Veröffentlicht
Zuletzt aktualisiert
Lesezeit

ACM-Mitteilungen vom 29. August 2015

Authors

Freispruch bei illegalem Anbau von Cannabis durch einen Erlaubnisinhaber

Am 13. Juni 2014 fand bei Thomas K. eine Hausdurchsuchung mit Beschlagnahmung von zehn Cannabispflanzen sowie legal erworbener Cannabisblüten aus der Apotheke statt. Am 29. Juli 2015 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Esslingen vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz freigesprochen. Der anwesende Oberstaatsanwalt legte jedoch gleich Revision ein, so dass das Verfahren vor dem Landgericht weitergeführt wird.

Herr K. besitzt seit dem September 2013 eine Ausnahmeerlaubnis zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabisblüten durch die Bundesopiumstelle, kann sich das Medikament in dem nötigen Umfang jedoch nicht in der Apotheke kaufen. Daher war er gezwungen, Cannabis illegal anzubauen oder sich anderweitig zu beschaffen, um die von der Bundesopiumstelle festgestellte notwendige Therapie mit Cannabis durchführen zu können. Am 10. März 2015 wurde ihm ein Strafbefehl über 300 € zugestellt. Dagegen hat Herr K. Widerspruch eingelegt, sodass am 20. Juli 2015 die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht stattfand. Sein Anwalt plädierte auf Freispruch wegen des Vorliegens eines rechtfertigen Notstandes.

Der Richter erklärte anschließend, dass er jetzt noch kein Urteil fällen möchte, sondern noch einige Tage darüber nachdenken möchte. Schließlich erfolgte dann am 29. Juli der Freispruch. Der anwesende Oberstaatsanwalt erklärte, dass er Revision gegen das Urteil einlegen werde. Thomas K. erklärte gegenüber der ACM, dass es sich lohne „um sein Recht zu kämpfen“.

Im Urteil führt das Gericht aus: „Vorliegend ist die Tat zwar nicht nach § 34 StGB gerechtfertigt, jedoch nach § 35 StGB entschuldigt. Von einer gegenwärtigen Gefahr für die Gesundheit („Leib“) des Angeklagten ist auszugehen. Der Angeklagte leidet unter massiven Schmerzen seiner Verletzungen … Dass der Einsatz von Cannabis zur Linderung der Leiden und Beschwerden des Angeklagten geeignet und erforderlich ist, ergibt sich bereits daraus, dass ihm eine Erlaubnis zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten erteilt wurde. Gegenwärtig im Sinne der §§ 34, 35 StGB ist auch eine Dauergefahr (…), sodass auch chronische Schmerzen, die nicht anderweitig gelindert werden können, darunter zu subsumieren sind. Das Ziel des Eigenanbaus ist zudem, die Gefahr vom Angeklagten selbst abzuwenden, die Schmerzen bei ihm zu lindern. Sie ist auch nicht anderweitig abwendbar.“

Neue Broschüre der ACM: Der Weg zu Cannabis als Medizin

Die ACM hat eine neue 12-seitige Broschüre mit dem Titel "Der Weg zu Cannabis als Medizin: Eine Anleitung zur Beantragung einer Ausnahmeerlaubnis zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabisblüten und zur Verschreibung von Medikamenten auf Cannabisbasis" veröffentlicht.

Sie kann von der Webseite heruntergeladen und bei der ACM bestellt werden. In einer übersichtlichen Darstellung werden detailliert die wichtigsten Elemente, auf die bei einer Verschreibung von Medikamenten auf Cannabisbasis (Dronabinol, Sativex, Nabilon) sowie bei einem Antrag auf eine Ausnahmeerlaubnis zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabisblüten durch die Bundesopiumstelle dargestellt. Tipps aus der Praxis geben Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten eine strukturierte Übersicht, worauf es beim Weg zu Cannabis und Cannabinoiden als Medizin ankommt.

Wer sich die Broschüre anschaut, wird bald feststellen, dass der bürokratische Aufwand zu Cannabis als Medizin nicht übermäßig umständlich und aufwändig ist, wie häufig vermutet. Die wirklich großen Probleme sind nicht der bürokratische Aufwand, sondern die hohen Anforderungen an eine Ausnahmeerlaubnis zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabisblüten sowie die finanziellen Belastungen durch die Kosten einer Behandlung, die von den meisten Patienten nicht getragen werden kann.

Presseschau: Menschenfreunde gesucht (Donaukurier)

Der Donaukurier berichtet über Initiativen, einem Patienten mit einer Erlaubnis von der Bundesopiumstelle zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabisblüten eine solche Therapie zu ermöglichen. Da der schwerkranke Luigi Spangenberg sich das Cannabis aus der Apotheke nicht leisten kann, befindet er sich in einer gesundheitlich prekären Situation.

„Die schmerzstillende und appetitanregende Wirkung von Cannabis ist unbestritten. Studien aus den USA, die vom US-Gesundheitsministerium bestätigt wurden, belegen sogar, dass sich der Konsum von Cannabis positiv auf die Heilung von Krebs auswirken soll.

Die darin enthaltenen Cannabinoide sollen Tumorzellen abtöten, was bislang allerdings nur an Mäusen getestet wurde. Ein Gesetzentwurf, der schwer kranken Menschen wie dem Ingolstädter Luigi Spangenberg den Zugang zu Medizinalhanf erleichtern und die Kostenerstattung durch die Krankenkassen sichern soll, ist in Arbeit. Das Bundesgesundheitsministerium hat dies unserer Zeitung im Juni bestätigt. Doch die politischen Mühlen mahlen langsam.

Bis der chronisch Kranke, der wie rund 400 weitere Menschen in Deutschland vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Ausnahmegenehmigung für die Einnahme cannabishaltiger Medikamente oder Blüten hat, Medizinalhanf als Kassenleistung bekommt, dürften noch einige Monate ins Land ziehen. In einer Online-Petition an den Deutschen Bundestag fordert der Ingolstädter die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen vor 2016.“

Menschenfreunde gesucht

Die schmerzstillende und appetitanregende Wirkung von Cannabis ist unbestritten. Studien aus den USA, die vom US-Gesundheitsministerium bestätigt wurden, belegen sogar, dass sich der Konsum von Cannabis positiv auf die Heilung von Krebs auswirken soll.

Die darin enthaltenen Cannabinoide sollen Tumorzellen abtöten, was bislang allerdings nur an Mäusen getestet wurde. Ein Gesetzentwurf, der schwer kranken Menschen wie dem Ingolstädter Luigi Spangenberg den Zugang zu Medizinalhanf erleichtern und die Kostenerstattung durch die Krankenkassen sichern soll, ist in Arbeit. Das Bundesgesundheitsministerium hat dies unserer Zeitung im Juni bestätigt. Doch die politischen Mühlen mahlen langsam.

Bis der chronisch Kranke, der wie rund 400 weitere Menschen in Deutschland vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Ausnahmegenehmigung für die Einnahme cannabishaltiger Medikamente oder Blüten hat, Medizinalhanf als Kassenleistung bekommt, dürften noch einige Monate ins Land ziehen. In einer Online-Petition an den Deutschen Bundestag fordert der Ingolstädter die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen vor 2016.

Der städtische Gesundheitsreferent Rupert Ebner setzt sich nun gezielt für Spangenberg ein und wirbt um Spenden. In der nächsten Referentenrunde mit Oberbürgermeister Christian Lösel will er erörtern, wen man gezielt ansprechen könnte, damit dem Cannabispatienten für die Zeit bis Inkrafttreten des Gesetzes geholfen werden kann.

Über die Krankengeschichte des 30-Jährigen ist mehrfach im DONAUKURIER berichtet worden. Luigi Spangenberg leidet an Epilepsie und Reizdarm. Das allein wäre noch kein Grund, warum der Ingolstädter auf Cannabis angewiesen ist. Doch Spangenberg ist tablettenresistent. Seit seinem 16. Lebensjahr wurden 14 verschiedene Antiepileptika an ihm ausprobiert. Wirkungen blieben aus, Nebenwirkungen nicht. Gegen Durchfall, Erbrechen, Übelkeit und krampartige Schmerzen hilft nur eines: Cannabisblüten. Die Dosis, die er zu sich nehmen darf, wurde von drei auf vier Gramm pro Tag erhöht – auf 120 Gramm monatlich.

Die Blüten, in der Apotheke erworben, sind für den chronisch kranken Mann und seine von einer Erwerbsunfähigkeitsrente lebende Mutter aus eigenen Mitteln nicht finanzierbar. Würde er den Medizinalhanf in der benötigten Dosis einnehmen, würde ihn das monatlich etwa 1800 Euro kosten. Ein sozial engagierter Ingolstädter, der von Spangenbergs Schicksal erfahren hat, unterstützt ihn, bis die Kasse die Kosten für die Cannabisblüten übernehmen muss, mit einer monatlichen Zuwendung von 150 Euro. Spangenberg ist darüber sehr dankbar. Doch das Geld und auch die Kleinspenden, die seine Mutter für ihn zusammenbettelt, reichen längst nicht aus, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. „Ich weiß nicht, wo ich das Geld hernehmen soll“, sagt der Ingolstädter verzweifelt. Seine Lage macht ihn zunehmend verbittert. Er hadert mit seinem Schicksal, und macht sich dadurch nicht immer Freunde. In seiner Not hat er sich an die Stadt gewandt.

Der städtische Gesundheitsreferent Rupert Ebner ist von der Wirksamkeit des Cannabis für Schmerzpatienten überzeugt. Dass die Behandlung wie bei Spangenberg am Geld scheitert, findet er „eine Katastrophe“. Ebner: „Bedürftig zu sein ist das eine. Schmerzen zu haben und zu wissen, man könnte etwas dagegen machen, ist eine andere Sache.“ Für Bedürftige gibt es ein soziales Netz. Menschen wie Spangenberg jedoch fallen durchs Raster. Die meisten Stiftungen – auch die städtische Bürgerstiftung – seien nicht für Zuwendungen an Einzelpersonen ausgerichtet. „Da bleibt nur philanthropisches Handeln“, sagt Ebner. Menschenfreunde wie der Ingolstädter, der Spangenberg auch ohne Spendenquittung übergangsweise unter die Arme greift. „Wir müssen Menschen finden, die sagen, wir machen das“, sagt Ebner. „Es geht ja nur um ein paar Monate.“

Die Stadt richtet für Spangenberg bei der Sparkasse Ingolstadt ein Treuhandkonto ein, das vom Gesundheitsamt verwaltet wird. Die darauf eingehenden Spenden (Spendenquittungen gibt es dafür leider nicht) werden komplett an Spangenberg weitergeleitet. Sollte auf dem Konto aus irgendeinem Grund Geld übrig bleiben, kommt es laut Ebner der DK-Aktion „Vorweihnacht der guten Herzen“ zugute. Sobald das Konto steht, wird die Kontonummer veröffentlicht.