurück. Die Kassen müssten sich an das Gesetz halten, wonach Cannabisprodukte als Kassenleistung nur eingesetzt werden dürfen, wenn keine andere Therapie helfe.

Außerdem seien seit Inkrafttreten des Gesetzes am 10. März bereits 1000 Kostenübernahmen durch die Kassen genehmigt worden, die Zahl der legalen Cannabis-Konsumenten also deutlich gestiegen.

Aber warum haben Menschen mit einer alten Ausnahmegenehmigung wie Magda Sebelka nicht automatisch Anspruch auf Kostenübernahme durch die Krankenkassen, die das neue Gesetz vorsieht? Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage, so Sprecher Florian Lanz. Ein Bestandsschutz für die Altpatienten sei nicht vorgesehen gewesen, jede Verordnung müsse einzeln geprüft werden, somit könnten die Kassen Anträge auch ablehnen – wie auch bei vielen anderen Therapien.

Legal, aber teuer

Ein Gramm Cannabisblüten kostet in der Apotheke 25 Euro - viel Geld für diejenigen, die Selbstzahler sind. Sebelka berichtet, seit der Einführung des Gesetzes habe sich der Preis für medizinische Cannabisprodukte fast verdoppelt. Grund sei, dass die Apotheker die Ware nach Arzneimittelpreisverordnung kalkulieren müssten. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände weist dies zurück - schon immer habe Cannabis wie jede andere Heilpflanze als Arzneimittel behandelt werden müssen. "Die angeblichen Preissteigerungen kann ich nicht nachvollziehen", erklärt die stellvertretende Pressesprecherin Ursula Sellerberg.

Knappe Ware Cannabis

Aber auch Patienten, deren Kasse der Kostenübernahme zugestimmt hat, können noch lange nicht aufatmen. Medizinisches Cannabis ist derzeit knapp, die ausländischen Zulieferer können den Bedarf nicht decken. "Von zehn Hanfpräparaten kann ich derzeit nur eines anbieten", sagt der Mainzer Apotheker Martin Schmidt. Damit kann er gerade mal seine Stammkunden versorgen - kämen neue Kassenpatienten mit Cannabisrezepten dazu, gingen diese wohl leer aus. Schmidt sieht die Schuld bei der Politik: "Das Gesetz war ein Schnellschuss. Man hätte sich vorher Gedanken darüber machen müssen, woher diese Mengen medizinischer Cannabisprodukte kommen sollen."

Eine rasche Lösung ist nicht in Sicht. Deutschland will zwar eine staatliche Cannabisagentur aufbauen und kontrolliert Cannabis anbauen - allerdings erst in zwei Jahren. Bis dahin kann Magda Sebelka vielleicht doch auf Kosten der Kasse Cannabis konsumieren - sie klagt im Eilverfahren gegen die Entscheidung.

Presseschau: Linke: Heimanbau von Cannabis kurzfristig freigeben (Neue Osnabrücker Zeitung)

Das Cannabis als Medizin-Gesetz sollte die Versorgung von Bundesbürgern mit Cannabis und cannabisbasierten Medikamenten sicherstellen. Zurzeit ist das durch Lieferengpässe bei den Cannabisblüten nicht gewährleistet. Eine Umstellung auf cannabisbasierte Medikamente wie Dronabinol-Tropfen, Sativex oder Canemes ist wegen der deutlich höheren Preise dieser Medikamente für die meisten Patienten keine Option. Diese kosten ein Vielfaches der Cannabisblüten.

Linke: Heimanbau von Cannabis kurzfristig freigeben

Die Linken im Bundestag fordern die kurzfristige Freigabe des Heimanbaus von Cannabis für medizinische Zwecke. Andernfalls drohten gravierende Versorgungslücken für Schwerkranke, warnte der drogenpolitische Sprecher Frank Tempel.

Tempel verwies auf zuletzt gestiegene Importzahlen von Medizinalhanf. Diese deuten seiner Ansicht nach darauf hin, dass es nicht ausreichen wird, wenn die geplante staatliche Cannabis-Agentur ab 2020 jährlich zwei Tonnen anbaut. „Die Bundesregierung muss größer planen“, so Tempel.

Import stark gestiegen

Er beruft sich auf aktuelle Zahlen, die das Bundesgesundheitsministerium ihm mitgeteilt hat. Demnach ist der Import von Cannabis zuletzt stark gestiegen. Von Juli 2016 bis Juli 2017 waren es 435,7 Kilogramm, die aus dem Ausland nach Deutschland eingeführt wurden. Davon wiederum fast 50 Prozent in den vergangenen vier Monaten. Der Linken-Abgeordnete rechnet damit, dass sich der Trend fortsetzt.

Regierung sieht keine Versorgungslücken

Seit März können Patienten Cannabis auf Rezept in Apotheken erhalten. Laut Tempel meldeten sich aber seitdem immer wieder Betroffene bei ihm, die von Engpässen berichteten. „Was bringt das neue Gesetz, wenn es gravierende Versorgungslücken gibt“, fragte der Abgeordnete.

Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) teilte mit: „Hinweise auf eine mögliche Unterversorgung beziehungsweise fehlende Marktverfügbarkeit in diesem Bereich liegen der Bundesregierung nicht vor.“ Tempel bezeichnete das als „schlichtweg gelogen“.

Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage

Kein Problem (Pharmazeutische Zeitung)

„Breiter kommen wir weiter!“ Hanfparade zieht am Samstag durch Berlin (Berliner Zeitung)

Dortmunder Arzt: „Cannabis ist kein Wundermittel“ (Dortmund 24)

Cannabis auf Rezept (ARD Mediathek)

Interesse an Cannabis als Medizin steigt in Schleswig-Holstein (Wetter.com)

Wachsendes Interesse an Cannabis als Arzneimittel (Volksstimme.de)

Zwischen Medizin und Einstiegsdroge (Nordwest Zeitung)

Trotz neuem Gesetz: Der lange Kampf um Cannabis als Medizin (Ostsee-Zeitung)

Lieferengpass: Cannabis fast ausverkauft (Apotheke Adhoc)

Gras auf Rezept (Taz.de)

Cannabis-Rezeptoren beim Hund (Innovations Report)

Bundesweiter Lieferengpass bei legalem Cannabis (Hamburger Abendblatt)

Kassen zurückhaltend bei Erstattung von medizinischem Cannabis - Tilray macht sich stark für klinische Forschung (Finanzen.net)

Hanf-Patienten kommen schwer an Medizin (n-tv.de)

Cannabis: Medizin oder Gefahr? (BR.de)

Cannabis auf Rezept: So läuft's in Bayern (BR.de)

Die Umstands-Droge (Stuttgarter Zeitung)

Linke: Nicht alle Cannabis-Patienten bekommen ihre Medizin (Merkur.de)

Bundesweite Lieferengpässe bei Cannabis (Deutsche Apotheker Zeitung)